Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. 2 StR 581/16

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 14033

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:150317B2STR581.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 [X.]
vom
15.
März
2017
in der Strafsache
gegen

wegen schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.]

zu 2. auf dessen Antrag

am 15.
März
2017
gemäß §
349 Abs.
2 und 4
StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts Erfurt
vom 5.
Oktober
2016 im Strafausspruch, und soweit von der Anordnung der Unterbringung in einer Entzie-hungsanstalt abgesehen worden ist, mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels,
an
eine
andere
[X.]
des
[X.]s
zurück-verwiesen.

2.
Die weiter gehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen [X.] in vier Fällen
und sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen
zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und
zehn
Monaten verurteilt. Hiergegen
wendet sich der Angeklagte mit
seiner auf die Sachrüge gestützten
Revision.
Das
Rechtsmittel hat
in dem aus der
Beschlussformel ersichtlichen
Umfang
Erfolg;
im
Übrigen
ist
es
unbegründet
im
Sinne
des
§
349 Abs.
2 StPO.
1
-
3
-

1. Die Nachprüfung des Urteils zum Schuldspruch hat keinen Rechtsfeh-ler ergeben.

2. Der Strafausspruch kann
dagegen nicht bestehen bleiben. Die [X.] hat sowohl bei der [X.] als auch bei der Strafzu-messung im engeren Sinne
zu Lasten des Angeklagten darauf abgestellt, dass er zur
Befriedigung seiner sexuellen Bedürfnisse nach nicht auf sexuelle [X.] mit der Nebenklägerin angewiesen war, sondern diese
Bedürfnisse auch legal mit der Zeugin P.

Diese Erwägung
ist rechtsfehlerhaft, denn
dem Angeklagten wird damit
im Ergebnis angelastet, dass
er die Taten überhaupt begangen hat
(vgl.
[X.], Beschluss vom 11.
November 2003

4 [X.]03).
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass
ohne diesen Rechtsfehler auf niedrigere Strafen erkannt worden wäre. Für das weitere Verfahren weist der [X.] auf seine Rechtsprechung zur Berücksichti-gung von psychischen Schäden
bei
einer
Tatserie sexuellen Kindesmiss-brauchs hin (vgl. [X.], Beschluss vom 12.
April 2016

2
StR
483/15, [X.], 242;
Urteil vom 9.
Juli 2014

2 StR 574/13, [X.], 701 mwN).
3. Die
[X.]
der
Unterbringung
in
einer
Entziehungsanstalt
gemäß §
64
StGB hält rechtlicher
Überprüfung
ebenfalls nicht stand.
a) Bei der Prüfung der Erfolgsaussicht
der Maßregel hat
das [X.]
die am 1.
August 2016 in [X.] getretene Neufassung des §
64 Satz 2 StGB ([X.]
I 2016 S. 1610) nicht bedacht. Das [X.] hat die [X.] der Maßregel entscheidend
damit begründet, dass beim Angeklagten die für die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt erforderliche hinrei-chend konkrete Erfolgsaussicht der Therapie (§
64 Satz) nicht bestehe, weil die voraussichtlich notwendige Dauer der Behandlung die in §
67d Abs.
1 2
3
4
5
-
4
-
Satz
1 StGB
genannte Frist
von zwei Jahren überschreite
(UA S.
35
f.). Dabei hat sich die [X.] an der bisherigen Rechtsprechung einiger Strafsenate des [X.] zur Rechtslage vor der Gesetzesänderung orientiert, wonach die
Voraussetzungen des §
64 Satz 2 StGB
dann nicht vorliegen, wenn die Entzugsbehandlung voraussichtlich nicht innerhalb der in §
67d Abs.
1 Satz
1 StGB
für die Maßregel vorgesehenen Höchstfrist von zwei
Jahren zum Erfolg führen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
April 2014

3
StR 48/14, NStZ-RR 2014, 212 mwN; [X.] Urteil vom 20.
Januar 2016

2
StR
378/15; Beschluss vom 8.
August 2012

2
StR 279/12, [X.], 7, 8; vgl. auch Fischer, StGB,
64.
Aufl., § 64 Rn. 19a; dagegen: [X.], Urteil vom 10. April 2014

5
[X.], [X.], 315 f.; zuletzt offengelassen: [X.],
Urteil vom 10.
April 2014

5
[X.], [X.], 315, 316;
vgl. zum Ganzen: [X.], [X.], 617).
Dieser
-
auf den Wortlaut des §
67d Satz 1 Satz
1 StGB und den
Willen des Gesetzgebers gestützten
-
Auslegung
(vgl.
[X.], Beschluss vom 17.
April 2012

3
StR 65/12, NJW 2012, 2292)
ist
mit der Neufassung des §
64 Satz 2 StGB
im Zuge des
Gesetzes
zur Novellierung des Rechts der Un-terbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gemäß §
63 des Strafge-setzbuchs
und zur Änderung anderer Vorschriften vom 8.
Juli 2016 ([X.]
I 2016 S. 1610) die Grundlage
entzogen worden (vgl. [X.]/[X.], [X.], 8.
Aufl., §
132 [X.] durch
diese
Gesetzesänderung enthält
§
64 Satz
2 StGB nun e-orte rist nach § 67d Abeingefügt wurden. Damit
hat der Gesetzgeber

um eine flexiblere
Handhabung des §
64 StGB
für den Einzelfall zu ermöglichen
(vgl. BT-Drucksache 18/7244, S.
13, 24
f.)

an die Rechtsansicht des 5.
Strafsenats des [X.]
angeknüpft
(vgl. [X.], Urteil vom 10. April 2014

5 [X.], aaO), wonach für eine erfolgversprechende Behandlung
im Sinne des §
64 Satz
2 StGB -
5
-
grundsätzlich die bei Verhängung einer Begleitstrafe geltende verlängerte [X.] nach
§
67d Absatz
1 Satz
3 StGB zur Verfügung steht.
b) Die
Neufassung des §
64 Satz 2 StGB findet gemäß §
2 Abs.
6 StGB
auch auf den vorliegenden Fall Anwendung
(vgl. [X.], Beschluss
vom 15.
November 2007

3 [X.], [X.], 213).
Der [X.] kann nicht ausschließen, dass das [X.], das die übrigen Voraussetzungen des §
64
StGB als gegeben angesehen hat, unter Berücksichtigung der Gesetzes-änderung die Unterbringung
des Angeklagten
in
einer
Entziehungsanstalt
an-geordnet hätte.
c) Dass nur der Angeklagte Revision eingelegt hat, hindert eine Nachho-lung der Unterbringungsanordnung nicht (§
358 Abs.
2 Satz 3 StPO; [X.], [X.] vom 28. Januar 2016

2 [X.]15;
[X.], Urteil
vom 10.
April 1990

1 StR 9/90, [X.]St 37, 5, 7 ff.). Er hat die Nichtanwendung des §
64 StGB durch das Tatgericht nicht vom Rechtsmittelangriff ausgenommen
(vgl.
[X.],
Urteil
vom
7.
Oktober
1992

2
StR
374/92,
[X.]St
38, 362, 363; Beschluss vom 5.
November 2015

2 [X.]), sondern die [X.] der Un-terbringung
in
einer
Entziehungsanstalt
ausdrücklich als rechtsfehlerhaft bean-standet.
[X.]Eschelbach

Bartel Grube

6
7

Meta

2 StR 581/16

15.03.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.03.2017, Az. 2 StR 581/16 (REWIS RS 2017, 14033)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 14033

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 581/16

2 StR 574/13

5 StR 37/14

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