Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2011, Az. II ZR 237/09

II. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7380

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BUNDESGERICHTSHOF
IM NAMEN DES VOLKES
Urteil
II ZR 237/09
Verkündet am:
19. April
2011
Vondrasek
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
ja
[X.]R:
ja
[X.] § 304 Abs. 1; § 327 b; BGB § 101
a)
Ein Minderheitsaktionär hat weder ganz noch teilweise einen Anspruch auf Zahlung des festen Ausgleichs für ein Geschäftsjahr, wenn der Beschluss, die Aktien der [X.] auf den Hauptaktionär zu übertragen, vor dem Entstehen des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung in das Handelsregister eingetragen wird.
b)
Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen festen Ausgleichs entsteht als regelmäßig wiederkehrender Anspruch jedes Jahr mit dem Ende der auf ein Geschäftsjahr folgenden ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft neu, soweit im Beherr-schungs-
und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der außenstehenden Aktionäre nichts anderes vereinbart ist.
[X.], Urteil vom 19. April 2011 -
II ZR 237/09 -
OLG [X.]

LG [X.]

-
2
-

Der II. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 19. April
2011 durch [X.]
[X.] und die Rich-terin Caliebe sowie die Richter Dr.
Drescher, [X.] und Sunder

für Recht erkannt:

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 5.
Zivilsenats des [X.] vom 29.
September 2009 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen
Tatbestand:
Der Kläger war Aktionär der W.

AG, deren Hauptaktionärin die [X.] ist. Zwischen der W.

AG und der Beklagten als herrschendem Unter-nehmen bestand seit 2004 ein Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag. Die Beklagte schuldete nach §
4 Abs.
2 Satz
3 des Beherrschungs-
und Ge-winnabführungsvertrags eine Ausgleichszahlung nach Körperschaftssteuerbe-lastung in Höhe von 3,83

ie
nach § 4 Abs. 2 Satz 4 jeweils am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der W.

AG für das abge-laufene Geschäftsjahr fällig sein sollte. Nach § 4 Abs. 3 Satz 2 verminderte sich der Ausgleich für das Geschäftsjahr zeitanteilig, falls der Vertrag während eines Geschäftsjahres der W.

AG endete
oder der Ausgleich für ein weniger als 1

-
3
-

zwölf Monate dauerndes Geschäftsjahr zu leisten war. Das Geschäftsjahr der W.

AG dauerte vom 1. Juli eines Jahres bis zum 30.
Juni des Folgejahres.
In der Hauptversammlung der W.

AG vom 13./14.
Dezember 2005 wurde auf Verlangen der Hauptaktionärin beschlossen, die Aktien der übrigen Aktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung von 80,37

i-onärin zu übertragen. Nachdem der [X.] in der [X.] der W.

AG vom 27.
Februar 2007 bestätigt worden war
und das [X.] am 5.
November 2007 festgestellt hatte, dass die erhobenen Klagen der Eintragung nicht entgegenstehen (§
319 Abs.
5 Satz
1 [X.] aF), wurde er am 12.
November 2007 in das Handelsregister ein-getragen und am Folgetag bekannt gemacht. Die nächste
ordentliche Haupt-versammlung der W.

AG fand am
23. Januar 2008 statt.
Der Kläger verlangt mit der Klage den Ausgleich für das Geschäftsjahr 2006/2007 für 17.403 Vorzugsaktien der W.

AG in Höhe von 66.653,49

und die Feststellung, dass die Beklagte verpflichtet sei, ihm für 17.403 Vor-zugsaktien der W.

