Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2009, Az. 5 AR (VS) 10/09

5. Strafsenat | REWIS RS 2009, 2925

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Nachschlagewerk: ja BGHSt : ja Veröffentlichung : ja [X.] §§ 459e, 459h; [X.] Art. 293; [X.] §§ 23, 29 Keine Zuständigkeit des [X.] in [X.] zur Frage des Rechtswegs für die Anfechtung nach Landesrecht zu treffender Entscheidungen der Vollstreckungs-behörde über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatz-freiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit. BGH, Beschluss vom 23. Juni 2009

[X.] 5 AR ([X.]) 10/09 [X.] [X.]

5 AR ([X.]) 10/09 [X.]BESCHLUSS vom 23. Juni 2009 in der [X.] des Antragstellers - 2 - Der 5. Strafsenat des [X.] hat am 23. Juni 2009 beschlossen: Die Sache wird an das [X.]. G r ü n d e
I. 1 1. Der Antragsteller ist aufgrund des Berufungsurteils des Landge-richts Konstanz vom 3. April 2008 rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Nachdem diese nicht eingebracht werden konnte und die [X.] die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe angeordnet hatte, stellte der Verurteilte den Antrag, die Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnüt-zige Arbeit abwenden zu dürfen. Auch nach Intervention der Vollstreckungs-behörde erklärte sich der Verurteilte jedoch nicht mit der Weitergabe des ge-gen ihn ergangenen Urteils und seiner Vorstrafenliste an die zur Vermittlung der gemeinnützigen Arbeit zuständige Stelle einverstanden. Daraufhin lehnte die Vollstreckungsbehörde den Antrag ab. Die Generalstaatsanwaltschaft [X.] wies die hiergegen eingelegte Beschwerde zurück. Der Verurteilte beantragte daraufhin [X.] entsprechend der ihm erteilten Rechtsmittelbeleh-rung [X.] bei dem [X.] [X.] fristgemäß die gerichtliche Ent-scheidung. 2. Das [X.] hält sich für die Entscheidung nicht für zu-ständig. Unter Aufgabe seiner bisherigen Rechtsprechung ist es zu der [X.] gelangt, dass die Entscheidung der Vollstreckungsbehörde, dem Verurteilten die Abwendung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit nicht zu gestatten, gemäß § 459h [X.] angegriffen werden kann, so 2 - 3 - dass die subsidiäre Zuständigkeit nach § 23 Abs. 3 [X.] entfällt. Das [X.] möchte die Sache deshalb an das nach seiner Auffassung zuständige Gericht des ersten Rechtszuges, das [X.], [X.]. Daran sieht es sich jedoch durch Rechtsprechung des Thüringer [X.]s (Beschluss vom 12. Februar 2008 [X.] 1 VAs 1/08) gehin-dert. Auch in dem dort entschiedenen Fall hatte sich der Verurteilte gegen die Ablehnung seines (erneuten) Antrags auf —Tilgung der Geldstrafe durch gemeinnützige Arbeitfi gewendet. Nach Auffassung des [X.] ist hierfür der Rechtsweg gemäß § 23 [X.] gegeben; die Entscheidung über die Gestattung der Tilgung einer Geldstrafe durch freie Arbeit zur Vermeidung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe (vgl. § 1 Abs. 1 ThürGeldstTilgV) werde auch nicht von dem [X.] —insoweit abschließen-denfi [X.] Gegenstandskatalog der § 458 Abs. 2, § 459h [X.] erfasst ([X.] [X.]. 14; vgl. auch Thüringer [X.], Beschluss vom 29. Juli 2008 [X.] 1 Ws 302/08 [X.] hinsichtlich des Widerrufs der Bewilligung von Arbeitsleistungen). 3 Das [X.] [X.] vertritt demgegenüber die [X.], dass Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit An-ordnungen über die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne von § 459e [X.] seien, deren Anfechtung sich nach § 459h [X.] richte. Denn damit werde auf Antrag des Verurteilten [X.] nochmals [X.] darüber entschieden, ob die Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt oder durch die Leistung von Arbeit ge-tilgt werden dürfe. Darüber hinaus führe die Gegenauffassung bei einem Streit um die Rechtmäßigkeit einer Widerrufsentscheidung und die damit zwangsläufig verbundene Anrechnung bereits geleisteter Arbeit auf die noch zu vollstreckende Ersatzfreiheitsstrafe zu einer Rechtswegaufspaltung: Hin-sichtlich des Widerrufs