Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.02.2014, Az. X R 5/11

10. Senat | REWIS RS 2014, 8167

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Gegenstand

Abzug nachträglicher Schuldzinsen bei früheren wesentlichen Beteiligungen - Kein gewillkürtes Betriebsvermögen auf Passivseite


Leitsatz

1. NV: Schuldzinsen, die zur Finanzierung (ggf. nachträglicher) Anschaffungskosten auf nicht mehr bestehende Beteiligungen i.S. des § 17 EStG entstehen, führen auch dann unter den gleichen Voraussetzungen, wie sie für die einkommensteuerrechtliche Abziehbarkeit nachträglicher Betriebsausgaben gelten, zu nachträglichen Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen, wenn die Veräußerung der Beteiligung bzw. die Auflösung der Kapitalgesellschaft vor dem Veranlagungszeitraum 1999 stattgefunden hat (Anschluss an die geänderte Rechtsprechung des VIII. Senats des BFH im Urteil vom 29. Oktober 2013 VIII R 13/11, BFHE 243, 346, BStBl II 2014, 251) .

2. NV: Verbindlichkeiten, die nicht als notwendiges Betriebsvermögen anzusehen sind, können dem Betriebsvermögen nicht durch einen Akt der Willkürung zugeordnet werden, da die Passivseite kein gewillkürtes Betriebsvermögen kennt .

Tatbestand

1

I. Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Eheleute, die in den Streitjahren 2000 und 2002 zur Einkommensteuer [X.] wurden. Seit 1979 war die Klägerin zu 68 % und der Kläger zu 32 % an einer GmbH beteiligt, die 1995 durch einen entsprechenden Gesellschafterbeschluss aufgelöst wurde. Der Kläger gründete im [X.] ein Einzelunternehmen mit demselben Gegenstand und erwarb das Anlagevermögen der GmbH für 33.676 DM.

2

Im Rahmen der Auflösung übernahm der Kläger eine noch mit 156.560,34 DM valutierende Darlehensverbindlichkeit der überschuldeten GmbH, ordnete sie dem Betriebsvermögen seines Einzelunternehmens zu und zog die anfallenden Schuldzinsen in der Folgezeit als Betriebsausgaben ab. Der Kläger hat hierzu behauptet, für die Verbindlichkeit der GmbH persönlich gehaftet zu haben. Feststellungen hierzu hat das Finanzgericht ([X.]) nicht getroffen, weil die Kläger trotz Aufforderung keine entsprechenden Unterlagen vorgelegt haben.

3

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) zog bei den Klägern im Einkommensteuerbescheid 1995 einen [X.] nach § 17 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 127.288 DM ab. Dies entspricht der Höhe nach dem bilanziellen Fehlbetrag der GmbH in deren Bilanz zum Auflösungszeitpunkt. In die Ermittlung dieses [X.] ist auch die genannte Darlehensverbindlichkeit eingegangen.

4

Mit den angefochtenen Änderungsbescheiden für die Streitjahre 2000 und 2002 erkannte das [X.] die Schuldzinsen, die der Kläger auf die von der GmbH übernommene Verbindlichkeit gezahlt hatte, nicht mehr als Betriebsausgaben des Einzelunternehmens an. Dabei schätzte es die Höhe dieser Schuldzinsen auf 6.000 DM (2000) bzw. 3.000 € (2002). Die Einsprüche blieben ohne Erfolg.

5

Im Klageverfahren brachten die Kläger vor, der Betrieb der GmbH sei trotz deren Auflösung unverändert durch das Einzelunternehmen des [X.] weitergeführt worden. Daher bestehe der Zusammenhang der Darlehensverbindlichkeit mit dem Betrieb fort, so dass die Schuldzinsen Betriebsausgaben seien. Eine Umwandlung der GmbH nach den [X.] sei allerdings rechtlich nicht möglich gewesen.

