Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2013, Az. XII ZR 34/12

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 7443

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 34/12
Verkündet am:

13. März 2013

Küpferle,

Justizamtsinspektorin

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] §
109 Abs.
1 Satz
1
Wird
bei einem gewerblichen Mietverhältnis über das Vermögen eines Mieters das Insolvenzverfahren eröffnet, beendet die Kündigung des Insolvenzverwalters den Mietvertrag auch mit Wirkung für die Mitmieter.
[X.], Urteil vom 13. März 2013 -
XII ZR 34/12 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 13.
März 2013
durch den
Vorsitzenden
Richter Dose
und
die Richter Schilling, Dr.
Günter,
Dr.
Ne[X.]en-Boeger
und Dr.
Botur
für Recht erkannt:
Die
Revision des [X.]
gegen
das Urteil des
8.
Zivilsenats
des [X.] vom 29.
März
2012
wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat
die Kosten des Revisionsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten des Streithelfers des Beklagten
zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger begehrt nach der Beendigung eines gewerblichen Mietver-hältnisses vom Beklagten die Zahlung rückständiger Miete, Nutzungsentschä-digung oder
Schadensersatz.
Der
Kläger
schloss
mit Wirkung zum 1.
Januar
2000 mit Dr.
R. (nachfol-gend: Insolvenzschuldner)
einen Mietvertrag über gewerblich genutzte Räume, in den
der Beklagte mit Wirkung zum 1.
Juli 2002 als weiterer Mieter eintrat. Nachdem im Februar 2009 über das Vermögen des Insolvenzschuldners das Insolvenzverfahren eröffnet worden war, kündigte der zum Insolvenzverwalter bestellte Streithelfer
mit Schreiben vom 28.
April 2009 das Mietverhältnis unter 1
2
-
3
-
Berufung auf §
109 [X.] zum 31.
Juli 2009.
Mit Schreiben vom 14.
September
2009
teilte der Kläger
dem Beklagten
mit, dass er von seinem Vermieterpfand-recht Gebrauch
mache. Am 30.
Oktober 2009 verschaffte sich der Kläger Zutritt zu den Räumlichkeiten und verwertete die in den Räumlichkeiten vorgefunde-nen Gegenstände.
Mit der Klage verlangt
der Kläger
die rückständige Miete für September 2009. Hilfsweise begehrt er Nutzungsersatz bzw. Schadensersatz in Höhe der entgangenen Miete.
Das
Landgericht hat die
Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung
des
[X.]
zurückgewiesen.
Mit der zugelassenen Revision
ver-folgt der
Kläger
sein
erstinstanzliches Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.

I.
Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.], 684
f. [X.] ist,
hat einen Anspruch des [X.] auf Zahlung von Miete für [X.] 2009 abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:
Die vom Streithelfer
als Insolvenzverwalter über das Vermögen des [X.] des Beklagten
zum 31.
Juli 2009 ausgesprochene Kündigung habe das Mietverhältnis auch für den Beklagten
beendet. Nach den Grundsätzen der obergerichtlichen Rechtsprechung beende die auf einem insolvenzrechtlichen 3
4
5
6
7
-
4
-
Sonderkündigungsrecht des Verwalters beruhende Kündigung das [X.] insgesamt mit Wirkung für und gegen sämtliche Beteiligte. Es bestehe kein Anlass, von der zu §
19 KO ergangenen obergerichtlichen Rechtsprechung ab-zuweichen. Zwar sei nicht zu verkennen, dass das Sonderkündigungsrecht aus §
109 Abs.
1 [X.] dem Schutz der Masse diene. Dies zwinge aber nicht
zu ei-ner Betrachtungsweise, die allein diesen Schutzzweck im Blick habe. Ebenso wie unter der Geltung der Vorgängervorschrift des §
19 KO sei nämlich zu be-achten, dass besondere Bedeutung der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses zukomme, und dass die vertraglich geschuldete Gebrauchsüberlassung der Mietsache unteilbar sei. Ebenso wie nach dem Beitritt des Beklagten zum Miet-vertrag dem Insolvenzschuldner und dem Beklagten der Gebrauch der Mietflä-che zur Berufsausübung nur einheitlich habe gewährt werden können, habe das Mietverhältnis nur einheitlich beendet werden können. Eine Teilkündigung sei unzulässig gewesen.
Mit zutreffender Begründung habe das Landgericht
auch einen Anspruch auf Nutzungsentschädigung verneint. Dies gelte insbesondere für den vom Landgericht
verneinten Rücknahmewillen des [X.] im Verhältnis zum [X.].
Gleiches gelte für einen Anspruch auf Schadensersatz gegen den [X.] in entsprechender Höhe. Der Kläger könne sich im Verhältnis zum [X.] nicht darauf berufen, dieser
habe ihm die Mietsache vorenthalten, [X.]n er dem Beklagten gegenüber selbst durchgehend zu verstehen gegeben habe, er halte ihn weiterhin aus dem Mietvertrag für verpflichtet.

