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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V [X.]
Verkündet am:
7. Oktober 2011
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB § 1365 Abs. 1
Bei
der Feststellung, ob ein Ehegatte mit einer Grundschuldbestellung über sein (nahezu) gesamtes Vermögen verfügt, sind neben dem Nominalbetrag der [X.] auch die bei einer künftigen Vollstreckung in die [X.] 4 des §
10 Abs. 1 [X.] fallenden Grundschuldzinsen einzubeziehen und regelmäßig mit dem zwei-einhalbfachen Jahresbetrag zu berücksichtigen.
[X.], Urteil vom 7. Oktober 2011 -
V [X.] -
OLG Hamm
LG Münster
-
2
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Der V.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 7.
Oktober
2011
durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, die
Richter Dr.
Lemke
und Prof. Dr.
Schmidt-Räntsch, die
Richterin Dr.
Stresemann und den
Richter Dr.
Czub
für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 14. März 2011 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 14. Zivilkammer des [X.] vom 13. Juli 2010 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt die Kosten der Rechtsmittelverfahren.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Mit notarieller Erklärung
vom 16. Februar 2009 bestellte der Kläger der beklagten Bank an seinem Grundstück eine erstrangige Grundschuld in Höhe von 350.000
% Jahreszinsen und einer einmaligen Nebenleistung 1
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3
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von 5
% des Grundschuldbetrags
und unterwarf sich wegen aller Ansprüche aus der Grundschuld der sofortigen Vollstreckung in das belastete Eigentum. Die Grundschuld sichert Forderungen der Beklagten aus einem Kreditrahmen-vertrag über 500.000
e-schäftsführer der [X.] des
[X.] war.
Das Grundstück des im gesetzlichen Güterstand der [X.] lebenden [X.] hat einen Verkehrswert von 426.000
r-fügten der Kläger und seine Ehefrau im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung zumindest noch über ein Bankguthaben in Höhe von 10.179
Im April 2009 kündigte die Beklagte gegenüber dem Kläger das Kapital der Grundschuld zum 30. November 2009 und stellte es zur Zahlung fällig.
Der Kläger, der
die Grundschuldbestellung mangels Zustimmung seiner Ehefrau gemäß §
1365 Abs. 1 BGB für unwirksam hält, wendet sich mit seiner Klage gegen die Vollstreckung
aus der notariellen Urkunde. Das [X.] hat der Klage
stattgegeben, das [X.] hat sie abgewiesen. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Antrag weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
Das Berufungsgericht meint, die Bestellung der Grundschuld habe nach §
1365 Abs. 1 BGB nicht der Zustimmung der Ehefrau des [X.] bedurft, weil dieser nicht über sein Vermögen als
Ganzes verfügt habe. Hiervon wäre nur auszugehen gewesen, wenn das Grundstück mindestens 90
% des gesamten Vermögens des [X.] ausgemacht und die Grundschuld den Grundstücks-2
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wert zu 90
% oder mehr ausgeschöpft hätte. Letzteres sei nicht der Fall. Im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung habe die Belastung insgesamt 367.500
(350.000
% des [X.] betragen. Die dinglichen Zinsen von jährlich 16
% seien nicht zu berücksichtigen, da sie im Zeitpunkt der Verfügung noch nicht entstanden gewesen seien.
II.
Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
1. a) Zutreffend geht
das Berufungsgericht allerdings davon aus, dass die Belastung eines Grundstücks, das
das alleinige oder wesentliche Vermögen des verfügenden Ehegatten ausmacht, nach §
1365 Abs. 1 BGB zustimmungs-bedürftig ist, wenn sie den Wert des Grundstücks ausschöpft
(vgl. [X.], Urteil vom 12. Juli 1989
[X.], NJW 1990, 112, 113)
und nicht lediglich als Erwerbsmodalität anzusehen ist
(vgl.
