Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2005, Az. IV ZR 45/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 288

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am:

14. Dezember 2005

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]Z: ja [X.]R: ja _____________________ BGB §§ 1192 Abs. 1, 1120, 97, 98 Nr. 1 Ein Gebäude kann nicht nur durch seine Gliederung, Einteilung, Eigenart oder Bau-art, sondern auch aufgrund seiner Ausstattung mit betriebsdienlichen Maschinen und sonstigen Gerätschaften als für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet an-gesehen werden. [X.], Urteil vom 14. Dezember 2005 - [X.] - [X.] - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 14. Dezember 2005 für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 11. Zi-vilsenats des [X.] vom 31. Ja-nuar 2005 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der [X.] (im Folgenden: Schuldnerin). Diese betrieb auf dem ihr seit 1971 gehörenden Betriebsgrundstück bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 1. September 2003 eine Tischlerei zur Herstel-lung von Küchenmöbeln. Die Parteien streiten darüber, ob das Inventar der Tischlerei - überwiegend Maschinen zur Holzbearbeitung - als [X.] in den [X.] der Grundschulden fällt, die zugunsten der Beklagten an dem Grundstück bestellt sind. Das Inventar wurde vom 1 - 3 -

Kläger im Verlauf des ersten [X.] im Einvernehmen mit der [X.] unter Hinterlegung des Erlöses veräußert und vom Grundstück entfernt. Das [X.] hat zu der Behauptung des [X.], das [X.] sei nicht speziell auf die Küchenproduktion zugeschnitten, ein Sachverständigengutachten eingeholt mit der Maßgabe, das Inventar nicht in die Begutachtung einzubeziehen. Gestützt auf dieses Gutachten hat es der Klage auf Feststellung, dass die Gegenstände zum Zeitpunkt ihrer Entfernung vom Betriebsgrundstück nicht der Haftung der [X.] unterlagen, stattgegeben. Das [X.] hat die Beru-fung der Beklagten zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die [X.] ihr Klageabweisungsbegehren weiter. 2 Entscheidungsgründe:
Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 3 I. Dieses hat gemeint: Die Inventargegenstände seien nicht als Zubehör nach den §§ 97 f. BGB anzusehen und hätten daher zum Zeit-punkt ihrer Entfernung vom Betriebsgrundstück nicht gemäß § 1120 BGB für die Grundschulden gehaftet. Nach § 97 BGB sei Voraussetzung der Zubehöreigenschaft, dass die Sache dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sei. Im Falle des § 98 Nr. 1 BGB, der Beispiele für eine solche wirtschaftliche Zweckbestimmung bringe, [X.] - 4 -

ten die Maschinen und sonstigen Gerätschaften zu dem gewerblichen Betrieb bestimmt sein, für den das Gebäude dauernd eingerichtet sei. Bei diesen Betrieben erfordere der Produktionsablauf regelmäßig eine spezifische bauliche Gestaltung und Einrichtung, die dem Betriebsge-bäude auf Dauer ein bestimmtes Gepräge gäben. Maßgeblicher Ge-sichtspunkt sei, ob im Einzelfall durch Gliederung, Einteilung oder Ei-genart des Gebäudes im Übrigen oder durch die sonstige bauliche Be-schaffenheit einer Anlage schon ein wirtschaftlicher Wert realisiert sei, der nach dem Sinn der weiteren, das rechtliche Schicksal des Zubehörs regelnden Einzelbestimmungen nicht zerschlagen, sondern erhalten blei-ben solle. Die hier zu beurteilenden Baulichkeiten seien nach den [X.] Gegebenheiten nicht speziell auf die [X.]. Nach den Feststellungen des Sachverständigen bestehe vielmehr die Möglichkeit, dort außer Küchen auch andere Produktionsgüter her- bzw. auszustellen. Das [X.] verweise zu Recht darauf, dass die §§ 97 f. BGB auf die Beschaffenheit der Hauptsache abstellten und da-durch eine klare, abgrenzbare Regelung gebildet werde. Es komme [X.] allein auf die Gestaltung und den Ausbau des Gebäudes an. Wenn es - z.B. als Mehrzweckhalle - für vielfältige Zwecke verwendet werden könne, werde kein Vertrauenstatbestand dahingehend geschaffen, dass eine wirtschaftliche Einheit vorhanden sei. Es realisiere sich durch das Vorhandensein des Inventars in dem Gebäude kein besonderer wirt-schaftlicher Wert, so dass keine Veranlassung bestehe, das rechtliche Schicksal des Inventars an das des Gebäudes zu koppeln. 5 - 5 -

