Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2006, Az. V ZR 255/04

V. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 4820

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] 255/04 Verkündet am: 24. Februar 2006 W i l m s, Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja SachenRBerG §§ 8, 116 Abs. 1 Ein nachbarrechtlicher Anspruch auf Wiederbegründung einer Dienstbarkeit, die durch die Überführung des dienenden Grundstücks in Volkseigentum erloschen ist, besteht nicht. Die früher bestehende Dienstbarkeit ist für einen Anspruch auf Neube-gründung einer Dienstbarkeit aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG ohne Bedeutung. § 8 SachenRBerG schränkt die Ansprüche aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG nicht ein. [X.], Urt. v. 24. Februar 2006 - [X.] 255/04 - [X.] [X.]

- 2 - Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 24. Februar 2006 durch [X.] Dr. [X.], [X.] [X.] und [X.], die Richterin [X.] und [X.] [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 10. Zivilse-nats des [X.] vom 18. November 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: [X.]war Eigentümer des im Grundbuch von [X.]Blatt 522 eingetragenen, mit einem Wochenendhaus bebauten Grundstücks (herrschendes Grundstück). Der Zugang erfolgte über einen Weg auf dem in demselben Grundbuch Blatt 167 gebuchten Nachbargrundstück (dienendes Grundstück). Der Zugang war durch eine 1938 eingetragene Grunddienstbar-keit an diesem gesichert. 1 - 3 - Beide Grundstücke wurden von den Behörden der [X.] enteignet und als volkseigen gebucht. Die Dienstbarkeit wurde gelöscht. 1975 wurde den [X.] der Beklagten ein Nutzungsrecht an dem dienenden Grundstück verliehen. Nach der [X.] wurde es der [X.] [X.], die es an die Beklagten veräußerte. Das herrschende [X.] auf die Klägerin zurückübertragen. Eine Wiederbegründung der [X.] unterblieb. 2 Die Klägerin beabsichtigt, das herrschende Grundstück zu bebauen. Sie hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Berichtigung des Grundbuchs des dienenden Grundstücks dahin zuzustimmen, dass das Grundstück mit einer Dienstbarkeit belastet sei, die die jeweiligen Eigentümer des herrschenden Grundstücks berechtige, den Weg auf dem dienenden Grundstück als Zugang und Zufahrt zu dem herrschenden Grundstück mit Fahrzeugen aller Art zu nut-zen. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Mit der Berufung hat die Klä-gerin beantragt, die Beklagten zu verurteilen, der Eintragung einer [X.] Dienstbarkeit zuzustimmen und diese zu bewilligen. Diesem Antrag hat das [X.] stattgegeben. Mit der von dem [X.] zugelassenen Revision erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. 3 Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht meint, die Klägerin könne von den Beklagten die Wiederbegründung des gelöschten Wegerechts verlangen. Mit der Überführung 4 - 4 - des dienenden Grundstücks in Volkseigentum sei die Dienstbarkeit nach dem Grundsatz der Unbelastbarkeit des [X.] erloschen. Das Erlöschen der Dienstbarkeit habe als mittelbare Folge der gegen einen Dritten gerichteten Enteignungsmaßnahme nicht zu einem Restitutionsanspruch der Klägerin nach dem [X.] geführt. Weil auch § 116 Abs. 1 SachenRBerG keine Anwendung finde, soweit ein fremdes Grundstück schon vor dem 8. Mai 1945 genutzt worden sei, verbleibe in der gesetzlichen Regelung eine Lücke. Diese sei durch einen nachbarrechtlichen Anspruch auf Wiederbegründung der erlo-schenen Grunddienstbarkeit zu schließen. Der Anspruch bilde das Grundprinzip des § 116 Abs. 1 SachenRBerG fort. Er diene dem Ausgleich [X.]