Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2016, Az. I ZR 252/14

I. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 17365

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:210116UIZR252.14.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
I [X.]
Verkündet am:

21. Januar 2016

Führinger

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja

Kundenbewertung im [X.]
UWG § 2 Abs. 1 Nr. 3 und [X.], § 5 Abs. 1
a)
Die Unternehmereigenschaft im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.] UWG ist abs-trakt zu bestimmen; es kommt nicht darauf an, ob der [X.] selbst konkret geschäftliche Handlungen der Art vornimmt wie derjenige, dessen Handeln er lauterkeitsrechtlich beanstandet.
b)
Der Grundsatz, dass Hersteller von Waren im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG in einem konkreten [X.]verhältnis zu Einzelhändlern stehen, die gleichartige Waren an Verbraucher verkaufen, erfährt keine Einschrän-kung für Produkte, die ausschließlich über eigene Tochtergesellschaften vertrieben werden.
c)
Wer im [X.] mit "garantiert echten Meinungen" wirbt, muss deutlich [X.] aufklären, dass ein zwischen Unternehmen und Kunden vorgesehenes Schlichtungsverfahren die Berücksichtigung negativer und neutraler Anbie-terbewertungen einschränken kann.
[X.], Urteil vom 21. Januar 2016 -
I [X.] -
OLG Düsseldorf

[X.]

-
2
-

Der [X.]
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhand-lung vom 21.
Januar 2016 durch [X.]
Dr.
Büscher, die Richter Prof.
Dr.
Schaffert, Dr.
Kirchhoff, Dr.
[X.] und die Richterin Dr.
Schwonke

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Beklagten und ihrer Streithelferin wird das Ur-teil des
20.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Oktober 2014 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Klägerin stellt Druckerzeugnisse her, die sie ausschließlich an eigene Tochtergesellschaften liefert. Sie ist Alleingesellschafterin und Konzernmutter-gesellschaft der u.

[X.], die zuvor unter
"P.

GmbH"
firmierte. Die u.

[X.] und die Beklagte sind
Wettbewerber beim Vertrieb von Druckerzeugnissen
im
[X.].
1
-
3
-
Am 30.
Mai 2012 erschien auf der
Startseite des [X.]auftritts der [X.] folgende Angabe:
Kundenbewertung 4,8/5

Garantiert echte Meinungen
Kundenauszeichnung e.

Diese Angabe war mit einer [X.]seite der Streithelferin der Beklagten, der e.

Ltd.,
verlinkt, aus der Anzahl und Inhalt der
dieser Angabe zugrunde
liegenden
Kundenbewertungen sowie Informationen zur Anzahl beendeter und offener Schlichtungsverfahren ersichtlich waren.
Nach den [X.] der Streithelferin der Beklagten (Versi-on
4.0 vom 1.
März 2011) werden positive [X.]en sofort freige-schaltet, sofern sie keinen offensichtlich beleidigenden, fremdenfeindlichen, an-derweitig strafbaren oder sonst anstößigen Inhalt haben. Dagegen werden neutrale und negative [X.]en zunächst durch einen Kundenmei-nungsmanager der Streithelferin einer intensiven Prüfung unterzogen. Der [X.] erhält eine Benachrichtigung und kann sodann innerhalb von fünf Tagen ein Schlichtungsverfahren mit dem Kunden einleiten. Wird kein Schlichtungs-verfahren eröffnet, wird die neutrale oder negative Meinung veröffentlicht. Im Schlichtungsverfahren
können
Anbieter und Kunde
jederzeit
die
Entscheidung eines Kundenmeinungsmanagers der Streithelferin
darüber
anfordern, ob die Bewertung
veröffentlicht wird oder nicht. Der Kunde
kann
seine Bewertung
stets
wieder zurückziehen,
etwa weil er seine Kritik nunmehr für ungerechtfertigt hält
oder
das Problem durch ihn selbst verursacht oder zufriedenstellend gelöst wurde.
Schlichtungsverfahren können auch
mehr als
fünf Tage
nach Benach-richtigung des Anbieters über die Bewertung
eingeleitet werden. In diesem Fall bleibt
die [X.]
während des Schlichtungsverfahrens
jedoch veröf-2
3
4
5
-
4
-
fentlicht.
Falls sich der Kunde nach Eröffnung des Schlichtungsverfahrens nicht innerhalb von 14
Tagen zur Sache geäußert hat, wird das Schlichtungsverfah-ren eingestellt und die negative
Meinung nicht veröffentlicht. Beteiligt sich der Anbieter nicht aktiv am Schlichtungsverfahren, wird es
ebenfalls beendet
und die negative Kundenmeinung
freigeschaltet. Die Streithelferin behält sich vor, jedes Schlichtungsverfahren nach vier Wochen abzuschließen. Wird
zwischen Anbieter
und Kunden bis dahin keine Einigung erreicht, trifft die Streithelferin eine Entscheidung auf Grundlage der Diskussion im Schlichtungsverfahren. Im Hinblick auf nachträglich bekannt werdende Tatsachen behält sich die [X.] eine Änderung von Entscheidungen im Schlichtungsverfahren vor, etwa durch nachträgliche Veröffentlichung oder Löschung der [X.].

