Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2012, Az. 2 StR 189/12

2. Strafsenat | REWIS RS 2012, 1279

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 189/12

vom
20. November 2012
in der Strafsache
gegen

1.

2.

3.

wegen [X.]

-
2
-

Der 2. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des Generalbundes-anwalts und der Beschwerdeführer am 20. November 2012
gemäß § 349 Abs.
4 StPO beschlossen:

Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des Land-gerichts [X.] vom 29. November 2011 mit den Fest-stellungen aufgehoben.
Der ausgeschiedene Vorwurf des Betruges wird gemäß § 154a Abs. 3 StPO wieder in das Verfahren einbezogen.
Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagten C.

und X.

in 26
Fällen sowie den An-geklagten S.

in 8 Fällen wegen [X.] schuldig gesprochen; soweit es im [X.] heißt, dass der Angeklagte X.

der [X.] in 36 Fällen schuldig ist, handelt es sich ausweislich der Urteilsgründe um ein offensichtliches Schreibver-sehen. Gegen die Angeklagten C.

und X.

hat es jeweils eine [X.] von drei Jahren und neun Monaten
und
gegen den Angeklagten S.

eine solche von drei Jahren verhängt. Die Revisionen der Angeklagten haben mit der Sachrüge
Erfolg, so dass es auf die zum Teil auch erhobenen Verfahrensrügen nicht mehr an-kommt.

1
-
3
-

I.
1. Nach den Feststellungen des [X.] erwarben die Angeklagten in [X.] beschädigte 1-Euro-
und [X.], wobei mindestens 90% dieser Bico-lormünzen für
jedermann erkennbar aus getrennten Münzteilen ("Ring"
und [X.]") nachträglich wieder zusammengesetzt
waren. Die Münzen stammten überwiegend aus [X.], [X.], [X.] oder [X.] und waren von oder im Auftrag europäischer Zentralbanken durch Münztrennung entwertet, als Metallschrott weiter-veräußert und unautorisiert nachträglich wieder zusammengesetzt worden. Die Münzteile waren meist nur teilweise miteinander verbunden; zwischen Ring und [X.] lagen Spalten, teils befand sich Klebstoff zwischen beiden. Überwiegend passte die Prägung auf der [X.] nicht zu der auf dem Ring; auch gab es eine Reihe von [X.], bei denen [X.] und Ring vollständig getrennt waren. Der Angeklagte X.

setzte darüber hinaus zuweilen selbst Münzteile wieder zusammen.
Die Angeklagten brachten die Münzen auf dem Luftweg nach [X.] und reichten sie in Kenntnis ihrer Herkunft als echte, lediglich beschädigte Münzen in normierten, durchsichtigen "Safebags"
bei der Kleinkundenkasse der [X.] in [X.] ein. Hierbei gaben sie vor, die Münzen seien in [X.] beim Verarbeiten von Müll, Schrottautos und Altkleidern angefallen. Seitens der [X.] wurden die Münzen durch Wiegen und eine stichprobenartige Sichtprobe kontrolliert. Nach [X.]er Annahme wurde den Angeklagten jeweils der volle Nennwert der Münzen auf ihrem jeweiligen Kundenkonto gutge-schrieben.
Insgesamt reichte der
Angeklagte C.

bei der [X.] Münzen mit ei-in der [X.] vom 23. Dezember 2009 bis 7.
Januar 2011 auf mindestens 26 Flügen von [X.] nach [X.] transportiert
hatte; der Angeklagte X.

reichte entsprechend in der [X.] vom 1. Januar 2010 bis 2
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4
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10.
Januar 2011 auf mindestens 26 Flügen transportierte Münzen mit einem Ge-ein und der Angeklagte S.

in der [X.] vom 21. Februar 2010 bis 6. Januar 2011 auf mindestens 8 Flügen transportierte Münzen mit einem

2.
Die [X.] hat das Handeln der Angeklagten als [X.] in Form des Sichverschaffens und Inverkehrbringens von falschem Geld (§ 146 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB) gewertet.
Aufgrund der vorgegangenen Entwertung der Münzen stammten diese nicht von demjenigen,
der aus ihnen als Aussteller hervorgehe (vgl. [X.] in MünchKomm-StGB,
2. Aufl.,
§ 146 Rn. 12; [X.] in [X.]/
[X.] StGB,
28. Aufl.,
§ 146 Rn. 14; [X.]/[X.] in SK-StGB,
67. Lfg. -
Okto-ber 2006
-
§ 146 Rn. 6).
In dem Zusammensetzen von Münzteilen durch den Ange-klagten X.

hat das [X.] darüber hinaus eine [X.] in Form des Nachmachens von Geld (§ 146 Abs.
1 Nr. 1 StGB) gesehen. Hinsichtlich der tatein-heitlich zu den [X.]sfällen angeklagten Betrugstaten hat es die [X.] gemäß § 154a Abs. 2 StPO beschränkt.

