Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2017, Az. 6 AZR 284/16

6. Senat | REWIS RS 2017, 11831

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Gegenstand

Eingruppierung einer Gesundheitspflegerin nach AVR Diakonie


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. November 2015 - 8 [X.] 686/15 - aufgehoben.

2. Die [X.]che wird zur neuen Verhandlung und [X.] - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

2

Die Beklagte ist eine kirchliche Stiftung des Privatrechts, welche dem Diakonischen Werk der [X.] angeschlossen ist. Die Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 18. Januar 2012 befristet vom 1. März 2012 bis zum 28. Februar 2014 als „Fachkraft im Pflege- und Betreuungsdienst“ eingestellt.

3

Nach § 1 Abs. 3 des Arbeitsvertrags galten für das Arbeitsverhältnis die Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] ([X.] [X.]) in der jeweils geltenden Fassung. Am 23. Januar 2014 wurde deren Umbenennung in Arbeitsvertragsrichtlinien der [X.] ([X.]) beschlossen. § 12 [X.] [X.] bzw. [X.] regelt die Eingruppierung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wie folgt:

        

„§ 12 Eingruppierung

        

(1) Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter ist nach den Merkmalen der übertragenen Tätigkeiten in die [X.]n gemäß der Anlage 1 eingruppiert. … Die Mitarbeiterin bzw. der Mitarbeiter erhält Entgelt nach der [X.], in die sie bzw. er eingruppiert ist. …

        

(2) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters erfolgt in die [X.], deren Tätigkeitsmerkmale sie bzw. er erfüllt und die der Tätigkeit das Gepräge geben. Gepräge bedeutet, dass die entsprechende Tätigkeit unverzichtbarer Bestandteil des Arbeitsauftrages ist.

        

(3) Für die Eingruppierung ist nicht die berufliche Ausbildung, sondern allein die Tätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters maßgebend. Entscheidend ist die für die Ausübung der beschriebenen Tätigkeit in der Regel erforderliche Qualifikation, nicht die formale Qualifikation der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters.

        

(4) Die Eingruppierung der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters richtet sich nach den Obersätzen der [X.], die für die Tätigkeitsbereiche in den Untersätzen näher beschrieben werden. Den Sätzen sind [X.]e zugeordnet, die häufig anfallende Tätigkeiten in dieser Eingruppierung benennen.

        

…“    

4

Die in Bezug genommene Anlage 1 lautet in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung auszugsweise:

        

„Anlage 1

        

Eingruppierungskatalog

        

…       

        

[X.] 7 ([X.]. 5, 6, 11, 15)

        

A.    

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

        

Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

        

1.    

mit eigenständiger Wahrnehmung von Aufgaben ([X.]. 6) in den Tätigkeitsbereichen

                 

a.    

Pflege/Betreuung/Erziehung,

                 

…       

        
        

…       

                 
        

[X.]e:

        

Alten-, Gesundheits- und Krankenpflegerin,

        

…       

        

[X.] 8 ([X.]. 6, 7, 10, 11, 14)

        

A.    

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die vertieftes oder erweitertes Fachwissen und entsprechende Fähigkeiten voraussetzen

                          
                          
        

Hierzu gehören Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit

        

1.    

eigenständiger Wahrnehmung ([X.]. 6) von schwierigen ([X.]. 14) Aufgaben in den Tätigkeitsbereichen

                 

a.    

Pflege/Betreuung/Erziehung,

                 

…       

        
        

…       

                 
        

[X.]e:

        

Gesundheitspflegerin im OP-Dienst, in der Intensivpflege oder Psychiatrie, …“

5

Am 21. Oktober 2013 hat der Schlichtungsausschuss der [X.] der [X.] unter anderem beschlossen:

        

„1.     

Anlage 1 B. Eingruppierungskatalog

        

a)    

Das in [X.] 8 A an erster Stelle aufgeführte [X.] erhält zur Klarstellung nachfolgende Fassung:

                 

‚Gesundheits- und Krankenpfleger/in im OP-Dienst und in der Intensivpflege; Fachpflegekräfte in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit oder Gesundheits- und Krankenpfleger/in mit vergleichbaren Aufgaben,‘

        

b)    

[X.]/innen in der Psychiatrie, die am 31. Oktober 2013 in die [X.] 8 A eingruppiert sind, wird für die Dauer ihres Arbeitsverhältnisses ein dynamischer Besitzstand garantiert.