-typischer Enteignungsfolgen und sei unverzichtbar, um zufällige Vorteile für ein ehemals dienendes Grundstück auszugleichen. Die Klägerin sei zur baulichen Nutzung ihres Grundstücks auf eine dinglich gesicherte Zuwegung angewiesen; erhebli-che Belange der Beklagten stünden der verlangten Belastung ihres [X.]s nicht entgegen. Das hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand. 5 I[X.] Die Bezeichnung der Gesellschafter der Klägerin als Kläger in dem Beru-fungsurteil gibt Anlass zu klarstellender Berichtigung. Die Klägerin ist eine [X.] des bürgerlichen Rechts. Die Bezeichnung ihrer Gesellschafter als Kläger ist auch mit dem gewählten Zusatz "in [X.]" geeignet, den unzutreffenden Eindruck einer subjektiven Klagehäufung und damit Zweifel an der Identität der Klägerin zu begründen, und durch die Be-zeichnung der Klägerin im Rubrum des Urteils zu ersetzen (vgl. [X.], Urt. v. 6 - 5 - 15. Januar 2003, [X.], [X.], 1043; v. 23. Oktober 2003, [X.], NJW-RR 2004, 275, 276). II[X.] Die Klägerin hat keinen nachbarrechtlichen Anspruch auf Wiederbegrün-dung des gelöschten Wegerechts. Entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts kann ein solcher Anspruch nicht im Wege der Rechtsfortbildung begrün-det werden. Nach dem Vorbringen der Parteien ist offen, ob die Voraussetzun-gen der von dem Berufungsgericht angenommenen Regelungslücke gegeben sind. Vor allem aber kann die Lücke nicht durch Fortbildung des Zivilrechts [X.] werden. 7 1. Wurde das herrschende Grundstück zeitlich nach dem dienenden Grundstück enteignet, ist die Dienstbarkeit dadurch erloschen, dass mit der Ü-berführung des dienenden Grundstücks in Volkseigentum die an dem [X.] Grundstück bestehenden Rechte untergegangen sind, vgl. § 20 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 S. 2 ZGB. Der Eigentümer des herrschenden Grundstücks wurde mittelbar geschädigt. Für einen solchen Fall sieht das [X.] nach herrschender Meinung keinen Anspruch der geschädigten Rechtsinhaber vor (BVerwGE 119, 158, 162; [X.] (Leitsatz) mit [X.] [X.], [X.], 297; [X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], [X.], [X.], Stand Juli 2004, § 1 [X.]. 34, [X.], ebenda, § 18 [X.]. 19; a.M. [X.] in [X.], [X.], Stand Juli 2004, § 1 [X.] [X.]. 22). Insoweit rügt die Revision zu Recht, dass das Berufungsge-richt von diesem Sachverhalt ausgeht, obwohl Vortrag der Parteien zum Zeit-punkt der Enteignung des herrschenden Grundstücks fehlt und daher nicht 8 - 6 - ausgeschlossen werden kann, dass das herrschende Grundstück schon [X.] war, als das dienende Grundstück in Volkseigentum überführt wurde. Verhält es sich so, ist mit dem herrschenden Grundstück dem damaligen [X.] auch die Dienstbarkeit durch die Enteignung entzogen worden. Über ihre Wiederbegründung wäre im Restitutionsverfahren zu entscheiden gewesen. Eine Regelungslücke bestünde nicht. 2. Auch wenn das herrschende Grundstück erst zeitlich nach dem die-nenden Grundstück enteignet worden ist, scheidet eine nachbarrechtliche Ver-pflichtung der Beklagten zur Wiederbestellung der Dienstbarkeit aus. 9 Insoweit kann dahin gestellt bleiben, ob das [X.] einen [X.] auf Wiederbegründung der Dienstbarkeit gewährt. Auch wenn eine Wie-derbegründung von Rechten an einem enteigneten Grundstück nach dem [X.] in einem solchen Fall am Fehlen einer unmittelbaren Schädi-gung im Sinne von § 1 Abs. 1 [X.] scheitert, findet dies seinen Grund allein in den öffentlich-rechtlichen Regelungen der Restitution durch das Vermögens-gesetz und kann deshalb auch nur nach den Grundsätzen dieses Gesetzes und in dem dort vorgesehenen Verfahren geschlossen werden. 