Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. IX ZR 216/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2007, 5586

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 25. Januar 2007 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 60 a) Vermietet der Insolvenzverwalter - unter Verletzung der mietvertraglichen Pflicht, vor einer Untervermietung die Zustimmung des Vermieters einzuholen - eine vom Schuldner angemietete Immobilie an einen unzuverlässigen Untermieter und gefähr-det er dadurch den Rückgabeanspruch des aussonderungsberechtigten Vermieters, kann dies seine persönliche Haftung begründen. b) Verletzt der Insolvenzverwalter schuldhaft insolvenzspezifische Pflichten, haftet er auf den Ersatz des negativen Interesses (Fortführung von [X.] 159, 104). [X.], [X.]eil vom 25. Januar 2007 - [X.] - [X.] [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 25. Januar 2007 durch [X.] [X.], [X.] Ganter und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision des Beklagten wird das [X.]eil des 1. Zivilsenats des [X.] vom 14. November 2005 auf-gehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Klägerin, eine Immobilienverwaltungsgesellschaft, vermietete Ge-schäftsräume, die sie ihrerseits gemietet hatte, an die (spätere) Insolvenz-schuldnerin. Über deren Vermögen wurde am 1. März 2003 das Insolvenzver-fahren eröffnet; der Beklagte wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Mit [X.] vom 24. März 2003 kündigte dieser das (Unter-) Mietverhältnis zu der Klä-gerin zum 30. September 2003. Für die [X.] vom 30. Mai bis 30. September 2003 schloss er einen Untermietvertrag mit einer [X.]

