Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2005, Az. VIII ZR 4/05

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 698

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 23. November 2005 Kirchgeßner Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] § 553 Abs. 1 Der Anspruch des Wohnungsmieters auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung setzt nicht voraus, dass der Mieter in der Wohnung seinen Lebensmittelpunkt hat. [X.], Urteil vom 23. November 2005 - [X.] - [X.] - 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 23. November 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], die Rich-ter Ball, [X.] und [X.] sowie die Richterin [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil der [X.] des [X.] vom 7. Dezember 2004 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Kläger mieteten mit Vertrag vom 4. Februar 1992 von den Rechts-vorgängern des Beklagten eine Wohnung in B. . Die 114,75 qm große Woh-nung verfügt [X.], eine Kammer, eine Küche und ein Bad. Die Klägerin zu 1 arbeitet in [X.]und hält sich nur zeitweise in [X.]auf. Der Kläger zu 2 lebt aus beruflichen Gründen überwiegend in [X.]bei [X.]

, wo er eine Wohnung angemietet hat. Mit Schreiben vom 18. Juli 2003 baten die Kläger den Beklagten, ihnen die Erlaubnis zu einer Untervermietung von zwei Zimmern der Wohnung zu erteilen. Dies lehnte der Beklagte ab. 1 Mit ihrer Klage begehren die Kläger die Zustimmung des Beklagten zu einer Untervermietung [X.] der Wohnung. Sie haben vorgetragen, lediglich einen Teil der Wohnung untervermieten zu wollen. Das Amtsgericht 2 - 3 - hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung der Kläger zu-rückgewiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kläger ihren Klageantrag weiter. Entscheidungsgründe: [X.] 3 Das Berufungsgericht, dessen Entscheidung in [X.] 2005, 126 f. veröf-fentlicht ist, hat ausgeführt: Den Klägern stehe kein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Unter-vermietung gemäß § 553 Abs. 1 [X.] zu, weil ihr Lebensmittelpunkt nicht mehr in [X.]sei. Zwar enthalte § 553 Abs. 1 [X.] kein Tatbestandsmerkmal des "Lebensmittelpunktes"; dieser Umstand sei jedoch im Rahmen der Prüfung des berechtigten Interesses mit heranzuziehen. Nach der Rechtsprechung des [X.] sei als berechtigt jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der [X.] Rechts- und [X.] in Einklang stehe. Dies sei hier fraglos an-zunehmen. Die von den Klägern angeführten Gründe seien auch von nicht [X.] Gewicht, weil das Vorhalten mehrerer Wohnsitze zu zusätzlichen Kosten führe, die durch die Untermiete reduziert würden; zusätzlich werde [X.], dass die Wohnung nicht längere [X.] leer