10 Die materiellen und verfahrensrechtlichen Beschränkungen, denen die Rückübertragung von Vermögenswerten nach den §§ 3, 6 [X.] unterliegt, müssen zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen auch auf solche Rechts-verluste Anwendung finden, die infolge einer Regelungslücke nicht von den in dem [X.] geregelten Tatbeständen erfasst sind. Dies gilt insbe-sondere für den der Herstellung eines sozialverträglichen Ausgleichs dienenden Schutz redlicher Erwerber durch § 4 Abs. 2 und 3 [X.]. Der insoweit notwen-dige Schutz begründet nach ständiger Rechtsprechung des Senats den [X.] - 7 - rang des [X.]es und schließt die Geltendmachung konkurrieren-der zivilrechtlicher Ansprüche im ordentlichen Rechtsweg aus (Senat, [X.] 118, 34, 36; 122, 204, 207; 130, 231, 234; Urt. v. 25. Juli 2003, [X.] 362/02, [X.] 2003, 581, 582; Beschl. v. 20. Januar 2005, [X.], [X.] 2005, 85). Dasselbe gilt für die in § 30a [X.] bestimmten Ausschlussfristen. Die Fristen wurden durch Art. 1 Nr. 26 des Zweiten [X.] eingeführt, um die Abwicklung von Restitutionsansprüchen im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit so bald wie möglich abzuschließen ([X.] [X.] 1999, 146, 147; NJW 2000, 1480, 1481; BVerwGE 101, 39, 42 f; [X.], aaO, § 30a [X.] [X.]. 8; [X.]/[X.] in [X.]/[X.]/[X.]/[X.], aaO, § 30a [X.] [X.]. 3). Die von dem [X.] vorgenommene zivilrechtliche Ergänzung des [X.]es lässt die Restitutionsbeschränkungen und deren Grundgedanken unberücksich-tigt. Sie hätte zur Folge, dass die Wiederbegründung der gelöschten Grund-dienstbarkeit unabhängig von der Befristung durch § 30a [X.] erreicht wer-den könnte und die Frage des Schutzes eines redlichen Erwerbs der Prüfung entzogen wäre. Sie scheidet daher aus. 3. Eine privatrechtliche Ergänzung der öffentlich-rechtlichen Regelungen zum Ausgleich staatlichen Unrechts nach dem [X.] durch einen nachbarrechtlichen Anspruch auf Wiederbegründung erloschener Rechte lässt sich auch nicht aus dem Ziel von § 116 SachenRBerG herleiten, sondern ist mit diesem unvereinbar. 12 a) Eine entsprechende Anwendung oder eine Fortbildung des [X.] kommt nur in Betracht, wenn dessen zivilrechtliche Regelungen eine planwidrige Lücke aufweisen (vgl. zu einem solchen Fall [X.], Urt. v. 19. März 2004, [X.] 214/03, [X.] 2004, 374, 375 f.). So liegt es hier 13 - 8 - nicht. Das Erlöschen einer Zugangsdienstbarkeit durch die Enteignung des die-nenden Grundstücks führt nicht ohne weiteres zu einer rechtlich nicht abgesi-cherten Mitbenutzung eines fremden Grundstücks, die in Fortbildung von § 116 Abs. 1 SachenRBerG durch einen Anspruch auf Wiederbegründung des erlo-schenen Rechts zu bereinigen wäre ([X.] [X.] 2000, 428, 430). § 116 Abs. 1 SachenRBerG dient der Sicherung bestehender, nicht aber die Wieder-herstellung erloschener Rechtspositionen. Das [X.] regelt gerade nicht den Ausgleich in der Vergangenheit erlittenen Unrechts (Begründung des [X.], BT-Drucks. 12/5992, [X.]), sondern hat zum Ziel, einen Interessenausgleich für die Zukunft herbeizuführen ([X.] in [X.]/[X.], [X.], [X.], Stand Oktober 2003, § 116 [X.]. 24). Soweit die Klägerin aus dem Erlöschen der Dienstbarkeit herleitet, die Beklagten seien zu deren neuerlichen Begründung verpflichtet, fände der geltend gemachte [X.] seinen Grund nicht darin, dass die rechtliche Sicherung der Benutzung des Grundstücks der Beklagten unterblieben ist, sondern darin, dass dieses Recht aufgrund einer hoheitlichen Maßnahme der Behörden der [X.] unterge-gangen ist. Das hat mit dem Ziel des [X.] nichts zu tun. b) Die Bereinigung der rechtlich nicht abgesicherten Mitbenutzung frem-der Grundstücke ist auch nicht deshalb lückenhaft geregelt, weil § 116 [X.] keinen