wäre der Rechtsweg zum [X.] gemäß § 23 [X.] gegeben, während die Entscheidung über die Anrechnung und die danach zu vollstreckende restliche Freiheitsstrafe im Verfahren gemäß § 459h [X.] anzugreifen wäre. - 4 - 3. Das [X.] [X.] hat wegen der Entscheidung des Thüringer [X.]s die Sache dem [X.] zur Ent-scheidung und Beantwortung folgender Frage vorgelegt: 4 —Sind die Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde über die [X.] von [X.] durch gemeinnützige Arbeit Anordnungen über die Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe im Sinne von § 459e [X.], deren Anfechtung sich nach der Bestimmung des § 459h [X.] [X.] 5 4. Der [X.] hält die Rechtsauffassung des Oberlan-desgerichts [X.] für zutreffend und beantragt, die Vorlagefrage zu beja-hen. Zur Begründung weist er auf die enge Einbindung der Gestattung ge-meinnütziger Arbeit in das in §§ 459e, 459f [X.] geregelte Verfahren hin. Mit dem Entschluss, die Bewilligung gemeinnütziger Arbeit abzulehnen oder die ursprünglich erteilte Gestattung zu widerrufen, werde mittelbar immer auch eine Entscheidung über das —[X.] der Vollstreckung der [X.] getroffen. Die gegen die Versagung oder den Widerruf der Gestattung gerichteten Einwendungen des Verurteilten zielten deshalb rechtspraktisch zugleich gegen die Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe. 6 II. Die [X.] nach § 29 Abs. 1 Satz 2 [X.] sind nicht gegeben. Das vorlegende [X.] ist durch den ge-nannten Beschluss des Thüringer [X.]s nicht an der von ihm beabsichtigten Entscheidung gehindert. 7 Zwar betrifft die [X.] die Auslegung von Bundesrecht, nämlich der §§ 459e, 459h [X.]; deren Anwendung ist jedoch davon ab-hängig, wie die im Zusammenhang mit der Abwendung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe durch gemeinnützige Arbeit von der [X.] - 5 - hörde zu treffenden Entscheidungen gestaltet sind. Hierfür ist das jeweilige, indes unterschiedliche Landesrecht maßgeblich, so dass sich die Bestim-mung des zulässigen Rechtswegs einer bundeseinheitlichen Festlegung ent-zieht. 1. Die Zulässigkeit, das Verfahren und die Art und Weise der Abwen-dung der Vollstreckung von [X.] durch gemeinnützige Arbeit sind in den meisten Ländern durch Rechtsverordnungen auf der Grundlage des Art. 293 [X.] geregelt (vgl. die Nachweise bei [X.] in [X.]. § 43 [X.]. 12). Von einer bundeseinheitlichen Regelung hat der Gesetzgeber bisher abgesehen. Bei Erlass des Einführungsgesetzes zum Strafgesetzbuch vom 2. März 1974 ([X.]), mit dem auch die Regelungen über die Voll-streckung der Geldstrafe (§§ 459 bis 459h [X.]) geschaffen wurden, rech-nete er ersichtlich nicht damit, dass die Vollstreckungsalternative der ge-meinnützigen Arbeit nennenswerte praktische Bedeutung erlangen würde. Art. 293 [X.] ersetzte den früheren § 28b [X.], der ohne praktische Bedeutung geblieben und deshalb durch das Zweite Strafrechtsreformgesetz nicht in den Allgemeinen Teil des Strafgesetzbuches übernommen worden war. Auch bei Schaffung des Art. 293 [X.] beurteilte der Gesetzgeber die gemeinnützige Arbeit skeptisch (Gesetzentwurf der Bundesregierung BT-Drucks. 7/550 S. 455). Die Ermächtigungsnorm sollte lediglich dafür sor-gen, dass die in einem Land ([X.]) unternommenen Versuche, eine Til-gung uneinbringlicher Geldstrafen durch freie Arbeit zu ermöglichen, nicht beendet würden; der Gesetzgeber wollte —auch andere Länder nicht daran hindern, in Zukunft solche Versuche zu unternehmenfi (Gesetzentwurf aaO S. 455 f.). Ein erheblicher Bedeutungszuwachs der Vollstreckungsalternative trat erst im Zeitraum ab etwa 1980 ein, als nach und nach die Länder Rege-lungen gemäß Art. 293 [X.] erließen. 9 2. Gesetzgebungsgeschichte und -systematik wie auch Gründe der Praktikabilität sprechen im Ergebnis mit dem vorlegenden [X.] für eine Anwendbarkeit des § 459h [X.], jedenfalls in erweiternder [X.] - 6 - gung dieser Norm (ihre Anwendung auch bejahend [X.]/Wagner, [X.]. [X.]. 