Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 3 StR 177/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 5648

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Gegenstand

Sexueller Missbrauch von Kindern: Einwirken auf ein Kind durch pornographische Abbildungen


Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 16. November 2009 mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben

- im Schuldspruch, soweit der Angeklagte im Falle II. 12. der Urteilsgründe wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern verurteilt worden ist,

- im gesamten Strafausspruch.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die den [X.] dadurch entstandenen notwendigen Auslagen, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.

2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in neun Fällen und wegen sexueller Nötigung in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern zu der Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die hiergegen gerichtete Revision des Angeklagten rügt die Verletzung materiellen Rechts und beanstandet das Verfahren. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. Im Falle II. 12. der Urteilsgründe tragen die insoweit lückenhaften Feststellungen nicht den Schuldspruch wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB in der bis 31. März 2004 geltenden Fassung.

3

Nach den Feststellungen zog der Angeklagte an einem nicht mehr zu ermittelnden [X.] die 1991 geborene Tochter [X.] in der gemeinsamen Wohnung zu seinem Computer und "zeigte ihr pornographische Aufnahmen". Als sie weggehen wollte, weil sie die Bilder nicht sehen wollte, "versuchte der Angeklagte, sie festzuhalten, ließ sie dann jedoch gehen, als sie sich dagegen wehrte".

4

Soweit hier von Belang, setzt der Tatbestand des § 176 Abs. 3 Nr. 3 StGB aF - ebenso wie § 176 Abs. 4 Nr. 4 StGB nF - voraus, dass der Täter durch Vorzeigen pornographischer Abbildungen oder Darstellungen auf ein Kind einwirkt. [X.] sind Abbildungen oder Darstellungen, die sexualbezogenes Geschehen vergröbernd und ohne Sinnzusammenhang mit anderen Lebensäußerungen zeigen [X.], StGB 57. Aufl. § 184 Rdn. 7). Allein die verallgemeinernde Beschreibung mit "pornographische Aufnahmen" belegt dies nicht. Zudem verlangt ein Einwirken eine psychische Einflussnahme tiefergehender Art (vgl. BGHSt 29, 29, 30 f.; [X.], 485; NJW 1976, 1984); auch hierauf kann ohne nähere Feststellungen zum Inhalt der Aufnahmen nicht geschlossen werden.

5

2. Die Aufhebung des Schuldspruchs im Falle II. 12. der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des gesamten Strafausspruchs, denn das [X.] hat bei der Bemessung sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafe erschwerend berücksichtigt, dass von den Taten des Angeklagten alle drei Kinder seiner Lebensgefährtin betroffen waren. Zwar begegnet diese Erwägung für sich gesehen keinen rechtlichen Bedenken, gegen [X.] richtete sich jedoch lediglich diese eine Tat. Im Übrigen weist der Senat darauf hin, dass die pauschale Erwägung, keiner der Übergriffe sei ein "Ausrutscher" gewesen, nicht erkennen lässt, ob die bei der Prüfung eines minderschweren Falls anzulegenden rechtlichen Maßstäbe jeweils beachtet worden sind.

[X.]     

RiBGH [X.] befindet sich
im Urlaub und ist daher
gehindert zu unterschreiben.

von [X.]

[X.]

Schäfer     

     Mayer     

Meta

3 StR 177/10

22.06.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Oldenburg (Oldenburg), 16. November 2009, Az: 6 KLs 12/09 - 511 Js 61866/08, Urteil

§ 176 Abs 4 Nr 4 StGB vom 31.10.2008, § 176 Abs 3 Nr 3 StGB vom 13.11.1998

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.06.2010, Az. 3 StR 177/10 (REWIS RS 2010, 5648)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 5648

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