Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2023, Az. AnwZ (Brfg) 14/23

Senat für Anwaltssachen | REWIS RS 2023, 5805

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Tenor

1. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das ihr an [X.] statt am 23. Februar 2023 zugestellte Urteil des II. Senats des Anwaltsgerichtshofs [X.] wird abgelehnt.

Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Wert des Zulassungsverfahrens wird auf 50.000 € festgesetzt.

2. Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I.

1

Die Klägerin ist im Bezirk der Beklagten zur Rechtsanwaltschaft zugelassen. Mit Bescheid vom 10. Mai 2021 widerrief die Beklagte die Zulassung der Klägerin aus gesundheitlichen Gründen (§ 14 Abs. 2 Nr. 3 [X.]). Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies die Beklagte mit Bescheid vom 26. Juli 2021 wegen Verfristung zurück. Die gegen den Bescheid der Beklagten vom 10. Mai 2021 in der Form des Widerspruchsbescheids gerichtete Klage hat der [X.] als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin beantragt nunmehr die Zulassung der Berufung gegen das Urteil des [X.]s.

2

Sie hat für das Zulassungsverfahren zudem Prozesskostenhilfe beantragt, den Antrag auf Zulassung der Berufung allerdings unbedingt durch ihre Prozessbevollmächtigten eingelegt und diesen begründet.

II.

3

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist nach § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 4 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er bleibt jedoch in der Sache ohne Erfolg. Ein [X.] nach § 124 Abs. 2 VwGO ist nicht gegeben (vgl. § 112e Satz 2 [X.], § 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO).

4

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils bestehen nicht (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Dieser [X.] setzt voraus, dass ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. nur Senat, Beschluss vom 4. März 2019 - [X.] ([X.]) 47/18, juris Rn. 3). Zweifel an der Richtigkeit einzelner Rechtssätze oder tatsächlicher Feststellungen füllen den [X.] dann nicht aus, wenn sie nicht die Richtigkeit des Ergebnisses erfassen (vgl. nur Senat, Beschluss vom 7. März 2019 - [X.] ([X.]) 66/18, juris Rn. 5).

5

Diese Voraussetzungen hat die Klägerin nicht dargelegt. Sie wendet sich in der Begründung des Zulassungsantrags insbesondere dagegen, dass der [X.] auf Grund der den [X.] betreffenden Postzustellungsurkunde eine Zustellung dieses Bescheids an sie am 11. Mai 2021 bejaht und ihren am 17. Juni 2021 eingegangenen Widerspruch deshalb für verfristet gehalten hat. Ihr diesbezügliches Vorbringen begründet jedoch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung des [X.]s.

6

a) Der Widerruf der Zulassung war der Klägerin nach § 34 [X.] zuzustellen. Für die Ausführung der Zustellung durch die Post mittels [X.] gelten die §§ 177 bis 182 ZPO entsprechend (§ 3 Abs. 2 Satz 1 des [X.] für [X.]). Zum Nachweis der Zustellung ist gemäß § 182 Abs. 1 ZPO eine Postzustellungsurkunde anzufertigen, die als öffentliche Urkunde im Sinne des § 418 Abs. 1 ZPO den vollen Beweis der darin bezeugten Tatsachen begründet.

7

Nach § 418 Abs. 2 ZPO kann derjenige, zu dessen Nachteil sich die gesetzliche Beweislastregelung auswirkt, den Beweis für die Unrichtigkeit der beurkundeten Tatsachen antreten. Erforderlich ist hierfür der volle Beweis des Gegenteils, das heißt der Unrichtigkeit der in der [X.] bezeugten Tatsachen. Die Beweiswirkung der [X.] muss vollständig entkräftet und jede Möglichkeit der Richtigkeit der in ihr niedergelegten Tatsachen ausgeschlossen sein (vgl. [X.], Urteil vom 10. November 2005 - [X.], [X.], 150 Rn. 12; Beschluss vom 15. Oktober 2019 - [X.] ([X.]) 6/19, juris Rn. 53; [X.], NJW-RR 2002, 1008; [X.], [X.]/NV 2004, 509, 510; BVerwG, NJW 1986, 2127, 2128; jeweils mwN). Dementsprechend muss ein derartiger anderer Geschehensablauf substantiiert dargelegt werden - die dargelegten Umstände müssen dabei geeignet sein, ein Fehlverhalten des [X.] und damit eine Falschbeurkundung zu belegen (vgl. [X.], NJW-RR 2002, 1008; [X.], [X.]/NV 2004, 509, 510; BVerwG, NJW 1986, 2127, 2128; jeweils mwN).

8

b) Der [X.] ist unter Berücksichtigung dieser Grundsätze davon ausgegangen, dass die vorliegende Postzustellungsurkunde den vollen Beweis dafür erbringt, dass der Klägerin der [X.] vom 10. Mai 2021 am 11. Mai 2021 persönlich unter ihrer Privatanschrift übergeben wurde. Das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags begründet keine ernstlichen Zweifel hieran.

9

aa) Entgegen der im Zulassungsantrag vertretenen Auffassung entfällt die Beweiswirkung der [X.] nicht deshalb, weil auf dem Umschlag, der den [X.] enthielt, das Datum der Zustellung nicht vermerkt ist, obwohl die [X.] entsprechend § 182 Abs. 2 Nr. 6 ZPO die Bemerkung enthält, dass der Tag der Zustellung auf dem Umschlag, der das zuzustellende Schriftstück enthält, vermerkt ist. Denn dies berührt - wie der [X.] zutreffend entschieden hat - weder die Wirksamkeit der Zustellung durch persönliche Übergabe an den Adressaten noch die Beweiskraft hinsichtlich der Zustellung.