[X.], Urteil vom 21. März 1996
[X.], [X.]Z 132, 218, 227 f.). Maßgeblich ist, ob die Belastung
unter Be-rücksichtigung etwaiger bereits eingetragener Rechte
den Verkehrswert des Grundstücks so weit mindert, dass dem verfügenden Ehegatten nur ein unwe-sentlicher Teil seines ursprünglichen Gesamtvermögens verbleibt ([X.], Urteil vom 12. Juli 1989
[X.], NJW 1990, 112, 113; vgl. auch [X.] 1959, 442, 446; FamRZ 1967, 337, 338; [X.]/[X.], 5. Aufl., §
1365 Rn. 61
ff.).
b) Bei der Prüfung
der mit einer Belastung
einhergehenden Wertminde-rung eines Grundstücks ist
wie auch sonst im Rahmen von §
1365 BGB -
eine wirtschaftliche Betrachtungsweise
geboten
(vgl. [X.]/[X.], BGB [2007], §
1365 Rn. 47
f.). Im Zeitpunkt der Verfügung bereits bestehende 5
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5
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Grundschulden werden daher, obwohl sie von der ihr zugrunde liegenden per-sönlichen Forderung unabhängig sind, nur insoweit berücksichtigt, wie sie valu-tieren (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 1993
V
ZR 7/92, [X.]Z 123, 93, 95; [X.], Urteil vom 12. Juli 1989
[X.], aaO). Ist die gesicherte Forde-rung bereits getilgt und hat der Grundstückseigentümer deshalb einen [X.] auf (teilweise) Rückübertragung des
Grundpfandrechts, ist dieser [X.] in die Vermögensberechnung einzustellen (vgl. [X.]/[X.], aaO, §
1365 Rn. 17).
Umgekehrt ergibt sich
hieraus, dass es bei der (Neu-)Bestellung einer Grundschuld grundsätzlich nicht auf deren Valutierung ankommt. Zwar kann die zu sichernde persönliche Forderung im Zeitpunkt der Bestellung (noch) hinter dem [X.] der Grundschuld zurückbleiben. Einem Rückübertra-gungsanspruch des Eigentümers wird aber in aller Regel die Möglichkeit entge-genstehen, dass die Grundschuld, weil sie auch künftige Forderungen sichert, zu einem späteren Zeitpunkt voll valutieren wird. Maßgeblich für die Wertmin-derung des Grundstücks durch neu bestellte Grundpfandrechte ist daher der Betrag, für den das Grundstück hieraus dinglich haftet. Dies ist grundsätzlich der Nominalbetrag einschließlich etwaiger Nebenleistungen und dinglicher Zin-sen (§
1191 Abs. 2 BGB).
c)
Dass dingliche Zinsen im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung noch nicht entstanden sein können, führt entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts nicht dazu, dass sie bei der Ermittlung der durch die Belastung eingetre-tenen Wertminderung nicht zu berücksichtigen wären. Richtig ist zwar, dass es bei der Anwendung des §
1365 BGB allein auf die objektiven Wertverhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts ankommt ([X.], Urteil vom
21. März 1996
[X.], [X.]Z 132, 218, 227). Das bedeutet aber nicht, dass sich die Wertminderung nach dem Betrag bemisst, der sich bei einer (fik-8
9
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-
tiven) Verwertung der Grundschuld am Tag ihrer Bestellung bzw. Entstehung erlösen ließe.
Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die Belastung den Wert des [X.]s als Zugriffsobjekt für potentielle Gläubiger,
und damit auch für den Ehe-gatten
des Verfügenden als möglichen
Gläubiger eines Anspruchs auf [X.], absinken lässt (vgl. [X.], Urteil vom 25. Juni 1980
[X.], [X.]Z 77, 293, 297; Urteil vom 12. Juli 1989
[X.], NJW 1990, 112, 113 li.
[X.]. unten; zum Schutzzweck des §
1365 BGB siehe [X.], Urteil vom 1.
Juli 1987
[X.], [X.]Z 101, 225, 228). Ein potentieller
Gläubiger wird aber schon im Zeitpunkt der Grundschuldbestellung von einer Wertminde-rung des Grundstücks im Umfang des vollen, die dinglichen Zinsen einbezie-henden [X.]s der Grundschuld (vgl. [X.], Urteil vom 13.
Mai 1982
III
ZR 164/80, NJW 1982, 2768, 2769 zu II. 2.)
ausgehen. Denn er muss im Regelfall damit rechnen, dass die Verwertung der Grundschuld erst zu einem Zeitpunkt erfolgt, in dem auch dingliche Zinsen in nennenswertem Umfang voll-streckt werden können. In diesem Fall haben die in die [X.]