Die Klägerin hält die Werbung mit der Kundenbewertung
4,8/5 für irrefüh-rend. Sie hat nach erfolgloser Abmahnung sowie Einleitung eines letztlich eben-falls erfolglosen Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Klage er-hoben.
Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben und der Beklagten unter Androhung von [X.] unter-sagt,
mit der Mitteilung
Kundenbewertung 4,8/5

Garantiert echte Meinungen
Kundenauszeichnung e.

zu werben, wie aus der dem Urteil beigefügten Anlage K
1 (Screenshot vom 30.
Mai 2012) ersichtlich, wenn die Kundenbewertung nach den als Anlage K
2 (dem Urteil ebenfalls anliegenden) beigefügten e.

-Richtlinien erfolgt.
Außerdem hat es die Beklagte zur Zahlung von
Abmahnkosten in Höhe von 911,80

a-siszinssatz seit dem 3.
Dezember 2012 sowie zur Auskunft über den Umfang 6
7
8
-
5
-
der untersagten Werbemaßnahmen verurteilt und die Verpflichtung der [X.] zum Schadensersatz festgestellt.
Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Abweisung der Klage weiter.

Entscheidungsgründe:
[X.] Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin
stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §
8, §
3 Abs.
1 und §
5 Abs.
1 UWG zu, weil die beanstandete Werbung der Beklagten irreführend sei. Dazu hat es ausgeführt:
Die Klägerin sei als Mitbewerberin der Beklagten gemäß §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG
aktivlegitimiert. Mit der Belieferung ihrer Tochtergesellschaft nehme sie zwar keine geschäftlichen Handlungen im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
1 UWG vor. Dies sei jedoch nicht Voraussetzung für die Eigenschaft als Mitbewerber. Auch die Zugehörigkeit der Parteien zu unterschiedlichen Wirtschaftsstufen sei für die Eigenschaft als Wettbewerber
unerheblich.
Die beanstandete Werbung der Beklagten sei irreführend. Der Verkehr erwarte von einer mit der Aussage "garantiert echte Kundenmeinungen"
ange-priesenen Kundenbewertung eine neutrale, nicht zugunsten des Anbieters ge-schönte Sammlung von Kundenbewertungen. Diesen Anforderungen genüge die "Kundenauszeichnung e.

