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Betreuungssache: Erforderlichkeit einer erneuten persönlichen Anhörung des Betroffenen im Beschwerdeverfahren
Von einer erneuten persönlichen Anhörung im Beschwerdeverfahren sind in der Regel zusätzliche Erkenntnisse zu erwarten, wenn der Betroffene an seinem im amtsgerichtlichen Verfahren erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (im Anschluss an Senatsbeschluss vom 24. Juni 2015 - XII ZB 98/15, FamRZ 2015, 1603).
Der Betroffenen wird im Hinblick auf die Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt.
Auf die Rechtsbeschwerde der Betroffenen wird der Beschluss der 4. Zivilkammer des [X.] vom 29. Januar 2021 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des [X.], an das [X.] zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
Wert: 5.000 €
I.
Die Betroffene wendet sich gegen die Einrichtung einer Betreuung.
Das Amtsgericht hat im Hinblick auf eine anhaltend wahnhafte Entwicklung mit einer [X.] Symptomatik für die Betroffene eine Betreuung eingerichtet und ihre Tochter, die Beteiligte, als Betreuerin mit dem Aufgabenkreis Gesundheitsfürsorge bestellt. Zuvor hatte die Betroffene dem Amtsgericht ihr Einverständnis mit einer Betreuung mitgeteilt.
Das [X.] hat die Beschwerde der Betroffenen zurückgewiesen, ohne diese erneut persönlich anzuhören. Die Entscheidung ist der Betroffenen am 9. Februar 2021 zugestellt worden. Auf ihren am 5. März 2021 eingegangenen Antrag hat der Senat ihr für das Rechtsbeschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe bewilligt; diese Entscheidung ist der Betroffenen am 7. Mai 2021 zugestellt worden. Am 11. Mai 2021 hat sie Rechtsbeschwerde eingelegt und hinsichtlich der Versäumung der Fristen zur Einlegung und zur Begründung der Rechtsbeschwerde Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und dies am 17. Mai 2021 begründet.
Mit der Rechtsbeschwerde strebt die Betroffene die Ablehnung der Einrichtung einer Betreuung an, hilfsweise die Zurückverweisung der Sache an das [X.].
II.
Die Rechtsbeschwerde führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.].
1. Mit Erfolg rügt die Rechtsbeschwerde, dass das Beschwerdegericht zu Unrecht von einer erneuten persönlichen Anhörung der Betroffenen abgesehen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juni 2015 - [X.]/15 - FamRZ 2015, 1603 Rn. 8 ff. mwN).
a) Das Beschwerdeverfahren bestimmt sich gemäß § 68 Abs. 3 Satz 1 FamFG nach den Vorschriften über das Verfahren im ersten Rechtszug. Zwar kann das Beschwerdegericht gemäß § 68 Abs. 3 Satz 2 FamFG von der erneuten Durchführung einer persönlichen Anhörung des Betroffenen absehen, wenn diese bereits im ersten Rechtszug vorgenommen wurde und von einer erneuten Vornahme keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten sind. Neue Erkenntnisse sind indessen nach der Rechtsprechung des Senats in der Regel dann zu erwarten, wenn der Betroffene an seinem im amtsgerichtlichen Verfahren erklärten Einverständnis mit einer Betreuung im Beschwerdeverfahren nicht mehr festhält (vgl. Senatsbeschluss vom 24. Juni 2015 - [X.]/15 - FamRZ 2015, 1603 Rn. 5 f. mwN).
b) Gemessen daran hätte das Beschwerdegericht die Betroffene selbst erneut anhören müssen. Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung offensichtlich das Einverständnis der Betroffenen mit einer Betreuerbestellung zugrunde gelegt, weil es sich mit der Beachtlichkeit eines entgegenstehenden Willens nicht auseinandergesetzt hat. Von diesem Einverständnis ist die Betroffene indessen, wie das Beschwerdegericht auch zutreffend erkannt hat, durch die Einlegung der Beschwerde wieder abgerückt. Danach durfte das Beschwerdegericht von der gebotenen erneuten Anhörung der Betroffenen nicht absehen.
2. Der angefochtene Beschluss ist gemäß § 74 Abs. 5 FamFG aufzuheben. Eine abschließende Entscheidung in der Sache (§ 74 Abs. 6 Satz 1 FamFG) ist dem Senat nicht möglich, da diese wegen der durch das Beschwerdegericht noch durchzuführenden persönlichen Anhörung der Betroffenen nicht zur Endentscheidung reif ist.
Die Zurückverweisung gibt dem Beschwerdegericht zugleich Gelegenheit, sich mit den Einwendungen der Betroffenen gegen das vom Amtsgericht eingeholte Sachverständigengutachten auseinanderzusetzen.
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
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Klinkhammer |
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Botur |
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Meta
16.06.2021
Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Kleve, 29. Januar 2021, Az: 4 T 14/21
§ 68 Abs 3 S 2 FamFG, Art 103 Abs 1 S 1 GG
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 16.06.2021, Az. XII ZB 228/21 (REWIS RS 2021, 4920)
Papierfundstellen: MDR 2021, 1151 REWIS RS 2021, 4920
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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(Erneute Anhörung des Betroffenen bei nicht mehr bestehendem Einverständnis zu einem Einwilligungsvorbehalt)