4 des
§
10 Abs.
1 [X.] fallenden
Ansprüche wegen der laufenden Zinsen und der aus den letzten zwei Jahren rückständigen Zinsen Vorrang vor anderen Grundpfand-rechten. Dem entspricht es, wenn bei der Berechnung des [X.], den ein Grundstück infolge der Belastung mit einer Grundschuld erleidet, sofern nicht besondere Umstände im Einzelfall eine abweichende Bewertung [X.], dingliche Zinsen für zweieinhalb
Jahre einbezogen werden.
2. Hiernach steht außer Zweifel, dass die von dem Kläger bestellte Grundschuld den Wert seines Grundstücks vollständig erschöpfte. Schon bei Hinzurechnung der Grundschuldzinsen von 16
% jährlich für zwei Jahre
d-10
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7
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stücks von 426.000
Das dem Kläger verbleibende Vermögen ist so
gering, dass es der Annahme, er habe mit der Bestellung der Grundschuld über sein Vermögen als Ganzes verfügt,
nicht entgegensteht.
Denn auch wenn zugunsten der Beklagten davon ausgegangen wird, dass das Bankguthaben von 10.179
ist,
und wenn darüber hinaus das im erstinstanzlichen Urteil erwähnte (ur-sprüngliche) Guthaben von 8.000
erücksichtigung findet, ent-spricht das dem Kläger verbleibende Vermögen weniger als 5
% des
ursprüng-lichen Vermögens
und liegt damit deutlich unterhalb der bei größeren Vermö-gen maßgeblichen Grenze von 10
% (vgl. [X.], Urteil vom 13. März 1991, [X.], NJW 1991, 1739).
III.
Das angefochtene Urteil kann daher keinen Bestand haben; es ist auf-zuheben (§
562 Abs. 1 ZPO). Der Senat hat in der Sache selbst zu [X.], weil die Aufhebung nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des [X.] auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sa-che zur Endentscheidung im Sinne des erstinstanzlichen Urteils reif ist (§
563 Abs. 3 ZPO).
Die notwendige Kenntnis der Beklagten, dass es
sich bei dem [X.] um nahezu das ganze Vermögen des [X.] handelt und dass die zu ihren Gunsten bestellte Grundschuld den Wert des Grundstücks ausschöpfte (vgl. Senat, Urteil vom 25. Juni 1993
[X.], [X.]Z 123, 93, 95), ist in dem erstinstanzlichen Urteil festgestellt worden. In den dortigen [X.], auf die das Berufungsurteil Bezug nimmt, heißt es, der [X.] seien die Vermögens-
und Familienverhältnisse des [X.] bekannt gewe-sen. Um welche Vermögensverhältnisse es sich dabei handelt, ergibt sich aus 12
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8
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dem Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils; der Grundstückwert
von 426.000
wird in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnt.
IV.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
91 Abs. 1 und §
97 Abs. 1 ZPO.
Krüger
Lemke
Schmidt-Räntsch
Stresemann
Czub
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 13.07.2010 -
14 [X.]/09 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 14.03.2011 -
I-5 U 101/10 -
14
Meta
07.10.2011
Bundesgerichtshof V. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.10.2011, Az. V ZR 78/11 (REWIS RS 2011, 2575)
Papierfundstellen: REWIS RS 2011, 2575
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
V ZR 78/11 (Bundesgerichtshof)
Zugewinngemeinschaft: Verfügung eines Ehegatten über sein gesamtes Vermögen bei Bestellung einer Grundschuld
XII ZR 141/10 (Bundesgerichtshof)
Verfügung eines Ehegatten über sein Vermögen im Ganzen: Beurteilung bei einer Grundstücksübertragung
V ZR 52/11 (Bundesgerichtshof)
Zwangsversteigerung: Unterbliebene Geltendmachung nicht angefallener Grundschuldzinsen durch den nicht betreibenden Grundschuldgläubiger
Zulässigkeit der Einrede des Erwerbers eines bereits mit einer Sicherungsgrundschuld belasteten Grundstücks wegen des Wegfalls …
15 W 217/05 (Oberlandesgericht Hamm)