Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.02.2022, Az. X R 2/21

10. Senat | REWIS RS 2022, 2320

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Gegenstand

Fälligkeitserfordernis bei regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben


Leitsatz

Regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben setzen voraus, dass sie kurze Zeit vor Beginn bzw. kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit nicht nur gezahlt, sondern auch fällig geworden sind.

Tenor

Die Revision der Kläger gegen das Urteil des [X.], [X.], vom 15.10.2020 - 15 K 2604/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens betreffend Einkommensteuer haben die Kläger gemeinsam zu tragen, im Übrigen trägt die Kosten der Kläger allein.

Tatbestand

I.

1

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute und werden für das Streitjahr 2017 zur Einkommensteuer [X.]. Der Kläger führt einen Gewerbebetrieb, dessen Gewinn er für das Streitjahr durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung ermittelte. Er war zur monatlichen Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen verpflichtet. Die Vorauszahlungen für die Voranmeldungszeiträume Mai bis Juli 2017 in Höhe von insgesamt 3.047 € leistete er erst am 09.01.2018, machte sie aber als Betriebsausgaben für das Streitjahr geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt --[X.]--) versagte den Abzug, da die Voraussetzungen von § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht vorlägen. Nach insoweit erfolglosen Einsprüchen sowohl gegen den Einkommensteuer- als auch gegen den [X.] wies das Finanzgericht ([X.]) die zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbundenen Klagen ab (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2021, 1532). Es führte an, die betroffenen Umsatzsteuervorauszahlungen seien nicht kurze [X.] vor Beginn bzw. kurze [X.] nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden.

2

Mit ihrer Revision tragen der bzw. die Kläger vor, § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG enthalte nicht das Erfordernis, dass die regelmäßig wiederkehrende Ausgabe kurze [X.] vor oder nach Beendigung des betroffenen Kalenderjahres fällig geworden sein müsse. Es komme nur auf die wirtschaftliche Zuordnung der Ausgabe und den [X.]punkt der Zahlung an.

3

Die Kläger beantragen,
das angefochtene Urteil --soweit es die Einkommensteuer betrifft-- und die Einspruchsentscheidung vom 30.09.2019 aufzuheben und den Bescheid über Einkommensteuer vom 17.04.2019 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn des [X.] aus dem gewerblichen Einzelunternehmen um 3.047 € gemindert wird.

4

Ferner beantragt der Kläger,
das angefochtene Urteil --soweit es den [X.] betrifft und gegen den Kläger ergangen [X.] und die Einspruchsentscheidung vom 30.09.2019 aufzuheben und den [X.] 2017 vom 17.04.2019 dahingehend zu ändern, dass der Gewinn des [X.] aus dem gewerblichen Einzelunternehmen um 3.047 € gemindert wird.

5

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Das [X.] hält das vorinstanzliche Urteil für zutreffend. Es meint, die Fälligkeit der in Rede stehenden Ausgabe innerhalb des für § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG relevanten [X.]raums sei [X.] in die Norm einzubeziehen.

Entscheidungsgründe

II.

7

Die unbegründete Revision ist gemäß § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ([X.]O) zurückzuweisen.

8

Das [X.] hat zutreffend entschieden, dass die für die Voranmeldungszeiträume Mai, Juni und Juli 2017 jeweils am 09.01.2018 geleisteten Umsatzsteuervorauszahlungen nicht als Betriebsausgaben des [X.] abzuziehen sind. Es handelt sich um gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG für das [X.] zu berücksichtigende Betriebsausgaben (dazu unten 1.). Die Voraussetzungen für eine hiervon abweichende zeitliche Zuordnung der Zahlungen als regelmäßig wiederkehrende Ausgaben nach § 11 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 2 EStG liegen nicht vor (unten 2.).

9

1. Der bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG für den Betriebsausgabenabzug geltende § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG bestimmt, dass Ausgaben für das Kalenderjahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet worden sind. Maßgeblich ist, wann der Steuerpflichtige nach dem Gesamtbild der Verhältnisse die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die hingegebenen Mittel verliert. Auf die Fälligkeit kommt es hierbei nicht an (allgemeine Ansicht, vgl. statt vieler [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 20. Aufl., § 11 Rz 9 f., m.w.[X.]).