Anspruch auf Wiederbegründung erloschener Dienstbarkei-ten vorsieht. Die Bereinigung nach dieser Vorschrift soll einerseits dem Wegfall des gesetzlichen Bodennutzungsrechts der Landwirtschaftlichen Produktions-genossenschaften und andererseits dem Umstand Rechnung tragen, dass die Inanspruchnahme fremder Grundstücke zu [X.] in der [X.] vielfach als rechtmäßig angesehen wurde, obwohl sie nicht durch [X.] - 9 - zungsrechte nach §§ 321, 322 ZGB gesichert war ([X.] [X.] 1999, 333; NJ 2003, 533; [X.], Sachenrechtsbereinigung, [X.], Stand August 2005, § 116 [X.]. 1; [X.], Sachenrechtsbereinigungsgesetz, 2. Aufl., § 116 [X.]. 1 ff; [X.] Prütting/[X.]/Heller, Grundstücksrecht Ost, § 116 SachenRBerG [X.]. 1; [X.]/[X.], 4. Aufl., § 116 [X.] [X.]. 1; Begründung des [X.] zum [X.], aaO, [X.], 65, 179). Der [X.] aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG tritt an die Stelle einer Mitbenutzung, die von der Rechts-praxis der [X.] respektiert wurde, obwohl ihr keine rechtliche Vereinbarung zugrunde lag, und verleiht der über das Notwegrecht von § 917 [X.] hinausge-henden Stellung des Mitbenutzers über den 2. Oktober 1990 hinaus Bestand (Senat, [X.] 144, 25, 27 f., Urt. v. 9. Mai 2003, [X.] 388/02, [X.] 2003, 385). Dass eine Absicherung früher einmal bestanden hat und vor dem 3. Oktober 1990 weggefallen ist, ist insoweit ohne Bedeutung. IV. Das Berufungsurteil stellt sich auch weder aus anderen Gründen als rich-tig dar (§ 561 ZPO), noch ist die Sache im Sinne einer Klageabweisung zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO). Es kann nämlich nicht abschließend beurteilt werden, ob sich der geltend gemachte Anspruch nicht unmittelbar aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG ergibt. So verhält es sich, wenn die Grunddienst-barkeit, deren Bestellung die Klägerin verlangt, zur Erschließung des herr-schenden Grundstücks erforderlich ist und der am 2. Oktober 1990 ausgeübten Nutzung entspricht. 15 - 10 - 1. Dass die Klägerin das herrschende Grundstück nach dem 2. Oktober 1990 im Wege der Restitution erworben hat, steht der Anwendung von § 116 Abs. 1 SachenRBerG nicht entgegen. 16 Der Begriff der Nutzung, die gemäß § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG vor dem Ablauf des 2. Oktober 1990 begründet worden sein muss, ist nicht per-sonenbezogen, sondern grundstücksbezogen in dem Sinne zu verstehen, dass das zu belastende Grundstück am 2. Oktober 1990 in dem bei Geltendmachung des Anspruchs abzusichernden Umfang dem herrschenden Grundstück gedient haben muss (Senat, Urt. v. 14. November 2003, [X.] 72/03, [X.] 2004, 193, 194). Der [X.] gem. § 116 Abs. 1 SachenRBerG steht [X.] auch demjenigen zu, der ein Grundstück nach dem 2. Oktober 1990 von dem seinerzeitigen Nutzer erworben hat. Für den Grundstückserwerb im Wege der vermögensrechtlichen Restitution gilt nichts anderes, zumal § 16 Abs. 2 S. 1 [X.] ausdrücklich anordnet, dass der Restitutionsberechtigte mit der Rückübertragung in alle in Bezug auf den jeweiligen Vermögenswert bestehen-den Rechtsverhältnisse eintritt ([X.] 2004, 429, 432; ferner BVerwG [X.] 2000, 667, 668). 17 2. Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass das herrschende Grundstück vor dem 8. Mai 1945 erschlossen worden ist und seine Erschlie-ßung durch eine Grunddienstbarkeit gesichert war. 18 Der zeitliche Anwendungsbereich von § 116 SachenRBerG ist nur da-hingehend begrenzt, dass die Nutzung, die eine Bereinigung erforderlich macht, am 2. Oktober 1990 bestanden haben muss. Ein Anfangszeitpunkt, vor dem die Nutzung nicht begonnen haben darf, ist in § 116 SachenRBerG weder voraus-gesetzt noch bestimmt. Der Verweis auf §§ 321, 322 ZGB schließt Nutzungen 19 - 11 - nicht aus, die unter der Geltung des Bürgerlichen Gesetzbuchs begründet [X.]