Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2011, Az. XII ZR 155/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 4587

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 155/09
Verkündet am:

20.
Juli 2011

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
BGB §§
314, 765
Hat der Fremdgeschäftsführer
einer GmbH für diese eine persönliche Mietsicherheit begeben (hier: [X.]/Schuldbeitritt), stellt sein Ausscheiden aus dem [X.] zwei Monate, bevor die Miete bei der [X.] uneinbringlich wird, keinen wichtigen Grund zur Kündigung der Sicherheit gegenüber dem [X.] dar.

[X.], Urteil vom 20.
Juli 2011 -
XII ZR 155/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XI[X.]
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 18. Mai 2011 durch die Vorsitzende Richterin [X.] und [X.], [X.], Schilling und Dr. Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 13.
Zivilsenats
des [X.] vom 5.
Oktober
2009 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin vermietete im Mai 2006 mit einem bis zum 30.
Juni 2011 be-fristeten Mietvertrag
ein gewerbliches Mietobjekt
an die [X.]
(im [X.]: Mieterin).
Der Beklagte, der als künftiger weiterer
Fremdgeschäftsführer der Mieterin vorgesehen war, trat dem Vertrag bei, indem er ihn
ohne Vertre-tungszusatz als "Mieter und Mithaftender"
mitunterzeichnete.
Mit Schreiben vom 23.
April 2008 kündigte die Mieterin
den Anstellungs-vertrag des Beklagten zum 30.
Juni 2008 und berief ihn als Geschäftsführer ab.
Unter dem
24. Juni 2008 erklärte der Beklagte gegenüber der Klägerin "die Kündigung des [X.]/der Schuldübernahme aus wichtigem Grund mit sofortiger Wirkung, hilfsweise zum 30. Juni 2008"
und gab als Kündigungsgrund die Beendigung seiner Geschäftsführertätigkeit für die
Mieterin
an.
1
2
-
3
-
Mit der Klage nimmt die Klägerin den Beklagten auf Zahlung des [X.] und der Mietnebenkosten für September 2008 in Anspruch, nachdem diese bei der Mieterin
uneinbringlich wurden.
Das [X.] hat den [X.] antragsgemäß verurteilt;
seine hiergegen eingelegte
Berufung blieb erfolg-los. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte die Klageabweisung weiter.

Entscheidungsgründe:
Die zulässige Revision hat keinen Erfolg.

[X.]
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im We-sentlichen
ausgeführt, dass die vom Beklagten erklärte Kündigung des
Schuld-beitritts jedenfalls nicht vor dem 30.
September 2008 wirksam geworden sei.
Auf §
314 Abs.
1 BGB könne der Beklagte eine fristlose Kündigung nicht stüt-zen, weil diese Vorschrift gegenüber den für das betroffene Schuldverhältnis normierten speziellen Regelungen subsidiär sei.
Der Gesetzgeber habe mit der Einfügung des §
314 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz die zuvor durch Richterrecht entwickelten Grundsätze über
die Kündigung von
Dauerschuldverhältnissen in das Gesetz
übernehmen
wollen und es ausdrück-lich der weiteren Klärung durch die Rechtsprechung überlassen, ob der Bürge oder Schuldmitübernehmer ein weiteres Anwachsen seiner Schuld durch eine Kündigung aus wichtigem Grund verhindern könne.
3
4
5
-
4
-
Im vorliegenden Fall könnten die für die Mietbürgschaft entwickelten Grundsätze auf die [X.] als verwandtes Sicherungsmittel über-tragen werden. Für den Mietbürgen sei anerkannt, dass er die Bürgschaft nach gewisser [X.] oder bei Vorliegen eines
wichtigen Grundes kündigen könne. [X.] habe er auf die Interessen des Gläubigers
und des Hauptschuldners [X.] zu nehmen und eine angemessene Frist einzuhalten, damit diese ihre Dispositionen der durch die Kündigung der Bürgschaft geschaffenen Lage [X.] könnten. Der Bürge könne daher nur zu solchen Terminen kündigen, zu denen auch der Vermieter das Mietverhältnis beenden könne, und zwar so rechtzeitig, dass der Vermieter nach einer gewissen Überlegungsfrist entschei-den könne, ob er das Mietverhältnis ohne diese Sicherung fortsetzen oder es kündigen wolle, falls der Mieter keine neue Mietsicherheit stelle, wozu diesem
zuvor in angemessener Frist Gelegenheit einzuräumen sei.
Nichts anderes gel-te, wenn es sich -
wie im vorliegenden Fall
-
um eine Bürgschaft oder einen Schuldbeitritt für ein befristetes Mietverhältnis handle. Die gebotene Rücksicht-nahme auf die Interessen der Mietparteien würde auch dann, wenn man dem Bürgen
das Recht zur vorzeitigen Lösung aus dem befristeten [X.],
nur eine Kündigung unter Einhaltung einer angemessenen Frist zulassen.
Diese
sei an der gesetzlichen Kündigungsfrist für gewerbliche Mietverhältnisse zu orientieren

580
a BGB). Die Kündigung des [X.] habe daher nicht vor dem 30.
September 2008 wirksam werden können, so dass dahinste-hen
könne, ob bei einem befristeten Mietverhältnis überhaupt eine vorzeitige Kündigung durch den Bürgen
oder Schuldmitübernehmer
in Betracht komme.