Der Kläger hat die Umsatzsteuervorauszahlungen für den [X.]raum Mai bis Juli 2017 nach den Feststellungen des [X.] erst am 09.01.2018 geleistet. Unbeschadet der bereits im Jahr 2017 eingetretenen Fälligkeit der Zahlungen (§ 18 Abs. 1 Sätze 1 und 4 des Umsatzsteuergesetzes --UStG-- i.V.m. § 46 Satz 1 der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung) war der Betriebsausgabenabzug nach der Grundregel des § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG somit erst für das [X.] zu gewähren.

2. Eine hiervon abweichende Zuordnung des Abzugs für das Streitjahr nach § 11 Abs. 2 Satz 2 EStG ist ausgeschlossen. Nach dieser --als Ausnahmetatbestand zu Abs. 2 Satz 1 konzipierten-- Vorschrift sind in entsprechender Anwendung von § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG regelmäßig wiederkehrende Ausgaben in dem Kalenderjahr abzusetzen, zu dem sie wirtschaftlich gehören, sofern sie der Steuerpflichtige kurze [X.] vor Beginn oder kurze [X.] nach Beendigung jenes Kalenderjahres geleistet hat. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

a) Zwar handelt es sich bei Umsatzsteuervorauszahlungen nach inzwischen ständiger Rechtsprechung des [X.] ([X.]) im Hinblick auf deren gesetzlich festgelegte Wiederholung in § 18 Abs. 1 Sätze 1 und 4 UStG um regelmäßig wiederkehrende Ausgaben ([X.]-Urteile vom 01.08.2007 - [X.] R 48/05, [X.]E 218, 372, [X.], 282, unter [X.]; vom 11.11.2014 - [X.]II R 34/12, [X.]E 247, 432, [X.], 285, Rz 14 f.; vom 27.06.2018 - X R 44/16, [X.]E 262, 97, [X.], 781, Rz 10, sowie vom 03.12.2019 - [X.]II R 23/17, [X.]/NV 2020, 613, Rz 18). Dies gilt nach Auffassung des Senats auch, wenn der Steuerpflichtige die Vorauszahlungen --wie vorliegend-- erst deutlich nach Fälligkeit erbringt. Zudem gehörten die Vorauszahlungen im Streitfall wirtschaftlich ins Jahr 2017. Ferner hat der Kläger die Zahlungen kurze [X.] nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit, nämlich innerhalb des insofern maßgeblichen [X.]raums von bis zu zehn Tagen (vgl. hierzu u.a. Senatsurteil in [X.]E 262, 97, [X.], 781, Rz 11, m.w.[X.]) geleistet.

b) Allerdings ist im Einklang mit der Vorinstanz darüber hinausgehend zu fordern, dass die in Rede stehende Ausgabe kurze [X.] vor Beginn bzw. kurze [X.] nach Beendigung des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden ist. Dies entspricht der ganz überwiegend von der [X.]-Rechtsprechung, Finanzverwaltung und Literatur vertretenen Auffassung (unten [X.]), die auf einer am Gesetzeszweck orientierten Auslegung der Ausnahmeregelung für regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben beruht (unten bb).

[X.]) Seit der grundlegenden Entscheidung des [X.]. Senats des [X.] vom 09.05.1974 - [X.] R 161/72 ([X.]E 112, 373, [X.] 1974, 547) zu der durch das EStG 1934 ([X.] 1934, 1005) geschaffenen Regelung einer besonderen Behandlung von regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen und Ausgaben setzt die höchstrichterliche Rechtsprechung in fast allen hierzu ergangenen Entscheidungen voraus, dass solche Einnahmen bzw. Ausgaben über den Wortlaut von § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG hinaus innerhalb des Zehn-Tages-[X.]raums vor oder nach Ende des Kalenderjahres der wirtschaftlichen Zugehörigkeit fällig geworden sind (vgl. ausführlich u.a. zur Rechtsprechungshistorie [X.], [X.] --DStR-- 2018, 2071).