AG für dieses Geschäftsjahr eine Ausgleichsergänzung in Höhe von 75
% desjenigen Betrages zu zahlen, um den der im Spruchverfahren vor dem [X.] etwa rechtskräftig festgesetzte Aus-gleich aus dem Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag über den ver-traglich festgesetzten Ausgleich in Höhe von 5,11

sgeht.
Das [X.] hat die Beklagte -
abgesehen von einem Teil der be-gehrten Zinsen
-
zur Zahlung verurteilt und die Feststellungsklage als unzuläs-sig abgewiesen. Das Berufungsgericht hat auf die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung der Anschlussberufung des [X.], mit der er seinen Feststel-lungsantrag weiter verfolgt
hat,
die Klage abgewiesen. Dagegen richtet sich die vom erkennenden Senat zugelassene Revision des [X.], mit der er seinen [X.] und den Feststellungsantrag weiterverfolgt.
2
3
4

-
4
-

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat keinen Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat ausgeführt, der Kläger habe keinen [X.] auf die geltend gemachten Ausgleichszahlungen. Er
sei nicht mehr Akti-onär gewesen, als der Ausgleichsanspruch entstanden und fällig geworden sei. Der konkrete Zahlungsanspruch werde gemäß §
4 Abs.
2 Satz
4 des Beherr-schungs-
und Gewinnabführungsvertrags am Tag nach der ordentlichen Haupt-versammlung der Untergesellschaft fällig. Der Anspruch für das Geschäftsjahr 2006/2007 sei daher erst am 24.
Januar 2008 fällig geworden. Zu diesem Zeit-punkt sei der Kläger nicht mehr Aktionär der Beklagten gewesen, da die Über-tragung der Aktien auf die Beklagte mit der Eintragung des Übertragungsbe-schlusses am 12.
November 2007 wirksam geworden sei. Der Kläger habe auch keinen Anspruch nach §
4 Abs.
3 Satz
2 des Beherrschungs-
und Ge-winnabführungsvertrags, weil der Vertrag nicht während eines laufenden [X.] beendet worden sei oder ein weniger als zwölf Monate dauerndes Rumpfgeschäftsjahr vorliege. Ein Anspruch folge auch nicht aus einer ergän-zenden Vertragsauslegung. Er
lasse sich auch nicht aus §
101 Nr.
2 Halbsatz
2 BGB begründen, weil danach ein Anspruch nur entstehe, wenn tatsächlich Früchte gezogen würden, und in der Person der Beklagten als nicht außenste-hender Aktionärin kein Ausgleichsanspruch mehr entstanden sei. Obwohl nach §
327b Abs.
2 Satz
2 [X.] die Barabfindung für die Übertragung erst von der Bekanntmachung der Eintragung des [X.]es zu verzinsen sei, entstehe keine durch den Ausgleich aufzufüllende [X.]. Es sei nicht mehr als eine Chance für den Kläger gewesen, durch die Verzögerung der Eintragung zum in der Barabfindung enthaltenen, diskontierten Ausgleich noch den konkreten Ausgleich zu erhalten.
5
6

-
5
-

II.
Das Urteil hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung stand.
Das [X.] hat den Zahlungsanspruch und den Feststellungsantrag zu Recht
abgewiesen.
Dem Kläger steht kein Anspruch auf Ausgleichszahlung mehr zu. Ein Minderheitsaktionär hat weder ganz noch teilweise einen Anspruch auf [X.] des festen Ausgleichs für ein Geschäftsjahr, wenn der Beschluss, die [X.] der Minderheitsaktionäre auf den Hauptaktionär zu übertragen, vor dem Entstehen des Anspruchs auf die Ausgleichszahlung in das Handelsregister eingetragen wird.
1.
Der Kläger hat keinen
Anspruch gegen die Beklagte als herrschendes Unternehmen auf die Zahlung des

festen Ausgleichs

304 Abs.
1 Satz
1, Abs.
2 Satz
1 [X.])
für das Geschäftsjahr 2006/2007. Er hat seine Stellung als Aktionär der W.

AG verloren, bevor ein Anspruch auf Zahlung des jährlichen Ausgleichs für dieses Geschäftsjahr entstehen konnte. Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen festen Ausgleichs entsteht als regelmäßig wiederkeh-render Anspruch jedes Jahr mit dem Ende der auf ein Geschäftsjahr folgenden ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft neu, soweit im Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der außenstehenden Aktionäre nichts anderes vereinbart ist.
a)
Der Anspruch auf die Zahlung des
jährlichen Ausgleichs
steht demje-nigen zu, der zu dem für die
Entstehung eines solchen Anspruchs maßgeben-den Zeitpunkt außenstehender Aktionär ist. Die Entgegennahme der Aus-gleichszahlung ist Fruchtziehung
([X.], Urteil vom 10.
Dezember 2007 -
II
ZR
99/06, [X.]Z
174, 378 Rn.
11). Die Früchte eines Rechts gebühren demjenigen, der
zur Zeit ihrer Entstehung berechtigt ist, sie zu beziehen (vgl. §
101 BGB).
b)
Der Anspruch auf die Zahlung des jährlichen Ausgleichs entsteht als regelmäßig wiederkehrender Anspruch jedes Jahr neu, nicht schon als betagter 7
8
9
10