stehe. Ein so verstandenes erhebliches Interesse sei jedoch mit § 540 Abs. 1 [X.] nicht zu vereinbaren, wonach grundsätzlich gerade keine Untervermietung möglich sein solle. Es sei nicht Sinn der Regelung, dass der Gesichtspunkt des gemeinsamen Wohnens völlig in den Hintergrund gedrängt werde. Mithin bedürfe es einer Abgrenzung für die Fälle, in denen zwar eine Wohnung aufrechterhalten werde, diese Be-dingung aber auch für andere Wohnungen des Mieters zutreffe. Das [X.] sei sachgerecht. Demgegenüber 4 - 4 - könne nicht angeführt werden, dass in der heutigen [X.] das Vorhalten mehre-rer Wohnungen im Interesse des Mieters sei. Dem habe der Gesetzgeber im Rahmen der Kündigungsregelungen Rechnung getragen, so dass für den [X.] nur dieser Weg offen stehe. I[X.] 5 Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Zu Unrecht meint das Berufungsgericht, dem Anspruch der Kläger auf Erteilung der [X.] gemäß § 553 Abs. 1 [X.] stehe entgegen, dass sie ih-ren Lebensmittelpunkt nicht mehr in [X.]hätten. Unter Zugrundelegung des vom Beklagten bestrittenen, für das Revisionsverfahren als zutreffend zu [X.] Vorbringens der Kläger, lediglich einen Teil der Wohnung unterver-mieten zu wollen, sind die Voraussetzungen des § 553 Abs. 1 Satz 1 [X.] er-füllt. Gemäß § 553 Abs. 1 Satz 1 [X.] (§ 549 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 1 [X.]) kann der Mieter vom Vermieter die Erlaubnis verlangen, einen Teil des Wohnraumes einem [X.] zum Gebrauch zu überlassen, wenn für ihn nach Abschluss des Mietvertrags ein berechtigtes Interesse hieran entsteht. Dies gilt nach Satz 2 der Vorschrift nicht, wenn in der Person des [X.] ein wichtiger Grund vorliegt, der Wohnraum übermäßig belegt würde oder dem Vermieter die Überlassung aus sonstigen Gründen nicht zugemutet werden kann. 6 Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts fehlt es nicht bereits dann an einem berechtigten Interesse des Mieters, wenn er Wohnraum unter-vermieten will, in dem er nicht seinen Lebensschwerpunkt hat ([X.], [X.], 973, 974; Kellendorfer in [X.]/[X.], Miet- und Pachtrecht, § 553 Rdnr. 5; a.[X.], [X.], 49, 50; [X.] in [X.]/[X.], 7 - 5 - Miete, 2. Aufl., § 553 Rdnr. 6; [X.]. in [X.], 8. Aufl., § 553 [X.] Rdnr. 6). 8 1. Als berechtigt ist jedes, auch höchstpersönliche Interesse des Mieters von nicht ganz unerheblichem Gewicht anzusehen, das mit der geltenden Rechts- und [X.] in Einklang steht (Senat, [X.] 92, 213, 219 zu § 549 Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F.; [X.]/[X.], [X.] (2003), § 553 Rdnr. 5 m.w.Nachw.). Die Kläger halten sich aus beruflichen Gründen überwie-gend außerhalb [X.]auf. Der Kläger zu 2 hat an seiner Arbeitsstelle in [X.]