        

c)    

Die geänderte Fassung tritt am 01. November 2013 in [X.].“

6

Die Klägerin war vom 15. Januar 2013 bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses dem sog. „Intensiv Betreuten Wohnen“ ([X.]) zugeordnet. Hierbei handelt sich um einen Dienst, welcher psychisch kranke Menschen in ihren eigenen Wohnungen im Rahmen einer individuellen Hilfeplanung betreut. Therapeutische oder ärztliche Leistungen gehören nicht zum Umfang der Dienstleistung. Die Hilfeleistung erfolgt regelmäßig im Rahmen der Eingliederungshilfe nach §§ 53 ff. [X.]. Der Hilfeplan setzt für jeden Betreuten eine bestimmte Anzahl wöchentlicher Fachleistungsstunden - in der Regel 9 bis 12 Stunden - fest. Die Beklagte bietet eine 24-stündige Erreichbarkeit des betreuenden Personals, um unvermittelt eintretenden Betreuungsbedarf zu erfüllen und eine ständige Kriseninterventionsmöglichkeit zu gewährleisten. In Kooperation mit stationären Einrichtungen wird deshalb für die betreuten Menschen ein jederzeit erreichbarer [X.] vorgehalten. Falls eine telefonische Hilfestellung nicht ausreicht, wird die Betreuung durch das Personal des [X.] sichergestellt. Die Beschäftigten haben deshalb Rufbereitschaftsdienste zu leisten.

7

Bezogen auf ihre Tätigkeit beim [X.] führt das der Klägerin unter dem 28. Februar 2014 ausgestellte Zeugnis ua. Folgendes aus:

        

„Das Aufgabengebiet von [X.] umfasste:

        

-       

Vereinbarung, Dokumentation, Umsetzung und Weiterentwicklung der individuellen Hilfeplanung mit und von [X.] und Bezugsklienten

        

-       

Planung, Begleitung und Durchführung soziotherapeutischer Maßnahmen

        

-       

Gewährleistung der individuellen und bedarfsgerechten Hilfestellung bei der alltäglichen Lebensorganisation

        

-       

Verantwortliche und selbständige Organisation und Durchführung der Assistenz- und Unterstützungsleistungen

        

-       

Stärkung der Selbsthilfe- und Teilhabepotentiale, Förderung der Selbstbestimmung und Eigenverantwortlichkeit der Klientinnen und Klienten

        

-       

Unterstützung beim Aufbau [X.] Kontakte

        

-       

Zusammenarbeit mit den Fachdiensten des Stiftungsbereiches

        

-       

Angehörigenarbeit

        

-       

Erstellung von Sozialberichten

        

-       

Reflexion der persönlichen und fachlichen Haltung

        

-       

Teamarbeit, Supervision

        

-       

Regelmäßige Überprüfung und Ergänzung des [X.]“

8

Die Klägerin wurde während der gesamten Dauer des Arbeitsverhältnisses nach [X.] 7 [X.] [X.] bzw. [X.] vergütet. Nach der erfolglosen Forderung einer Vergütung nach [X.] 8 [X.] [X.] mit Schreiben vom 18. Juli 2013 hat die Klägerin mit ihrer Klage bezogen auf den [X.]raum von Januar 2013 bis einschließlich Februar 2014 die Zahlung von 2.788,23 Euro brutto verlangt. Dieser Betrag ergebe sich aus der Differenz zwischen der Vergütung nach den [X.]n 7 und 8 [X.] [X.] bzw. [X.].

9

Zur Begründung hat die Klägerin auf die Entscheidung des [X.] des [X.] vom 20. Juni 2012 (- 4 [X.] -) verwiesen. Demnach könnten Gesundheitspflegerinnen, welche in einer psychiatrischen Einrichtung beschäftigt sind, nach dem ersten [X.] unter A der [X.] 8 [X.] [X.] in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung eine entsprechende Vergütung beanspruchen. Hiervon erfasst seien auch Beschäftigte in ambulanten Diensten, welche - wie das [X.] - psychisch erkrankte Menschen in ihren eigenen Wohnungen psychiatrisch betreuen. Das beim [X.] eingesetzte Personal übernehme sowohl die tägliche Unterstützung als auch die - ggf. nächtliche - Krisenintervention. Sie selbst habe Patienten fortlaufend eigenverantwortlich betreut. Folglich habe sie seit Januar 2013 einen Anspruch auf Vergütung nach [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] gehabt. Für die [X.] nach der zum 1. November 2013 erfolgten Änderung des [X.]s folge der Anspruch aus der vom Schlichtungsausschuss am 21. Oktober 2013 beschlossenen dynamischen Besitzstandsregelung.