-
6
-

Anspruch mit der Ausgleichsberechtigung bei der Eintragung des Beherr-schungs-
und Gewinnabführungsvertrags in
das Handelsregister des abhängi-gen Unternehmens.
Mit dem Wirksamwerden des [X.] werden
die [X.] Aktionäre zwar
dem Grunde nach zum Ausgleich berechtigt ([X.], Urteil vom 16.
September 2002 -
II
ZR
284/01, [X.]Z
152, 29, 31).
Der [X.] auf die jeweilige konkrete
jährliche Ausgleichszahlung entsteht aber ori-ginär erst in der Person desjenigen, der in dem maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Zahlungsanspruchs außenstehender Aktionär ist; er leitet sich nicht von einem Anspruch desjenigen ab, der zum Zeitpunkt der Eintragung des Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags außenstehender Aktionär war. Der Ausgleich steht daher beispielsweise auch einem außenstehenden Aktionär zu, der nach Abschluss des [X.] Aktien des beherrschten Unternehmens vom herrschenden oder vom beherrschten Unternehmen er-wirbt, obwohl in diesem Fall der Veräußerer keinen Anspruch auf einen Aus-

(vgl.
[X.] in [X.], 3.
Aufl., §
304 Rn.
17; [X.]/[X.] in
Großkomm. [X.], 4. Aufl., §
304 Rn.
33; vgl. zur Abfindung [X.], Urteil vom 8.
Mai 2006 -
II
ZR
27/05, [X.]Z
167, 299 Rn.
11). Während der Dauer des [X.] hat jeder außenstehende Aktionär unabhängig vom Er-werbszeitpunkt der Aktie oder der Person des Veräußerers einen Anspruch auf den jährlichen Ausgleich, weil mit dem Ausgleich die Beeinträchtigung der aus der Mitgliedschaft folgenden Herrschaftsrechte ausgeglichen und der Anspruch auf Zahlung der Dividende ersetzt werden soll (vgl. [X.], Urteil vom
10.
Dezember 2007 -
II
ZR
199/06, [X.]Z
174, 378 Rn.
11; Urteil vom
13.
Februar 2006 -
II
ZR
392/03, [X.]Z
166, 195 Rn.
8; Beschluss vom 21.
Juli 2003 -
II
ZB
17/01, [X.]Z
156, 57, 61;
Urteil vom 16.
September 2002 -
II
ZR
284/01, [X.]Z
152, 29, 35).
11