(1) Anders als bei einer Ersatzzustellung gemäß § 180 ZPO, bei der die Verpflichtung des Zustellers, das Datum der Zustellung auf dem Umschlag des zuzustellenden Schriftstücks zu vermerken, in § 180 Satz 3 ZPO gesondert geregelt ist und eine zwingende Zustellungsvorschrift im Sinne von § 189 ZPO darstellt mit der Folge, dass das Schriftstück bei einer Verletzung dieser Vorschrift erst mit dem tatsächlichen Zugang als zugestellt gilt (vgl. [X.], Urteil vom 15. März 2023 - [X.], NJW-RR 2023, 766 Rn. 14 ff.; Beschluss vom 29. Juli 2022 - [X.] ([X.]) 28/20, NJW 2022, 3081 Rn. 15 ff.), ist ein solcher Vermerk für die Wirksamkeit einer Zustellung durch Aushändigung an den Adressaten gemäß § 177 ZPO nicht erforderlich. Im Gegensatz zu der in § 180 Satz 3 ZPO für die Ersatzzustellung enthaltenen Vorgabe dienen die in § 182 ZPO geregelte Beurkundung der Zustellung und die dort aufgestellten Anforderungen an die [X.] nur dem Nachweis der Zustellung; [X.] für die zuvor geregelten [X.] enthält die Vorschrift dagegen nicht (vgl. Senat, Beschluss vom 29. Juli 2022 - [X.] ([X.]) 28/20, aaO Rn. 21, 24 f.; BT-Drucks. 14/4554, S. 22; [X.][X.], 6. Aufl., § 182 Rn. 19; [X.] ZPO/Dörndorfer, § 182 Rn. 14 (Stand: 1. März 2023); [X.] in [X.], ZPO, 23. Aufl., § 182 Rn. 1; [X.] VwVfG/[X.], § 3 [X.] Rn. 55, 59 (Stand: 1. Oktober 2019)).

(2) Dass das Datum auf dem Umschlag nicht vermerkt ist, lässt zudem die Beweiskraft der [X.] im Übrigen, also insbesondere hinsichtlich der Bewirkung der Zustellung durch Übergabe an die Klägerin am 11. Mai 2021, unberührt. Denn durch die Vorlage des Umschlags, auf dem das Datum fehlt, ist allein die Angabe auf der [X.], dass das Datum der Zustellung auf dem Umschlag vermerkt ist, widerlegt (§ 418 Abs. 2 ZPO), nicht jedoch die weiteren durch die [X.] bezeugten Tatsachen.

c) Den durch die [X.] erbrachten Beweis, dass der [X.] der Klägerin am 11. Mai 2021 persönlich übergeben wurde, könnte die Klägerin nur durch den Beweis des Gegenteils widerlegen. Die in der Begründung des Zulassungsantrags vertretene Auffassung, dass die Beklagte die Darlegung und den Beweis eines Zugangs vor dem 17. Juni 2021 schuldig geblieben und der Vortrag der für den Zugang darlegungs- und beweispflichtigen Beklagten nicht ausreichend sei, um den Zugang des [X.]s am 11. Mai 2021 überzeugend darzulegen, ist nicht zutreffend und verkennt die auf Grund der Beweiskraft der Postzustellungsurkunde bestehende Beweislage. Es ist - entgegen dem Vorbringen im Zulassungsverfahren - auch nicht unstreitig, dass die Klägerin den Brief nicht persönlich entgegengenommen hat. Im Gegenteil hat sich die Beklagte auf die durch die Postzustellungsurkunde nachgewiesene persönliche Übergabe des [X.]s an die Klägerin am 11. Mai 2021 berufen.

d) Der [X.] hat das Vorbringen der Klägerin nicht für hinreichend gehalten, um ein Fehlverhalten des [X.] und eine Falschbeurkundung darzulegen. Das Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Auffassung. Denn hiernach ist gerade nicht jede Möglichkeit ausgeschlossen, dass die in der [X.] beurkundete persönliche Übergabe des [X.]s an die Klägerin zutreffend sein könnte. Selbst wenn der Vortrag demnach bewiesen wäre, wäre er nicht geeignet, die Beweiskraft der [X.] zu erschüttern.

aa) Das dortige Vorbringen der Klägerin, dass am 11. Mai 2021 zwar ein Postbote gekommen sei, der [X.] im Rahmen seiner Vorbereitungen für eine Fahrt nach [X.]       zu einem Gerichtstermin in dem Flur vor der [X.] angetroffen habe, ihm jedoch keinen Brief ausgehändigt habe, sondern wieder gegangen sei, ohne dies auch nur zu versuchen, ist nicht geeignet, um die in der [X.] beurkundete Zustellung an die Klägerin zu widerlegen. Selbst wenn dies zutreffen sollte, ergäbe sich hieraus nur, dass in diesem Moment eine Zustellung an den Ehemann der Klägerin nicht stattgefunden hat, was indes auch nicht beurkundet wurde. Offen bleibt nach dem Vortrag der Klägerin bereits, ob der geschilderte Vorgang überhaupt im Zusammenhang mit einem Versuch der Zustellung des [X.]s stand. Jedenfalls schließt das von ihr behauptete Zusammentreffen ihres Ehemanns mit einem Postzusteller nicht aus, dass der Klägerin der [X.] an diesem Tag - wie beurkundet - persönlich übergeben und damit zugestellt wurde, sei es durch denselben Postboten im zeitlichen Zusammenhang mit diesem Vorfall oder zu einem früheren oder späteren [X.]punkt oder aber durch einen anderen Zusteller beziehungsweise eine Zustellerin. Vor diesem Hintergrund ergeben sich auch nicht deshalb ernsthafte Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, weil der [X.] von der Zustellung durch eine Zustellerin spricht, der Ehemann der Klägerin indes einen männlichen Postboten angetroffen haben will. Sollte die Zustellung durch eine Zustellerin beurkundet worden sein, spräche dies erst Recht für einen Zustellungsvorgang, der von dem durch den Ehemann der Klägerin erlebten Zusammentreffen mit dem Postboten zu unterscheiden wäre. Sollte die zustellende Person männlich gewesen sein, könnte es sich zwar um dieselbe Person handeln, die auch der Ehemann an diesem Tag getroffen hat, was allerdings - wie oben ausgeführt - für die Frage einer an diesem Tag erfolgten Zustellung an die Klägerin selbst unerheblich wäre. Im Hinblick darauf, dass das Geschlecht der zustellenden Person, das auf Grundlage des auf der Postzustellungsurkunde angegebenen Namens nicht zweifelsfrei feststellbar ist, mithin unerheblich ist, bedurfte es insoweit keiner weiteren Aufklärung.