Begründet hat der [X.] dies in seiner vorgenannten Entscheidung damit, dass die --in ihrem Anwendungsbereich eng zu begrenzende-- Vorschrift [X.] vermeiden wolle, die allerdings einträten, wenn jede zu irgendeinem beliebigen [X.]punkt des Kalenderjahres fällige Ausgabe (bzw. Einnahme) auch dann noch diesem Kalenderjahr zugerechnet werde, wenn sie erst kurz nach Beginn des folgenden Kalenderjahres erbracht werde. Ein Verzicht auf die Fälligkeit würde auf eine Übertragung der für die Bilanzaufstellung geltenden Grundsätze auf § 11 EStG hinauslaufen und damit dessen Sinn und Zweck erheblich überschreiten ([X.]-Urteil in [X.]E 112, 373, [X.] 1974, 547).

Diesen Grundsätzen schloss sich zunächst der [X.] in seinen Entscheidungen vom 24.07.1986 - IV R 309/84 ([X.]E 147, 419, [X.] 1987, 16, unter 2.c) und vom 06.07.1995 - IV R 63/94 ([X.]E 178, 326, [X.] 1996, 266, unter 2.c) an, hob in der letztgenannten Entscheidung aber hervor, es komme nicht darauf an, dass der Fälligkeitszeitpunkt auch im Jahr der wirtschaftlichen Zugehörigkeit liege (dort unter 2.b; ebenso [X.]-Urteil vom 23.09.1999 - IV R 1/99, [X.]E 190, 335, [X.] 2000, 121, unter 1.b). Später folgten auch der [X.]II. und [X.]. Senat dieser rechtlichen Beurteilung ([X.]-Urteile in [X.]E 218, 372, [X.], 282, unter [X.], sowie in [X.]E 247, 432, [X.], 285, Rz 15; ebenso in [X.]/NV 2020, 613, Rz 20).

Die Finanzverwaltung geht unter Bezugnahme auf das [X.]-Urteil in [X.]E 147, 419, [X.] 1987, 16 ebenfalls davon aus, dass regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben nur dann unter die Regelung des § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG fallen, wenn diese neben der Zahlung auch innerhalb des Zehn-Tages-[X.]raums um die Jahreswende fällig geworden sind ([X.] 11 zu § 11 EStG).

Diese Ansicht entspricht zudem der ganz herrschend hierzu im Schrifttum vertretenen Ansicht ([X.]/[X.]/[X.], § 11 EStG Rz 39; [X.]/[X.], [X.], 2568, 2570; Kister in [X.]/[X.]/[X.] --[X.]--, § 11 EStG Rz 81; [X.], [X.] --DStZ-- 2016, 978, 983 f.; [X.] in [X.]/[X.], § 11 EStG Rz 50 f.; [X.]/[X.] in [X.]/[X.] --[X.]--, EStG, § 11 Rz B 34; [X.], § 11 EStG Rz 32; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.], Kommentar, § 11 Rz 60; [X.]/[X.], EStG, 40. Aufl., § 11 Rz 27; [X.], [X.], 603; [X.] in Kirchhof/[X.], EStG, 20. Aufl., § 11 Rz 38; [X.], Der Betrieb 1987, 1168, 1169 f.; [X.] EStG/[X.], 11. Ed. [01.10.2021], § 11 Rz 125). Vereinzelt wird hiergegen eingewandt, der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG gebe keine Anhaltspunkte für das Erfordernis einer Fälligkeit innerhalb des Zehn-Tages-[X.]raums; zudem schütze bereits die Notwendigkeit des Vorliegens "regelmäßig wiederkehrender" Einnahmen/Ausgaben und deren Zahlung rund um die Jahreswende vor einer überbordenden Anwendung der Vorschrift ([X.], [X.], 652, 655 f.; wohl auch [X.], [X.], 645, 649).

bb) Nachdem der erkennende Senat in seinen Entscheidungen in [X.]E 262, 97, [X.], 781, Rz 12 sowie vom 27.06.2018 - X R 2/17 ([X.]/NV 2018, 1286, Rz 13) mangels dortiger Erheblichkeit offenlassen konnte, ob die Anwendung von § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG von einer Fälligkeit der Zahlungen innerhalb des Zehn-Tages-[X.]raums abhängt, schließt er sich nunmehr der vorgenannten herrschenden Meinung an.