[X.] Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Das [X.] ist von einem unrichtigen Verständnis des Zubehörbegriffes ausge-gangen. 6 1. Nach den §§ 1192 Abs. 1, 1120 BGB erstreckt sich der [X.] der Grundschuld auch auf das Zubehör des Grundstücks mit Ausnahme der Zubehörstücke, die nicht in das Eigentum des [X.] gelangt sind. Gemäß § 97 BGB ist eine bewegliche Sache grundsätzlich dann Zubehör, wenn sie, ohne Bestandteil der Hauptsache zu sein, nicht nur vorübergehend dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt ist und zu ihr in einem dieser Bestimmung entsprechenden räumlichen Verhältnis steht. § 98 BGB ent-hält Beispiele für eine solche wirtschaftliche Zweckbestimmung ([X.], Urteil vom 23. Oktober 1968 - [X.] - NJW 1969, 36 = [X.] § 98 Nr. 1 unter 2). Nr. 1 der Vorschrift ist zu entnehmen, dass ein Ge-bäude jedenfalls dann Hauptsache sein kann, wenn es vermöge seiner Bauart und Einteilung oder/und seiner Ausstattung mit den nötigen be-triebsdienlichen Gegenständen für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist ([X.] aaO). Entscheidend ist, ob sich aus den baulichen Besonderheiten oder/und aus der Ausstattung mit Inventar ergibt, dass das Gebäude einem gewerblichen Betrieb auf Dauer dienen soll ([X.] aaO; vgl. auch [X.], 207, 209; BayObLG, Urteil vom 24. April 1911 - [X.] 12, 306, 313). Wie die Revision zutreffend ausführt, kann ein Gebäude somit nicht nur durch seine Gliederung, Einteilung, Eigenart oder Bauart, sondern auch aufgrund seiner Ausstattung mit betriebsdien-lichen Maschinen und sonstigen Gerätschaften als fifür einen gewerbli-chen Betrieb dauernd [X.] angesehen werden. 7 - 6 -

2. Von dieser - bereits vom [X.] (vgl. Urteil vom 8. Mai 1912 - [X.]/11 - [X.] 1912 Nr. 286) vertretenen und in der Litera-tur (vgl. [X.] in [X.], [X.]. § 98 [X.]. 2 c; [X.], [X.]. § 98 [X.]. 3; Holch in [X.], 4. Aufl. § 98 [X.]. 5 u. 7; [X.]/[X.] in [X.], [X.]. 2004 § 98 [X.]. 7; Kregel in [X.], 12. Aufl. § 98 [X.]. 5; [X.] in [X.], § 98 [X.]. 2; Ring in [X.], BGB § 98 [X.]. 11-14; [X.] in [X.], 2. Aufl. § 98 [X.]. 4) auf Zustimmung gestoßenen - Rechtsprechung ist der Bun-desgerichtshof weder in dem vom Berufungsgericht herangezogenen Ur-teil vom 14. Dezember 1973 ([X.]Z 62, 49 ff.) noch in dem auf diese Entscheidung verweisenden Urteil vom 13. Januar 1994 ([X.]Z 124, 381, 392 f.) abgerückt. Zwar heißt es dort, es sei für die Beurteilung der Zubehöreigenschaft maßgebend, ob im Einzelfall fidurch Gliederung, Ein-teilung oder Eigenart im übrigen des Gebäudes oder durch die sonstige bauliche Beschaffenheit einer Anlagefi schon ein wirtschaftlicher Wert realisiert sei, der nach dem Sinn der einzelnen [X.] nicht zerschlagen, sondern erhalten bleiben solle ([X.]Z 62, 49, 53). Das kann indes nicht die Annahme rechtfertigen, es komme für die Beur-teilung, ob ein Gebäude für einen gewerblichen Betrieb dauernd einge-richtet sei, allein auf die bauliche Beschaffenheit des Gebäudes an. Ein solcher Schluss ist deshalb nicht angezeigt, weil im Urteil vom 14. [X.] 1973 (aaO) sowohl auf die Entscheidung des Bundesgerichtsho-fes vom 23. Oktober 1968 (aaO) als auch auf das Urteil des [X.] vom 8. Mai 1912 (aaO) zustimmend Bezug genommen wird. In letzterem wird ausgeführt, der Auffassung, ein Gebäude sei nur dann für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet, wenn der Bau selbst die Bestimmung für diesen Gewerbebetrieb ergebe, könne nicht [X.] werden. 8 - 7 -