bb) Auch das Vorbringen der Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags, dass sie das Haus am 11. Mai 2021 nur für zwei Termine gemeinsam mit ihrem Ehemann verlassen habe, sie ansonsten krank im Bett gelegen und ihr Ehemann ihr ganztägig zur Seite gestanden habe, begründet keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils. Denn auch hierdurch würde, selbst wenn dieser Vortrag durch die Vernehmung des Ehemanns bestätigt würde, die Beweiskraft der [X.] nicht entfallen, da damit gerade nicht jede Möglichkeit, dass ihr der Bescheid an diesem Tag an der [X.] übergeben wurde, ausgeschlossen wird und somit eine Falschbeurkundung nicht dargelegt ist.

Die Klägerin befand sich hiernach über weite Teile des Tages an dem angegebenen [X.], so dass logistisch und zeitlich eine Zustellung an sie möglich war. Sie war zwar krank, nicht jedoch bettlägerig, sondern vielmehr in der Lage, sowohl einen Arzttermin als auch einen Gerichtstermin in [X.]      durchzuführen, so dass es ihr ebenfalls möglich gewesen wäre, einem Zusteller die Türe zu öffnen und einen Brief anzunehmen. Auch eine Zustellung im Zusammenhang mit dem Verlassen ihrer Wohnung zur Wahrnehmung ihrer Termine ist denkbar.

Der von der Klägerin vorgebrachte Umstand, dass ihr Ehemann sie zu den Terminen begleitet und ihr ansonsten ganztägig in der Wohnung zur Seite gestanden habe, schließt die Möglichkeit einer Zustellung an sie nicht aus. Die pauschale Behauptung, ihr Ehemann habe eine Zustellung nicht bemerkt, hätte eine solche aber auf Grund seiner ganztägigen Anwesenheit mitbekommen, ist nicht geeignet, um eine Falschbeurkundung zu belegen. Die Zustellung ist ein nur kurze [X.] in Anspruch nehmender Vorgang. Auch bei einem ununterbrochen gemeinsamen Aufenthalt von zwei Personen in einer Wohnung lassen sich nach allgemeiner Lebenserfahrung Momente, in denen diese sich nicht unmittelbar sehen und das Handeln des anderen mitbekommen, zum Beispiel während der Nutzung des Badezimmers, regelmäßig nicht ausschließen, ebenso wenig Momente, in denen die Aufmerksamkeit auf andere - zum Beispiel auch berufliche - Tätigkeiten fokussiert ist und ein kurzer Kontakt des Ehepartners mit einem Postboten nicht bemerkt wird. Eine unbemerkte Zustellung ließe sich allenfalls unter besonderen Umständen sicher ausschließen, etwa wenn eine durchgängige Bettlägerigkeit eine persönliche Zustellung von vornherein unmöglich machte. Derartige Umstände sind in der Zulassungsbegründung jedoch nicht dargetan (vgl. zu den Anforderungen an die Darlegungslast auch [X.], [X.]/NV 2004, 509, 510). Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass und auf Grund welcher ungewöhnlichen Umstände eine von ihrem Ehemann unbemerkte Zustellung durch Übergabe an die Klägerin ausnahmsweise auszuschließen ist, die Klägerin also zu keinem [X.]punkt an dem [X.] auch nur einen kurzen, für eine Zustellung ausreichenden Moment unbeobachtet von ihrem Ehemann war, sind nicht vorgebracht. Auch die Klägerin hat nach eigenem Vorbringen den Kontakt ihres Ehemanns mit dem Postboten nicht mitbekommen. Warum diese Konstellation umgekehrt nicht denkbar sein soll, ist dem Zulassungsantrag nicht zu entnehmen.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Klägerin in der Begründung des Zulassungsantrags, ihr Ehemann habe sich bei dem Erscheinen des Postboten gerade im Flur befunden und es könne deshalb nicht sein, dass er - wie der [X.] mutmaße - eine Zustellung in der Hektik nicht bemerkt habe. Denn selbst wenn in diesem Moment eine Zustellung an die Klägerin ausgeschlossen werden könnte, bedeutete dies nicht, dass eine solche nicht zu einem anderen [X.]punkt des Tages - von ihrem Ehemann unbemerkt - stattgefunden haben kann.

cc) Soweit die Klägerin meint, die zustellende Person habe den Brief wahrscheinlich unsachgemäß in der näheren Umgebung der Wohnung abgelegt, möglicherweise einer anderen Frau in dem Wohnhaus übergeben, in einem anderen Wohnhaus eingeworfen, einer anderen, in derselben Straße wohnenden Familie [X.]   übergeben oder im Treppenhaus auf einen dort gelagerten Backofen oder woanders nicht sichtbar hingelegt, von wo er dann die Treppenstufen heruntergerutscht sein müsse, als der Backofen um den 17. Juni 2021 herum vom Treppenhaus weggetragen worden sei, ist dieser Vortrag nicht geeignet, um die Beweiskraft der Postzustellungsurkunde in Frage zu stellen. Insoweit handelt es sich um reine unbelegte Spekulationen zu möglichen Geschehensabläufen, die den erforderlichen Gegenbeweis, dass die Zustellung nicht der Urkunde entsprechend erfolgte, nicht ermöglichen.