-
7
-

c)
Aus dem Zweck des Ausgleichsanspruchs, den Verlust der mitglied-schaftlichen Vermögensrechte auszugleichen und den Anspruch auf Zahlung der Dividende
zu ersetzen, folgt, dass der Anspruch auf Zahlung des
jährlichen festen Ausgleichs
grundsätzlich mit dem Ende der auf ein Geschäftsjahr [X.] ordentlichen Hauptversammlung der abhängigen Gesellschaft
entsteht, soweit im Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag zugunsten der [X.] Aktionäre nichts anderes vereinbart ist (vgl. [X.], ZIP
2007, 582; [X.], Urteil vom 18.
Dezember 2008 -
I-6
U
139/07, juris Rn.
53; [X.], ZIP
2010, 519, 521; [X.] in [X.], 3.
Aufl., §
304 Rn.
9; MünchKomm[X.]/[X.], 3.
Aufl., §
304 Rn.
108; [X.], [X.], 9.
Aufl., §
304 Rn.
13; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2.
Aufl., §
304 Rn.
34;
[X.] in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
304
Rn.
35; Te[X.]en, AG 2003, 600, 601; [X.]/Krieger, 3.
Aufl., §
70 Rn.
68; [X.]/[X.], [X.], 3.
Aufl., §
304 Rn.
12; [X.]/[X.] in Großkomm. [X.], 4.
Aufl., §
304 Rn.
42; [X.], [X.], Rn.
363; [X.], EWiR
2010, 377; offengelassen bei [X.], ZIP
2002, 754, 757; KG,
ZIP
2009, 1223, 1227).
Der [X.] wäre mit dem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung (§
174 Abs.
1 [X.]) entstanden
([X.], Urteil vom 12.
Januar 1998 -
II
ZR
82/93, [X.]Z
137, 378,
381). Für diesen Zeitpunkt spricht darüber hinaus, dass auch ein Anspruch auf Zahlung des
garantierten Mindestgewinnanteils
beim reinen Beherrschungsvertrag (§
304 Abs.
1 Satz
2 [X.]) erst
mit dem Gewinnverwendungsbeschluss der Hauptversammlung ent-stehen und fällig werden kann. Dass beim festen Ausgleich kein [X.] mehr gefasst wird, schließt es nicht aus, den Zeitpunkt
heranzuziehen, an dem er hätte gefasst werden müssen (aA [X.]/[X.] Großkomm. [X.], 4. Aufl., § 304 Rn. 33).
12
13

-
8
-

Der Anspruch auf die jährliche
Ausgleichszahlung
entsteht nicht schon mit der Feststellung des Jahresabschlusses ([X.]/[X.], [X.], 3. Aufl., § 304 Rn. 12). Spätestens zu diesem Zeitpunkt entsteht zwar der Anspruch des herrschenden Unternehmens auf die Gewinnabführung, der hier nach §
2 Abs.
4 Satz
1 des Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrags zehn Tage danach zur Zahlung fällig wird. Eine Gleichbehandlung der außenstehenden Aktionäre mit dem herrschenden Unternehmen ist aber weder möglich noch
notwendig. Ein Jahresgewinn wird
nicht immer erzielt, und ein (vorläufiger) [X.] der abhängigen Gesellschaft wird bereits mit dem [X.] fällig ([X.], Urteil vom 11.
Oktober 1999 -
II
ZR
120/98, [X.]Z
142, 382, 386; Urteil vom 14.
Februar 2005 -
II
ZR
361/02, ZIP
2005, 854, 855). Die Feststellung des Jahresabschlusses kann verzögert oder
der Hauptversamm-lung vorbehalten werden (§
173 Abs.
1 [X.]), so dass die Entstehung des Aus-gleichsanspruchs
ebenfalls bis zur Hauptversammlung hinausgeschoben wer-den könnte. Den außenstehenden [X.] wird
auch kein
besonderes
[X.] aufgebürdet, wenn zwar der Anspruch des herrschenden Unterneh-mens auf den Jahresgewinn bereits mit der Feststellung des Jahresabschlus-ses entsteht, der Anspruch auf Zahlung
des jährlichen
Ausgleichs
aber erst mit der ordentlichen Hauptversammlung. Da der Ausgleich vom herrschenden Un-ternehmen geschuldet wird, tragen die außenstehenden Aktionäre das [X.] unabhängig davon, ob und wann der Gewinn des beherrschten [X.] abgeführt wird. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die außenstehenden Aktionäre beim festen Ausgleich in zeitlicher Hinsicht besser gestellt werden sollen als Aktionäre, die
nur im Fall eines Bilanzgewinns und eines [X.] einen Anspruch auf eine Dividende haben.
Der Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag enthält in §
4 Abs.
2 Satz 4 keine den außenstehenden [X.] günstigere Bestimmung zur [X.]. Danach wird der Ausgleich -
entsprechend der allge-14
15

-
9
-

mein üblichen Praxis für die Dividendenzahlung börsennotierter Gesellschaften ([X.] in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
304 Rn.
35)
-
jeweils am Tag nach der ordentlichen Hauptversammlung der W.

AG für das abgelaufene Geschäftsjahr fällig.
d)
Der Kläger war kein außenstehender Aktionär der W.