(1) Der Wortlaut des § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG verhält sich zum Erfordernis einer Fälligkeit der in Rede stehende Einnahme bzw. Ausgabe innerhalb des dort genannten [X.]raums nicht. Er setzt die Fälligkeit weder voraus noch hält er sie ausdrücklich für verzichtbar.

(2) Systematische und teleologische Erwägungen gebieten es allerdings, § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG nur dann anzuwenden, wenn die zu beurteilende Einnahme bzw. Ausgabe nicht nur kurze [X.] vor Beginn oder kurze [X.] nach Beendigung des Kalenderjahres, zu dem sie wirtschaftlich gehört, geleistet wurde, sondern innerhalb jenes [X.]raums auch fällig geworden ist.

(a) Die Regelung in § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG ist im Kontext einer Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG Ausdruck einer nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu bestimmenden periodengerechten Zuordnung von Betriebseinnahmen und -ausgaben, sofern es sich um solche handelt, die regelmäßig wiederkehren. Insofern wird ausnahmsweise das Kassenprinzip einer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG durchbrochen (vgl. [X.]/[X.], [X.], 2568, 2569). Jene Betriebseinnahmen bzw. -ausgaben sollen dem Jahr zugeordnet werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören, ohne dass es allerdings --wie auch bei der Gewinnermittlung durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG)-- darauf ankommt, ob die Einnahmen/Ausgaben auch in dem Jahr fällig geworden sind, zu dem sie wirtschaftlich gehören.

(b) Der Anwendungsbereich dieser Sonderregelung (vgl. zu diesem Begriff bereits [X.]-Urteil vom 10.10.1957 - IV 98/56 U, [X.]E 66, 52, [X.]I 1958, 23) ist beschränkt auf solche regelmäßig wiederkehrenden Einnahmen bzw. Ausgaben, die rund um die Jahreswende zugeflossen (§ 11 Abs. 1 Satz 2 EStG) bzw. geleistet worden sind (Abs. 2 Satz 2). Hierdurch sollen --wie oben [X.] vermieden werden, die bei strikter Anwendung des für die Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG grundsätzlich beherrschenden Zu- und Abflussprinzips entstünden, würde man die Zahlung mal in dem einen oder mal in dem anderen Jahr berücksichtigen. Nur für den im Gesetz genannten [X.]raum ist der wirtschaftlichen Zuordnung der Zahlungen Vorrang einzuräumen.

(c) Der Gesetzeszweck, die genannten Zufälligkeiten zu vermeiden, zwingt nach Auffassung des Senats zu der Folgerung, dass nicht nur die Zahlung innerhalb des Zehn-Tages-[X.]raums erfolgen muss, sondern diese auch innerhalb desselben [X.]raums zahlbar, d.h. fällig ist. Denn bei typisierender Betrachtung der Gepflogenheiten des Rechts- und Geschäftsverkehrs werden Zahlungen weder klar im Voraus noch deutlich nach Ablauf des vertraglich oder gesetzlich festgelegten Zahlungsziels erbracht. Üblicherweise erfolgt die Zahlung in zeitlicher Nähe zum Fälligkeitstag (vgl. hierzu [X.], [X.], 978, 984). Nur in einer solchen Situation kann es von besteuerungsirrelevanten Zufälligkeiten abhängen, ob beispielsweise eine Ausgabe, die wirtschaftlich zum [X.] gehört, noch als Betriebsausgabe eben jenes Jahres (Zahlung am 31.12.01) oder erst des Folgejahres (Zahlung am [X.]) zu behandeln wäre. Je weiter der Zahlungstermin allerdings vom Jahresende entfernt liegt, desto weniger Gefahr besteht, den Besteuerungszeitpunkt zufällig zu verschieben ([X.]/Kister, § 11 EStG Rz 81; [X.], [X.], 603).