Der durch Vernehmung des Nachbarn unter Beweis gestellte Vortrag, dass dieser zu dieser [X.] einen an die Klägerin adressierten gelblichen Brief im Treppenhaus gefunden und in den Briefkasten der Klägerin geworfen habe, ermöglicht den Beweis der unrichtigen Beurkundung ebenfalls nicht. Denn selbst wenn es sich hierbei um den [X.] gehandelt haben sollte, was allein durch die unter Beweis gestellte Aussage, es sei ein gelblicher Brief gewesen, ohnehin nicht belegt wäre, stellte dies eine der Urkunde entsprechende Zustellung an die Klägerin nicht in Frage. Das Auffinden des Briefs im Treppenhaus belegte nicht, dass der Postzusteller den Brief unsachgemäß abgelegt und eine Falschbeurkundung vorgenommen hat. Vielmehr könnte dies auch darauf beruhen, dass die Klägerin den Brief selbst verloren oder verlegt und vergessen hatte.

Nicht geeignet, eine Falschbeurkundung darzulegen und zu beweisen, ist weiter der Vortrag der Klägerin, dass sie wenige Stunden nach Erhalt des Schreibens am 17. Juni 2021 Zeugen angerufen und mit diesen hierüber gesprochen habe. Denn dies schließt nicht aus, dass ihr der Brief wie beurkundet bereits am 11. Mai 2021 übergeben wurde, sie dessen Inhalt aber aus in ihrer Sphäre liegenden Gründen erst am 17. Juni 2021 zur Kenntnis genommen hat.

Letztlich begründet auch der Vortrag der Klägerin, wonach die [X.] an sie häufig unzuverlässig seien und Briefe sie häufig nicht oder verspätet erreichten, keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Auffassung des [X.]s, wonach eine Zustellung am 11. Mai 2021 durch die [X.] bewiesen und nicht widerlegt ist. Denn selbst wenn es in der Vergangenheit [X.] gegeben haben sollte, würde sich hieraus nichts für eine Falschbeurkundung in diesem konkreten Fall ergeben, so dass der Beweis einer Falschbeurkundung hierdurch nicht geführt werden könnte.

e) Soweit die Klägerin sich in der Begründung des Zulassungsantrags auch gegen die Erwägungen des [X.]s zu einer möglichen Ersatzzustellung an ihren Ehemann wendet, stellt dieser Vortrag das Urteil des [X.]s im Ergebnis nicht in Frage. Denn eine wirksame Zustellung an die Klägerin steht bereits im Hinblick auf die durch die [X.] bewiesene persönliche Zustellung an die Klägerin und die fehlende Geeignetheit ihres Vorbringens zur Widerlegung dieses Beweises fest.

2. Dem [X.] ist schließlich kein Verfahrensfehler unterlaufen, auf dem sein Urteil beruhen kann (§ 112e Satz 2 [X.], § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).

a) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin darauf, dass der [X.] verfahrensfehlerhaft und unter Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG sowie ihres Anspruchs auf ein faires Verfahren am 16. Dezember 2022 in ihrer Abwesenheit verhandelt habe, obwohl sie einen begründeten [X.] gestellt habe. Ein Verfahrensfehler liegt insoweit nicht vor.

Nach § 227 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 173 Satz 1 VwGO ist Voraussetzung einer Terminsverlegung, dass ein erheblicher Grund vorliegt und dem Gericht unterbreitet wird. Dies war hier nicht der Fall.

aa) Der [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin in ihrem [X.] vom 9. Dezember 2022 ihre Verhandlungsunfähigkeit nicht hinreichend dargelegt hat und eine Verlegung wegen der dort vorgetragenen Erkrankung deshalb nicht geboten war.

Eine Partei ist bei einem mit einer Erkrankung begründeten [X.] verpflichtet, die Gründe für die Verhinderung so anzugeben und durch Vorlage eines substantiierten ärztlichen Attests zu untermauern, dass das Gericht die Frage der Verhandlungsfähigkeit selbst zu beurteilen vermag (vgl. Senat, Beschlüsse vom 6. Mai 2021 - [X.] ([X.]) 38/20, juris Rn. 29 ff.; vom 3. Mai 2021 - [X.] ([X.]) 63/18, juris Rn. 16; jeweils mwN).