8
9
-
5
-
II.
Diese
Ausführungen halten den Angriffen der Revision
stand.
Dem Klä-ger steht gegen den Beklagten weder ein Anspruch aus §
535 Abs.
2 BGB auf Zahlung der Miete für den Monat September 2009 zu,
noch kann er den geltend gemachten Betrag im Wege des
Nutzungs-
oder Schadensersatzes
verlangen.
1. Das Berufungsgericht hat zu Recht einen
Anspruch des [X.] aus §
535 Abs.
2 BGB auf Zahlung der Miete für den Monat September 2009 ver-neint. Das Mietverhältnis ist durch die vom Streithelfer als Insolvenzverwalter erklärte Kündigung auch mit Wirkung für den Beklagten zum 31.
Juli 2009
be-endet worden.
a) Nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] kann der Insolvenzverwalter ohne Rücksicht auf die vereinbarte Vertragsdauer ein Mietverhältnis über Räume, das der Schuldner als Mieter eingegangen ist, unter Einhaltung der gesetzli-chen Frist kündigen.
Dies gilt auch dann, [X.]n der Insolvenzschuldner nicht alleiniger Mieter der Räume war. Zwar kann bei einer Mehrheit von Mietern ein Mietvertrag grundsätzlich nur einheitlich von allen
oder gegenüber allen Mietern gekündigt werden
(vgl. [X.]Z 26, 102 =
NJW
1958, 421; [X.]Z 144, 370 =
NJW 2000, 3133, 3135 für einen Leasingvertrag). §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] räumt dem Insolvenzverwalter jedoch ein Sonderkündigungsrecht ein, um die
Masse vor einem weiteren Anwachsen von
Verbindlichkeiten aufgrund
eines
laufenden
Mietvertrags
zu schützen, [X.]n eine wirtschaftlich angemessene Nutzung des Mietobjekts nicht mehr möglich ist ([X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl.
§
109 Rn.
1). Dieser Zweck der Vorschrift gebietet es, dass der
Insol-venzverwalter auch einen Mietvertrag, der
von einer Mietermehrheit abge-schlossen worden ist, ohne Mitwirkung der übrigen Mieter kündigen kann
(vgl. 10
11
12
-
6
-
[X.] NJW 1974, 2012; MünchKomm[X.]/[X.] 2.
Aufl. §
109 Rn.
36; [X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl. §
109 Rn.
3).
b) Umstritten ist allerdings, ob durch die Kündigung nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] nur der Insolvenzschuldner aus dem Mietvertrag ausscheidet oder das Mietverhältnis insgesamt, also auch mit Wirkung für die übrigen Mitmieter endet.
Von Teilen der Literatur wird die Auffassung vertreten, mit der Kündigung durch den Insolvenzverwalter scheide nur der insolvent gewordene Mieter
aus dem
Mietverhältnis aus. Hinsichtlich der weiteren Mieter bleibe der Mietvertrag von der
Kündigung unberührt. Zur Begründung wird vor allem auf den Zweck der Vorschrift verwiesen,
die Masse vor weiteren Verbindlichkeiten zu schützen. Dieser Zweck sei ausreichend gewahrt, [X.]n nur der Insolvenzschuldner aus dem Mietvertrag ausscheide. Außerdem
müsse bei der Auslegung des §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] berücksichtigt werden, dass
der Vermieter und die weiteren Mitmieter in der Regel ein Interesse am Fortbestand des [X.]
hätten
(MünchKomm[X.]/[X.] 2.
Aufl. §
109 Rn.
37
f.; [X.]/[X.]/[X.] Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht-
und Leasingrechts 10.
Aufl.
Rn.
1589).
Nach anderer Auffassung
soll der
Kündigung nur dann eine Gesamtwir-kung
zukommen, [X.]n das Nutzungsrecht der Mitmieter von dem des [X.] abhänge oder die
Mitmieter dem Mietvertrag nur aus Gründen der
Mithaftung
beigetreten seien
und sie deshalb kein eigenes Interesse an der Gebrauchsüberlassung hätten. Sollten die
Mitmieter
hingegen durch den Miet-vertrag ein eigenständiges
Nutzungsrecht erhalten,
bewirke die Kündigung nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] nur das Ausscheiden des Insolvenzschuldners