AG mehr, als die auf das Geschäftsjahr 2006/2007 folgende ordentliche Hauptversammlung der W.

AG am 23.
Januar 2008 stattfand. Der Kläger
hatte
seine Stellung als Aktionär der W.

AG schon zuvor
mit der Eintragung des Übertragungsbe-schlusses in das Handelsregister am 12.
November 2007 verloren. Mit der Ein-tragung des [X.]es gingen
die Aktien der Minderheitsaktio-näre auf die
Hauptaktionärin
über (§
327e
Abs.
3 Satz
1 [X.]).
e)
Der Kläger ist auch nicht nach [X.] und Glauben so zu behandeln, als
ob die Hauptversammlung noch vor der Eintragung des Übertragungsbeschlus-ses stattgefunden hätte. Dabei kann dahinstehen, ob bei einer Verzögerung des Hauptversammlungszeitpunkts gegenüber normalen Geschäftsjahren oder über den in §
175 Abs.
1 Satz
2 [X.] bestimmten Zeitraum hinaus der [X.] als fällig geworden zu behandeln ist. Eine solche Verzögerung ist nicht festgestellt.
2.
Der Kläger kann von der
Beklagten
als dem herrschenden Unterneh-men auch keinen Ausgleich für das Geschäftsjahr 2006/2007
ohne Rücksicht auf
den (regulären) Entstehungszeitpunkt
des jährlichen Zahlungsanspruchs verlangen. Im Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag wird den [X.] [X.] kein Teilanspruch für ein laufendes Geschäftsjahr einge-räumt. Nach §
4 Abs.
3 Satz
2 des Beherrschungs-
und Gewinnabführungsver-trags vermindert sich der Ausgleich zeitanteilig, wenn der Vertrag während ei-nes Geschäftsjahrs endet oder er für ein weniger als zwölf Monate dauerndes Rumpfgeschäftsjahr zu leisten ist. Beide Fälle setzen voraus, dass ein An-16
17
18

-
10
-

spruch auf Zahlung des Ausgleichs
noch entsteht,
und verschieben seine Ent-stehung
nicht. Im Übrigen
endete der Vertrag nicht während des [X.] und auch nicht mit der Eintragung des Übertragungsbeschlus-ses. Die Übertragung der Aktien auf das herrschende Unternehmen beendet den Beherrschungs-
und Gewinnabführungsvertrag nicht (Singhof in [X.]/
Stilz, [X.], 2. Aufl., §
327e Rn.
10; [X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-[X.], 6.
Aufl., §
327e Rn. 11).
Die vertragliche Regelung über eine zeitanteilige Verminderung des Ausgleichsanspruchs ist auch nicht in ergänzender Vertragsauslegung auf den Fall der Übertragung nach §§
327a
ff. [X.] anzuwenden. Mit dem Teilanspruch für den Fall einer Beendigung des Vertrages wollten die Parteien den Ausgleich für den Fall der unterjährigen Kündigung (§
297 [X.]) regeln. Dem steht der Verlust des Ausgleichsanspruchs nach einer
Übertragung der Aktien nicht gleich, auch nicht insoweit, als damit die die außenstehenden
Aktionäre be-günstigende [X.] endet ([X.]/[X.],
BB
2010, 1426, 1428; aA Dreier/[X.],
BB
2009, 1822, 1823). Die außenstehenden Ak-tionäre sind am [X.] selbst nicht unmittelbar beteiligt. Inwie-weit sie dadurch begünstigt werden, bestimmt -
soweit nicht gesetzliche [X.] einzuhalten sind
-
nur die Vereinbarung der Vertragspartei-en.
3.
Ein Anspruch auf Ausgleichszahlung
für das Geschäftsjahr 2006/2007 steht dem Kläger nach gesetzlichen Regelungen auch nicht gegen die Beklagte als Hauptaktionärin zu. Der außenstehende Aktionär hat keinen Anspruch ge-gen den Hauptaktionär auf einen Ausgleich hinsichtlich der Ausgleichszahlung aus §
101 Nr.
2 Halbsatz 2 BGB
bis zum Wirksamwerden
der Übertragung, we-der unmittelbar noch in
analoger Anwendung ([X.],
ZIP
2010, 519;
[X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-[X.], 6.
Aufl., §
304 Rn.
21a und 75; [X.] in [X.]/Stilz, [X.], 2.
Aufl., §
304 Rn.
37;
19
20