Diesen Anforderungen genügten die Angaben der Klägerin in ihrem [X.] vom 9. Dezember 2022 nicht. Bereits ihr nicht weiter erläuterter Vortrag, sie habe starken Schnupfen, Kopf-, Hals- und Ohrenschmerzen, begründet eine Verhandlungsunfähigkeit für den 16. Dezember 2022 nicht. Es handelt sich hierbei um Erkältungssymptome, die nur in Ausnahmefällen zu einer Verhandlungsunfähigkeit führen, so dass allein deren Behauptung nicht ausreicht, um eine solche darzulegen. Darüber hinaus kann von [X.] am 9. Dezember 2022 nicht auf eine Verhandlungsunfähigkeit am 16. Dezember 2022 geschlossen werden, nachdem bis zum Verhandlungstermin noch eine Woche [X.] war und sich derartige Symptome regelmäßig jedenfalls innerhalb einer Woche bessern. Das dem Schreiben beigefügte Attest, das ohne jede Diagnose eine Verhandlungsunfähigkeit für den gesamten Dezember 2022 bescheinigt, ist nicht im Ansatz dazu geeignet, eine solche überprüfbar zu belegen.

bb) Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die Ablehnung der Terminsaufhebung und die Durchführung des Termins in ihrer Abwesenheit deshalb verfahrensfehlerhaft gewesen sei, weil von ihr seitens des [X.]s als Reaktion auf ihren [X.] vom 9. Dezember 2022 zunächst die Beibringung eines amtsärztlichen Attests verlangt worden war, dies ihr jedoch unmöglich gewesen sei und der Hinweis, dass sie auch ein aussagekräftiges Attest eines anderen Arztes vorlegen könne, sie zu spät erreicht habe. Als Rechtsanwältin musste der Klägerin bewusst sein, dass weder ihre Angaben im Schreiben vom 9. Dezember 2022 noch das vorgelegte Attest von diesem Tag eine Verlegung des [X.] vom 16. Dezember 2022 begründen konnten. Dies gilt zumal deshalb, weil sie bereits bei zwei vorangegangenen Verlegungsanträgen wegen von ihr vorgebrachter Krankheit auf das Erfordernis, eine Verhandlungsunfähigkeit nachprüfbar darzulegen und glaubhaft zu machen, hingewiesen worden war. Es kann dahingestellt bleiben, ob es ihr tatsächlich nicht möglich gewesen ist, das von dem [X.] zunächst zu Recht geforderte amtsärztliche Attest vorzulegen. Denn jedenfalls konnte sie auch dann nicht mit einer Terminsverlegung auf Grundlage der unzureichenden Angaben vom 9. Dezember 2022 rechnen. Schon bevor ihr am Verhandlungstag der Hinweis des Gerichts zuging, dass sie anstelle eines amtsärztlichen Attests auch ein aussagekräftiges Attest eines anderen Arztes vorlegen könne, hätte es ihr deshalb oblegen, ihre Verhandlungsunfähigkeit näher darzulegen und durch ein überprüfbares Attest zu belegen.

Zudem war für sie vorhersehbar, dass das Gericht auf ihre kurzfristige Mitteilung, kein amtsärztliches Attest vorlegen zu können, reagieren würde. Es oblag ihr somit, sorgfältig zu prüfen, ob insoweit Faxmitteilungen oder E-Mails bei ihr eingingen, nachdem sie schon zuvor mehrfach per Fax und E-Mail mit dem Gericht kommuniziert hatte. Die Verfügung vom 15. Dezember 2022, mit der ihr die Vorlage eines aussagekräftigen ärztlichen Attests anstelle eines amtsärztlichen Attests anheimgestellt wurde, wurde der Klägerin am 16. Dezember 2022 per E-Mail um 10.01 Uhr sowie per Fax um 10.19 Uhr übermittelt. Bei der von ihr zu erwartenden sofortigen Kenntnisnahme dieser Nachrichten war die Vorstellung bei einem Arzt und Einholung eines Attests sowie dessen Vorlage bis zum anberaumten Verhandlungsbeginn ohne Weiteres möglich und ihr zumutbar. Dass sie die Nachricht erst wenige Minuten vor 14.43 Uhr erhalten und gesehen hat, wie sie in ihrem um diese [X.] per Fax übermittelten Schreiben behauptet hat, ist überdies unglaubwürdig, nachdem sie das Faxgerät an diesem Tag bereits um 13.28 Uhr genutzt hat, um ein Schreiben an das Gericht zu senden, und auch von ihrer E-Mail-Adresse um 14.02 Uhr ein Schreiben an die Geschäftsstellenmitarbeiterin des [X.]s gesandt hat.

cc) Ein Verfahrensfehler des [X.]s liegt auch nicht deshalb vor, weil er den Termin nicht verlegt hat, obwohl die Klägerin am Verhandlungstag per E-Mails an die Geschäftsstellenmitarbeiterin um 16.41 Uhr, um 16.47 Uhr und um 16.50 Uhr ein ärztliches Attest der Notfallpraxis [X.] übermittelt hat. Der [X.] hat hierzu ausgeführt, dass ihm dies erst im Nachgang zur mündlichen Verhandlung zur Kenntnis gebracht worden sei, da die Mitarbeiterin der Geschäftsstelle, an deren E-Mail-Adresse die Klägerin das Attest übermittelt habe, zu diesem [X.]punkt nicht mehr vor Ort gewesen sei. Ohne Erfolg rügt die Klägerin insoweit, der entscheidende Senat habe sicherstellen müssen, dass ihn auch nachmittags noch an die Geschäftsstellenmitarbeiterin gesandte E-Mail-Nachrichten vor der mündlichen Verhandlung erreichten. Die Klägerin konnte nicht damit rechnen, dass die Geschäftsstellenmitarbeiterin ihre Nachrichten noch vor dem Verhandlungsbeginn erhalten und an den Senat weiterleiten würde, zumal ihr bereits im Zusammenhang mit ihrem Akteneinsichtsgesuch von der Geschäftsstellenmitarbeiterin mitgeteilt worden war, dass sie nur vormittags arbeite. Dass das Attest auch - wie im Zulassungsantrag behauptet - zweifach per Fax übermittelt worden sei, ergibt sich aus der Akte, der lediglich ein dreifacher Eingang per E-Mail zu entnehmen ist, nicht. Entsprechend hat auch der [X.] in seinem Urteil nur den Eingang per E-Mail festgestellt. Die unbelegte und nicht weiter konkretisierte Behauptung im Zulassungsverfahren, das Attest sei auch zweifach per Fax übermittelt worden, führt nicht zu ernstlichen Zweifeln hieran.