und der Mietvertrag bliebe im Übrigen aufrechterhalten ([X.] ZIP 1995, 46; [X.]/Tintelnot [X.] [Stand: November 2012] §
109 Rn.
46; [X.] in 13
14
15
-
7
-
[X.]/Leithaus [X.]
2.
Aufl. §
109 Rn.
6;
Hörndler in [X.]/[X.]/Stellmann Geschäftsraummiete 3.
Aufl. [X.].
20 Rn.
72
f.; vgl. dazu auch Steinicke
ZMR 2001, 160
ff.).
Die überwiegende Ansicht in Rechtsprechung und Literatur vertritt
dem-gegenüber
mit dem Berufungsgericht die Auffassung, dass die Kündigung durch den Insolvenzverwalter stets das gesamte Mietverhältnis beende.
Dies folge
aus dem Grundsatz der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses
sowie
der Unteilbarkeit der Verpflichtung des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung (OLG
Celle NJW 1974, 2012; OLG
Düsseldorf ZMR 1987, 423, 424; [X.], 391, 392
f. zu §
19 KO; [X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl.
§
109 Rn.
3; [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
425 Rn.
7; FK-[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
109 Rn.
17; [X.]/[X.] [X.] 5.
Aufl.
§
109 Rn.
24; [X.]/Ahrendt
3.
Aufl. §
109 [X.] Rn.
19; [X.]/[X.]/Balthasar [X.] [Stand: August 2012] §
109 Rn.
10; [X.] in
Schmidt-Futterer Mietrecht 10.
Aufl. §
542 Rn.
140; [X.] in [X.]/Sonnenschein Miete
10.
Aufl. §
542 Rn.
56; [X.] in Bub/[X.] Handbuch der Geschäfts-
und Wohnraummiete 3.
Aufl. [X.].
VIII
B Rn.
218).
c) Der letztgenannten Ansicht ist zuzustimmen.
aa) §
109 Abs.
1 [X.]
gewährt dem Insolvenzverwalter ein Sonderkündi-gungsrecht, um Mietverhältnisse, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zunächst mit Wirkung
für die Masse fortbestehen (§
108 Abs.
1 [X.]), aber wirtschaftlich für die Masse nicht mehr sinnvoll genutzt werden können,
unab-hängig von einer vereinbarten Vertragsdauer oder den Voraussetzungen einer ordentlichen Kündigung beenden zu können.
Dabei ist
die Vorschrift auf die Kündigung eines [X.] ausgerichtet, der vom Insolvenzschuldner allein abgeschlossen worden ist
([X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl.
§
109 Rn.
3). Zu 16
17
18
-
8
-
der Frage, ob durch die Kündigung bei einem Mietvertrag, an dem eine Mehr-heit
von Mietern beteiligt ist, das Mietverhältnis insgesamt beendet wird, verhält sich die Vorschrift deshalb nicht. Die Wirkung der Kündigung nach §
109 Abs.
1 [X.] bei Mietverträgen, die auf [X.] von weiteren Personen neben
dem Insolvenzschuldner abgeschlossen worden sind,
bestimmt sich daher nach all-gemeinen mietrechtlichen
Grundsätzen. Danach kann
ein Mietverhältnis, [X.]n auf [X.] mehrere Personen beteiligt sind, grundsätzlich nur mit Wirkung für
sämtliche Mieter gekündigt werden
(vgl. [X.]Z 26, 102 =
NJW 1958, 421; [X.]Z 144, 370 =
NJW 2000, 3133, 3135 für einen Leasingvertrag; [X.], 328, 330). Auch bei Beteiligung von
mehreren Mietern entsteht durch den Ab-schluss
des [X.] nur ein einheitliches Rechtsverhältnis
zum Vermieter, bei dem
alle Mitmieter gemeinschaftlich die [X.] des bestehenden
Miet-verhältnisses bilden ([X.]Z 136, 314 =
[X.], 22, 24). Der Vermieter kann seine Verpflichtung zur Gebrauchsüberlassung gemäß §
535 Abs.
1 Satz
1 BGB nur einheitlich gegenüber sämtlichen
Mietern erfüllen. Der Mietgebrauch
stellt eine
im Rechtssinne
unteilbare Leistung dar
(MünchKomm[X.]/[X.] 2.
Aufl. §
109 Rn.
36) und kann daher durch eine Kündigung nur einheitlich ge-genüber sämtlichen Mietern beendet werden (vgl. [X.]Z 26, 102 =
NJW 1958, 421). Eine Kündigung mit Wirkung
nur für einen der Mieter würde das Mietver-hältnis grundlegend zu Lasten des oder der anderen Vertragsparteien umge-stalten
(vgl. [X.]Z 96, 302 =
NJW 1986, 918 für die Anfechtung
und [X.] Urteil vom 9.
Juli 2002