"
nicht. Das gelte auch dann, wenn die Beklag-
te
-
wie sie behaupte -
zur [X.] der streitgegenständlichen Verlinkung auf die Einleitung des bei neutralen und negativen Bewertungen möglichen Schlich-tungsverfahrens verzichtet und
außer
den positiven auch die neutralen und ne-9
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11
12
-
6
-
gativen Bewertungen sofort freigeschaltet habe oder wenn am 30.
Mai 2012 keine neutralen oder negativen Bewertungen
für die Beklagte als Anbieter
vor-gelegen hätten. Schon allein der Umstand, dass
in den [X.]
ein
Schlichtungsverfahren
vorgesehen sei,
werde einen Teil der unzufriedenen Kunden davon abhalten, eine negative Bewertung abzugeben. Viele Menschen seien konfliktscheu und
deshalb geneigt, allein wegen der Möglichkeit, ihre [X.] Bewertung verteidigen zu müssen, von einer solchen Bewertung abzu-sehen.
Die Folgeansprüche seien
ebenfalls
begründet.
I[X.] Die gegen diese Beurteilung gerichtete Revision der Klägerin hat [X.] und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das Berufungsgericht hat zwar die Aktivlegitimation der Klägerin im Ergebnis zutref-fend bejaht (unten zu
II
1). Seine Beurteilung, die beanstandete Werbung sei irreführend, hält revisionsrechtlicher Nachprüfung auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen jedoch
nicht stand
(unten zu II
2).
1. Die Klägerin ist als Mitbewerberin der Beklagten gemäß §
8
Abs.
3 Nr.
1 UWG aktivlegitimiert. Die dagegen erhobenen Einwände der Revision greifen nicht durch.
a) Nach der Legaldefinition des §
2 Abs.
1 Nr.
3 UWG ist "Mitbewerber"
jeder Unternehmer, der mit einem oder mehreren Unternehmern als Anbieter oder Nachfrager von Waren oder Dienstleistungen in einem konkreten Wettbe-werbsverhältnis steht.
b) Die Klägerin und die Beklagte sind jeweils Unternehmer (§
2 Abs.
1 Nr.
6 UWG).
Sie sind
juristische Personen, die im Rahmen ihrer gewerblichen Tätigkeit geschäftliche Handlungen (§
2 Abs.
1 Nr.
1 UWG) vornehmen, indem sie Waren oder Dienstleistungen anbieten. Die Klägerin stellt Druckerzeugnisse 13
14
15
16
17
-
7
-
her, die sie über eigene Tochtergesellschaften vertreibt. Die Beklagte bietet Druckerzeugnisse im [X.] an.
Ohne Bedeutung für die [X.] der Klägerin ist, dass es sich bei
ihren
Lieferungen an
die u.

[X.]
um
konzerninterne Geschäfte handelt. Für den Unternehmerbegriff des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb kommt es gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
6 UWG [X.] darauf an, ob eine natürliche oder juristische Person geschäftliche Hand-lungen im Rahmen ihrer gewerblichen, handwerklichen oder beruflichen Tätig-keit vornimmt. Das ist bei der Klägerin als Herstellerin von Druckerzeugnissen,
die im Einzelhandel
an Endverbraucher
vertrieben werden, der Fall. So muss sie für ihre Herstellertätigkeit Waren und Dienstleistungen am Markt beziehen. Die Unternehmereigenschaft
im Sinne von § 2 Abs. 1 [X.] UWG
ist danach abstrakt zu bestimmen.
Für den Unternehmerbegriff kommt
es
nicht darauf an, ob der [X.]
selbst konkret geschäftliche Handlungen der Art vor-nimmt
wie derjenige, dessen Handeln er lauterkeitsrechtlich beanstandet.
c) Die Klägerin steht mit der Beklagten in einem konkreten
[X.]-verhältnis im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG.
aa) Nach der ständigen Rechtsprechung des
[X.]s
besteht ein konkre-tes [X.]verhältnis im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
3 UWG, wenn beide Parteien gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben [X.] abzusetzen versuchen mit der Folge, dass das konkret be-anstandete [X.]verhalten des einen Wettbewerbers den anderen be-einträchtigen, das heißt
im
Absatz behindern oder stören kann (vgl. Urteil vom 21.
Februar 2002

I
ZR
281/99, [X.], 902, 903 =
WRP 2002, 1050

[X.]; Urteil vom 28.
September 2011
I
ZR
93/10, [X.], 201 Rn.
19 =
[X.], 966
Poker im [X.]; Urteil vom 10.
April 2014