Ohnehin rechtfertigte auch das ärztliche Attest vom 16. Dezember 2022 eine Verlegung des [X.] nicht. In dem Attest heißt es, dass die Klägerin akut erkrankt und nicht verhandlungsfähig sei für die Dauer vom 16. Dezember bis zum 22. Dezember 2022. Als Diagnosen sind Kopfschmerz, entgleiste Hypertonie, Infektion fieberhaft und Gastroenteritis genannt. Auf Grundlage dieses Attests konnte das Gericht die Verhandlungsfähigkeit der Klägerin nicht eigenständig überprüfen. Die pauschale Angabe diverser Diagnosen, die überdies nur teilweise mit dem Vortrag der Klägerin übereinstimmten, lassen weder die Art und Schwere der Erkrankung noch das Maß etwaiger Beeinträchtigungen der Verhandlungsfähigkeit erkennen. Trotz der dort bescheinigten Verhandlungsfähigkeit bedurfte es jedoch einer diesbezüglich eindeutigen und nachvollziehbaren Beschreibung, die dem Gericht deren Überprüfung ermöglichte (vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. Mai 2021 - [X.] ([X.]) 38/20, juris Rn. 30; vom 3. Mai 2021 - [X.] ([X.]) 63/18, juris Rn. 16; jeweils mwN).

Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin im Zulassungsantrag auch darauf, dass Rechtsanwalt [X.]gegenüber dem Vorsitzenden sowie der Berichterstatterin telefonisch bestätigt habe, dass sie verhandlungsunfähig sei. Denn die Bestätigung eines Rechtsanwalts, der ohnehin noch nicht einmal Prozessbevollmächtigter der Klägerin war, ersetzt eine prüfbare Darlegung ihrer Erkrankung durch die Klägerin unter Vorlage eines aussagekräftigen Attests nicht.

dd) Eine Terminsverlegung war auch nicht deshalb geboten, weil nach dem Vorbringen der Klägerin Rechtsanwalt [X.]bei den oben genannten Telefonaten erklärt habe, er übernehme die Vertretung und bitte um Akteneinsicht sowie einmalige Verlegung des Termins. Zum einen hat die Klägerin diesen nicht als Prozessbevollmächtigten bestellt, sondern mit Schreiben vom 16. Dezember 2022 ausdrücklich unter Bezugnahme auf vorangegangene Telefonate des Rechtsanwalts mit dem Gericht lediglich erklärt, er solle ihr als notwendiger Verfahrensbevollmächtigter beigeordnet werden, sofern sie nicht als postulationsfähig angesehen werde. Der [X.] hat die Klägerin indes für postulationsfähig gehalten; selbst bei fehlender Postulationsfähigkeit hätte es überdies der Klägerin und nicht dem Gericht oblegen, einen Prozessbevollmächtigten zu bestellen. Ohnehin stellte die kurzfristige Bevollmächtigung eines Prozessbevollmächtigten, der den bereits längerfristig anberaumten Verhandlungstermin nicht wahrnehmen kann, keinen erheblichen Grund für eine Terminsverlegung im Sinne von § 227 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO dar (vgl. Senat, Beschluss vom 17. September 2018 - [X.] ([X.]) 41/18, juris Rn. 14; vgl. auch Senat, Beschluss vom 3. Mai 2021 - [X.] ([X.]) 63/18, juris Rn. 14).

b) Der [X.] hat auch keinen Verfahrensfehler dadurch begangen, dass der Klägerin die von ihr beantragte Akteneinsicht verwehrt wurde. Die Klägerin hatte hinreichend Gelegenheit zur Akteneinsicht, hat diese jedoch nicht wahrgenommen.

aa) Nach § 112e Satz 2 [X.], § 125 Abs. 1 Satz 1, § 100 VwGO haben Beteiligte ein Recht auf Akteneinsicht. Dieses Recht ist Ausfluss des Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG und soll sicherstellen, dass die Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens die Gelegenheit haben, zu den in den Akten dokumentierten Umständen Stellung nehmen zu können, bevor das Gericht diese zur Grundlage seiner Entscheidung macht (vgl. Senat, Beschlüsse vom 22. Juni 2022 - [X.] ([X.]) 7/22, juris Rn. 19; vom 19. Januar 2022 - [X.] ([X.]) 28/21, juris Rn. 13). Entsprechend besteht lediglich ein Anspruch auf die in zumutbarer Weise eröffnete Gelegenheit, sich vom Akteninhalt Kenntnis zu verschaffen (vgl. Senat, Beschluss vom 19. Januar 2022 - [X.] ([X.]) 28/21, aaO mwN).

bb) Der [X.] hat der Klägerin mit Verfügung vom 13. Juli 2022 Akteneinsicht in den Diensträumen des Gerichts bewilligt. Hiernach bestand für die Klägerin bis zu dem Verhandlungstermin am 16. Dezember 2022 hinreichend und in zumutbarer Weise die Möglichkeit, die Akten auf der Geschäftsstelle des [X.]s einzusehen. Die Klägerin hat jedoch nicht die von ihr zu verlangenden Maßnahmen unternommen, um die bewilligte Akteneinsicht tatsächlich durchzuführen.

