Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2012, Az. VII ZB 55/11

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 3447

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VII ZB 55/11

vom

5. September 2012

in dem Zwangsvollstreckungsverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 794 Abs. 1 Nr. 5
Eine Klausel in einer notariellen Urkunde, mit der sich der Erwerber einer Eigen-tumswohnung "wegen etwaiger Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geld-summen" der Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde unterwirft, genügt nicht den Anforderungen des [X.].
[X.], Beschluss vom 5. September 2012 -
VII ZB 55/11 -
LG [X.]

AG [X.] am

Main

-
2
-
Der VII.
Zivilsenat des [X.] hat am
5.
September
2012
durch [X.]
Dr.
[X.], die Richterin [X.] und die Richter Dr.
Eick, Kosziol und Dr.
Kartzke

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde des Gläubigers gegen den Beschluss der 5.
Zivilkammer des [X.] vom 29.
Juli 2011 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe:
I.
Die Schuldnerin wendet sich gegen die Zulässigkeit einer von dem Notar
zu einer notariellen Urkunde erteilten Vollstreckungsklausel.
Die Schuldnerin und Jan
L. schlossen mit dem Gläubiger als Verkäufer am 19.
Juni 2008 vor dem Notar [X.] einen Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung
zum Kaufpreis von 355.000

tzun-gen sind in Ziffer III der notariellen Urkunde festgelegt:
1. Eintragung der durch den Verkäufer unwiderruflich bewilligten und be-antragten Auflassungsvormerkung im Grundbuch.
2. Sicherstellung der Lastenfreistellung.
Des Weiteren ist dort bestimmt: "Der Kaufpreis in Höhe von 355.000

bis zum 1.
September 2008, jedoch nicht vor Ablauf einer Woche nach Zugang 1
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einer schriftlichen Mitteilung des Notars an den Käufer, dass die vorstehenden Der amtierende Notar wird angewiesen, bei den Gläubigern der Rechte Abt. III lfd. Nr.
3 und 3
a

2 und 2

September 2008 zu erfragen und den Vertragsparteien mitzuteilen, sowie die [X.] von den Gläubigern zu beantragen und entgegenzunehmen. Der Käufer hat sodann den zur Ablösung der Valutenstände sich ergebenden Betrag direkt an die [X.] bzw. auf deren Weisung zu zahlen. Ein eventu-ell verbleibender Differenzbetrag bis zur Höhe des Kaufpreises ist direkt an den Verkäufer auf dessen noch bekannt zu gebendes Konto zu zahlen."
Die notarielle Urkunde enthält in Ziffer
IV folgende Unterwerfungsklausel:
"Wegen etwaiger Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geldsummen unterwirft sich der Zahlungspflichtige -
mehrere als Gesamtschuldner
-
der so-fortigen Zwangsvollstreckung aus dieser Urkunde in sein gesamtes Vermögen. Der Notar wird ermächtigt, dem
Verkäufer nach Vorliegen der [X.] auf dessen jederzeitige Anforderung eine vollstreckbare Ausferti-gung dieser Urkunde zu erteilen."
Der Kaufpreis ist noch nicht vollständig entrichtet. Der Gläubiger betreibt die Zwangsvollstreckung aus der ihm vom Notar erteilten vollstreckbaren Aus-fertigung der Urkunde.
Das Amtsgericht hat auf Antrag der Schuldnerin mit Urteil vom 3.
September 2010
die Zwangsvollstreckung aus der für die notarielle Urkunde vom 19.
Juni 2008 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt. Gegen dieses Urteil hat der Gläubiger Berufung eingelegt. Das [X.] hat auf das als sofortige Beschwerde des Gläubigers gewertete Rechtsmittel dieses Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit an das Amtsgericht zur erneuten Entschei-6
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dung -
auch über die außergerichtlichen Kosten im Beschwerdeverfahren
-
zu-rückverwiesen.
Mit Beschluss vom 9.
Dezember 2010 hat das Amtsgericht die Zwangs-vollstreckung aus der für die notarielle Urkunde des Notars [X.] vom 19.
Juni
2008 erteilten Vollstreckungsklausel für unzulässig erklärt. Das
[X.] hat mit Beschluss vom 29.
Juli 2011 die sofortige Beschwerde zu-rückgewiesen. Dagegen wendet sich der Gläubiger mit der vom [X.] zugelassenen Rechtsbeschwerde. Er will die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde weiterbetreiben.