XI
ZR
323/01

NJW 2002, 2866, 2867 für einen
Darlehens-vertrag)
und wäre als eine Teilkündigung
grundsätzlich
unzulässig
([X.] in
Schmidt-Futterer Mietrecht 10.
Aufl. §
542 BGB Rn.
87). Die Kündigung eines [X.] kann daher nur einheitlich für alle oder gegenüber allen Mietern ausgeübt werden ([X.] Urteil vom 28.
April 2010

VIII
ZR
263/09
NZM 2010, 577 Rn.
7; [X.], 391, 392
f.).

-
9
-
bb) Entgegen der Auffassung der Revision
gebietet der Schutzzweck des §
109 Abs.
1 [X.]
keine Ausnahme von der Gesamtwirkung der Kündigung. Es ist zwar zutreffend, dass dem Zweck
der Vorschrift, die Masse vor
einem [X.] der
Verbindlichkeiten aus dem Fortbestand eines
[X.] zu schützen, Genüge getan wäre, [X.]n nur der Insolvenzschuldner aus dem Miet-vertrag ausscheiden würde. Dieser Gesichtspunkt zwingt aber nicht dazu, die Wirkung der vom Insolvenzverwalter erklärten Kündigung auf den [X.] zu beschränken
und den allgemeinen Grundsatz, dass die Kündi-gung eines [X.] nur einheitlich für alle oder gegenüber allen Mietern ausgeübt werden kann, insoweit aufzugeben. Zwar wird dieser Grundsatz durch §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] bereits dadurch durchbrochen, dass der Insolvenz-verwalter das Sonderkündigungsrecht ohne Mitwirkung
der anderen Mitmieter ausüben
kann
(so zutreffend MünchKomm[X.]/[X.] 2.
Aufl. §
109 Rn.
39). Diese
Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz, dass ein Mietverhältnis nur einheitlich von allen Mietern gekündigt werden kann,
ist aber durch den beson-deren Schutzzweck des §
109 Abs.
1 [X.]
gerechtfertigt
([X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl.
§
109 Rn.
3).
Die Möglichkeit des Insolvenzverwalters, das Miet-verhältnis allein
kündigen zu können, ändert jedoch nichts daran, dass die Kün-digung wegen der Einheitlichkeit des Mietverhältnisses Gesamtwirkung hat ([X.]/[X.] [X.] 13.
Aufl.
§
109 Rn.
3). Eine Beschränkung der [X.] nur auf den Insolvenzschuldner lässt sich aus dem Gesetzes-zweck nicht herleiten
(so schon [X.], 391, 392
f. zu §
19 KO).
cc) Soweit die Revision meint, die Annahme einer Gesamtwirkung der Kündigung berücksichtige nicht angemessen die Interessen des Vermieters und der weiteren Mitmieter
an einer Fortsetzung des Mietverhältnisses, kann dem nicht gefolgt werden. Zwar sind Fälle denkbar, in denen der Vermieter und die anderen Mieter das Mietverhältnis auch ohne den insolvent gewordenen Mieter fortsetzen möchten. Dies ist jedoch nicht immer der Fall. Sind die anderen Mie-19
20
-
10
-
ter wirtschaftlich nicht mehr
in der
Lage, die Mietzahlungen allein aufzubringen,
oder hat der Vermieter den Mietvertrag ursprünglich gerade im Hinblick auf die erwartete
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des jetzt insolvent gewordenen [X.] abgeschlossen, kann auch ein Interesse der übrigen Vertragsparteien be-stehen, dass das Mietverhältnis durch die Kündigung des Insolvenzverwalters insgesamt beendet wird
(vgl. [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
425 Rn.
4 mwN). Sofern der Vermieter und die anderen Mieter das Mietverhältnis ohne den
insolventen Schuldner fortsetzen
wollen, bleibt es ihnen unbenommen, ei-nen neuen Mietvertrag abzuschließen
(so schon [X.], 391, 392 zu §
19 KO).
Zudem können sich die Mietvertragsparteien vor den Folgen einer Kündi-gung nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] durch eine entsprechende mietvertragliche Regelung schützen, nach der der Mietvertrag im Falle einer Kündigung nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] mit den weiteren Mietern fortgesetzt werden soll
(vgl. hierzu [X.] NJW 1974, 2012; [X.], 391, 392; FK-[X.]/[X.] 6.
Aufl. §
109 Rn.
17).

