Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2017, Az. IV ZB 8/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 15203

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:220217BIVZB8.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB 8/16
vom

22. Februar 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des [X.] hat durch die
Vorsitzende Richterin [X.], [X.], die Richterin [X.], die Richter [X.] und Dr.
Götz

am 22. Februar 2017

beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde des [X.] gegen den Beschluss des 6. Zivilsenats des [X.]s vom 7.
Juni 2016 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

[X.]: 23.656,02

Gründe:

[X.] Der Kläger wendet sich gegen die Verwerfung seiner Berufung gegen ein zweites
Versäumnisurteil.

Das [X.] hat die Klage durch Versäumnisurteil abgewiesen. Den hiergegen eingelegten Einspruch des [X.] hat das [X.] durch zweites Versäumnisurteil verworfen, da der [X.] des [X.] im Termin nicht erschienen war. Der Kläger hat rechtzei-tig gegen das zweite Versäumnisurteil Berufung eingelegt und diese [X.]. Er hat geltend gemacht, sein Prozessbevollmächtigter sei auf der Fahrt zu dem Verhandlungstermin aufgrund eines Motorschadens mit seinem Fahrzeug liegen geblieben. Er habe wiederholt vergeblich ver-1
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sucht, über sein [X.] die Geschäftsstelle der zuständigen [X.] und die Telefonzentrale des [X.]s zu erreichen.

Das [X.] hat die Berufung als unzulässig verworfen und zur Begründung ausgeführt, der Kläger habe eine unverschuldete [X.] nicht schlüssig vorgetragen, selbst wenn man zu
seinen Gunsten [X.], dass sein Prozessbevollmächtigter ohne Verschulden aufgrund einer unabwendbaren Autopanne verhindert gewesen sei, den Termin vor dem [X.] wahrzunehmen. Der Versuch des Prozessbevoll-mächtigten des [X.], die Geschäftsstelle der
zuständigen Zivilkam-mer des [X.]s von seiner Verhinderung zu unterrichten, sei schon deshalb ungeeignet
gewesen, weil er eine falsche Rufnummer gewählt
habe. Dies rechtfertige den Vorwurf
fahrlässigen Verhaltens, weil die Durchwahlnummer der Geschäftsstelle auf den gerichtlichen Schreiben einfach erfassbar wiedergegeben sei. Der Versuch einer telefonischen Kontaktaufnahme über die Zentrale des [X.]s könne nicht zu [X.] abweichenden Beurteilung führen, auch wenn dem Prozessbevoll-mächtigten des [X.] nicht zum Vorwurf gemacht werden könne, dass diese Anrufe erfolglos geblieben seien. Eine verschuldete Säumnis sei jedenfalls dann nicht ausgeschlossen, wenn andere mögliche und zu-mutbare Maßnahmen zur Abwendung der Säumnis

wie ein Direktanruf bei der zuständigen Geschäftsstelle

in vorwerfbarer Weise unterblieben seien.

Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde
des [X.].

I[X.] Die gemäß §
574 Abs.
1 Satz
1 Nr.
1 ZPO i.V.m. §
522 Abs.
1 Satz
4 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde ist im Übrigen nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt sind. Eine 3
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Entscheidung des [X.] ist insbesondere nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung geboten.

1. Der angefochtene Beschluss verletzt den Kläger nicht in seinem Verfahrensgrundrecht auf Gewährung wirkungsvollen Rechtsschutzes (Art.
2 Abs.
1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip). Das [X.] hat die Berufung des [X.] gegen das zweite Versäum-nisurteil des [X.]s ohne Rechts-
und Verfahrensfehler als unzu-lässig verworfen, weil der Kläger eine unverschuldete Säumnis nicht schlüssig vorgetragen hat.

a) Nach §
514 Abs. 2 Satz
1 ZPO unterliegt ein Versäumnisurteil,
gegen das
wie hier gemäß §
345 ZPO

der
Einspruch an sich nicht statthaft ist, der Berufung insoweit, als sie darauf gestützt wird, dass ein Fall der schuldhaften Versäumung nicht vorgelegen habe. Das trifft unter anderem zu, wenn der Termin zur mündlichen Verhandlung, auf die das zweite Versäumnisurteil erging, von der betroffenen [X.] unverschuldet versäumt wurde. Der Sachverhalt, der die Zulässigkeit des Rechtsmittels rechtfertigen soll, muss vollständig in der Rechtsmittelbegründung vorge-tragen werden, wobei die Schlüssigkeit des Sachvortrags zum mangeln-den Verschulden bereits Voraussetzung für die Zulässigkeit des Rechts-mittels ist ([X.], Urteil vom 25.
November 2008
[X.], [X.], 687 Rn.
6
m.w.[X.]). Die Frage des Verschuldens ist im Falle der Versäumung eines Termins grundsätzlich nach den gleichen Maßstäben zu beurteilen wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ([X.], Urteile vom 25.
November 2008
aaO
Rn.
11; vom 22.
März 2007
[X.], NJW 2007, 2047 Rn.
6; jeweils m.w.[X.]).
Die Beweislast für die Voraussetzungen einer unverschuldeten Säumnis liegt beim [X.] ([X.], Urteil vom 22.
März 2007 aaO). Eine -
der [X.] nach §
85 Abs.
2 ZPO zurechenbare
-
schuldhafte Säumnis im Sinne von §
514 6
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-
5
-