6

Hilfsweise müsse die neue Rechtsprechung des [X.] ([X.]), nach der Schuldzinsen angesichts der mit Wirkung ab 1999 vorgenommenen Absenkung der in § 17 EStG genannten [X.] selbst nach Auflösung einer Kapitalgesellschaft als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar seien, auch dann gelten, wenn die Auflösung bereits vor 1999 vorgenommen worden sei. Denn die jeweils über der 25 %-Schwelle liegenden wesentlichen Beteiligungen der Kläger seien damals in gleicher Weise steuerverstrickt gewesen wie Beteiligungen, die über der ab dem [X.] geltenden 10 %-Schwelle lägen. Jedenfalls müsse ein Betriebsausgabenabzug im Umfang von 21,5 % der angefallenen Schuldzinsen zugelassen werden, da dies dem Verhältnis zwischen dem Kaufpreis für das übernommene Anlagevermögen und der übernommenen Bankverbindlichkeit entspreche.

7

Das [X.] wies die Klage ab. Die Schuldzinsen seien keine Betriebsausgaben im Einzelunternehmen, weil es an der erforderlichen Veranlassung durch den Betrieb fehle. Der Kläger habe mit dem Darlehen weder betriebliche Aufwendungen des Einzelunternehmens finanziert noch sei er Rechtsnachfolger der GmbH. Zur Übernahme der Verbindlichkeit der GmbH sei er rechtlich nicht verpflichtet gewesen.

8

Auch ein Betriebsausgabenabzug in Höhe der von den Klägern genannten Quote von 21,5 % komme nicht in Betracht. Zum einen hätten die Kläger nicht nachgewiesen, dass eine teilweise Schuldübernahme als Teil des Entgelts für den Erwerb des Anlagevermögens der GmbH vereinbart worden sei. Zum anderen sei die Schätzung des nicht abziehbaren Teils der insgesamt im Einzelunternehmen angefallenen Schuldzinsen so niedrig ausgefallen, dass sich selbst dann, wenn tatsächlich eine Quote von 21,5 % abziehbar sein sollte, kein zusätzlicher Betriebsausgabenabzug ergeben würde.

9

Der Umstand, dass der [X.] gemäß § 17 EStG zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehöre, führe nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht dazu, dass auch spätere laufende Ausgaben als Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder --für vor dem [X.] verwirklichte [X.] Einkünfte aus Kapitalvermögen abziehbar seien.

Mit ihrer Revision verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. In erster Linie vertreten sie die Auffassung, die Schuldzinsen seien wegen der Fortführung des Geschäftsbetriebs der GmbH durch den Kläger als Betriebsausgaben des Einzelunternehmens anzusehen. Hilfsweise seien sie als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abzuziehen, da die neue Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] nicht auf Auflösungen ab dem [X.] beschränkt sei.

Die Kläger beantragen,
"das angefochtene Urteil aufzuheben".

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Es ist der Auffassung, die neue Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] sei inhaltlich auf solche Auflösungen begrenzt, die ab dem [X.] vorgenommen worden seien.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

Zwar ist ein Abzug der Schuldzinsen weder als Betriebsausgaben im Einzelunternehmen des [X.] (unten 1.) noch bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb i.S. des § 17 EStG (unten 2.) noch bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (unten 3.) möglich. Nach der jüngst geänderten Rechtsprechung des [X.]. Senats des [X.] kommt aber ein Abzug als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen in Betracht (unten 4.); die hierfür erforderlichen Feststellungen muss das [X.] noch treffen (unten 5.).

1. Die Schuldzinsen sind keine Betriebsausgaben im Einzelunternehmen des [X.].

a) Betriebsausgaben sind die Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Das [X.] hat festgestellt, dass der Kläger mit dem Darlehen keine betrieblichen Aufwendungen für sein Einzelunternehmen finanziert hat. Damit fehlt es an der für einen Betriebsausgabenabzug erforderlichen Veranlassung der Schuldzinsen durch den Betrieb des [X.].