[X.]) Die Wirkung der Kündigung
nach §
109 Abs.
1 [X.] kann auch nicht davon abhängig gemacht werden, ob die Mitmieter ein eigenes Nutzungsinte-resse an der Mietsache haben oder ob der Abschluss des [X.] nur auf
Gründen der Mithaftung beruht. Mit der Rechtsnatur der Kündigung als Gestal-tungsrecht ist dieses Verständnis von der Wirkung einer auf §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] gestützten Kündigung nicht vereinbar. Aus Gründen der Rechtssicherheit muss eine Kündigungserklärung eindeutig sein. Sie muss zweifelsfrei erkennen lassen, dass der Mietvertrag beendet werden soll und gegen [X.] sich die Kün-digung richtet ([X.] in
Schmidt-Futterer Mietrecht 10.
Aufl. §
542 BGB Rn.
13
f.). Hinge die Wirkung der Kündigung nach §
109 Abs.
1 Satz
1 [X.] davon ab, ob die weiteren Mieter den Mietvertrag nur aus Haftungsgründen ab-geschlossen haben oder ein eigenes Nutzungsinteresse an dem Mietobjekt ver-folgen, wäre die erforderliche Rechtssicherheit nicht mehr gewährleistet. Der 21
-
11
-
Umfang der Kündigungswirkung würde sich erst bestimmen lassen, [X.]n der Grund für die Beteiligung der weiteren Mieter an dem Mietverhältnis geklärt ist. Zu welchem Zweck die weiteren Mieter den Mietvertrag abgeschlossen haben, ergibt sich jedoch nur aus dem Innenverhältnis der Mieter, das dem Vermieter oft nicht
bekannt ist.
ee) Schließlich spricht auch §
425 Abs.
1
und 2
BGB nicht gegen eine Gesamtwirkung der vom Insolvenzverwalter erklärten Kündigung. Danach wirkt die von einem oder gegenüber einem Gesamtschuldner erklärte Kündigung nur gegen diesen, nicht auch gegen die weiteren Gesamtschuldner. §
425 Abs.
2
BGB
erfasst jedoch nur die [X.], etwa von
Darlehensverträgen
(vgl. [X.]/[X.] 6.
Aufl. §
425 Rn.
4 mwN). Ob und in welchem Umfang eine Beendigungskündigung von Dauerschuldverhältnissen
Wirksam-keit
entfaltet, die nur von einem Gesamtschuldner erklärt wurde, regelt die [X.] nicht (vgl. [X.] Urteil vom 9.
Juli 2002