II.
Die Revisionen der Angeklagten sind mit der Sachrüge begründet.
1. [X.] tragen den Schuldspruch nicht.
a) Die Angeklagten haben die Münzen nicht im Sinne von § 146 Abs. 1
Nr. 3 StGB in Verkehr gebracht. In Verkehr gebracht wird falsches Geld, wenn es so aus dem Gewahrsam entlassen wird, dass ein anderer tatsächlich in die Lage versetzt wird, sich des falschen Geldes zu bemächtigen und nach Belieben damit umzuge-hen, es insbesondere weiterzuleiten (vgl. RG, Urteil vom 16. März 1933 -
II 208/33, 5
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5
-

RGSt 67, 167, 168; [X.], Urteil vom 17. April 1951 -
1 [X.], [X.]St 1, 143, 144; [X.], Beschluss vom 17. Mai 1996 -
3 [X.], [X.]St 42, 162, 168; [X.], Beschluss vom 28. März 2003
-
3 [X.], [X.], 423). Dies kann auch durch Einzahlung von Falschgeld bei der Bank im Rahmen des allgemeinen Zah-lungsverkehrs erfolgen ([X.], Urteil
vom 20. Februar 1962 -
1 Ss 607/62, NJW 1963, 1560, 1561), selbst dann, wenn die betreffende Notensorte zur Einzie-hung aufgerufen ist, die Umlaufzeit jedoch noch nicht abgelaufen ist ([X.], Urteil vom 26. Oktober 1951 -
2 StR 246/51). Durch das Handeln des [X.] muss aber auch tatsächlich eine Gefahr des Umlaufs des falschen Geldes begründet
sein, was sich anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls bestimmt (vgl. [X.], Urteil vom 4. August 1987 -
1 [X.], [X.]St 35, 21, 25). Entsprechend kann ein Inverkehr-bringen auch dann gegeben sein, wenn falsches Geld weggeworfen wird, sofern die naheliegende Gefahr besteht, dass es gefunden wird und wieder in den Zahlungs-verkehr gelangt ([X.] aaO). Der Tatbestand des Inverkehrbringens ist demgegen-über nicht erfüllt, wenn der [X.] ein Geldschein von vorne herein mit dem Ersuchen um Einziehung und Ersatz übergeben wird, da in einem solchen Fall das Geld außerhalb des allgemeinen Zahlungsverkehrs eingeliefert wird (vgl. [X.] aaO).
Vorliegend bestand keine Gefahr, dass die Münzen wieder in den Umlauf [X.], da diese nicht nur erkennbar
unfachmännisch zusammengesetzt, sondern auch stark beschädigt und von daher nicht mehr umlauffähig waren. Bereits die Ab-gabe der Münzen

unter Angabe des Namens, der Adresse und der [X.]

in normierten, durchsichtigen "Safebags", die einer [X.] unterzogen wurden, belegt, dass diese lediglich zum Zwecke der Erstattung des Nennwerts der Münzen und nicht im Rahmen des allgemeinen Zahlungsverkehrs eingereicht wurden. Da es sich bei der [X.] um diejenige Behörde handelt, die beschädigtes Geld zwecks Entwertung und Vernichtung auch selbst aus dem Verkehr zieht, bestand keine Gefahr, dass die Münzen noch an Dritte weitergegeben 9
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6
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und wieder in den Zahlungsverkehr gelangen konnten. Die Entscheidung des Senats vom 26. Oktober 1951 -
2 StR 246/51, der die geplante Einreichung von [X.], zur Außerkurssetzung anstehenden 1.000-Frankennoten bei der [X.] Zentral-bank zugrunde lag, steht dem nicht entgegen, da in diesem Fall die Frankenscheine noch innerhalb der Umlaufzeit bei der Zentralbank eingereicht werden sollten. Es handelte sich damit -
anders als bei stark beschädigten und erkennbar unfachmän-nisch zusammengesetzten Münzen
-
um nicht notwendig einzuziehendes Geld.
b) Die Angeklagten haben sich die Münzen auch nicht im Sinne von §
146 Abs.
1 Nr. 2 i.V.m.
Nr. 1 StGB in der Absicht verschafft, sie als echt in Verkehr zu bringen oder ein solches Inverkehrbringen zu ermöglichen. Ebenso wenig hat der Angeklagte X.