und überließ dieser das Objekt. Dies teilte er der [X.] - 3 - rin unter dem 3. Juni 2003 mit. Die Klägerin wies den Beklagten darauf hin, er habe sich durch die Untervermietung vertragswidrig verhalten, weil eine solche nach dem Mietvertrag nur mit vorheriger schriftlicher Erlaubnis des Vermieters zulässig sei. In Bezug auf die Untermieterin teilte die Klägerin mit, sie selbst habe in der Vergangenheit mehrere Objekte an die [X.]vermietet und mit dieser Gesellschaft wenig Freude gehabt; dem Beklagten werde es voraus-sichtlich nicht anders ergehen. Die [X.]räumte zum Ende des [X.] das Objekt nicht und zahlte fortan auch den [X.] nicht mehr. Die Klägerin gelangte erst im Februar 2005 wieder in den unmittel-baren Besitz der Räume. Der Beklagte hatte bereits am 4. Dezember 2003 die Unzulänglichkeit der Masse angezeigt. Nach Klageabweisung in erster Instanz hat die Klägerin mit ihrer in zwei-ter Instanz erweiterten Klage von dem Beklagten persönlich unter anderem Schadensersatz in Höhe des mit der Insolvenzschuldnerin vereinbarten [X.] für die [X.] vom Oktober 2003 bis Februar 2005, insgesamt 77.732,33 •, verlangt. In diesem Umfang hat das Berufungsgericht der Klage stattgegeben. Mit seiner vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Beklagte die Wieder-herstellung des landgerichtlichen [X.]eils. 2 Entscheidungsgründe: Die Revision führt zur Aufhebung und Zurückverweisung. 3 - 4 - [X.] Nach Ansicht des Berufungsgerichts haftet der Beklagte nach § 60 [X.] auf Schadensersatz. Er habe gegenüber der aussonderungsberechtigten Klä-gerin eine insolvenzspezifische Pflicht verletzt, indem er durch die [X.] an eine unzuverlässige Vertragspartnerin das Unvermögen der Schuldne-rin zur pünktlichen Erfüllung ihrer Rückgabeverpflichtung aus § 546 Abs. 1 BGB verursacht habe. Zudem habe er gegen die mietvertragliche Pflicht verstoßen, die Erlaubnis der Klägerin zur Untervermietung einzuholen. Die Klägerin hätte diese bei vorheriger Anfrage nicht erteilt. Eine nachträgliche Genehmigung sei nicht ausgesprochen worden. 4 I[X.] Dies hält rechtlicher Überprüfung in einem wesentlichen Punkt nicht stand. 5 1. Allerdings kann der Beklagte aus § 60 [X.] auf Schadensersatz haf-ten, weil er gegenüber der Klägerin schuldhaft insolvenzspezifische Pflichten verletzt hat. 6 a) Die Vorschrift des § 60 [X.] sanktioniert die Verletzung solcher Pflich-ten, die dem Insolvenzverwalter in dieser Eigenschaft nach den Vorschriften der Insolvenzordnung obliegen (BT-Drucks. 12/2443 [X.]). Dazu gehören nicht solche Pflichten, die ihn wie jeden Vertreter fremder Interessen gegenüber [X.] treffen ([X.] 99, 151, 154; 100, 346, 350; 148, 175, 178). Nicht insolvenz-spezifisch sind außerdem im Allgemeinen Pflichten, die dem Insolvenzverwalter 7 - 5 - als Verhandlungs- oder Vertragspartner eines [X.] auferlegt sind (Münch-Komm-[X.]/[X.], [X.] § 60 Rn. 72 ff; zur Konkursordnung ebenso [X.] 148, 175, 178; [X.], [X.]. v. 19. Januar 1990 - [X.] ZR 71/89, [X.], 329, 332). Sie können jedoch eine Haftung nach § 60 [X.] begründen, wenn diesem [X.] gegenüber andere, insolvenzspezifische Pflichten bestehen, deren Erfül-lung durch die Verletzung der zuerst genannten Pflichten gefährdet wird. b) Die Untervermietung bedurfte - was der Beklagte nicht in Frage stellt - der vorherigen Erlaubnis der Klägerin. Eine solche Erlaubnis hat der Beklagte nicht eingeholt. Die Pflicht des Mieters, eine Untervermietung nicht ohne Er-laubnis des Vermieters vorzunehmen, wurzelt zwar in dem Mietverhältnis. Sie ergibt sich aus § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB und wird zumeist - so auch im vorlie-genden Fall - noch ausdrücklich in den Mietvertrag aufgenommen. Sie trifft den anstelle des insolventen Mieters handelnden Insolvenzverwalter in derselben Weise, wie sie den Mieter getroffen hätte, falls über dessen Vermögen kein In-solvenzverfahren eröffnet worden wäre. Diese Pflicht erhält einen insolvenz-spezifischen Charakter jedoch dadurch, dass die Untervermietung Auswirkun-gen auf die Erfüllung der künftigen Rückgabepflicht des Mieters haben kann. Er kann diese, weil er sich des unmittelbaren Besitzes an der Mietsache begeben hat, nur bewirken, wenn der Untermieter seinerseits [X.] ist. 8 Die Pflicht des Verwalters, den nach Beendigung des Mietverhältnisses aussonderungsberechtigten Vermieter eines von dem Insolvenzschuldner ge-mieteten Gegenstandes nicht durch die Verzögerung der Herausgabe oder gar durch deren Vereitelung zu schädigen, ist insolvenzspezifisch (MünchKomm-[X.]/[X.], aaO § 60 Rn. 54; [X.], [X.] 12. Aufl. § 60 Rn. 21; [X.], [X.] § 60 Rn. 15; FK-[X.]/Kind, 4. Aufl. § 60 Rn. 15; zur Konkursordnung vgl. [X.] 100, 346, 350; [X.], [X.]. v. 5. März 1998 - [X.] ZR 9 - 6 - 265/97, NJW 1998, 2213, 2215; [X.] ZIP 1985, 628). Dasselbe gilt dann für die Pflicht, eine Untervermietung nur mit Erlaubnis des Vermieters [X.]. Die Erfüllung dieser Pflicht trägt dazu bei, dass die mit jeder Unter-vermietung verbundene Gefährdung des [X.] vermindert wird. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Vermieter - wie im vorliegenden Fall - den in Aussicht genommenen Untermieter kennt und er berechtigte Zweifel an dessen Seriosität und Vertragstreue hegt. c) Vergeblich greift die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts an, der Mitteilung der Klägerin in ihrem Schreiben vom 10. Juni 2003, sie werde die vertragswidrige Weitervermietung "tolerieren", sei keine nachträgliche Er-laubnis zu entnehmen, sondern sie sei dahin zu verstehen, dass die Klägerin die ihr aus der Vertragsverletzung des Beklagten erwachsenen Rechte bis zum Ende des [X.] nicht ausüben werde. Insoweit wendet sich die Revision in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Auslegung dieses Schreibens. Diese ist rechtlich unbedenklich und wird insbesondere dadurch gestützt, dass der Beklagte zuvor gar nicht um die nachträgliche Zustimmung nachgesucht hatte. Zudem hätte die Klägerin nicht mehr die Möglichkeit gehabt, zwischen der Erteilung der Genehmigung und deren Versagung sinnvoll zu wählen. Mit der Verweigerung der Genehmigung hätte sie praktisch nichts mehr bewirken können, weil der Beklagte das Objekt bereits an die [X.]übergeben und die Klägerin somit vor vollendete Tatsachen gestellt hatte. 10 2. Demgegenüber ist der Revision darin Recht zu geben, dass die Kläge-rin die Höhe des Schadens nicht schlüssig dargetan hat. 11 - 7 - a) Die Klägerin verlangt Schadensersatz in Höhe des mit der Schuldnerin vereinbarten Mietzinses für den [X.]raum vom 1. Oktober 2003 bis Februar 2005 mit der Begründung, ihr sei in dieser [X.] kein Mietzins zugeflossen, ob-wohl sie selbst als Mieterin unverändert die Miete habe weiterzahlen müssen. Diesen Vortrag hat das Berufungsgericht für die schlüssige Darlegung des Mietausfallschadens in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe von 77.732,33 • ausreichen lassen. 12 b) Dem kann aus mehreren Gründen nicht gefolgt werden. 13 aa) Das Berufungsgericht hat verkannt, dass der Schadensersatzan-spruch aus § 60 [X.] der Klägerin keinen Ersatzschuldner verschafft, sondern eine gesetzliche Haftung begründet, die regelmäßig auf den Ersatz des negati-ven Interesses gerichtet ist ([X.] 159, 104, 118; Fischer [X.], 2185, 2187). Der Geschädigte ist so zu stellen, wie wenn der Insolvenzverwalter die Pflichtverletzung nicht begangen hätte (§ 249 Abs. 1 BGB). Für einen Mietaus-fallschaden wegen der von dem Beklagten persönlich - der insoweit außerhalb des Mietverhältnisses steht - zu verantwortenden verspäteten Rückgabe des Mietobjekts gilt § 252 Satz 1 BGB. Die Klägerin hätte darlegen müssen, wann sie das Objekt bei rechtzeitiger Rückgabe anderweitig hätte vermieten können und zu welchem Mietzins. Dazu fehlt jeder Vortrag. Die [X.] gemäß § 252 Satz 2 BGB ändert nichts daran, dass der Geschädigte An-knüpfungstatsachen vorzutragen und zu beweisen hat, aus denen sich die Wahrscheinlichkeit ergibt, dass der geltend gemachte Gewinn zu erzielen ge-wesen wäre ([X.] 54, 45, 55; [X.], [X.]. v. 17. Juni 1998 - [X.], [X.], 1787, 1788; v. 27. September 2001 - [X.] ZR 281/00, NJW 2002, 825, 826; v. 17. Oktober 2003 - [X.], NJW-RR 2004, 79, 81). 14 - 8 - Da die Klägerin derartige Anknüpfungstatsachen nicht vorgetragen und somit ihrer Darlegungslast nicht genügt hat, hätte das Berufungsgericht auch ohne den - zutreffenden - Hinweis des Beklagten, die Klägerin habe nicht be-hauptet, dass bei rechtzeitiger Rückgabe des Objekts ein solventer [X.] bereit gestanden hätte, der Klage nicht stattgeben dürfen. Die Zurück-weisung des [X.] als verspätet zeigt, dass das Berufungsgericht die Darlegungslast unrichtig gesehen hat. Der Hinweis einer Partei auf fehlen-des Vorbringen des darlegungsbelasteten Gegners ist kein Verteidigungsmittel und kann deshalb nicht präkludiert sein. 15 II[X.] Das Berufungsurteil ist somit aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurück-zuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO), weil sie noch nicht zur Endentschei-dung reif ist. Auf die zur Höhe des [X.] bestehenden Bedenken ist die Klägerin von den [X.] nicht hingewiesen worden. Ihr ist deshalb Gelegenheit zu geben, ihr Vorbringen zu ändern oder zu ergänzen (vgl. [X.] 163, 351, 361; [X.], [X.]. v. 7. Dezember 2000 - [X.], NJW 2001, 2548, 2549). 16 Bei der neuen Verhandlung und Entscheidung wird sich das Berufungs-gericht auch damit befassen müssen, ob der Beklagte bereits ab dem 1. Okto-ber 2003 Schadensersatz schuldet, obwohl sich die Klägerin - wie es in dem 17 - 9 - aufgehobenen [X.]eil heißt - "jedenfalls zunächst mit einer Räumung des [X.] erst zum 10. Oktober 2003 bereit erklärt" hat. Dr. [X.] [X.] [X.] [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom [X.][X.], Entscheidung vom 14.11.2005 - [X.] -

Meta

IX ZR 216/05

25.01.2007

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 25.01.2007, Az. IX ZR 216/05 (REWIS RS 2007, 5586)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2007, 5586

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