Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2017, Az. 2 StR 410/17

2. Strafsenat | REWIS RS 2017, 3818

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:171017B2STR410.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
2 StR 410/17
vom
17.
Oktober
2017
in dem Sicherungsverfahren
gegen

-
2
-
Der 2. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts
und nach Anhörung des Beschwerdeführers
am
17.
Oktober
2017
beschlossen:
Es wird festgestellt, dass die Revision des Beschuldigten gegen das Urteil des [X.] vom 2.
Juni 2017 wirksam zu-rückgenommen worden ist.
Die (erneut eingelegte) Revision des Beschuldigten gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen.
Der Beschwerdeführer
hat die Kosten seiner Revision zu tragen.

Gründe:
Das [X.] hat am 2.
Juni 2017
die Unterbringung des [X.] in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet.
Gegen dieses Urteil
legte der Verteidiger
des Angeklagten Revision ein. Mit Schreiben vom 7.
Juli 2017,
beim [X.] eingegangen am 10.
Juli 2017, nahm
der Beschuldigte
die Revision zurück und erklärte, dass er das

vom 2.
Juni 2017

wolle.
1
2
-
3
-
Mit
Schreiben vom 18.
Juli 2017,
beim [X.] eingegangen
am 21.

nun-mehr

Revision einlege. Mit am
24.
Juli 2017 beim [X.] eingegangenem Schreiben vom 20.
Juli 2017 teilte der Verteidiger mit, dass das Rechtsmittel nicht zurückgenommen werde. Mit Schriftsatz vom 21.
August 2017 begründete
der Verteidiger
die Revision fristgemäß.
1. Bei dieser Sachlage ist eine feststellende Klärung der Wirksamkeit der Revisionsrücknahme durch förmliche Entscheidung des Rechtsmittelgerichts
angezeigt (vgl.
Senat, Beschluss vom 30.
November 2005

2
StR 522/05, [X.]R [X.] §
302 Abs.
2 Rücknahme
11; [X.], Beschluss vom
15.
Dezember 2015

4 StR 491/15, [X.], 180, 181). Der Beschuldigte hat mit seinem
Schreiben vom 7.
Juli
2017 die
zuvor eingelegte Revision
wirksam zurückgenommen

302 Abs. 1 Satz
1 [X.]).
a) [X.] wahrt die
hierfür erforder-liche Form (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60. Aufl., §
302 Rn. 7 mwN). Der Inhalt der Erklärung ist zweifelsfrei auf die
Beendigung des Revisionsverfahrens
und den Eintritt der Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils
gerichtet.
b) Der Beschuldigte war bei der Abgabe seiner Rücknahmeerklärung verhandlungs-
und damit prozessual handlungsfähig.
aa) Die prozessuale Handlungsfähigkeit setzt bei
Abgabe einer Rechts-mittelrücknahmeerklärung voraus, dass der Beschuldigte die Tragweite seiner Erklärung erkennt. Der Beschuldigte muss sich in einem Zustand geistiger Freiheit
und Klarheit befinden, in dem er seine Interessen vernünftig abwägen 3
4
5
6
7
-
4
-
und wahrnehmen kann (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Dezember 2015

4 StR 491/15, aaO; [X.]/[X.], aaO, § 302 Rn.
8a). Eine etwaige Geschäfts-
oder Schuldunfähigkeit des Beschuldigten schließt
seine prozessua-le Handlungsfähigkeit nicht zwingend aus. Die Annahme einer Unwirksamkeit der Rücknahmeerklärung
kommt
erst in Betracht, wenn hinreichende Anhalts-punkte dafür vorliegen, dass er
bei Abgabe der Erklärung nicht in der Lage war,
Bedeutung und Tragweite der [X.] zu erfassen
(vgl. Senat, Beschluss vom 28.
Juli 2004

2 [X.], [X.], 341; [X.]/[X.], aaO, §
302 Rn.
8a).
Zweifel an der prozessualen Handlungs-fähigkeit gehen hierbei zu Lasten des Beschuldigten (vgl.
Senat, Beschluss vom 28.
Juli 2004

2 [X.], aaO;
[X.], Beschluss vom 11.
Oktober 2007

3
StR 368/07).

bb) Gemessen hieran
hat der Senat keine Zweifel an der Verhandlungs-
und prozessualen Handlungsfähigkeit des Beschuldigten bei
Abgabe der Rück-nahmeerklärung.
Das
handschriftlich gefertigte Schreiben vom 7.
Juli 2017 enthält keine Anhaltspunkte dafür, dass der Beschuldigte Inhalt und Bedeutung der Rück-nahmeerklärung vor dem Hintergrund der prozessualen Lage verkannt haben könnte. Unter Bezugnahme auf die
durch seinen
Verteidiger eingelegte Revisi-on
ist die Erklärung inhaltlich und sprachlich präzise gefasst, wobei der Beschuldigte
das zutreffende
Aktenzeichen
wiedergibt. Durch die
Formulierung bringt der Beschuldigte seinen Willen zum Ausdruck, das Revisionsverfahren
zu
beenden und die
Rechtskraft des landgerichtlichen Urteils
herbeizuführen.
8
9
-
5
-
Das sachverständig beratene [X.] hat zwar festgestellt, dass der Beschuldigte an einer psychischen Erkrankung in Form einer bipolaren affekti-ven Störung leidet, die
mit wahnhaftem Erleben einhergeht, das
die Bereiche Sexualität und Gewalt umfasst; der Beschuldigte litt unter Vergewaltigungsfan-tasien, die zum Tatzeitpunkt zu einer Aufhebung der Einsichtsfähigkeit geführt haben. Anhaltspunkte dafür, dass sich der Beschuldigte bei Abgabe der [X.]erklärung

wie vom Verteidiger in seinem Schriftsatz vom 12.
Oktober 2017 behauptet

in einem wahnhaften Zustand befunden habe
und deshalb nicht in der Lage gewesen sei, die Tragweite seiner [X.] zu erkennen,
bestehen
hingegen
nicht.
2. Die wirksame Rücknahmeerklärung
ist nach ihrem Eingang bei Gericht
unwiderruflich und unanfechtbar
geworden (vgl. Senat, Beschlüsse vom 16.
Dezember 1994

2
StR 461/94, [X.], 356, 357; vom 28.
Juli 2004

2
[X.], aaO).
3. Die von dem Beschuldigten (hilfsweise)
erneut eingelegte Revision
ist unzulässig, da eine wirksame Rücknahmeerklärung
regelmäßig
den Verzicht auf die Wiederholung des Rechtsmittels enthält (vgl. Senat, Beschluss vom 28.
Juli 2004

2 [X.],
aaO
mwN; [X.], Beschluss vom 6.
Dezember 2016

4
StR 558/16).

Krehl

Eschelbach

Zeng

Bartel

Grube

10
11
12

Meta

2 StR 410/17

17.10.2017

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.10.2017, Az. 2 StR 410/17 (REWIS RS 2017, 3818)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3818

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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2 StR 410/17

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