Münzen in dieser Absicht nachgemacht. Es muss dem Täter auf das Inverkehrbringen oder das Ermöglichen des Inverkehrbringens von Falschgeld als echtem Geld ankommen, ohne dass diese Zielvorstellung Endzweck seines Han-delns zu sein braucht ([X.], Urteil vom 4. Oktober 1951 -
3 StR 640/51,
NJW 1952, 311, 312;
Ruß in [X.] StGB,
12. Aufl.,
§
146 Rn. 15; [X.] in MünchKomm-StGB,
§ 146 Rn. 24; [X.] in [X.]/[X.] StGB,
28. Aufl.,
§ 146 Rn. 7). Die Angeklagten wollten auch nicht nur mittelbar die Weitergabe der Münzen in den Um-lauf ermöglichen, sondern
für jedermann erkennbar nicht mehr umlauffähige Münzen bei der dafür zuständigen Stelle zur Erstattung des Nennwerts einreichen.

2. Wenngleich danach eine Strafbarkeit wegen [X.] gemäß §
146 Abs. 1 StGB nicht besteht, kam ein Freispruch der Angeklagten durch den Senat nicht in Betracht, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass in einer neuen Hauptverhandlung nach
der durch den Senat erfolgten Wiedereinbeziehung (§ 154a Abs. 3 Satz 1 StPO) der ausgeschiedenen Betrugsvorwürfe eine
entsprechende Verurteilung möglich ist.

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Eine Strafbarkeit wegen Betrugs käme hier jedenfalls dann in Betracht, wenn die eingereichten Münzen aus amtlich entwertetem Münzmaterial zusammengesetzt wären und die Angeklagten über diesen Umstand bei Einreichung der Münzen ge-täuscht hätten. Der Senat weist jedoch insoweit darauf hin, dass die Feststellung des [X.], es handele sich vorliegend um amtlich entwertetes Münzmaterial, nicht hinreichend tatsachengestützt ist. Die [X.] hat keine Erkenntnisse über das Entwertungsverfahren bei Euro-Münzen in anderen [X.]n
gewinnen können. Sämtliche Anfragen der Ermittlungsbehörden an die jeweiligen Landeszentralbanken der [X.] [X.], [X.], [X.] und [X.] sind unbeantwortet geblieben; weitere Ermittlungen wurden nicht angestellt. Das [X.] hat sich auch nicht damit auseinander gesetzt, dass die Deutsche [X.] über einen [X.]raum von mehr als einem Jahr mehrere hundert durchsichtige "Safebags"
mit erkennbar stark beschädigten und
nachträglich zusammengesetzten Münzen [X.] angenommen und deren Nennwert dem Konto des jeweiligen Ange-klagten gutgeschrieben hat. Diese Praxis der [X.] spricht eher gegen die Annahme, die amtliche Entwertung von [X.] erfolge im
Wege der Tren-nung von Ring und [X.], da in diesem Fall kaum erklärlich ist, dass die Mitarbeiter der [X.] trotz der Kontrollen und über einen langen [X.]raum hinweg
den Nennwert des erkennbar nachträglich zusammengesetzten Münzmaterials, ohne ei-ne Entwertung zu bemerken, [X.] erstattet haben.
3. Die Aufhebung hat sich auch auf die Feststellungen zu erstrecken, da das [X.] diese allein mit Blick auf § 146 Abs. 1 Nr. 2 und 3 StGB getroffen und daher den tatsächlichen Umständen keine besondere Aufmerksamkeit zugewendet
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hat, die für eine Aburteilung der Tat als Betrug bedeutsam sein können.
Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.

[X.]

Ri[X.] Dr. Appl befindet

Berger

sich im Urlaub und ist daher

gehindert zu unterschreiben.

[X.]

Eschelbach

Ott

Meta

2 StR 189/12

20.11.2012

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.11.2012, Az. 2 StR 189/12 (REWIS RS 2012, 1279)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 1279

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