Ein solcher Zusammenhang folgt auch nicht aus dem Vorbringen des [X.], er habe den Betrieb der GmbH faktisch fortgeführt. Unstreitig beruhte diese faktische Fortführung nicht auf einer Rechtsnachfolge aufgrund eines Umwandlungsvorgangs nach dem [X.]. Vielmehr hat der Kläger mit der GmbH einen gewöhnlichen Kaufvertrag über den Erwerb von deren Anlagevermögen geschlossen. Durch diesen Kaufvertrag mag zwar --in Höhe des Kaufpreises bzw. eines zu dessen Finanzierung aufgenommenen [X.] eine neue Verbindlichkeit im Einzelunternehmen des [X.] entstanden sein, die die betriebliche Veranlassung der hierauf zu entrichtenden Schuldzinsen begründet. Der Kauf einzelner Wirtschaftsgüter ließ aber die Zuordnung der nicht vom Kaufvertrag umfassten Verbindlichkeiten der GmbH zu deren Vermögen unberührt.

Letztlich hat der Kläger die streitgegenständliche Verbindlichkeit seinem Betriebsvermögen durch einen Akt der Willkürung zugeordnet. Eine solche Willkürung ist bei Verbindlichkeiten --anders als bei ertragbringenden Wirtschaftsgütern der [X.] indes nicht möglich ([X.]-Urteil vom 15. Mai 2008 IV R 25/07, [X.]E 221, 169, [X.], 715, unter II.1.).

b) Ein weiterer [X.] kommt im Einzelunternehmen auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass eine --vom Kläger mit 21,5 % angegebene-- Quote der Schuldzinsen auf einen Teil der Verbindlichkeit entfallen könnte, der als weitere Gegenleistung für den Erwerb des Anlagevermögens von der GmbH anzusehen sein könnte.

Das [X.] hat zu Recht ausgeführt, dass der vom [X.] der zugunsten des [X.] vorgenommenen griffweisen Schätzung-- zum Abzug zugelassene Teil der vom Kläger im Einzelunternehmen geltend gemachten Schuldzinsen in beiden Streitjahren höher ist als der Betrag, der sich ergeben würde, wenn die durch das Einzelunternehmen veranlassten Schuldzinsen zuzüglich 21,5 % der auf das von der GmbH übernommene Darlehen entfallenden Schuldzinsen abgezogen würden. Auch hat das [X.] in zutreffender Weise als nicht nachgewiesen angesehen, dass eine teilweise Darlehensübernahme als Entgelt für den Erwerb der Wirtschaftsgüter der GmbH vereinbart war.

Weil der Kläger diese Würdigung im Revisionsverfahren nicht mehr in Zweifel zieht, sieht der Senat von weiteren Ausführungen hierzu ab.

2. Ein Abzug der Schuldzinsen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt in Betracht, dass gemäß § 17 EStG Gewinne und Verluste aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft bzw. aus deren Auflösung den Einkünften aus Gewerbebetrieb zugeordnet werden.

Der [X.] geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass auch solche laufenden Aufwendungen, die auf Beteiligungen i.S. des § 17 EStG entfallen, nach den Grundsätzen zu beurteilen sind, die für Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen gelten ([X.]-Urteile vom 5. Oktober 2004 [X.] R 64/02, [X.]/NV 2005, 54, unter II.2., und vom 12. September 2007 [X.] R 38/04, [X.]/NV 2008, 37, unter [X.]). [X.] Grund hierfür ist, dass auch Beteiligungen i.S. des § 17 EStG zum Privatvermögen gehören, so dass ein Abzug laufender Aufwendungen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb ausscheidet. Diese Beurteilung wird nicht dadurch berührt, dass der [X.]. Senat des [X.] in seiner neueren Rechtsprechung (vgl. dazu noch unten 4.) nachträgliche Schuldzinsen in erweitertem Umfang als bisher zum Werbungskostenabzug zulässt (vgl. [X.]-Urteil vom 16. März 2010 [X.] R 20/08, [X.]E 229, 151, [X.], 787, unter II.3.).

3. Die Schuldzinsen können auch nicht als nachträgliche Werbungskosten zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden, die der Kläger im Rahmen seines früheren, mit der GmbH bestehenden Dienstverhältnisses erzielt hat.