Abs.
2 Satz
1 ZPO liegt auch dann vor, wenn der [X.], der
kurzfristig und nicht vorhersehbar an der Wahrnehmung des [X.] gehindert ist,
nicht das ihm Mögliche und Zumutbare
unternimmt, um dem Gericht rechtzeitig seine Verhinderung mitzuteilen ([X.], Urteile vom 25.
November 2008 aaO
Rn.
11; vom 22.
März 2007 aaO Rn.
17; vom 3.
November 2005
I ZR 53/05, [X.], 448 Rn.
4; jeweils m.w.[X.]).
Dieser Mitteilungspflicht genügt der Prozessbevollmächtigte nicht, wenn er bei dem Versuch, das Gericht von seiner Verhinderung zu unterrichten, eine falsche Rufnummer
wählt ([X.], Urteil vom 3.
Novem-ber 2005 aaO
Rn.
15).

b) Gemessen daran hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei [X.], die Säumnis des [X.] sei nicht unverschuldet, selbst wenn sein Prozessbevollmächtigter wegen einer unabwendbaren Auto-panne
verhindert gewesen sei, den Termin vor dem [X.] wahrzu-nehmen. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde hat der Pro-zessbevollmächtigte des [X.] nicht alle ihm zumutbaren Maßnahmen ergriffen, um den Erlass eines zweiten Versäumnisurteils abzuwenden, indem er nach dem Vortrag des [X.] von seinem Mobiltelefon mehr-mals vergeblich versuchte, das Gericht über seine Autopanne zu unter-richten. Das Berufungsgericht hat festgestellt, dass der Prozessbevoll-mächtigte des [X.] dabei nicht die richtige Durchwahlnummer der Geschäftsstelle der zuständigen Zivilkammer gewählt habe. Dagegen er-innert die Rechtsbeschwerde nichts. Sie wendet ohne Erfolg ein, für den Prozessbevollmächtigten des [X.] sei nicht deutlich genug erkennbar gewesen, dass die von ihm gewählte Telefonnummer auf den Schreiben des [X.]s nur für den internen Telefonverkehr und nicht für [X.] von außen vorgesehen gewesen sei. Indes war, wie das [X.] festgestellt hat und aus den bei den Akten befindlichen 8
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Schreiben des [X.]s ersichtlich ist, die richtige Durchwahlnum-mer der Geschäftsstelle der zuständigen Zivilkammer des [X.]s deutlich und einfach erfassbar wiedergegeben. Hingegen war die von dem Prozessbevollmächtigten des [X.] gewählte, nur für interne Te-lefonanrufe vorgesehene Rufnummer auf dem Briefkopf entsprechend gekennzeichnet. Den weiteren Versuch des Prozessbevollmächtigten des [X.], über die Telefonzentrale des [X.]s die zuständige Ge-schäftsstelle zu erreichen, hat das Berufungsgericht zu Recht nicht aus-reichen lassen, weil der Direktanruf bei der zuständigen Geschäftsstelle in vorwerfbarer Weise unterblieben war.

2. Das Berufungsgericht hat nicht, wie die Rechtsbeschwerde rügt, den Anspruch des [X.] auf Gewährung rechtlichen Gehörs dadurch verletzt, dass es ihn nicht auf die beabsichtigte Verwerfung der Berufung hingewiesen hat.

a) §
522
Abs.
1 ZPO sieht eine Anhörung des Berufungsklägers vor der Verwerfung der Berufung nicht ausdrücklich vor. Die Pflicht zur Anhörung folgt indessen unmittelbar aus Art.
103 Abs.
1 GG, der dem Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens ein Recht darauf gibt, dass er Gelegenheit erhält, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zu-grunde liegenden Sachverhalt zu äußern ([X.], Beschluss vom 16.
De-zember 1981
[X.], [X.], 246
m.w.[X.]).

b) Diesem Verfahrensgrundrecht des [X.] ist im Berufungsver-fahren Genüge getan worden. Er hat in seiner Berufungsbegründung zu dem für die Beurteilung seiner Säumnis maßgeblichen Sachverhalt [X.] vorgetragen. Damit hat sich das Berufungsgericht befasst. Es hat zudem eine Auskunft des Präsidenten des [X.]s dazu einge-holt, ob sich der von dem Prozessbevollmächtigten des [X.] behaup-9
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7
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tete Anruf unter der von ihm angegebenen Telefonnummer nachprüfen lasse. Hierzu hat der Präsident des [X.]s darauf hingewiesen, dass es sich dabei nicht um die Rufnummer der zuständigen Geschäfts-stelle, sondern um die Durchwahlnummer handele, unter der das Land-gericht im behördeninternen Telefonverkehr zu erreichen sei. Diese [X.] hat das Berufungsgericht auch dem Prozessbevollmächtigten des [X.] überlassen. Daraus war für ihn ersichtlich, dass es darauf an-kam, ob er die richtige Rufnummer des [X.]s gewählt hatte. Zu einem weitergehenden Hinweis auf die beabsichtigte Verwerfung der [X.] als unzulässig war das Berufungsgericht nicht gehalten.

[X.] [X.] [X.]

[X.]

Dr. Götz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 20.08.2015 -
7 [X.]/12 -

KG Berlin, Entscheidung vom 07.06.2016 -
6 U 8/16 -

Meta

IV ZB 8/16

22.02.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.02.2017, Az. IV ZB 8/16 (REWIS RS 2017, 15203)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 15203

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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