(d) Würde man auf das Fälligkeitskriterium verzichten, führten --wie der Streitfall anschaulich zeigt-- Nachzahlungen für längst fällig gewordene Verpflichtungen zu einem vom [X.]punkt der Verausgabung unabhängigen Betriebsausgabenabzug, sofern die Zahlung nur innerhalb von bis zu zehn Tagen des nachfolgenden Kalenderjahres geleistet würde. Diese Handhabung entspräche insofern bereits den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs (vgl. [X.]-Urteil in [X.]E 112, 373, [X.] 1974, 547). § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG erhielten --wie in der Literatur zu Recht betont-- einen über den Gesetzeszweck hinausgehenden Anwendungsbereich, wenn sie auch Zahlungen mit weiter entfernt liegender Fälligkeit erfassten ([X.], [X.], 603; [X.]/[X.] in [X.], EStG, § 11 Rz B 34; [X.], [X.], 978, 984).

(3) Die gegenteilige --insbesondere auf die Entscheidung des [X.] Düsseldorf vom 09.12.2019 - 3 K 2040/18 E (E[X.] 2020, 271, Rz 23 ff. Revision anhängig unter [X.]II R 1/20) gestützte-- Auffassung der Kläger überzeugt den Senat nicht. Sie steht trotz Vereinbarkeit mit dem Wortlaut nicht im Einklang mit dem dargelegten Gesetzeszweck und überfrachtet damit den Anwendungsbereich des nur in engen Grenzen zu durchbrechenden Kassenprinzips zugunsten von Bilanzierungsgrundsätzen.

(4) Der erkennende Senat setzt sich auch nicht in Widerspruch zu den in der Entscheidung des [X.]s in [X.]E 190, 335, [X.] 2000, 121 vertretenen Grundsätzen. Das [X.] weist zu Recht darauf hin, dass der [X.] dort nicht das Kriterium der Fälligkeit in Gänze in Abrede gestellt, sondern lediglich verdeutlicht hat, dass eine periodenfremde Fälligkeit der Einnahme/Ausgabe keinen Einfluss auf die wirtschaftliche Zugehörigkeit habe (dort unter 1.c; so bereits [X.]-Urteil in [X.]E 178, 326, [X.] 1996, 266, unter 2.b).

(5) Die hier --und ganz überwiegend-- befürwortete Auslegung des § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG ist zudem mit den Motiven des historischen Gesetzgebers vereinbar. Richtig ist zwar, dass der Gesetzgeber des EStG 1934 den Zu- und Abfluss von Einnahmen und Ausgaben nach den Grundregelungen in § 11 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG in Abkehr von der vorherigen Fassung des § 11 Abs. 1 und 4 EStG 1925 ([X.] 1925, 189) unabhängig vom [X.]punkt der Fälligkeit ausgestalten wollte (vgl. hierzu [X.] 1935, 33, 40; ausführlich zur historischen Entwicklung der Vorschrift [X.], [X.], 2071 ff.). Die seinerzeitige Gesetzesbegründung liefert aber keine Anhaltspunkte dafür, dass der erstmals mit dem EStG 1934 eingeführte Ausnahmetatbestand des § 11 Abs. 2 Satz 2 und Abs. 1 Satz 2 EStG selbst dann anwendbar sein sollte, wenn es sich um regelmäßig wiederkehrende Einnahmen und Ausgaben handelt, deren Fälligkeit weit vom Jahreswechsel entfernt liegt.

3. Der Senat hat mit Einverständnis der Beteiligten ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden (§ 121 Satz 1, § 90 Abs. 2 [X.]O).

4. [X.] beruht auf § 135 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 2/21

16.02.2022

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend FG München, 15. Oktober 2020, Az: 15 K 2604/19, Urteil

§ 11 Abs 2 S 2 EStG 2009, § 11 Abs 1 S 2 EStG 2009, § 4 Abs 3 EStG 2009, EStG VZ 2017

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.02.2022, Az. X R 2/21 (REWIS RS 2022, 2320)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 2320

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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