Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2023, Az. 2 AZR 145/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 9859

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Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 21. Januar 2022 - 7 [X.]/21 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Unter Bezugnahme auf die Leitentscheidung des Senats vom 1. Juni 2023 (- 2 [X.] -) wird entsprechend § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO von der Darstellung des Tatbestands abgesehen. Das vorliegende Verfahren betrifft zusätzlich eine vom Kläger gegen die Beklagte zu 2. geltend gemachte [X.] für die Monate November und Dezember 2020.

Entscheidungsgründe

2

Die Revision des [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat seine Berufungen zu Recht zurückgewiesen. Die Kündigungen beider Beklagten sind wirksam. Die Auslegung des Betriebsbegriffs des § 24 Abs. 2 [X.] durch das Berufungsgericht erweist sich zwar als rechtsfehlerhaft. Einer hierauf gestützten Zurückverweisung (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO) bedarf es indes nicht, da sich die Entscheidung im Ergebnis als richtig darstellt (§ 561 ZPO). Das [X.] hat ferner zu Recht einen gegen die Beklagte zu 2. geltend gemachten Anspruch auf Zahlung der [X.] für die Monate November und Dezember 2020, der vom Kläger ausschließlich auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs gestützt wird, abgewiesen.

3

I. Die [X.] Gerichte sind international zuständig (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 19 f.).

4

II. Auf die Arbeitsverhältnisse des [X.] mit beiden Beklagten fand [X.] Recht Anwendung (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 21 ff.).

5

III. Die Kündigung der Beklagten zu 1. vom 10. September 2020 ist wirksam und hat ihr Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum Ablauf des 31. Dezember 2020 beendet.

6

1. Die Kündigungserklärung ist entgegen der Ansicht des [X.] nicht mangels Bestimmtheit unwirksam (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 25 ff.).

7

2. Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist durch dringende betriebliche Erfordernisse bedingt und deshalb sozial gerechtfertigt iSv. § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 [X.]. Die Beklagte zu 1. hat ihren Flugbetrieb in [X.] stillgelegt.

8

a) Der betriebliche Geltungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes ist eröffnet, wie das [X.] im Ergebnis zutreffend erkannt hat. Die Beklagte zu 1. hat einen Luftverkehrsbetrieb iSv. § 24 Abs. 2 [X.] im Inland unterhalten, in dem mehr als zehn Arbeitnehmer iSv. § 23 Abs. 1 [X.] beschäftigt wurden. Das Berufungsgericht hat allerdings rechtsfehlerhaft den Begriff des Luftverkehrsbetriebs im Inland zu eng gefasst allein auf den Standort der Beklagten zu 1. in [X.] bezogen. Deren in [X.] stationierte Flugzeuge hat es nicht in den Blick genommen. Erst die Gesamtheit dieser Luftfahrzeuge bildete den Luftverkehrsbetrieb der Beklagten zu 1. im Inland (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 32 ff.).

9

b) Für die Erfüllung der Wartezeit des § 1 Abs. 1 [X.] ist es ohne Bedeutung, dass der Kläger mit der Beklagten zu 1. in seinem Arbeitsvertrag vom März 2019 ursprünglich die Geltung [X.] Rechts vereinbart hatte (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 38).

c) Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist nicht sozial ungerechtfertigt. Es liegen dringende betriebliche Erfordernisse iSv. § 1 Abs. 2 [X.] vor. Die Beklagte zu 1. hat ihren Luftverkehrsbetrieb in [X.] - auch unter Berücksichtigung der am Flughafen [X.] stationierten Flugzeuge - vollständig stillgelegt, wobei die Stilllegung zum Zeitpunkt des Ausspruchs der streitgegenständlichen Kündigung bereits greifbare Formen angenommen hatte (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 39 ff.).

d) Das Berufungsgericht hat ohne revisiblen Fehler festgestellt, dass kein einer Betriebsstilllegung entgegenstehender (vgl. [X.] 14. Mai 2020 - 6 [X.] - Rn. 91, [X.]E 170, 244) Betriebs(teil)übergang von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. vorliegt. Dementsprechend scheidet auch eine Unwirksamkeit der Kündigung nach § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB aus (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 45 ff.).

e) Es bestand keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Kläger auf einem anderen freien Arbeitsplatz (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 54 ff.).

3. Die Kündigung der Beklagten zu 1. ist nicht wegen einer formal oder inhaltlich fehlerhaften Massenentlassungsanzeige gemäß § 17 Abs. 1 [X.] iVm. § 134 BGB nichtig. Dabei kann offenbleiben, ob Verstöße im Anzeigeverfahren nach § 17 Abs. 3 [X.] überhaupt zur Nichtigkeit einer Kündigung führen können (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 58 ff.).

IV. Die Kündigung der Beklagten zu 2. ist ebenfalls wirksam und hat ihr Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum Ablauf des 31. Dezember 2020 beendet.

1. Die Kündigung der Beklagten zu 2. ist nicht mangels Bestimmtheit unwirksam (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 74).

2. Sie bedurfte keiner [X.] Rechtfertigung, weil der Kläger noch nicht die Wartezeit von sechs Monaten des § 1 Abs. 1 [X.] absolviert hat (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 76 ff.).

3. Die Kündigung der Beklagten zu 2. erweist sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 613a Abs. 4 Satz 1 BGB oder einer fehlerhaften Massenentlassungsanzeige nach § 17 Abs. 3 [X.] als unwirksam oder nichtig (vgl. [X.] 1. Juni 2023 - 2 [X.] - Rn. 86).

V. Da der Kläger den Antrag auf Feststellung, dass sein mit der Beklagten zu 1. bestehendes Arbeitsverhältnis ab dem 1. November 2020 mit der Beklagten zu 2. fortbesteht, ausdrücklich in den Vordergrund gestellt hat, war über ihn als Hauptantrag zu entscheiden. Der auf einen Betriebsübergang abzielende Feststellungsantrag ist aber unbegründet, da ein Betriebsübergang von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. nicht erfolgt ist (vgl. oben Rn. 11).

VI. Der gegen die Beklagte zu 2. gerichtete Weiterbeschäftigungsantrag ist ein unechter Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem [X.] und fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an (vgl. [X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 45).

VII. Dem Kläger steht gegen die Beklagte zu 2. kein Anspruch auf Zahlung der [X.] für die Monate November und Dezember 2020 zu. Der Kläger stützt seinen Anspruch allein auf das Vorliegen eines Betriebsübergangs von der Beklagten zu 1. auf die Beklagte zu 2. Ein solcher liegt aber nicht vor (vgl. oben Rn. 11).

VIII. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Cl. Peter    

        

    T. Prinz    

                 

Meta

2 AZR 145/22

14.12.2023

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Düsseldorf, 19. März 2021, Az: 7 Ca 5908/20, Teilurteil

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14.12.2023, Az. 2 AZR 145/22 (REWIS RS 2023, 9859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9859

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