Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.03.2019, Az. V S 25/18

5. Senat | REWIS RS 2019, 9649

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Gegenstand

Aussetzung des Verfahrens - vorgreifliches Rechtsverhältnis Festsetzungsverfahren, Erhebungsverfahren


Leitsatz

NV: Das Verfahren über die Erhebung der festgesetzten Umsatzsteuer ist für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung nicht vorgreiflich. Das gilt auch dann, wenn noch kein Klageverfahren gegen den Abrechnungsbescheid anhängig ist, weil über den Einspruch gegen den Abrechnungsbescheid noch nicht entschieden wurde.

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des [X.] vom 30. Oktober 2018  2 K 451/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

I.

1

Mit seiner Klage vom 31. März 2017  2 K 451/17 wendet sich der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2007 bis 2010 sowie die erstmaligen Umsatzsteuerbescheide 2011 bis 2012. Zeitgleich beantragte er beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --[X.]--) den Erlass eines [X.]s und beim [X.] ([X.]) die Aussetzung des Klageverfahrens bis zur rechtskräftigen Entscheidung über gegenseitige Zahlungsverpflichtungen aus dem [X.].

2

Nachdem das [X.] unter dem 22. Mai 2017 einen [X.] gemäß § 218 Abs. 2 der Abgabenordnung ([X.]) erlassen hatte, in dem es darüber entschied, "inwieweit die festgesetzte Umsatzsteuer getilgt wurde", lehnte der Berichterstatter des [X.] mit Beschluss vom 30. Oktober 2018 die Aussetzung des Verfahrens ab. Die im [X.] geregelten Zahlungsansprüche beträfen nicht das [X.], sondern das Abrechnungsverfahren, das Abrechnungsverfahren sei aber für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung nicht vorgreiflich. Hiergegen richtet sich die --vom [X.] nicht abgeholfene und dem [X.] ([X.]) vorgelegte-- fristgerecht erhobene Beschwerde des Klägers.

3

Er macht geltend, im Streit über den [X.] sei zu klären, ob eine Zahlungsverpflichtung bestehe. Der [X.] sei angefochten und über den Einspruch noch nicht entschieden worden. Stelle sich heraus, dass keine Zahlungsverpflichtung bestehe, sei damit auch das Festsetzungsverfahren erledigt. Anders als in dem vom [X.] im Beschluss vom 1. April 2015 V B 121/14 ([X.]/NV 2015, 1003) entschiedenen Fall sei der Streit um den [X.] somit vorgreiflich und das Klageverfahren auszusetzen.

4

Der Kläger beantragt sinngemäß,
den Beschluss des [X.] vom 30. Oktober 2018 aufzuheben und das Klageverfahren 2 K 451/17 wegen Umsatzsteuer 2007 bis 2012 bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen [X.]s vom 22. Mai 2017 auszusetzen.

5

Das [X.] hat keine Stellungnahme abgegeben und auch keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

6

Die nach § 128 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zulässige Beschwerde ist unbegründet und daher durch Beschluss zurückzuweisen (§ 132 [X.]O). Das [X.] hat die Aussetzung des Verfahrens nach § 74 [X.]O zu Recht abgelehnt.

7

1. Nach § 74 [X.]O kann das Gericht, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, dass die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen ist. Die Entscheidung hängt dann von einem Rechtsverhältnis ab, das Gegenstand eines anderen Verfahrens ist, wenn die Entscheidung des anderen Gerichts oder der Behörde vorgreiflich ist, d.h. wenn das Rechtsverhältnis, über das in dem anderen Verfahren entschieden wird, die Entscheidung, die in dem auszusetzenden Verfahren zu treffen ist, rechtlich beeinflusst ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 74 [X.]O Rz 7; [X.] in Gräber, Finanzgerichtsordnung, 8. Aufl., § 74 Rz 2, m.w.N.).

8

2. Im Streitfall ist das anhängige Rechtsbehelfsverfahren über das Bestehen oder Nichtbestehen von Zahlungsansprüchen wegen festgesetzter Umsatzsteuer (Einspruch gegen [X.] vom 22. Mai 2017) für die Entscheidung über die Steuerfestsetzung nicht in diesem Sinne vorgreiflich. Während in dem Einspruchsverfahren zum [X.] über Zahlungsansprüche im Rahmen des [X.] entschieden wird, geht es in dem anhängigen Klageverfahren darum, ob die Umsatzsteuer in zutreffender Höhe festgesetzt wurde. Die Frage des Bestehens von Zahlungsansprüchen ist aber ohne rechtlichen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Steuerfestsetzung und daher nicht vorgreiflich ([X.] in [X.], 1003, sowie vom 16. Mai 2007 V B 75/06, [X.], 1688; [X.] in Gräber, a.a.[X.], § 74 [X.]O Rz 17; [X.] in Tipke/[X.], a.a.[X.], § 74 Rz 7; zum umgekehrten Fall der Vorgreiflichkeit des [X.] gegenüber dem Erhebungsverfahren vgl. BFH-Urteil vom 8. März 2012 V R 24/11, [X.], 274, [X.], 466, Rz 42, m.w.N.).

9

Nicht entscheidungserheblich ist das Vorbringen des [X.], wonach sich der Streitfall von dem in [X.], 1003 entschiedenen Fall dadurch unterscheidet, dass dort bereits eine Klage gegen den [X.] anhängig gewesen sei, während vorliegend über den Einspruch gegen den [X.] vom 22. Mai 2017 noch nicht entschieden wurde. Da der Streit über die zutreffende Abrechnung nicht für das Steuerfestsetzungsverfahren vorgreiflich ist, kommt es nicht auf das Stadium an, in dem sich dieser Streit befindet.

Soweit nach Ansicht des [X.] das Rechtsschutzbedürfnis für den Rechtsstreit über die Steuerfestsetzung bei einer Abhilfe seines Einspruchs gegen den [X.] entfalle, begründet dies keine Vorgreiflichkeit des Verfahrens gegen den [X.]. Das Nichtbestehen von Zahlungsansprüchen hat keinen Einfluss auf die Prüfung der Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit der Steuerfestsetzung.

3. [X.] beruht auf § 143 Abs. 1 i.V.m. § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

V S 25/18

06.03.2019

Bundesfinanzhof 5. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 30. Oktober 2018, Az: 2 K 451/17, Beschluss

§ 74 FGO, § 128 FGO, § 218 Abs 2 AO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 06.03.2019, Az. V S 25/18 (REWIS RS 2019, 9649)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 9649

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