Die Klägerin hat daher beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.788,23 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag mit der Nichterfüllung der Voraussetzungen für eine Vergütung nach [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] begründet. Die Klägerin sei nicht „in der Psychiatrie“ tätig gewesen. Bei dem [X.] handle es sich um eine Einrichtung der Eingliederungshilfe. Die dort eingesetzten Beschäftigten würden die Betreuten zB in Form von Hausbesuchen, Gesprächen, Begleitungen außerhalb der Wohnung oder telefonischen Kontakten unterstützen, die individuelle Basisversorgung sichern und Hilfen zur Erlangung bzw. zum Erhalt von Arbeit geben. Leistungen einer Psychiatrie würden nicht erbracht. Dementsprechend sei keine besondere psychiatrische Qualifikation des Personals Voraussetzung für diese Tätigkeit. Bestehe in den Nachtstunden Betreuungsbedarf, so riefen die Klienten in der Nachtwache einer stationären Einrichtung an. Die meisten Anliegen könnten dann direkt am Telefon geklärt werden. Es sei lediglich in durchschnittlich drei Fällen pro Jahr notwendig, dass die sich in Rufbereitschaft befindlichen Beschäftigten die Klienten in ihrer Wohnung aufsuchen müssen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat dieses Urteil auf die Berufung der Klägerin abgeändert und der Klage in vollem Umfang stattgegeben.

Mit der vom [X.] zugelassenen Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Zur Begründung führt sie an, das Angebot [X.] sei keine psychiatrische Einrichtung und die Klägerin habe keine Pflegetätigkeit ausgeübt, die auf die besonderen Bedürfnisse von Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet gewesen sei und die Gesamttätigkeit geprägt habe. Die Klägerin, welche unstreitig keine Fachpflegekraft in der Psychiatrie sei, habe lediglich Grundaufgaben von Pflege und Betreuung erfüllt.

Die Klägerin verteidigt mit ihrer Revisionserwiderung das Berufungsurteil. Ihre Tätigkeit im Bereich [X.] sei, wie es im Arbeitszeugnis zum Ausdruck komme, auf die Berücksichtigung der besonderen Bedürfnisse von Patienten in der Psychiatrie ausgerichtet gewesen und habe ein erhöhtes Verständnis vom Umgang mit psychisch kranken Menschen vorausgesetzt. Die ihr übertragenen Aufgaben seien mit denen einer Fachpflegekraft in der Psychiatrie vergleichbar gewesen. Sie habe eine individualisierte Unterstützung psychisch Erkrankter vorgenommen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Entgegen der Auffassung des [X.] kann ein Anspruch der Klägerin auf Vergütung nach [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] nicht damit begründet werden, dass die Klägerin seit dem 15. Januar 2013 im Betreuungsdienst [X.] eingesetzt war und es sich bei diesem um eine psychiatrische Einrichtung handelt. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Klägerin dort Aufgaben verrichtet hat, die denen von Fachpflegekräften in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit vergleichbar sind. Soweit das [X.] dies als Zweitbegründung bejaht hat, lassen seine bisherigen Feststellungen zur Tätigkeit der Klägerin die zutreffende Eingruppierung nicht hinreichend erkennen. Hieraus folgt die Aufhebung des Berufungsurteils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