Ein Gebäude ist demzufolge für einen gewerblichen Betrieb auch dann dauernd eingerichtet, wenn es mit den dem Betrieb dieses Gewer-bes dienenden Gegenständen derart verbunden ist, dass das Ganze er-kennen lässt, dazu bestimmt zu sein, dauernd - d.h. für einen nicht von vornherein feststehenden Zeitraum und nicht etwa nur zur Befriedigung der Bedürfnisse des derzeitigen Eigentümers - zum Betrieb dieses Ge-werbes genutzt zu werden. Es genügt, wenn die bauliche Beschaffenheit mit Bestimmtheit den dauernden Betrieb des Gewerbes erkennen lässt. Unter [X.] Beschaffenheitfi ist dabei die Beschaffenheit des aus dem Bau und den betriebsdienlichen Gegenständen gebildeten Ganzen zu verstehen (vgl. RG aaO). 9 3. Damit ist die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, es [X.] für die Beurteilung, ob ein Gebäude für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet sei (§ 98 Nr. 1 BGB), allein auf die Gestaltung und den Ausbau des Gebäudes bzw. die Beschaffenheit der Hauptsache an, nicht vereinbar. Es muss vielmehr auch geprüft werden, ob zwischen [X.] und Betriebsgrundstück ein enger Bezugszusammenhang im dar-gestellten Sinne besteht (vgl. [X.]Z 85, 234, 238; [X.], Urteil vom 17. September 1979 - [X.] - NJW 1979, 2514 unter [X.]). Die-ser Prüfung hat sich das Berufungsgericht bislang verschlossen. 10 Ob ein Gebäude oder eine Gebäudeanlage für einen gewerblichen Betrieb dauernd eingerichtet ist, ist Sache tatrichterlicher Würdigung (vgl. [X.]Z 124, 381, 392; 62, 49, 53; BayObLG, aaO [X.]); für das richterliche Ermessen, was im Einzelfall als Zubehör anzusehen ist, be-steht ein weiter Spielraum ([X.], 356, 358; 51, 272, 274). Auf der 11 - 8 -

Grundlage des bisherigen Sachverständigengutachtens kann indes keine zutreffende Beurteilung der Rechtslage erfolgen, weil darin lediglich die bauliche Beschaffenheit und Nutzbarkeit bereits geräumter Produktions- und Ausstellungshallen beurteilt wird, während sämtliche bis zu ihrer Veräußerung und Entfernung im Jahre 2004 vorhandenen [X.] nicht berücksichtigt sind. Es sind daher weitere Feststellun-gen zu der Frage erforderlich, ob die Beschaffenheit des aus dem Bau und den betriebsdienlichen Gegenständen gebildeten Ganzen den [X.] Betrieb einer Tischlerei zur Herstellung von Küchenmöbeln er-kennen lässt. Diese wird das Berufungsgericht nachzuholen haben. Von - 9 -

dem Ergebnis dieser Feststellungen hängt ab, ob darüber hinaus aufzu-klären ist, ob und ggf. welche Inventargegenstände vor oder nach der Bestellung der Grundschulden an die im ersten Rechtszug [X.] wurden.
Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 23.07.2004 - 7 O 82/04 - [X.], Entscheidung vom 31.01.2005 - 11 U 66/04 -

Meta

IV ZR 45/05

14.12.2005

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.12.2005, Az. IV ZR 45/05 (REWIS RS 2005, 288)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 288

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

14 U 1168/15 (OLG Nürnberg)

Zur rechtlichen Einordnung einer Aufdachsolaranlange bezüglich eines Grundstücks


II B 54/19 (Bundesfinanzhof)

Keine Grunderwerbsteuer für den Erwerb von Zubehör; Bestimmtheit des gesetzlichen Richters


10 W 87/20 (Oberlandesgericht Hamm)


V ZB 16/05 (Bundesgerichtshof)


4 StR 268/22 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen einer Verurteilung wegen Brandstiftung an einer Lagerhalle


Referenzen
Wird zitiert von

II B 54/19

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.