Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2000, Az. 1 StR 183/00

1. Strafsenat | REWIS RS 2000, 2073

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[X.]/00vom30. Mai 2000in der [X.] Nötigung u.a.- 2 -Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 30. Mai 2000 gemäß § 349Abs. 2 StPO beschlossen:Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 17. Dezember 1999 wird verworfen.Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels und dieder Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwen-digen Auslagen zu tragen.[X.] Die Verfahrensrügen greifen nicht durch.a) Soweit die Revision beanstandet, das [X.] habe das [X.] hinsichtlich eines weiteren dem Angeklagten zur Last gelegten [X.] sexuellen Mißbrauchs der Geschädigten U. von ähnlicher Bege-hungsweise und ähnlichem Gewicht wie die abgeurteilte Tat gemäß § 154Abs. 2 StPO eingestellt, ohne im Urteil dafür Gründe anzugeben, entspricht dieRüge nicht den Anforderungen des § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO.Zutreffend geht die Revision zwar davon aus, daß in einem Fall, in demder [X.] wegen zwei Taten allein auf der Aussage einer einzigenBelastungszeugin aufbaut, wegen einer dieser Taten das Verfahren aber nach§ 154 Abs. 2 StPO eingestellt wird, den Gründen dafür Beweisbedeutung fürdie entscheidende Frage der Glaubwürdigkeit der einzigen Belastungszeugin- 3 -zukommen kann; wird der Grund für die Einstellung nicht mitgeteilt, liegt darinein [X.] ([X.], 580, 582).Der Beschwerdeführer hat den Mangel auch richtig als Verfahrensfehlerbeanstandet. Bei der Beantwortung der Frage, ob einer - möglicherweise [X.] - Rechtsnorm verfahrens- oder sachlich-rechtlicher Charakter zukommt,ist grundsätzlich darauf abzuheben, daß für die sachlich-rechtliche [X.] dem Revisionsgericht allein die [X.] zur Verfügung steht; alleanderen Erkenntnisquellen sind ihm verschlossen. Soweit sich der [X.] nicht allein aus der [X.] erschließen läßt, weil er sich auf das [X.] vorausgegangene Verfahren bezieht, verbleibt es bei der [X.]srüge.Der von der Revision geltend gemachte [X.] betrifft zwarinsoweit das sachliche Recht, als er in den Bereich der Beweiswürdigung fällt.Doch kann die Frage, ob und was im Zusammenhang mit einer Verfahrensein-stellung nach § 154 Abs. 2 StPO zu erörtern ist, nicht notwendig aus der Urteil-surkunde allein erschlossen werden. Eine derartige Verfahrenseinstellung kannin den Urteilsgründen zwar mitgeteilt sein; eine Verpflichtung dazu allein ausverfahrensrechtlicher Sicht enthält die Strafprozeßordnung aber nicht. [X.] sich das Urteil aber dazu äußert, kann diese Äußerung unvollständigsein, so wenn in der Hauptverhandlung Gründe für die [X.] wurden, diese sich aber im Urteil nicht finden.Das bedeutet, daß eine entsprechende Rüge mit der - insbesondere dernicht ausgeführten - Sachrüge nicht ausreichend begründet ist, da auf dieserGrundlage eine abschließende Prüfung nicht möglich ist. Daran ändert nichts,daß es Urteile gibt, in denen eine teilweise erfolgte Verfahrenseinstellung, [X.] dafür und ihre Auswirkung auf die Beweiswürdigung umfassend darge-- 4 -stellt sind. Eine solche Erörterung erfolgt in der Regel nur, wenn dazu nachMeinung des Tatgerichts Anlaß bestand. Die Prüfung, ob eine - fehlende - Er-örterung geboten gewesen wäre, eröffnet nur die Verfahrensrüge. Der Fall istdem vergleichbar, daß der Tatrichter ausgeschiedenen Verfahrensstoff [X.] bei der Strafzumessung angelastet hat, ohne vorher auf dieseMöglichkeit hingewiesen zu haben; auch in diesem Fehler hat die Rechtspre-chung des [X.] nach einigem Schwanken einen Verfahrens-fehler gesehen (BGHR StPO § 154 Abs. 1 Verwertungsverbot 1).Ist aber eine Verfahrensrüge zu erheben, muß der [X.] [X.] so umfassend vortragen, daß das Revisionsgericht allein [X.] der Begründungsschrift