1. Die Vergütung der Klägerin richtet sich unstreitig nach den vertraglich in Bezug genommenen Regelungen der [X.] des [X.] der [X.] bzw. der [X.]. Bezüglich des von ihr in Anspruch genommenen ersten [X.]s unter A der [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] hat der [X.] nach Verkündung der hier angefochtenen Entscheidung mit Urteil vom 12. April 2016 - 6 [X.] - entschieden, dass das Merkmal „in der Psychiatrie“ in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung des [X.]s tätigkeitsbezogen zu verstehen ist. Demnach waren Gesundheits- und Krankenpflegerinnen bereits vor der Änderung des [X.]s nur dann in die [X.] 8 [X.] [X.] eingruppiert, wenn ihnen vergleichbare Aufgaben wie Fachpflegekräften in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit übertragen worden sind. Die Neufassung brachte keine inhaltliche Veränderung des [X.]s. Gefordert ist nach wie vor die Übertragung fachspezifischer Tätigkeiten ([X.] 12. April 2016 - 6 [X.] - Rn. 33). Soweit der Vierte [X.] des [X.] in der von der Klägerin angeführten Entscheidung vom 20. Juni 2012 (- 4 [X.] -) bezogen auf die vergleichbaren Arbeitsvertragsrichtlinien des [X.] der [X.] ([X.] DWM) angenommen hatte, das [X.] knüpfe in seiner bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung an die Einrichtung an, in welcher die Gesundheitspflegerin tätig ist, hat der nunmehr allein zuständige erkennende [X.] an diesem Begriffsverständnis ausdrücklich nicht festgehalten ([X.] 12. April 2016 - 6 [X.] - Rn. 23; kritisch Roßbruch [X.] 2016, 776, 783 ff.). Die Klägerin ist dieser Rechtsprechungsänderung im Revisionsverfahren nicht entgegengetreten.

2. Mit der Begründung des [X.] kann der Klage nicht stattgegeben werden.

a) Soweit das [X.] eine Zuordnung der von der Klägerin im [X.] verrichteten Tätigkeit zum ersten [X.] unter A der [X.] 8 [X.] [X.] in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung bejaht hat, weil es sich bei dem [X.] wegen dessen Leistungsspektrum und Organisation um eine Einrichtung der Psychiatrie handle, ist dies nach der Rechtsprechung des erkennenden [X.]s unzutreffend. Wie dargelegt, kommt es nicht darauf an, ob der Dienst [X.] als psychiatrische Einrichtung angesehen werden kann.

b) Auf die seit dem 1. November 2013 geltende [X.] kann sich die Klägerin nicht berufen, weil sie bis zu diesem Zeitpunkt nicht nach [X.] 8 [X.] [X.] vergütet wurde ([X.] 12. April 2016 - 6 [X.] - Rn. 36, 40).

c) [X.] des [X.] hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung ebenfalls nicht stand.

aa) Das [X.] hat bezogen auf die konkrete Tätigkeit der Klägerin keine Feststellungen getroffen, sondern nur bezüglich des Leistungsangebots und der Organisation des [X.]. Hiervon ausgehend hat das [X.] angenommen, die Klägerin unterfalle dem fraglichen [X.], weil evident sei, dass der Klägerin als Gesundheits- und Krankenpflegerin die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder geistig-seelischen Behinderungen in der häuslichen Pflege oblag und dies ihre Tätigkeit prägte.

bb) Diese Begründung ist nicht frei von [X.]. Die Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen und/oder geistig-seelischen Behinderungen kann Inhalt jeder Tätigkeit eines Gesundheits- und Krankenpflegers sein. Für die Eingruppierung ist hier jedoch entscheidend, welches fachliche Niveau die Tätigkeit aufweist. Damit hat sich das [X.] nicht auseinandergesetzt.

3. Mangels hinreichender Feststellungen zur konkreten Tätigkeit der Klägerin im [X.] ab dem 15. Januar 2013 kann der [X.] nicht selbst gemäß § 563 Abs. 3 ZPO abschließend entscheiden, ob der Klägerin seit Beginn des Monats der Übertragung dieser Tätigkeit (§ 12 Abs. 5 [X.] [X.]) ein Anspruch auf Vergütung nach [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] zustand. Zudem ist den Parteien zur Gewährleistung eines fairen Verfahrens vor dem Hintergrund der während des Revisionsverfahrens erfolgten Rechtsprechungsänderung Gelegenheit zu weiterem Tatsachenvortrag bezüglich dieser Tätigkeit der Klägerin zu geben. Die Parteien durften im Berufungsverfahren noch von einem einrichtungsbezogenen Verständnis des ersten [X.]s unter A der [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] in der bis zum 31. Oktober 2013 geltenden Fassung („Gesundheitspflegerin in der Psychiatrie“) ausgehen und ihren Sachvortrag darauf abstellen. Das Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren zeigt, dass mit Blick auf die Rechtsprechungsänderung neuer Sachvortrag erbracht werden soll. Dies ist nur im Rahmen eines erneuten Berufungsverfahrens möglich (§ 559 ZPO).