Es ist weder vom [X.] festgestellt noch von den Klägern vorgetragen worden, dass die von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien für einen ausnahmsweisen Abzug von [X.] oder Schuldzinsen auf ein dem Arbeitgeber gewährtes Darlehen (vgl. hierzu [X.]-Urteil vom 25. November 2010 VI R 34/08, [X.]E 232, 86, [X.], 24) vorliegend erfüllt sein könnten.

4. Nach neuerer höchstrichterlicher Rechtsprechung können Schuldzinsen, die bei einem ehemals wesentlich Beteiligten nach der Auflösung einer Kapitalgesellschaft anfallen, jedoch als nachträgliche Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abziehbar sein.

a) In seinen bis zum [X.] ergangenen Entscheidungen hat der [X.]. Senat in ständiger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, Schuldzinsen, die erst nach Veräußerung der Beteiligung oder Auflösung und Vollbeendigung der Kapitalgesellschaft entstehen, seien nicht mehr als Werbungskosten abziehbar ([X.]-Urteile vom 21. Januar 2004 [X.] R 2/02, [X.]E 205, 117, [X.], 551, unter [X.], m.w.N.; in [X.]/NV 2005, 54, unter II.2., und in [X.]/NV 2008, 37, unter III.1.a).

Mit seinem Urteil in [X.]E 229, 151, [X.], 787 hat der [X.]. Senat diese Rechtsprechung insoweit modifiziert, als er nunmehr für die ab 1999 geltenden Gesetzesfassungen Schuldzinsen, die für eine im Privatvermögen gehaltene Beteiligung i.S. des § 17 EStG anfallen, unter den gleichen Voraussetzungen wie nachträgliche Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Kapitalvermögen zum Abzug zulässt, wenn sie auf Zeiträume nach der Veräußerung der Beteiligung oder nach der Auflösung der Kapitalgesellschaft entfallen (ebenso [X.]-Urteile vom 16. März 2010 [X.] R 36/07, [X.]/NV 2010, 1795, und vom 8. September 2010 [X.] R 1/10, [X.]/NV 2011, 223). Diesen Entscheidungen lagen jeweils Sachverhalte zugrunde, in denen sowohl die Veräußerung der Beteiligung (bzw. die Auflösung der Gesellschaft) als auch das (Streit-)Jahr des nachträglichen [X.]s nach 1998 lagen.

Durch Urteil vom 29. Oktober 2013 [X.] R 13/11 ([X.]E 243, 346, [X.] 2014, 251) hat der [X.]. Senat die Grundsätze dieser modifizierten Rechtsprechung auch auf Fälle erstreckt, in denen die Veräußerung der Beteiligung bzw. die Auflösung der Gesellschaft vor 1999 stattgefunden hatte und nur das Jahr des [X.] der Schuldzinsen nach 1998 liegt.

b) Der erkennende Senat schließt sich der geänderten Rechtsprechung des [X.]. Senats im Ergebnis und in ihrer Begründung an (vgl. insbesondere die Ausführungen im [X.]-Urteil in [X.]E 229, 151, [X.], 787).

5. Da das [X.] die Grundsätze der geänderten Rechtsprechung in seinem angefochtenen Urteil noch nicht berücksichtigen konnte, ist der Rechtsstreit nicht zur Entscheidung reif und muss an das [X.] zurückverwiesen werden.

a) Vorrangig muss das [X.] aufklären, ob die Aufwendungen überhaupt durch eine Beteiligung i.S. des § 17 EStG veranlasst sind.

aa) Unklar ist bereits der Rechtsgrund dafür, dass der Kläger im Rahmen der Auflösung der GmbH eine von deren Verbindlichkeiten persönlich übernommen hat. Die Kläger haben zwar stets behauptet, der Kläger habe für die Verbindlichkeit gebürgt. Eine Bürgschaftsurkunde haben sie aber trotz mehrfacher Aufforderungen durch [X.] und [X.] nicht vorgelegt. Nach Aktenlage käme alternativ in Betracht, dass die Kläger der Bank auf ihrem privaten Wohngrundstück ein Grundpfandrecht bestellt haben könnten. Dies ist aber bisher weder von den Klägern selbst behauptet noch vom [X.] festgestellt worden.