I[X.]
Das
Berufungsgericht
hat im Ergebnis richtig entschieden.
6
7
-
5
-
1. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Berufungsgericht die vom Be-klagten
im Anschluss an den Mietvertrag unterzeichnete
Erklärung als eine [X.]
im Sinne eines einseitig verpflichtenden Rechtsgeschäfts aufgefasst, bei dem der Übernehmende zwecks
Besicherung der gegen die [X.] bestehenden Ansprüche als Gesamtschuldner neben diese
tritt.
2. Das Berufungsurteil konnte auch im Ergebnis dahinstehen lassen, ob bei einem befristeten Mietverhältnis überhaupt eine vorzeitige Kündigung durch den Bürgen oder Schuldmitübernehmer in Betracht komme. Denn ein wichtiger Grund zur Kündigung liegt hier jedenfalls nicht vor.
Durch seine [X.] hat der Beklagte sich gegenüber der Klägerin verpflichtet, für alle Pflichten aus dem Mietverhältnis persönlich einzu-stehen. Welche Pflichten im Einzelnen darunter fielen, war durch den auf fünf Jahre fest abgeschlossenen Mietvertrag klar umgrenzt. Der Beklagte wusste daher, welche konkreten Pflichten er mit der Unterzeichnung des Vertrages auf sich nahm.
Nach Sinn und Zweck der von ihm abgegebenen Erklärung handelte es sich bei der [X.] um ein Sicherungsmittel. Sie sollte der Kläge-rin die Sicherheit geben, den Mietzins auch dann noch zu erlangen, wenn die als GmbH mit nur dem Mindestkapital ausgestattete Mieterin
ihn
nicht mehr würde aufbringen können. Damit hatte
der Beklagte das Insolvenzrisiko der Mieterin übernommen und die Klägerin im Hinblick (auch)
darauf
der Mieterin das Mietobjekt überlassen.
Durch die Kündigung des Geschäftsführeranstellungsvertrages mag zwar die Rechtsgrundlage dafür entfallen sein, dass der Beklagte sich als Sicherheit für die Mieterin (weiterhin) zur Verfügung stellte. Dies mag zugleich einen An-8
9
10
11
12
-
6
-
spruch des Beklagten gegen die Mieterin begründet haben, der Klägerin eine geeignete Ersatzsicherheit zu stellen, um so von seiner Haftung frei zu [X.].
Ob der Beklagte
dieses Verlangen gestellt hat
und ob die Mieterin in der Lage gewesen wäre, eine Ersatzsicherheit zu stellen, ist nicht festgestellt, kann aber im Ergebnis dahinstehen. Denn ein solches Verlangen
berührt in der Zwi-schenzeit
bis zur Erfüllung des Anspruchs
nicht das zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehende Sicherungsverhältnis.
Im Dreiecksverhältnis zwischen den Parteien des Rechtsstreits und der Mieterin lag die Gefahr einer Kündigung des Anstellungsvertrages in der Risi-kosphäre des Beklagten und nicht in derjenigen der Klägerin. Ihr kam es darauf an, neben der nur mit ihrem Vermögen haftenden Kapitalgesellschaft zusätzlich eine persönliche Sicherheit zu erlangen, die ihr eine vom Geschäftserfolg un-abhängige Miete garantierte. Diese Interessenlage war Grundlage des einge-gangenen Sicherungsverhältnisses. Sie besteht auch und gerade dann fort, wenn sich der [X.] dadurch zu realisieren droht, dass die Gesell-schaft in eine wirtschaftliche Schieflage gerät. Die vom Sicherungsgeber
über-nommene
Haftung für den Mietausfall ist auch dann Gegenstand seines Siche-rungsversprechens, wenn er kurze [X.] -
hier rund zwei Monate
-,
bevor die 13
-
7
-
Mieterin die Miete nicht mehr zahlen kann,
von seinem [X.] ab-berufen wird.
Darin liegt kein wichtiger Grund, nicht für dasjenige
einzustehen, was mit der zu [X.]en erklärten [X.] versprochen war.

Hahne

[X.]

Klinkhammer

Schilling

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 08.05.2009 -
12 O 18/09 -

OLG [X.], Entscheidung vom 05.10.2009 -
13 U 31/09 -

Meta

XII ZR 155/09

20.07.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.07.2011, Az. XII ZR 155/09 (REWIS RS 2011, 4587)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 4587

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 155/09 (Bundesgerichtshof)

Übernahme einer persönlichen Mietsicherheit durch GmbH-Geschäftsführer: Kündigung wegen Ausscheidens aus dem Geschäftsführeramt


I-10 U 19/07 (Oberlandesgericht Düsseldorf)


IX ZR 44/21 (Bundesgerichtshof)

Insolvenz eines Gewerberaummieters: Abgesonderte Befriedigung des Vermieters aus einem ihm verpfändeten Sparguthaben hinsichtlich seines Schadensersatzanspruchs …


VIII ZR 379/12 (Bundesgerichtshof)


VIII ZR 379/12 (Bundesgerichtshof)

Wohnraummiete: Bürgschaft für Mietzahlungen zur Abwendung einer Kündigung in unbegrenzter Höhe


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 155/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.