prüfen kann, ob ein Verfahrensfehler vorliegt,wenn das tatsächliche Vorbringen der Revision zutrifft ([X.], 2047;BGH [X.] 1996, 530).Hier hat der Beschwerdeführer die Tatsache der Einstellung und diefehlende Erörterung der Gründe dafür im Urteil mitgeteilt; er hat auch, wennauch in sehr summarischer Form, den Sachverhalt angesprochen, auf den sichdie Einstellung bezog.Was fehlt ist jedoch eine Äußerung dazu, ob und ggf. welche Gründe fürdie Einstellung in der Hauptverhandlung erörtert wurden, denn die mangelndeBegründung der Einstellung im Urteil könnte im Ergebnis nur dann einen Ver-fahrensfehler darstellen, wenn es sich um Gründe handelte, die auf die an-schließend getroffene Sachentscheidung Einfluß nehmen konnten, wie etwazweifelhafte Glaubhaftigkeit der Angaben der einzigen Belastungszeugin zudem eingestellten [X.] -Es ist auch - ungeachtet insoweit fehlender Protokollierungspflicht - inder Regel nicht so, daß eine Verfahrenseinstellung nach § 154 Abs. 2 StPO inder Hauptverhandlung kommentarlos erfolgt. Sollte es in Ausnahmefällen den-noch so sein, müßte vom Beschwerdeführer zumindest aber das [X.] werden, daß für die Einstellung keine Gründe angeführt wurden, [X.] die Beweiswürdigung ohne Bedeutung waren, wie etwa Verfahrensbe-schränkung aus prozeßökonomischen [X.]) Die weitere Rüge, das [X.] habe § 261 StPO verletzt, weil esauf den Inhalt einer Reihe in der Hauptverhandlung auf Antrag der Verteidi-gung ganz oder teilweise verlesener Vernehmungsprotokolle, Gutachten undsonstige Urkunden nicht eingegangen sei, greift gleichfalls nicht durch.Zwar muß das Urteil erkennen lassen, daß der Tatrichter Umstände, diegeeignet sind, die Entscheidung zu Gunsten oder zu Ungunsten des Ange-klagten zu beeinflussen, in seine Überlegungen einbezogen hat ([X.] 261 Inbegriff 7, 15). Doch kann nicht aus jedem Schweigen zu den in [X.] erhobenen Beweisen darauf geschlossen werden, das [X.] habe diese Beweismittel unbeachtet gelassen. Die Erörterungsbedürftig-keit in den schriftlichen Gründen beurteilt sich nach dem Ergebnis der Beweis-aufnahme. Nur mit Umständen, die im Zeitpunkt der [X.] noch be-weiserheblich waren, muß sich der Tatrichter im Urteil auseinandersetzen. [X.] der Fall war, läßt sich dem Beweisgehalt der Beweismittel selbst nicht [X.] weiteres entnehmen. Die weitere Beweisaufnahme in der Hauptverhandlungkann dem Beweismittel jede Bedeutung genommen haben. Das gilt insbeson-dere, soweit es sich um Beweise von [X.] handelt, auf die die Be-weisanträge der Verteidigung weitgehend abzielten. Würde man eine weiter-gehende Begründungspflicht verlangen, liefe das darauf hinaus, daß der- 6 -Tatrichter in seinem schriftlichen Urteil nicht das Ergebnis der Hauptverhand-lung zu begründen, sondern den Gang der Hauptverhandlung zu dokumentie-ren hätte (vgl. [X.] [X.] 1995, 147, 156).2. Ebenso können die Angriffe gegen die Beweiswürdigung, die die [X.] mit der Sachrüge vorbringt, keinen Erfolg haben. Insbesondere mußtesich das [X.] nicht ausdrücklich mit der Frage einer unbewußten Sug-gestion der Geschädigten durch die Heimleiterin M. befassen. Die Ge-schädigte hatte sich zunächst dem Mitpatienten [X.]und später dem [X.] Werkstattleiter B. offenbart. Beide sind dann mit ihr zur [X.]. gegangen, wo sie den Sachverhalt wieder in gleicher Weiseschilderte. Frau [X.]. bewog die Geschädigte schließlich, sich mit der Heim-leiterin in Verbindung zu setzen. Bei dieser Entstehungsgeschichte der [X.] liegt die Möglichkeit einer unbewußten Suggestion durch die Heimleiterinfern.Schäfer Maul Granderath Nack [X.]

Meta

1 StR 183/00

30.05.2000

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.05.2000, Az. 1 StR 183/00 (REWIS RS 2000, 2073)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 2073

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