Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.06.2011, Az. X B 234/10

10. Senat | REWIS RS 2011, 5638

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Gegenstand

Anordnung einer Außenprüfung auch bei Kleinunternehmern nicht weiter begründungspflichtig


Leitsatz

NV: Auch für Veranlagungszeiträume nach Inkrafttreten des Kleinunternehmerförderungsgesetzes vom 31. Juli 2003 (BGBl I 2003, 1550) genügt für Steuerpflichtige, die betriebliche Einkünfte beziehen, für die Begründung der Anordnung einer Außenprüfung weiterhin der bloße Hinweis auf § 193 Abs. 1 AO. Dies gilt auch für Steuerpflichtige, die wegen Unterschreitens der in § 141 AO genannten Grenzen nicht buchführungspflichtig sind.

Gründe

1

Die Beschwerde ist unzulässig.

2

Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) hat den von ihm geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--) nicht in einer den gesetzlichen Anforderungen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 [X.]O) entsprechenden Weise dargelegt.

3

1. Der Kläger meint zunächst, es sei von grundsätzlicher Bedeutung, ob Außenprüfungen bei Kleinunternehmern auch nach Inkrafttreten des [X.] (KleinUnt[X.]) vom 31. Juli 2003 ([X.], 1550) angeordnet werden dürften und insoweit weiterhin der bloße Hinweis auf die Vorschrift des § 193 Abs. 1 der Abgabenordnung ([X.]) als Begründung ausreiche. Das Finanzgericht ([X.]) habe sich bei Bejahung dieser Fragen ausschließlich auf höchstrichterliche Rechtsprechung gestützt, die zu Prüfungszeiträumen vor Inkrafttreten des KleinUnt[X.] ergangen sei. Mit dem durch das KleinUnt[X.] angefügten § 60 Abs. 4 der [X.] sei Kleinunternehmern ein besonderes Formular, die Anlage [X.], zur Verfügung gestellt worden. Erst dann, wenn das Finanzamt "wirklich begründete Anhaltspunkte" dafür habe, dass der Steuerpflichtige dieses Formular "bewusst" nicht so ausfülle, wie es "dem Grundsatz von Treu und Glauben" entspreche, könne das Finanzamt eine kaufmännische Buchführung verlangen.

4

a) Die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache setzt voraus, dass die Beschwerdebegründung konkrete Rechtsfragen bezeichnet und auf deren Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit im angestrebten Revisionsverfahren sowie auf deren über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (Beschluss des [X.] --BFH-- vom 18. November 2010 [X.]/10, [X.], 406, unter [X.], m.w.N.). Dabei erfordert die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit ein konkretes und substantiiertes Eingehen darauf, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. u.a. [X.] vom 21. Juli 2005 [X.]/04, [X.] 2005, 1984).

5

b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

6

Trotz eindeutiger entsprechender Ausführungen des [X.] sowie des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --[X.]--) setzt sich der Kläger nicht damit auseinander, dass diejenige Norm, auf die das [X.] die Prüfungsanordnung gestützt hat (§ 193 Abs. 1 [X.]), durch das KleinUnt[X.] nicht geändert worden ist. Ferner fehlt jegliche Auseinandersetzung mit der vom [X.] und [X.] herangezogenen Begründung, wonach auch solche Gewerbetreibende, die aufgrund der Änderung des § 141 [X.] durch das KleinUnt[X.] nicht mehr buchführungspflichtig sind und daher ihren Gewinn nicht mehr nach § 4 Abs. 1, § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermitteln müssen, einem Mindestmaß an Aufzeichnungspflichten unterliegen, die aus § 4 Abs. 3 EStG folgen. Auch setzt sich die Beschwerdebegründung nicht damit auseinander, dass aus verfassungsrechtlichen Gründen das Deklarationsprinzip einer Ergänzung durch das [X.] bedarf (Urteil des [X.] vom 27. Juni 1991  2 BvR 1493/89, [X.] 84, 239, unter [X.]), die Finanzbehörden also in der Lage sein müssen, Angaben in Steuererklärungen effektiv auf ihre Richtigkeit überprüfen zu können.

7

Während des gesamten Verfahrens ist der Kläger durchgehend dem Missverständnis erlegen, er müsse nach der Anordnung einer Außenprüfung eine kaufmännische Buchführung vorweisen. Das ist indes nicht der Fall. Es genügt vielmehr, wenn er Unterlagen vorlegt, die den Anforderungen des § 4 Abs. 3 EStG genügen.

8

c) Soweit der Kläger darauf verweist, dass zumindest diejenigen "Bundesbürger", die seit dem 1. Januar 2004 ein Kleinunternehmen gegründet hätten, von der Rechtsfrage betroffen seien, fehlt es zudem an der Darlegung der Klärungsfähigkeit der Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall. Denn nach den von der Beschwerde nicht in Zweifel gezogenen Feststellungen des [X.] war der Kläger bereits seit 1992 als Gewerbetreibender tätig. Im Übrigen gelten die aus § 4 Abs. 3 EStG folgenden gesetzlichen Anforderungen an die Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und -ausgaben nicht nur für "Bundesbürger", sondern für alle unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtigen i.S. des § 1 EStG.

9

2. Ferner hält der Kläger die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob ein [X.]-Urteil verfahrensfehlerhaft ergangen ist, wenn es zur Begründung seiner Entscheidung auf höchstrichterliche Rechtsprechung Bezug nimmt, die zu einer Rechtslage vor Inkrafttreten eines Änderungsgesetzes ergangen ist. Auch die Klärungsbedürftigkeit dieser Rechtsfrage in einem künftigen Revisionsverfahren im Streitfall hat der Kläger aber nicht dargelegt, da die [X.] Streitfall allein entscheidungserhebliche-- Vorschrift des § 193 Abs. 1 [X.] durch das KleinUnt[X.] nicht geändert worden ist.

Meta

X B 234/10

20.06.2011

Bundesfinanzhof 10. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 27. Oktober 2010, Az: 3 K 291/09, Urteil

§ 141 AO, § 193 AO, KlUFöG

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 20.06.2011, Az. X B 234/10 (REWIS RS 2011, 5638)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 5638

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