. In diesen Fällen ist der Nutzer vielmehr mit Inkrafttreten des Zivilgesetzbu-ches der [X.] am 1. Januar 1976 (§ 1 EGZGB) in die Rechtsstellung des § 116 Abs. 1 SachenRBerG hineingewachsen (Senat, [X.] 144, 25, 28). § 8 SachenRBerG gilt schon nach seiner systematischen Stellung nur für die im zweiten Kapitel des [X.] geregelten Fälle baulicher Nutzung. Eine entsprechende Anwendung der Vorschrift auf die Be-reinigungstatbestände des fünften Kapitels kommt nach der Entstehungsge-schichte des [X.] und wegen der grundsätzli-chen Verschiedenheit der Regelungsgegenstände nicht in Betracht. 20 Der Regierungsentwurf zum Sachenrechtsbereinigungsgesetz verwies in § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG auf die in § 8 SachenRBerG genannten Zeit-punkte (BT-Drucks. 12/5992, [X.]). Die Verweisung wurde auf Empfehlung des Rechtsausschusses durch eine eigenständige Regelung des zeitlichen [X.] in § 116 SachenRBerG ersetzt (BT-Drucks. 12/7425, [X.]). Das steht in unmittelbarem Zusammenhang mit einer weiteren Änderung des Gesetzes gegenüber dem Regierungsentwurf: Auch die Aufnahme der zeitli-chen Begrenzung 8. Mai 1945 in den Tatbestand von § 8 SachenRBerG geht auf die Empfehlung des Rechtsausschusses zurück (BT-Drucks. 12/7425, [X.], 64). Die der Empfehlung entsprechende Änderung von § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG gegenüber dem Regierungsentwurf ist mithin dahin zu [X.], dass die zeitliche Grenze des 8. Mai 1945 gerade nicht kraft Verwei-sung für die Bereinigungstatbestände des fünften Kapitels gilt. 21 - 12 - Das Fehlen eines Anfangszeitpunkts in § 116 Abs. 1 Nr. 1 SachenRBerG beruht daher nicht auf einem gesetzgeberischen Versehen ([X.], [X.] 2003, 332, 340), sondern trägt dem Umstand Rechnung, dass § 8 [X.] auf den Regelungsgegenstand des zweiten Kapitels zugeschnitten ist. Die Bestimmung soll den Schutz baulicher Investitionen begrenzen, aber nicht die Bereinigung solcher Rechtspositionen verhindern, deren Anerkennung nach der Rechtspraxis der [X.] vom Zeitpunkt einer baulichen Maßnahme [X.] war und deren Ausgestaltung infolge eines [X.]-typischen Vollzugs-defizits unterblieben ist. Aus diesem Grund hat der Senat die Vorschrift des § 112 Abs. 3 SachenRBerG - trotz ihres missverständlichen Wortlauts und der Verweisung auf die Bestimmungen des zweiten Kapitels - dahin ausgelegt, dass auch ein vor dem 8. Mai 1945 entstandenes Erbbaurecht an einem später in Volkseigentum überführten Grundstück die Gewährung eines Ankaufsrechts nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 2, 61 Abs. 1 SachenRBerG rechtfertigt, sofern im Zeit-punkt des Beitritts die Voraussetzungen für die Umwandlung in ein dingliches Nutzungsrecht gegeben waren (Senat, [X.] 138, 112, 114 ff). 22 Für den [X.] des § 116 Abs. 1 SachenRBerG gilt nichts anderes. Der Anspruch knüpft nicht an eine bauliche Investition des [X.] an (Senat, [X.] 144, 25, 27 f.) und setzt noch nicht einmal die [X.] einer baulichen Anlage im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 4 SachenRBerG [X.] (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, [X.] 388/02, [X.] 2003, 385). Ein [X.]-typisches Vollzugsdefizit scheidet entgegen der Auffassung des Berufungsge-richts bei einer vor dem 8. Mai 1945 begründeten Mitbenutzung auch nicht von vornherein aus. Wie der vorliegende Fall zeigt, kann ein solches Defizit vielmehr auch dadurch entstanden sein, dass eine ursprünglich vorhandene Absicherung nach 1945 aus [X.]