I
ZR
43/13, [X.], 1114 Rn.
24 =
[X.], 1307
nickelfrei). Dafür ist nicht Voraussetzung, dass die Parteien auf der gleichen Vertriebsstufe tätig 18
19
20
-
8
-
sind, solange sie letztlich gleichartige Waren oder Dienstleistungen innerhalb desselben Endverbraucherkreises abzusetzen versuchen (vgl. [X.], Urteil vom 26.
November 1992
I
ZR
108/91, [X.], 563, 564 =
[X.], 390

Neu nach Umbau; Urteil vom 29.
April 2010
I
ZR
99/08, [X.], 82 Rn.
19 =
[X.], 55
[X.] ohne Umsatzsteuer; [X.], [X.], 1114 Rn.
27
nickelfrei).
bb) Nach diesen Grundsätzen
besteht
im Streitfall ein konkretes Wettbe-werbsverhältnis
zwischen den Parteien. Durch eine unlautere Werbung der [X.] kann nicht nur der Absatz von Druckerzeugnissen durch die als Einzel-händlerin tätige Tochtergesellschaft der Klägerin behindert werden, sondern auch die Möglichkeit der Klägerin, die von ihr hergestellten Druckerzeugnisse über ihre Tochtergesellschaft an Endverbraucher zu verkaufen.
Das [X.] die Stellung der Klägerin als Herstellerin auf dem Markt für Druckerzeugnis-se. Die Förderung des eigenen [X.] der Beklagten steht insofern in Wechselwirkung mit einer Beeinträchtigung der Klägerin im Wettbewerb.
cc) Anders als die Revision meint,
steht diese Beurteilung nicht im Ge-gensatz zu der [X.]sentscheidung
"[X.]"
(Urteil
vom 16.
April 1969
I
ZR
59
und 60/67, [X.] 1969, 479, 480). Nach
§
13 Abs.
1 Satz
1 UWG in der bis zum 26.
Juni 1969 geltenden Fassung waren
gemäß
§§
1 und 3 UWG aF Gewerbetreibende
klagebefugt und aktivlegitimiert, die Waren oder
Leistungen gleicher oder verwandter Art herstellten oder in den geschäftlichen Verkehr brachten. Der [X.] hat dazu
ausgeführt, der Begriff des
Inverkehr-bringens
sei grundsätzlich
weit auszulegen und erfasse
jede Handlung, die die Ware dem Verkehr, das heißt
Beziehungen außerhalb des Unternehmens, zu-führe. Daran
fehle es jedoch
bei
Warenbewegungen
lediglich innerhalb eines Unternehmens. Ebenso
sei
unter besonderen Umständen
ein Inverkehrbringen
bei
Warenbewegungen
zu verneinen, die sich
ausschließlich
innerhalb
eines Konzerns abspielten. So liege es
bei der
Einkaufsgesellschaft eines Konzerns, 21
22
-
9
-
die allein
den Konzern mit fremden Waren versorge.
Reichte
schon die kon-zerninterne Verteilung gekaufter Waren
für ein Inverkehrbringen aus, könnte
sich ein Unternehmer
oder ein Konzern durch Konzentration und rechtliche Verselbständigung seiner Einkaufsabteilungen die Klagebefugnis des §
13 Abs.
1 UWG aF für alle Warenarten verschaffen, die er
einkaufe, obwohl
diese Befugnis
nach
dem
Zweck der Vorschrift nur Verkäufern als wirklichen oder po-tentiellen Wettbewerbern eingeräumt werden solle ([X.], [X.] 1969, 479, 480