Entgegen dem Vorbringen in der Begründung des Zulassungsantrags wurde ihr die Akteneinsicht nicht tatsächlich verwehrt. Ausweislich des Akteninhalts sowie der dienstlichen Erklärung der zuständigen Geschäftsstellenmitarbeiterin wurde mehrfach schriftlich per Post, per Fax und per E-Mail sowie telefonisch versucht, mit der Klägerin Kontakt aufzunehmen, um einen Termin für die Akteneinsicht zu vereinbaren. Zwar konnte ein von der Klägerin vorgeschlagener Akteneinsichtstermin am 15. August 2022 seitens der Geschäftsstellenmitarbeiterin nicht ermöglicht werden. Weitere Terminvorschläge seitens der Klägerin finden sich in der Akte jedoch nicht und werden auch in dem Zulassungsantrag zwar pauschal behauptet, aber nicht konkretisiert. In dem Zulassungsantrag wird zudem zwar allgemein vorgetragen, aber nicht substantiiert dargelegt, dass, in welcher Form und wann konkret die Klägerin sich ab Mitte August 2022 bis zum 7. Dezember 2022 um Akteneinsicht bemüht hat, was ihr im Hinblick auf die bewilligte Akteneinsicht indes zumutbar gewesen und von ihr im Rahmen ihrer Mitwirkungspflichten zu verlangen war.

Aus dem Akteninhalt ergibt sich ein konkretes Bemühen der Klägerin erst wieder am 7. Dezember 2022. An diesem Tag antwortete sie mit der Bitte um Mitteilung von Terminen zur Akteneinsicht auf eine Nachricht der Geschäftsstellenmitarbeiterin vom 25. August 2022, in der diese ihr mitgeteilt hatte, dass sie erfolglos versucht habe, die Klägerin zu erreichen und sie möge sich telefonisch melden, wobei die Geschäftsstellenmitarbeiterin immer vormittags ab 9 Uhr erreichbar wäre. Am 9. Dezember 2022 wurde der Klägerin per E-Mail ein Schreiben übermittelt, in dem ihr mitgeteilt wurde, dass sie am 14. und 15. Dezember jeweils vormittags ab 9.30 Uhr Akteneinsicht nehmen könne und sie den von ihr bevorzugten Termin mitteilen möge. Die ursprünglich falsche Datierung dieses Schreibens auf den 7. September 2021 wurde ausweislich der Akte noch an demselben Tag korrigiert und der Fehler der Klägerin gegenüber per E-Mail vom 9. Dezember 2022 aufgeklärt. Dass die Klägerin die an die von ihr angegebene und im Laufe des Verfahrens mehrfach genutzte E-Mail-Adresse gesandten Nachrichten der Geschäftsstellenmitarbeiterin nicht erhalten hat, hat sie nicht geltend gemacht. Vielmehr nimmt der Zulassungsantrag auf das - falsch datierte - Schreiben Bezug. Nicht dargetan ist, dass und in welcher Weise die Klägerin versucht hat, an einem dieser angebotenen Tage Akteneinsicht zu nehmen, ihr dies aber verwehrt worden wäre. Die nicht näher konkretisierte Behauptung der Klägerin in dem Zulassungsantrag, diese Termine hätten vom Gericht beziehungsweise der Geschäftsstellenmitarbeiterin nicht durchgeführt werden können, ist vor diesem Hintergrund nicht nachvollziehbar. Auch der Vortrag im Zulassungsantrag, bis heute seien ihr keine Termine zur Akteneinsicht mitgeteilt worden, ist demnach unzutreffend.

cc) Ohnehin ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Klägerin durch die fehlende Akteneinsicht an einer Stellungnahme zu den für die Entscheidung des [X.]s relevanten Umständen gehindert worden wäre. Der [X.] hat nicht in der Sache entschieden, sondern die Klage als unzulässig abgewiesen. In Frage stand insoweit allein der [X.]punkt der Zustellung des [X.]s an die Klägerin. Welche Umstände sich diesbezüglich aus den Akten ergeben könnten, die der Klägerin nicht ohnehin bereits bekannt waren, ist nicht ersichtlich. Auch ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Entscheidung des [X.]s auf der unterlassenen Akteneinsichtnahme seitens der Klägerin beruhte. Die Klägerin, der im Laufe des Zulassungsverfahrens Akteneinsicht gemäß § 100 Abs. 3 Satz 2 Alt. 2 VwGO gewährt wurde, hat auch im Verfahren auf Zulassung der Berufung keinen Vortrag gehalten, der ihr erst durch eine Akteneinsicht ermöglicht worden wäre und ihrer Klage zum Erfolg verhelfen könnte.

c) Der [X.] hat auch nicht gegen den [X.] (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, indem er zur Frage der Zustellung keine Zeugenvernehmung durchgeführt hat.

Im Antrag auf Zulassung der Berufung wegen eines Verstoßes gegen den [X.] muss substantiiert dargelegt werden, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären und welche tatsächlichen Feststellungen bei Durchführung der unterbliebenen Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren erster Instanz auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. nur Senat, Beschlüsse vom 10. September 2020 - [X.] ([X.]) 21/20, juris Rn. 27; vom 4. März 2019 - [X.] ([X.]) 47/18, juris Rn. 19).