II.
Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdegericht ist der Auffassung, die Unterwerfungserklä-rung entspreche nicht dem Konkretisierungsgebot des §
794 Abs.
1 Nr.
5 ZPO. Dieses gehe über das allgemeine Bestimmtheitsgebot hinaus. Der Anspruch, in Bezug auf den sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unter-werfe, müsse konkret bezeichnet werden. Das ergebe sich bereits aus dem Wortlaut der Norm und lasse sich auch der Gesetzesbegründung entnehmen. Die in der notariellen Urkunde enthaltene Unterwerfungserklärung genüge die-sen Anforderungen nicht. Weder sei der Anspruch, dem die Vollstreckbarkeit verliehen werden solle, in der Unterwerfungserklärung konkret bezeichnet, noch werde konkret auf einen im Rahmen des übrigen Vertrags bezeichneten [X.] Bezug genommen. Der bloße Umstand, dass sich der maßgebliche [X.] möglicherweise im Wege der Auslegung ermitteln lasse, sei jedenfalls für die Erfüllung des [X.] nicht ausreichend.
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2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass das [X.] nicht mit dem [X.] gleichzusetzen ist, sondern eine zusätzliche formelle Voraussetzung für die Erteilung einer Vollstreckungs-klausel darstellt. Das Konkretisierungsgebot bezieht sich auf den zu vollstre-ckenden Anspruch, das [X.] auf dessen Inhalt und Um-fang, bei einem Zahlungsanspruch insbesondere auf dessen Höhe.
Die in Ziffer
IV der notariellen Urkunde vom 19.
Juni 2008 enthaltene Un-terwerfungserklärung erfüllt jedenfalls nicht die Anforderungen an das Konkreti-sierungsgebot.
a) Der Anspruch, hinsichtlich dessen sich der Schuldner der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, muss gemäß §
794 Abs.
1 Nr.
5 ZPO in der notariellen Urkunde "bezeichnet" sein. Gefordert wird damit die konkrete Be-zeichnung eines jeden in der Urkunde begründeten oder erwähnten Anspruchs, dem die Vollstreckbarkeit verliehen werden soll ([X.], Die vollstreckbare Urkunde, 2.
Aufl., Rn.
11.43; [X.]/Stöber, ZPO, 29.
Aufl., §
794 Rn.
27; [X.], ZPO, 22.
Aufl., §
794
Rn.
21; [X.]/
[X.], 3.
Aufl., §
794 Rn.
184). Dies legt nicht nur der Wortlaut der gesetz-lichen Bestimmung nahe, sondern ergibt sich auch, wie das Beschwerdegericht zu Recht herausstellt, aus den Gesetzesmaterialien.
Mit der 2.
Zwangsvollstreckungsnovelle hat der Gesetzgeber durch Än-derung des §
794 Abs.
1 Nr.
5 ZPO die Möglichkeit geschaffen, die Vollstre-ckung aus einer notariellen Urkunde auf grundsätzlich alle vollstreckungsfähi-gen Ansprüche zu erstrecken. Gleichzeitig sollte sichergestellt werden, dass der vollstreckbar gestellte Anspruch im Unterwerfungstitel hinreichend bezeichnet ist. Insoweit ist in den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks. 13/341, S.
21) ausge-13
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führt: "Die Erweiterung der Ansprüche, die von einer vollstreckbaren notariellen Urkunde erfasst werden können, erhöht die Bedeutung, die der Bezeichnung des vollstreckbar gestellten Anspruchs im Unterwerfungstitel zukommt. Um pauschale Unterwerfungserklärungen mit den damit verbundenen Erschwernis-sen des [X.] zu verhindern, sieht der Entwurf vor, dass die Unterwerfungserklärung den betroffenen Anspruch konkret bezeichnen muss."
b) Diesen Anforderungen genügt die Unterwerfungserklärung in Ziffer
IV der notariellen Urkunde nicht. Dort sind die Ansprüche, hinsichtlich derer
sich der "Zahlungspflichtige" der sofortigen Zwangsvollstreckung unterwirft, lediglich als "etwaige Verpflichtungen zur Zahlung bestimmter Geldsummen" bezeichnet. Es fehlt damit an einer konkreten Bezeichnung der "etwaigen Zahlungsansprü-che". Diese können dementsprechend allenfalls dadurch ermittelt werden, dass die notarielle Urkunde in ihrer Gesamtheit darauf überprüft wird, ob sich dort gegebenenfalls derartige Zahlungsansprüche finden lassen. Damit würden die Erschwernisse des [X.] eintreten, die durch die "[X.]" der Ansprüche gerade vermieden werden sollen.

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III.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
97 Abs.
1 ZPO.

[X.]
[X.]
Eick

Kosziol

Kartzke
Vorinstanzen:
AG [X.] am Main, Entscheidung vom 03.09.2010 -
380 C 43/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 29.07.2011 -
5 [X.] -

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Meta

VII ZB 55/11

05.09.2012

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.09.2012, Az. VII ZB 55/11 (REWIS RS 2012, 3447)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 3447

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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