4. Im weiteren Berufungsverfahren wird das [X.] zunächst zu prüfen haben, ob der Klägerin, die unstreitig keine [X.] ist, Tätigkeiten übertragen wurden, die den Aufgaben einer [X.] in der Psychiatrie mit entsprechender Tätigkeit vergleichbar sind und damit die Voraussetzungen des ersten [X.]s unter A der [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] erfüllt wurden.

a) Das setzt Vortrag der Klägerin dazu voraus, welche Aufgaben ihr [X.] übertragen worden waren und welche fachspezifischen Tätigkeiten sie vergleichbar einer [X.] verrichtet hat. Der bloße Verweis auf die Unterstützung psychisch Kranker und die schlagwortartige Wiedergabe des Aufgabenspektrums im Arbeitszeugnis vom 28. Februar 2014 reichen hierfür nicht. Das [X.] wird nach Erwiderung der Beklagten ggf. aufzuklären haben, welche Aufgaben die Klägerin über die Unterstützung der Betreuten in alltäglichen Angelegenheiten hinaus zu erfüllen hatte, zB im Zusammenhang mit der Erstellung der Hilfepläne und der Krisenintervention.

b) Auf dieser Grundlage ist sodann zu prüfen, ob die Erfüllung der fachspezifischen Aufgaben die Tätigkeit der Klägerin iSd. § 12 Abs. 2 [X.] [X.] bzw. [X.] geprägt hat, dh. ein unverzichtbarer Bestandteil ihres [X.] war. Die Voraussetzungen für die Eingruppierung in eine [X.] der Anlage 1 zu den [X.] [X.] bzw. [X.] sind erfüllt, wenn die Gesamttätigkeit der Mitarbeiterin bzw. des Mitarbeiters die Merkmale eines [X.]s dieser [X.] erfüllt (vgl. KGH.[X.] 26. April 2010 - [X.]/[X.]-09 - Rn. 23; zur Bedeutung der [X.]e [X.] 12. April 2016 - 6 [X.] - Rn. 25). Nach den zum 1. Juli 2007 modifizierten Eingruppierungsgrundsätzen des § 12 [X.] [X.] bzw. [X.] erfolgt keine Aufspaltung der Gesamttätigkeit in einzelne Arbeitsvorgänge (vgl. [X.]/[X.] [X.]-Kommentar 5. Aufl. Teil A Stand Januar 2011 § 12 Erläuterung 5). Tätigkeiten, die nur einen geringen Anteil der Gesamttätigkeit ausmachen, sind jedoch außer [X.] zu lassen (vgl. KGH.[X.] 22. März 2010 - [X.]/[X.]-09 - Rn. 28; [X.]/[X.] aaO; vgl. zur Bewertung inhaltlich gemischter, gleichwertiger Tätigkeiten KGH.[X.] 26. März 2010 - [X.]/[X.]-09 - Rn. 35).

5. Sollte das [X.] feststellen, dass die Tätigkeit der Klägerin vom ersten [X.] unter A der [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] nicht erfasst war, wird es die Erfüllung der allgemeinen Voraussetzungen der [X.] 8 [X.] [X.] bzw. [X.] prüfen müssen, soweit der Tatsachenvortrag der Klägerin dazu Anlass gibt (vgl. [X.] 12. April 2016 - 6 [X.] - Rn. 41; KGH.[X.] 1. Juni 2015 - I[X.]/[X.]-14 - Rn. 16).

        

    Fischermeier    

        

    Gallner    

        

    Krumbiegel     

        

        

        

    Lorenz     

        

    Kammann    

                 

Meta

6 AZR 284/16

27.04.2017

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Dortmund, 3. Dezember 2014, Az: 10 Ca 2950/14, Urteil

§ 12 Abs 5 DWArbVtrRL, Anl 1 Entgeltgr 8 DWArbVtrRL, DWArbVtrRL ME

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 27.04.2017, Az. 6 AZR 284/16 (REWIS RS 2017, 11831)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 11831


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. 6 AZR 284/16

Bundesarbeitsgericht, 6 AZR 284/16, 27.04.2017.


Az. 8 Sa 686/15

Landesarbeitsgericht Hamm, 8 Sa 686/15, 19.11.2015.


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