eine Wohnung angemietet; die Klägerin zu 1 arbeitet in [X.] . Das Berufungsgericht hat den von den Klägern vorgetragenen Wunsch nach einer Entlastung von den Reise- und Wohnungskosten, die ihnen aus beruflichen Gründen entstehen, zutreffend als berechtigtes Interesse zur Untervermietung eines Teils der Wohnung angesehen (vgl. auch [X.], NJW-RR 1994, 1289; [X.], [X.], 535; [X.], aaO, Rdnr. 5 m.w.Nachw.) 2. Das Berufungsgericht hat jedoch gemeint, ein so verstandenes be-rechtigtes Interesse sei mit § 540 Abs. 1 [X.] nicht zu vereinbaren, wonach grundsätzlich keine Untervermietung möglich sein solle; ein Anspruch auf Ertei-lung der [X.] bestehe nicht, wenn der Mieter in der Wohnung nicht seinen Lebensmittelpunkt habe. Diesen Ort sieht das Berufungsgericht dort, wo der Mieter seinen Alltag verbringt; es hat ihn hinsichtlich der Kläger, die überwiegend außerhalb [X.] leben, für die Wohnung in [X.]verneint. 9 Diese Einschränkung findet im Wortlaut der §§ 540 Abs. 1, 553 Abs. 1 [X.] keinen Anhalt. Sie ist auch weder mit der Systematik der gesetzlichen Re-gelung noch mit dem Zweck des § 553 Abs. 1 [X.] vereinbar. 10 Zwar bedarf der Mieter gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 [X.] (§ 549 Abs. 1 Satz 1 [X.] a.F.), der für alle Mietverhältnisse gilt, der Erlaubnis des Vermieters 11 - 6 - zur Weitervermietung der Mietsache an einen [X.]. Für den Bereich der Wohnraummiete gewährt § 553 Abs. 1 [X.] dem Mieter jedoch einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung sind unter Berücksichtigung des mieterschützenden Zwecks der Regelung auszulegen. Das Mietverhältnis soll gerade auch dann aufrechterhal-ten werden, wenn der Mieter den Wohnraum teilweise einem anderen zum Gebrauch überlassen möchte (vgl. Senat, aaO, 217, zu § 549 Abs. 2 Satz 1 [X.] a.F; MünchKomm[X.]/Schilling, 4. Aufl., § 553 Rdnr. 2). Der Gesetzes-zweck, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, bestimmt deshalb die Auslegung des Begriffs "berechtigtes Interesse" und sein Verhältnis zu dem in § 553 Abs. 1 Satz 2 [X.] genannten Zumutbarkeitserfordernis (Senat, aaO). Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts erfordert es der Zweck der gesetzlichen Regelung nicht, dass Dritte in die Wohnung aufgenommen werden, um gemeinsam mit diesen zu wohnen. Zwar ist in der Begründung des [X.] zum Mietrechtsreformgesetz vom 19. Juni 2001 als Regel-fall des gesetzlichen Anspruchs nach § 553 [X.] die Aufnahme eines [X.] zum Zwecke der Bildung oder Fortführung eines auf Dauer angelegten gemeinsamen Haushalts benannt (BT-Drucks. 14/4553 S. 49). Daraus folgt [X.] nicht, dass der Mieter nur dann einen Anspruch auf Erteilung der [X.] hat, wenn er beabsichtigt, mit dem Untermieter zusammenzule-ben. 12 Zudem kommt der Mobilität und Flexibilität in der heutigen Gesellschaft zunehmende Bedeutung zu, wie in der Begründung des [X.] zum Mietrechtsreformgesetz hervorgehoben wird (aaO S. 38 f. zu den [X.]). Dies kann es - wie im Falle der Kläger - erfordern, an einer ande-renorts gelegenen Arbeitsstelle eine weitere Wohnung zu begründen. [X.] ein Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis zur Untervermietung lediglich [X.] - 7 - lich derjenigen Wohnung, in der der Mieter (zur [X.]) seinen [X.] hat, könnte der mit den Kosten einer doppelten Haushaltsführung be-lastete Mieter im Einzelfall zur Aufgabe der Wohnung gezwungen sein, deren teilweise Untervermietung er begehrt, etwa weil die Wohnung, in der er sich überwiegend aufhält, wegen ihres Zuschnitts oder ihrer Größe für eine Unter-vermietung ungeeignet ist. Dies würde dem Zweck des § 553 Abs. 1 [X.] zuwi-derlaufen, dem Mieter die Wohnung zu erhalten, und wäre zudem mit seiner grundsätzlich anzuerkennenden Entscheidung, sein Privatleben "innerhalb der eigenen vier Wände" nach seinen Vorstellungen zu gestalten (Senat, aaO, 219), nicht zu vereinbaren. Soweit durch die beabsichtigte Untervermietung schützenswerte Belange des Vermieters berührt werden, sind diese gemäß § 553 Abs. 1 Satz 2 [X.] unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit zu be-rücksichtigen und gegen die Interessen des Mieters abzuwägen (Senat, aaO, 220 f., 222). - 8 - II[X.] 14 Auf die Revision der Kläger ist das Berufungsurteil daher aufzuheben; die Sache ist, da es weiterer Feststellungen bedarf, zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 562 Abs. 1, 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). [X.] Ball [X.] [X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 16.08.2004 - 20 C 29/04 - [X.], Entscheidung vom 07.12.2004 - 65 S 303/04 -

Meta

VIII ZR 4/05

23.11.2005

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.11.2005, Az. VIII ZR 4/05 (REWIS RS 2005, 698)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 698

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