283; [X.], Stellung und Ausgestaltung der ge-meinnützigen Arbeit im Strafrecht 1997 S. 308 f.; [X.], Strafvollstre-ckung 1993 § 459e [X.]. 15; [X.] in [X.] § 459e [X.]. 15 f.; [X.] in [X.]. § 459e [X.]. 13; [X.] in [X.] § 459e [X.]. 8 f.; a.[X.], [X.] 51. Aufl. § 23 [X.] [X.]. 16). Indes ist über die [X.], ob die Entscheidungen der Vollstreckungsbehörde über die [X.] von [X.] durch gemeinnützige Arbeit bereits als Anordnungen im Sinne von § 459e [X.] anzusehen sind [X.] mit der Folge einer unmittelbaren Anwendbarkeit des § 459h [X.] [X.] allein auf der Grundlage der landesrechtlichen Regelungen zu entscheiden. Diese sind einander zwar inhaltlich ähnlich. Es handelt sich jedoch nicht um bun-deseinheitlich gleiches Landesrecht; nur insoweit wird eine [X.] nach § 29 Abs. 1 Satz 2 [X.] diskutiert (vgl. bejahend [X.] aaO § 29 [X.] [X.]. 2; ablehnend [X.]/[X.], [X.]. § 29 [X.] [X.]. 7). 11 a) Unterschiede finden sich schon in den Voraussetzungen der ge-meinnützigen Arbeit: Materiell kommt sie, wie sich aus der Ermächtigungs-norm des Art. 293 [X.] ergibt, zwar nur als Sanktionsalternative zur Er-satzfreiheitsstrafe in Betracht, wenn sämtliche Voraussetzungen für eine Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe vorliegen (vgl. [X.] aaO § 459e [X.]. 12; [X.]/Wagner aaO [X.]. 280). In welchem Stadium der Geldstrafen-vollstreckung der Verurteilte auf die Abwendungsmöglichkeit hingewiesen und ob [X.] damit zusammenhängend [X.] das Vorliegen einer Anordnung der Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe (nach § 459e [X.]) ausdrücklich [X.] wird, ist in den landesrechtlichen Rechtsverordnungen jedoch unter-schiedlich geregelt. In manchen Ländern kann die Leistung gemeinnütziger Arbeit noch während des Vollzugs der Ersatzfreiheitsstrafe gestattet werden (so in [X.], vgl. § 2 Abs. 2 der Verordnung über die Abwendung der Voll-streckung von [X.] durch freie Arbeit vom 14. April 2000, GVBl 306 i.d.[X.] GVBl 2004, 206; [X.], vgl. § 3 Abs. 3 Satz 2 - 7 - der Landesverordnung über die Abwendung der Vollstreckung von Ersatz-freiheitsstrafe durch freie Arbeit vom 12. Februar 1993, GVOBl 129 i.d.[X.] GVOBl 2004, 153, 160; [X.], vgl. § 3 Abs. 2 der Verordnung des Säch-sischen Staatsministeriums der Justiz über die Abwendung der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Arbeit vom 18. Juni 1998, [X.]), [X.] dies in anderen Ländern nicht vorgesehen ist. b) Bereits diese Unterschiede im einschlägigen Landesrecht können [X.] auch im Zusammenhang mit den jeweiligen Systemen der übrigen landes-rechtlichen Regelungen über Voraussetzungen und Verfahren bei der [X.] von [X.] durch gemeinnützige Arbeit [X.] Einfluss auf die Beurteilung des Rechtswegs gegen die von den Vollstreckungsbehörden insoweit zu treffenden Entscheidungen haben. [X.] hinaus ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass nicht alle Länder die Zulassung von gemeinnütziger Arbeit als Sanktionsalternative zur Vollstre-ckung der Ersatzfreiheitsstrafe auf die bundesrechtliche Verordnungser-mächtigung des Art. 293 [X.] stützen, da in [X.] die [X.] geregelt ist (vgl. §§ 31 ff. der [X.] vom 29. Mai 2006, GVBl 321). 12 3. Im Ergebnis entzieht sich die [X.] daher einer Beurtei-lung alleine nach Maßstäben des Bundesrechts und somit der Notwendigkeit einer bundeseinheitlichen Entscheidung. Vielmehr hat das vorlegende Ober-landesgericht sie unter Berücksichtigung der landesrechtlichen Ausgestal-tung der gemeinnützigen Arbeit [X.] ohne eine Bindung an die den Beschluss des Thüringer [X.]s vom 12. Februar 2008 (1 VAs 1/08) tra-13 - 8 - gende Rechtsauffassung [X.] auf der Basis des dortigen Landesrechts selbst zu entscheiden. [X.] [X.] König

Meta

5 AR (VS) 10/09

23.06.2009

Bundesgerichtshof 5. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.06.2009, Az. 5 AR (VS) 10/09 (REWIS RS 2009, 2925)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 2925

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