[X.]).
Mit dem Sachverhalt jener Entscheidung ist der Streitfall nicht vergleich-bar. Bei der Klägerin handelt es sich um einen Hersteller von Druckerzeugnis-sen, der auf der Grundlage von §
13 Abs.
1 UWG aF ohne weiteres klagebefugt und aktivlegitimiert gewesen wäre. Die vom [X.]
in
der Entscheidung "[X.]"
für maßgeblich erachtete Erwägung, ein Konzern dürfe sich nicht durch rechtliche Verselbständigung seiner Einkaufsabteilungen die Klagebefug-nis für alle Warenarten verschaffen, die er auf dem Markt einkaufe, trifft
von vornherein nicht
auf ein herstellendes Unternehmen
zu, das seine Produkte allein über konzerneigene Tochtergesellschaften vertreibt. Während die Ge-schäftstätigkeit der Klägerin
letztlich
auf den Absatz der von ihr hergestellten Waren
an Endverbraucher
gerichtet ist, erschöpfte sich die Tätigkeit des in der Sache "[X.]"
betrachteten Unternehmens in der Versorgung ande-rer Konzerngesellschaften mit
von diesen benötigten
Betriebsmitteln, die nicht für einen Weiterverkauf auf dem Markt bestimmt waren. Der Entscheidung "[X.]"
ist daher entgegen der Ansicht der Revision nicht zu entneh-men, dass der Grundsatz, wonach Hersteller von Waren
im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG
in einem konkreten [X.]verhältnis zu Einzelhändlern stehen, die gleichartige Waren an Verbraucher verkaufen, bei
ausschließlich über eigene Tochtergesellschaften vertriebenen Produkten
eingeschränkt wer-den
muss. Entscheidend ist vielmehr allein, ob die fraglichen Waren mittelbar oder unmittelbar letztlich für Endverbraucher bestimmt sind.
23
-
10
-
dd) Entgegen der Ansicht der Revision ist auch dem Beschluss des Se-nats vom 2.
März 1979 (I
ZB
3/77, [X.] 1979, 551, 552

[X.])
nicht zu [X.], dass Hersteller, die ihre Waren allein über konzerneigene Tochterge-sellschaften absetzten, nach Auffassung des [X.]s
nicht im Sinne von §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG aktivlegitimiert
seien. Dieser [X.]sbeschluss erging zum zeichenrechtlichen Benutzungszwang. Eine Herstellerin von Damenoberbeklei-dung
hatte
mit
diesen Waren
ausschließlich ihre Mehrheitsgesellschafterin be-liefert, die auch die Produktion des Unternehmens kontrollierte. Dabei wurden nicht die
von der Mehrheitsgesellschafterin über weitere Handelsstufen
an
End-abnehmer vertriebenen Kleidungsstücke selbst mit dem
Warenzeichen gekenn-zeichnet. Vielmehr wurde
es
allein auf Briefbögen, Briefkarten und
Abrechnun-gen im Zusammenhang mit der Belieferung der Mehrheitsgesellschafterin [X.]. Der [X.] hat entschieden, dass diese Benutzungshandlungen nicht die Anforderungen an eine rechtserhaltende Zeichenbenutzung erfüllten, weil sie als bloße innerbetriebliche Vorgänge anzusehen seien.
Mit diesem Sachverhalt ist der Streitfall
ebenfalls
nicht vergleichbar. Die rechtserhaltende Benutzung einer Marke steht
hier
nicht in Rede. Die [X.] im Streitfall beschränken sich
auch
nicht wie die [X.] im Fall "[X.]"
auf konzerninterne Vorgänge, sondern zielen auf den Absatz der
Druckerzeugnisse
an Endverbraucher.
d) Die von der Revision in diesem Zusammenhang angeführten Nach-weise im Schrifttum vermögen ihre Auffassung
gleichfalls
nicht zu stützen. Sie betreffen nicht die Auslegung des Mitbewerberbegriffs in §
8 Abs.
3 Nr.
1 UWG, sondern die Definition der geschäftlichen Handlung im Sinne von §
2 Abs.
1 Nr.
1 UWG ([X.] in [X.]/Bornkamm, UWG, 34.
Aufl.,
§
2 Rn.
36; [X.] in Harte/[X.], UWG, 3.
Aufl., §
2 Rn.
49 aE).
24
25
26
-
11
-