-
11
-

[X.]/[X.],
BB
2010, 1426; Bödecker/[X.],
NZG
2010, 296; aA Dreier/[X.],
BB
2009, 1822; [X.],
AG
2010, 561; [X.],
EWiR
2010, 377; für die Zeit bis zum [X.] [X.] in [X.], 3. Aufl., § 327b Rn. 7).
a)
Bei wiederkehrenden Erträgen kann der frühere Rechtsinhaber gegen denjenigen, der als späterer Rechtsinhaber den erst während seiner Rechts-inhaberschaft entstehenden
Anspruch auf den Ertrag erwirbt, einen schuld-rechtlichen Ausgleichsanspruch auf einen der Dauer seiner Berechtigung ent-sprechenden
Teil haben (§
101 Nr.
2 Halbsatz 2 BGB), soweit keine anderwei-tige
Regelung getroffen ist. Der Ausgleichsanspruch aus §
101 Nr.
2 Halbsatz
2 BGB setzt voraus, dass die [X.] auf einen [X.] übergeht und die Frucht tatsächlich gezogen wird. Dass die Früchte [X.] werden könnten, genügt nicht. Erst recht entsteht kein [X.],
wenn schon ein Fruchtziehungsrecht gar nicht besteht ([X.], Urteil vom 30.
Januar 1995 -
II
ZR
45/94, ZIP
1995, 374, 376). In der Person der [X.] entstand mit der auf das Geschäftsjahr 2006/2007 folgenden [X.] kein Anspruch auf die Ausgleichszahlung,
weil sie keine außenste-hende Aktionärin war. Folglich
ging auch keine [X.] vom Kläger auf die Beklagte über.
b)
§
101 Nr.
2 Halbsatz 2 BGB ist auch nicht entsprechend anzuwenden, um den Kläger einem dividendenberechtigten Aktionär
gleichzustellen.

§
101 Nr.
2 Halbsatz 2 BGB regelt den Ausgleich zwischen dem früheren Rechtsinhaber und dem Rechtsinhaber, der die Frucht zieht. Die Vorschrift
ist etwa bei der Veräußerung von Aktien nicht anwendbar, wenn der Ausgleich schon dadurch hergestellt ist, dass der zu erwartende Ertrag aus dem [X.] im Kaufpreis berücksichtigt ist. Das ist typischerweise der Fall, wenn börsennotierte Aktien erworben werden, weil der in dem
laufenden und den 21
22
23

-
12
-

künftigen Geschäftsjahren zu erwartende Ertrag im Börsenkurs vorweg berück-sichtigt ist ([X.] in [X.]/[X.], Aktien-
und GmbH-[X.], 6.
Aufl., §
304 Rn.
22; [X.] in K.
Schmidt/[X.], [X.], 2.
Aufl., §
304 Rn. 35; Te[X.]en,
AG 2003, 600, 602). Ein Ausgleich nach §
101 Nr.
2 Halbsatz
2 BGB wäre insoweit auch gar nicht praktikabel, weil sich
Veräußerer und Erwerber nicht kennen und nicht gesichert ist, dass der [X.] noch Rechtsinhaber ist, wenn die Dividende fällig wird.
Entsprechend sind die Ansprüche des Minderheitsaktionärs gegen den Hauptaktionär in §§
327a
ff. [X.] geregelt. Die Abfindung muss angemessen sein und die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung
der Hauptversammlung berücksichtigen, die die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre beschließt