XI
ZR
323/01

NJW 2002, 2866, 2867). Hinzu kommt, dass mehrere Mieter nicht nur
als Gesamtschuldner an-gesehen werden können. Dies trifft zwar hinsichtlich der mietvertraglichen Pflichten zu
([X.]/Weidenkaff BGB 72.
Aufl. §
535 Rn.
7). In Bezug auf die unteilbare Hauptleistungspflicht des Vermieters, den Mietern den Gebrauch
der Mietsache zu überlassen, sind mehrere Mieter hingegen
Gesamtgläubiger ge-mäß
§
432 Abs.
1
BGB
(vgl. [X.]/Häublein 6.
Aufl. §
535 Rn.
48 mwN).
2. Der Kläger hat gegen den Beklagten auch keinen
Anspruch auf [X.] gemäß §
546
a BGB in Höhe der Miete für den Monat September 2009. Das Berufungsgericht hat diesen Anspruch mit der Begründung verneint, dass der Kläger in diesem Zeitraum keinen Rücknahmewillen gehabt habe, weil er gegenüber dem Beklagten auf die Fortsetzung des [X.] habe. Dies entspricht der Rechtsprechung des
Senats.
Die nicht erfolg-22
23
-
12
-
te Rückgabe der Mietsache führt nämlich nicht ohne weiteres zu einem An-spruch auf Nutzungsentschädigung nach §
546
a BGB. Denn das [X.] nur, [X.]n der Mieter dem Vermieter die Mietsa-che vorenthält. Vorenthaltung bedeutet Zurückbehaltung gegen den Willen des Vermieters. Sie liegt nicht vor, [X.]n der Vermieter der Auffassung des Mieters, der Mietvertrag sei beendet, widerspricht, indem er zu erkennen gibt, dass nach seiner Ansicht nicht wirksam gekündigt
worden ist. Solange er den Mietvertrag nicht als beendet ansieht, will er keine Räumung verlangen
(Senatsurteil vom 2.
November
2005

XII
ZR
233/03
NJW 2006, 140, 141
f.). Auch die Revision erhebt hiergegen keine Einwände.
3. Zutreffend hat das Berufungsgericht schließlich auch einen Schadens-ersatzanspruch des [X.] aus
§
280 Abs.
1 und 2, §§
286, 546
a Abs.
2 BGB
abgelehnt. Voraussetzung für diesen Anspruch wäre, dass der Beklagte seine Verpflichtung zur Rückgabe der Mietsache schuldhaft nicht erfüllt hat. Nach
§
276 BGB haftet der Mieter für fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten. [X.] handelt der Mieter, [X.]n er die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer [X.] gelassen hat. Das ist der Fall, [X.]n der Mieter nach einem objektivierten Maßstab des jeweiligen [X.] die Vorenthaltung erkennen und ver-meiden konnte ([X.] in
Schmidt-Futterer Mietrecht 10.
Aufl. §
546
a BGB Rn.
92).
Nach
den
vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen, die von der Revision nicht angegriffen werden, ist diese Voraussetzung nicht erfüllt. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass der Kläger im September 2009 vom [X.] noch die Zahlung der Miete verlangte
und in mehreren Schreiben zum Ausdruck brachte, dass er trotz der Kündigung durch den Insolvenzverwalter das Mietverhältnis mit dem Beklagten für fortbestehend
ansah. Deshalb
be-stand für den Beklagten in dem fraglichen Zeitraum keine Veranlassung, auf 24
25
-
13
-
eine Räumung des Mietobjekts hinzuwirken. Hinzu kommt, dass der Kläger ei-nen ihm entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt hat. Dazu wäre erfor-derlich gewesen, dass er die Räume im September 2009 anderweitig hätte vermieten können und ihm die Miete für diesen Zeitraum deshalb nicht zuge-flossen ist, weil der Beklagte seiner
Räumungsverpflichtung nicht nachgekom-men ist. An diesem Vortrag fehlt es hier
(vgl. [X.] Beschluss vom 13.
Juli 2010

VIII
ZR
326/09
M 2010, 815 Rn.
3).

Dose

Schilling

Günter

Ne[X.]en-Boeger

Botur
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.03.2011 -
333 O 166/10 -

O[X.], Entscheidung vom 29.03.2012 -
8 [X.] -

Meta

XII ZR 34/12

13.03.2013

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.03.2013, Az. XII ZR 34/12 (REWIS RS 2013, 7443)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 7443

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 34/12 (Bundesgerichtshof)

Gewerberaummietvertrag: Kündigung durch den Insolvenzverwalters in der Insolvenz eines Mitmieters


IX ZR 81/05 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 279/13 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 136/13 (Bundesgerichtshof)


IX ZR 44/21 (Bundesgerichtshof)

Insolvenz eines Gewerberaummieters: Abgesonderte Befriedigung des Vermieters aus einem ihm verpfändeten Sparguthaben hinsichtlich seines Schadensersatzanspruchs …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 34/12

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.