bb) Selbst wenn festgestellt werden könnte, dass der Kläger der Bank eine solche Sicherheit (Bürgschaft oder Grundpfandrecht) eingeräumt hätte, müsste noch aufgeklärt werden, ob die Gewährung der Sicherheit durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst war. Allein der Umstand, dass ein Gesellschafter im Zuge der Veräußerung oder Auflösung einer Kapitalgesellschaft eine Verbindlichkeit der Gesellschaft persönlich übernimmt, reicht noch nicht aus, um eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis annehmen zu können ([X.]-Urteile in [X.]/NV 2008, 37, unter [X.], und vom 9. Juni 2010 IX R 52/09, [X.]E 230, 326, [X.], 1102, unter [X.]). Eine nicht krisenbestimmte Bürgschaft, die mehrere Jahre vor Eintritt der späteren Krise übernommen wird, ist nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst ([X.]-Urteil in [X.]/NV 2005, 54, unter II.2.). Dies setzt vielmehr voraus, dass sie eigenkapitalersetzend ist oder wird. Eine Bürgschaftsverpflichtung (oder eine andere für Verbindlichkeiten der Kapitalgesellschaft bestellte Sicherheit) ist aber nur dann eigenkapitalersetzend, wenn die Bürgschaft zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft bereits in der sog. Krise befand oder wenn die Bürgschaft (auch) für den Fall der Krise bestimmt war. Weiterhin kann eine Bürgschaft eigenkapitalersetzenden Charakter erlangen, wenn sie zu einem Zeitpunkt übernommen wurde, in dem sich die Gesellschaft noch nicht in der Krise befand, sie aber bei Eintritt der Krise stehen gelassen wird (zum Ganzen [X.]-Urteile vom 12. Dezember 2000 [X.] R 22/92, [X.]E 194, 108, [X.] 2001, 385, unter [X.], m.w.N., und in [X.]/NV 2005, 54, unter II.2.).

cc) Die Kläger werden zudem darlegen müssen, weshalb allein der Kläger die Verbindlichkeit übernommen hat, obwohl die Klägerin mit einem weitaus höheren Anteil an der GmbH beteiligt war.

[X.]) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellungslast für die Veranlassung der Aufwendungen durch das Gesellschaftsverhältnis bei den Klägern liegt, da diese den steuermindernden Abzug von Werbungskosten begehren.

b) Auch nach der neueren Rechtsprechung des [X.]. Senats zu § 20 EStG sind nachträgliche Schuldzinsen nicht abziehbar, soweit sie auf Verbindlichkeiten entfallen, die durch den Veräußerungspreis bzw. die Verwertung von zurückbehaltenen aktiven Wirtschaftsgütern der Kapitalgesellschaft hätten getilgt werden können ([X.]-Urteil in [X.]E 229, 151, [X.], 787, unter [X.], m.w.N.). Hierzu wird das [X.] noch entsprechende Feststellungen treffen müssen.

c) Zwar ist für das Streitjahr 2002 die Vorschrift des § 3c Abs. 2 EStG bereits anwendbar. Da die Kläger aus ihren Beteiligungen an der GmbH aber niemals Einnahmen erzielt haben, die nach § 3 Nr. 40 EStG teilweise steuerfrei waren, würde § 3c Abs. 2 EStG einem vollen Abzug der Schuldzinsen nicht entgegen stehen (vgl. [X.]-Urteil vom 6. April 2011 IX R 28/10, [X.]E 233, 439, [X.] 2011, 814).

6. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

X R 5/11

05.02.2014

Bundesfinanzhof 10. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 6. Oktober 2010, Az: 14 K 86/06, Urteil

§ 4 Abs 1 EStG 1997, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG 1997, § 17 EStG 1997, § 20 EStG 1997, § 4 Abs 1 EStG 2002, § 9 Abs 1 S 3 Nr 1 EStG 2002, § 17 EStG 2002, § 20 EStG 2002

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 05.02.2014, Az. X R 5/11 (REWIS RS 2014, 8167)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 8167

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