327a Abs.
1 Satz
1, §
327b Abs.
1 Satz
1 [X.]). Wenn die Abfindung für die Übertragung nach §
327a
ff. [X.] nach dem Börsenkurs bemessen ist, sind die zu erwartenden Erträge wie bei einer freiwil-ligen Veräußerung im Börsenwert enthalten und damit im Abfindungsanspruch abgegolten. Das gleiche gilt, wenn die Abfindung nach der Ertragswertmethode als Barwert der künftigen Erträge ermittelt wird. Nach den -
insoweit von der Revision nicht angegriffenen
-
Feststellungen des Berufungsgerichts liegt hier
der Abfindungsbetrag unter Berücksichtigung sowohl der
künftigen Erträge als auch der
zu erwartenden Ausgleichszahlungen als ewige Rente nicht höher als der
Börsenkurs. Der auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung ermittelte [X.] war vielmehr
in beiden Fällen niedriger als
die angebotene Abfindung
auf der Basis des Börsenkurses.

c)
Der Kläger hat schließlich auch keinen Anspruch auf eine anteilige

aa)
Allerdings wird bei der Berechnung des [X.] der künftigen Erträ-ge auf den Zeitpunkt der Hauptversammlung, die die Übertragung beschließt,
24
25
26

-
13
-

als dem nach §
327b Abs.
1 Satz
1 [X.] maßgebenden Zeitpunkt abgezinst, weil dieser Zeitpunkt nach §
327b Abs.
1 Satz
1 [X.] der [X.] zu legen ist; auch die Bestimmung des Börsenwerts richtet sich grund-sätzlich nach diesem Zeitpunkt ([X.], Beschluss vom 19.
Juli 2010 -
II
ZB
18/09, [X.]Z
186, 229 Rn.
15 -
Stollwerck). Da die Abfindung erst mit der Eintragung des [X.]es
zu zahlen ist, stimmen der Zeit-punkt der Wertbestimmung und der Zeitpunkt der Zahlung nicht überein. Ein Aktionär erhält mit der Abfindungszahlung vom Hauptaktionär rechnerisch den erwarteten Ertrag anteilig für ein laufendes Geschäftsjahr bis zur [X.], in der der [X.] gefasst wird, nur abgezinst,
ebenso für alle künftigen Geschäftsjahre. Er erhält den
Differenzbetrag
auch nicht über eine Verzinsung der Abfindung, weil der Anspruch auf die Abfindung erst von der Bekanntmachung der Eintragung des [X.]es an zu verzinsen ist (§ 327b Abs. 2 [X.]).
[X.])

eruht aber nicht auf einer mit einem antei-ligen Ausgleichsanspruch (§
304 [X.]) zu schließenden Gesetzeslücke. Es fehlt schon eine Gesetzeslücke, weil der Gesetzgeber ausdrücklich entschieden hat, den Abfindungsanspruch
erst ab
der Bekanntgabe der Eintragung des
[X.]es (§
327b Abs.
2 [X.]) zu verzinsen. Eine Lücke wäre auch nicht mit einem anteiligen Ausgleichsanspruch zu füllen. Die sogenannte rzinsu

betrifft das Verhältnis zwischen Minderheitsaktionär und Hauptaktionär und nicht zwischen dem außenstehenden
Aktionär und dem herrschenden Unternehmen. Wenn der [X.] erst nach der nächsten ordentlichen Hauptversammlung eingetragen wird, erhalten die [X.] Aktionäre den festen Ausgleich für das vergangene [X.] unabhängig davon, was die Hauptaktionärin zu zahlen hat. Den entstande-nen Ausgleich für das Geschäftsjahr 2005/2006 erhielten
die außenstehenden Aktionäre deshalb neben den in der Abfindung enthaltenen Nutzungen für die-27