e) Da die Klägerin
somit
selbst aktivlegitimiert ist, kommt es nicht auf die Frage
an, ob sie im Streitfall Ansprüche in Prozessstandschaft auch für ihre Tochtergesellschaft geltend machen kann.
2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-gen kann keine Irreführung durch die beanstandete Werbung der Beklagten mit der Kundenbewertung angenommen werden.
a) Allerdings durfte das Berufungsgericht entgegen der Ansicht der Revi-sion
grundsätzlich
berücksichtigen, ob und wie sich die [X.] der Streithelferin auf die in der Werbung der Beklagten verwendeten Angaben zur Kundenbewertung auswirkten. Der Klageantrag ist ausdrücklich auf die konkrete Verletzungsform
wie in
dem im
Urteil
wiedergegebenen Screenshot
vom 30. Mai 2012
und auf die Kundenbewertung nach den
dem
Urteil ebenfalls beigefügten Richtlinien der Streithelferin bezogen. Das Berufungsgericht hat daher nicht unter Verstoß gegen §
308 Abs.
1 ZPO den von der Klägerin be-stimmten Streitgegenstand verfehlt, indem es eine Irreführung durch die Anga-be
zur
Kundenbewertung
deshalb
angenommen hat, weil die Bewertungsrichtli-nien der Streithelferin der Beklagten
ermöglichen, die Veröffentlichung neutraler oder negativer Kundenmeinungen durch ein vorgeschaltetes Schlichtungsver-fahren zu verhindern oder zu verzögern.
b) Das Berufungsgericht hat zugunsten der Beklagten unterstellt, dass sie zum maßgeblichen [X.]punkt am 30.
Mai 2012 auf die Einleitung des bei neutralen und negativen Bewertungen möglichen Schlichtungsverfahrens ver-zichtet und neben den positiven auch die neutralen und negativen Bewertungen sofort eingestellt habe oder dass derartige neutrale oder negative Bewertungen am 30.
Mai 2012 nicht vorlagen. Davon ist auch für das Revisionsverfahren auszugehen.
27
28
29
30
-
12
-
Eine Irreführungsgefahr hat das Berufungsgericht allein mit der [X.] bejaht, die bloße Existenz des in den [X.] vorgesehenen Schlichtungsverfahrens werde einen Teil der unzufriedenen Kunden von der Abgabe einer negativen Bewertung abhalten.
c) Die Annahme eines solchen, das Berufungsurteil allein tragenden [X.] erweist sich indes auf der Grundlage der
vom Berufungsgericht
getroffenen Feststellungen
als erfah-rungswidrig.
Zwar wird eine negative Kundenmeinung
nach den [X.]
nicht veröffentlicht, wenn der Kunde
nicht
an einem von der Beklagten eingelei-teten Schlichtungsverfahren teilnimmt und sich völlig passiv verhält. Aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden ist auch die tatrichterliche Würdigung des Berufungsgerichts, Kunden
könnten
sich von der Abgabe einer negativen Be-wertung abschrecken lassen, wenn sie nur veröffentlicht wird, falls sie
zuvor erfolgreich
in einem Schlichtungsverfahren verteidigt
worden ist.
Das Berufungsgericht hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, ob die [X.] der Streithelferin von den Kunden der Beklagten vor Abgabe einer Bewertung zur Kenntnis genommen werden
können und ob damit zu rechnen ist, dass Kunden von ihnen tatsächlich Kenntnis nehmen. Die Dikti-on der [X.] spricht eher dafür, dass sie sich an
[X.]händler als Vertragspartner
der Streithelferin wenden
und nicht an Verbraucher als de-ren Kunden. So wird auf Seite
5
unten auf die Möglichkeit der Unternehmen hingewiesen, bei der Installation der e.