-typischen Gründen weggefallen und nicht ersetzt worden 23 - 13 - ist (vgl. Senat, Urt. v. 16. Dezember 2005, [X.] 273/04, Umdruck S. 5, bisher nicht veröffentlicht). 3. Ohne Bedeutung ist insoweit auch, ob der Klägerin ein [X.] Anspruch auf Wiederbegründung der Dienstbarkeit zugestanden hat. Der zivilrechtliche Anspruch aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG wird von den Vor-schriften des [X.]es nicht verdrängt, weil er in keinerlei Zusam-menhang mit dem von § 1 [X.] erfassten staatlichen Unrecht steht (vgl. [X.], [X.] 120, 204, 209; 130, 231, 234; Beschl. v. 20. Januar 2005, [X.], [X.] 2005, 85). Der Anspruch auf Sachenrechtsbereinigung knüpft nicht an den Entzug des gelöschten Wegerechts an und richtet sich auch nicht auf dessen Wiederherstellung, sondern auf die Absicherung einer zu [X.]-Zeiten ausgeübten Nutzung durch die Bestellung einer neuen Grunddienstbar-keit, die vorliegend nur aufgrund der zufälligen Fallgestaltung einen ähnlichen oder sogar den gleichen Inhalt wie das erloschene Recht haben kann. 24 4. Dem Anspruch steht auch nicht entgegen, dass das dienende [X.] bis zur [X.] volkseigen war. Der Anspruch auf Bestellung einer Dienstbarkeit aus § 116 Abs. 1 SachenRBerG ist nicht da-von abhängig, dass eine Absicherung der ausgeübten Mitbenutzung im Recht der [X.] vorgesehen war. Sind die Vorausstetzungen von § 116 Abs. 1 [X.] gegeben, kann die Bestellung einer Dienstbarkeit auch an einem Grundstück verlangt werden, das nicht mit einem Wege- oder Überfahrtsrecht gem. § 322 ZGB belastet werden konnte, weil es volkseigen war (Senat, Urt. v. 14. November 2003, [X.] 72/03, [X.] 2004, 193, 194), sofern die Mitbenutzung nach der Verwaltungspraxis der [X.] oder nach den [X.]-typischen Gegeben-heiten als rechtmäßig angesehen wurde (Senat, Urt. v. 9. Mai 2003, [X.] 388/02, [X.] 2003, 385; vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 10. Aufl., § 116 [X.] - 14 - chenRBerG [X.]. 3; [X.]/[X.], aaO, § 116 SachenRBerG [X.]. 5; [X.], SachenRBerG, aaO, § 116 [X.]. 3). 5. Maßgebend für den Inhalt der zu bestellenden Grunddienstbarkeit ist die am 2. Oktober 1990 praktizierte und geduldete Nutzung (Senat, Urt. v. 14. November 2003, [X.] 72/03, [X.] 2004, 193, 194; [X.], aaO, § 116 [X.]. 19). Insoweit kommt es darauf an, ob der auf dem Grundstück der Beklagten verlaufende Weg am 2. Oktober 1990 in dem geltend gemachten Umfang als Zugang und als Zufahrt für das klägerische Grundstück genutzt wurde. 26 - 15 - Hierzu hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen. Ergänzender Sachvortrag und Beweisantritt der Klägerin sind gem. § 531 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zuzulassen, weil auch das [X.] diesen Gesichtspunkt rechtsfehlerhaft für unerheblich gehalten hat. [X.] [X.] [X.]Stresemann [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 02.02.2004 - 17 O 6370/00 - [X.], Entscheidung vom 18.11.2004 - 10 U 429/04 -

Meta

V ZR 255/04

24.02.2006

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.02.2006, Az. V ZR 255/04 (REWIS RS 2006, 4820)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 4820

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

V ZR 150/06 (Bundesgerichtshof)


V ZR 74/13 (Bundesgerichtshof)

Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet: Voraussetzungen der dinglichen Absicherung der Mitbenutzung eines privaten Ufergrundstücks durch Grunddienstbarkeiten zur …


V ZR 74/13 (Bundesgerichtshof)


V ZR 244/10 (Bundesgerichtshof)

Sachenrechtsbereinigung im Beitrittsgebiet: Grunddienstbarkeit für Erbbauberechtigten


V ZR 244/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.