-
14
-

ses Geschäftsjahr. Da herrschendes Unternehmen und Hauptaktionär -
etwa im mehrstufigen Konzern
-
nicht identisch sein müssen, könnte eine Lückenschlie-ßung durch einen Ausgleichsanspruch für die außenstehenden Aktionäre zu einer doppelten Zahlungsverpflichtung des herrschenden Unternehmens füh-ren, wenn auch die Hauptaktionärin außenstehende Aktionärin ist.
[X.])
Dem
Kläger ist gegen die Beklagte, die auch Hauptaktionärin ist, auch nicht in verfassungskonformer Auslegung von §
327b Abs.
2 [X.] wegen zu-sprechen.
Ein solcher
Zinsanspruch
ist nicht Gegenstand der Klage.
§
327b Abs.
2 [X.] wäre im Übrigen auch nicht ergänzend dahin auszu-legen, dass die Verzinsung der Abfindung bereits mit dem Übertragungsbe-schluss der Hauptversammlung beginnen muss, um einer verfassungswidrigen [X.] zu begegnen. Abgesehen davon, dass einer ergänzenden Auslegung der Vorschrift der eindeutige Wortlaut entgegensteht, entspricht die Verzinsungsregelung in §
327b Abs.
2 [X.] verfassungsrechtlichen Vorgaben ([X.],
ZIP
2007, 1261
Rn.
28; [X.], ZIP
2006, 27, 30; [X.]/
[X.],
BB
2010, 1426, 1430; [X.],
ZIP
2010, 1773, 1777;
[X.],
AG 2010, 561, 569). Dass die Verzinsung nicht schon mit dem Bewer-tungszeitpunkt, der Hauptversammlung, sondern erst mit dem Wirksamwerden der Übertragung beginnt, entspricht der Regelung bei anderen Strukturmaß-nahmen

305 Abs.
3 Satz
3, §
320b Abs.
1 Satz
6 [X.]). In den gesetzlichen Regelungen in
§§
327a
ff. [X.] ist auch keine [X.] angelegt. Sie sehen vor, dass
der Hauptversammlungsbeschluss grundsätzlich umgehend in das
Handelsregister eingetragen werden kann (§
327e Abs.
1 [X.]) und damit Bewertungszeitpunkt und Zahlung der Abfindung bzw. der Verzinsung nahe beieinander liegen. Zu einer Verzögerung der Eintragung kommt es nur, wenn
Aktionäre mit Anfechtungsklagen die unverzügliche Eintragung des Übertra-gungsbeschlusses verhindern und die Übertragung der Aktien hinauszögern 28
29

-
15
-


327e Abs.
2, §
319 Abs.
5 [X.]). Der Gesetzgeber kann dieser Verzögerung auch anders als durch eine Verzinsung, nämlich durch die Beschleunigung des [X.] (§
327e Abs.
2, §
319 Abs.
6 Satz
1 [X.]) begegnen. Der dennoch mögliche, in der Höhe beschränkte Nutzungsentgang
stellt den vom [X.] geforderten vollen angemessenen
Wertersatz für den ausgeschlossenen Aktionär ([X.],
[X.], 1261 Rn.
20) noch nicht in Frage. Die
Aktionäre sind gerade bei einer längeren Verzögerung der Eintra-gung von den Nutzungen nicht abgeschnitten. Sie erhalten, sofern der Übertra-gungsbeschluss erst nach der nächsten ordentlichen Hauptversammlung einge-tragen wird, Dividende oder
Ausgleichzahlungen. [X.] Verzögerungen be-einträchtigen die volle Entschädigung nicht. Dass der Zeitpunkt der Wertbe-rechnung und der Zahlungszeitpunkt auseinanderfallen, ist bei Aktien nicht un-gewöhnlich. So wird die Dividende, obwohl der Gewinn zum Ende eines [X.] errechnet wird, erst bis zu acht Monate später nach
dem Beschluss der Hauptversammlung über die Gewinnverwendung ausgezahlt.
Bei einer Ab-wägung

-
16
-

kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass nicht der Hauptaktionär, [X.] die [X.] Aktionäre die Verzögerung zu verantworten haben. Ei-nem
Aktionär, der
die Verzögerung nicht hinnehmen will, bleibt es schließlich unbenommen, dem Hauptaktionär seine Aktien auch schon vor der Eintragung des [X.]es anzudienen.

[X.]

Caliebe

Drescher

[X.]

Sunder
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.05.2008 -
3/5 O 357/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 29.09.2009 -
5 U 69/08 -

Meta

II ZR 237/09

19.04.2011

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 19.04.2011, Az. II ZR 237/09 (REWIS RS 2011, 7380)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7380

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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18 U 57/09 (Oberlandesgericht Köln)


Referenzen
Wird zitiert von

III R 15/18

Zitiert

II ZR 237/09

5 U 69/08

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