-Software den [X.]raum zu bestim-
men, nach welchem die Endkunden eine Bewertungsmail erhalten sollen. Auch der durchgehend verwendete Begriff "Endkunde"
wäre für ein an Verbraucher
gerichtetes Dokument ungewöhnlich. Außerdem ist § 2 der
Bewertungsrichtli-nien zu entnehmen, dass der Kunde seine Bewertung in einem einfachen For-mular abgibt, aus dem sich die [X.]
soweit ersichtlich

weder 31
32
33
34
-
13
-
direkt noch über einen elektronischen Verweis
erschließen. Selbst wenn die [X.] über die [X.]seite der Streithelferin abrufbar gewesen sein sollten, etwa um [X.]händler als Abnehmer der Leistungen der Streit-helferin zu gewinnen,
ist ungeklärt, ob zur Bewertung aufgeforderte Endkunden in nennenswerter Zahl vor Abgabe ihrer Bewertung selbständig nach den Be-wertungsrichtlinien recherchieren. Unter Berücksichtigung des Nutzerverhaltens von Endverbrauchern im [X.] erscheint das eher fernliegend.
Umso weniger drängt sich auf, dass ein allenfalls
denkbarer Abschreckungseffekt einen ins Gewicht fallenden Einfluss auf die Ermittlung der zu Werbezwecken verwende-ten durchschnittlichen Kundenbewertung haben könnte.
d) Erweist sich die vom Berufungsgericht angenommene Abschre-ckungswirkung auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen als erfah-rungswidrig, fehlt es
nach dem
für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sach-verhalt an einer Irreführung durch die Werbung mit der beanstandeten Kunden-bewertung, weil
alle Bewertungen nach dem vom Berufungsgericht unterstellten Sachverhalt ungeschönt und sofort von der Beklagten eingestellt worden
sind. Damit entfällt auch die Grundlage für die Verurteilung nach den weiteren Klage-anträgen. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben.
II[X.] Der [X.] vermag nicht
in der Sache selbst zu entscheiden, weil noch weitere Feststellungen zu treffen sind. Die Sache ist daher zur neuen Verhand-lung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 ZPO).
Für die Begründetheit der Klage kommt es darauf an, ob die Beklagte tatsächlich, wie sie behauptet, alle Bewertungen sofort ungeschönt berücksich-tigt hat oder
ob
am 30.
Mai 2012
keine neutralen oder negativen Bewertungen
vorlagen.

35
36
37
-
14
-
Sollten nicht alle Bewertungen sofort ungefiltert von der Beklagten [X.] worden sein, wäre eine Irreführung zu bejahen. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, erweckt eine
Werbung mit "garantiert echten Mei-nungen"
beim Kunden den Eindruck, dass positive wie negative Meinungen grundsätzlich ungefiltert
veröffentlicht werden und in die
Ermittlung der
durch-schnittlichen
Kundenbewertung eingehen. Ist diese Kundenerwartung unbe-gründet, weil die Möglichkeit eines Schlichtungsverfahrens zu einer
die Berück-sichtigung negativer und neutraler [X.]en
einschränkenden
Filte-rung führen kann, muss zur Vermeidung einer Irreführung bei einer Werbung mit der Kundenbewertung deutlich
über das Schlichtungsverfahren
aufgeklärt werden. Nach den [X.] der Streithelferin liegt die Annahme einer Filterung nicht fern, weil Kunden die Mitwirkung am Schlichtungsverfahren lästig sein kann, mit der Folge, dass sie sich daran nicht beteiligen und ihre neutralen oder negativen Bewertungen nicht veröffentlicht
oder von den Kunden selbst geändert oder zurückgezogen werden
(vgl. [X.] §§
4.1,
4.3 und 4.4).
38
-
15
-
Auch die vom Berufungsgericht angenommene Abschreckungswirkung der [X.] kann, wie ausgeführt, nicht ohne weitere
tatsächliche Feststellungen
angenommen werden.

Büscher
Schaffert
Kirchhoff

[X.]
Schwonke
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 16.05.2013 -
26 O 58/12 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 28.10.2014 -
I-20 [X.] -

39

Meta

I ZR 252/14

21.01.2016

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.01.2016, Az. I ZR 252/14 (REWIS RS 2016, 17365)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 17365

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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