Diesen Voraussetzungen genügt das Vorbringen in dem Zulassungsantrag nicht. Die Klägerin macht dort lediglich geltend, das Gericht habe die an dem streitgegenständlichen Zustellvorgang beteiligten Personen, vor allem die Klägerin, ihren Ehemann, die Mieter und die zustellende Person, anhören beziehungsweise vernehmen müssen, um den von ihr "zuvor entkräfteten" Zustellvorgang aufzuklären, was durch diese Anhörung beziehungsweise Vernehmungen erfolgt wäre. Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, um eine Aufklärungspflichtverletzung des [X.]s darzulegen. Die Klägerin verkennt hierbei, dass - wie oben ausgeführt - die [X.] den vollen Beweis der erfolgten Zustellung durch Übergabe an sie am 11. Mai 2021 erbringt. Anlass dazu, zu dem [X.]punkt und den Umständen der Zustellung Beweis durch Zeugenvernehmung zu erheben, hätte demnach für den [X.] nur dann bestanden, wenn die Klägerin erstinstanzlich substantiiert einen Geschehensablauf vorgetragen hätte, der geeignet gewesen wäre, jede Möglichkeit der durch die Urkunde bewiesenen Zustellung auszuschließen, mithin den erforderlichen Gegenbeweis einer Falschbeurkundung zu führen. Einen solchen erstinstanzlichen Vortrag zeigt die Begründung des Zulassungsantrags indes nicht auf. Die Behauptung, der Zustellvorgang sei "zuvor entkräftet" worden, genügt hierfür nicht. Wie oben dargelegt ist auch der in der Zulassungsbegründung gehaltene Vortrag, aus dem die Klägerin (wie oben ausgeführt ohne Erfolg) ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils ableitet, insoweit ungeeignet.

Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe von dem [X.] zu der Zustellung angehört werden müssen, was wegen ihrer Abwesenheit im Termin unterblieben sei, begründet auch dies einen Verfahrensfehler des [X.]s in Form eines Verstoßes gegen den [X.] nicht. Zum einen hatte die Klägerin hinreichend Gelegenheit, sich im Rahmen des Verfahrens schriftlich zu äußern und hat hiervon auch umfassend Gebrauch gemacht. Dieses Vorbringen ist vom [X.] vollumfänglich berücksichtigt worden. Dass sich bei ihrer Anhörung entscheidungserhebliche Umstände hätten ergeben können, die nicht bereits schriftlich vorgetragen wurden oder werden konnten, ist weder dargetan noch sonst ersichtlich. Ohnehin ist die ordnungsgemäß zum Termin geladene Klägerin diesem ohne hinreichende Entschuldigung ferngeblieben und hat somit selbst verschuldet, dass sie in der mündlichen Verhandlung nicht angehört werden könnte.

d) Auch ansonsten sind in der Begründung des Zulassungsantrags keine Verfahrensfehler dargelegt, auf denen die Entscheidung des [X.]s beruhen könnte.

aa) Soweit in dem Zulassungsantrag gerügt wird, es habe an der Entscheidung [X.] mitgewirkt, der im Protokoll der mündlichen Verhandlung nicht aufgeführt sei, ist dies nicht zutreffend. Das insoweit zunächst unzutreffende Protokoll wurde am 2. Februar 2023 diesbezüglich berichtigt.

bb) Ohne Erfolg beruft sich die Klägerin weiter darauf, dass der [X.] verfahrensfehlerhaft vor Erlass des Urteils über Anträge der Klägerin nicht entschieden habe.

Die Darlegung eines derartigen Verfahrensfehlers erfordert zumindest die konkrete Benennung des beziehungsweise der vermeintlich übergangenen Anträge sowie die Darlegung, warum die Entscheidung hierauf beruhen kann. Konkret als übergangen gerügt wird in der Begründung des Zulassungsantrags ein Befangenheitsantrag vom 16. Dezember 2022 sowie ein im Schriftsatz vom 3. März 2023 gestellter Befangenheitsantrag und dort gestellte Anträge auf Wiedereinsetzung, [X.] und Akteneinsicht. Über diese Anträge habe das Gericht vor Erlass des Urteils entscheiden müssen. Daher habe das unzuständige Gericht entschieden.

Ein Verfahrensfehler des [X.]s ergibt sich aus diesem Vorbringen nicht. Dass über einen Befangenheitsantrag vom 16. Dezember 2022 nicht entschieden worden ist, ist nicht ersichtlich. Ausweislich des Protokolls zur mündlichen Verhandlung hat der [X.] über die zuvor gestellten Befangenheitsanträge der Klägerin - und damit auch über den vor der mündlichen Verhandlung (mehrfach) eingegangenen Befangenheitsantrag der Klägerin vom 16. Dezember 2022 - entschieden und diese zurückgewiesen. Die Rüge, der [X.] habe die vorbezeichneten Anträge aus dem Schreiben vom 3. März 2023 vor Erlass des Urteils nicht beschieden, ist nicht nachvollziehbar. Das Urteil des [X.]s ist am 16. Februar 2023 auf der Geschäftsstelle eingegangen und der Klägerin am 23. Februar 2023 zugestellt worden. Über die Anträge der Klägerin aus dem Schriftsatz vom 3. März 2023 konnte der [X.] somit vor Erlass des Urteils nicht entscheiden.

II.

Der Antrag der Klägerin auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe war aus den oben genannten Gründen mangels Erfolgsaussichten ihres Antrags auf Zulassung der Berufung abzulehnen (§ 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 166 Abs. 1 VwGO, § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 112c Abs. 1 Satz 1 [X.], § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 194 Abs. 2 Satz 1 [X.].

Limperg     

  

Liebert     

  

Ettl

  

Lauer     

  

Niggenmeyer-Müller     

  

Meta

AnwZ (Brfg) 14/23

22.08.2023

Bundesgerichtshof Senat für Anwaltssachen

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend Anwaltsgerichtshof Stuttgart, 23. Februar 2023, Az: AGH 21/2021 II

§ 177 ZPO, § 180 S 3 ZPO, § 182 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.08.2023, Az. AnwZ (Brfg) 14/23 (REWIS RS 2023, 5805)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 5805

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