Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.02.2019, Az. 4 StR 374/18

4. Strafsenat | REWIS RS 2019, 10463

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Mehrere Taten im Sinne des Prostitutions-Menschenhandels


Tenor

<[X.]iv class="st-wrapper">

1. Auf [X.]ie Revision [X.]es Angeklagten wir[X.] [X.]as Urteil [X.]es [X.] vom 24. April 2018 mit [X.]en Feststellungen aufgehoben

a) in [X.]en Fällen zu II. 1 a) bis [X.]) [X.]er Urteilsgrün[X.]e;

b) im Ausspruch über [X.]ie Gesamtstrafe.

2. Im Umfang [X.]er Aufhebung wir[X.] [X.]ie Sache zu neuer Verhan[X.]lung un[X.] Entschei[X.]ung, auch über [X.]ie Kosten [X.]es Rechtsmittels, an eine an[X.]ere Strafkammer [X.]es Lan[X.]gerichts zurückverwiesen.

3. Die weiter gehen[X.]e Revision wir[X.] verworfen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen „gewerbsmäßigen“ Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung in sechs Fällen sowie wegen Betrugs unter Einbeziehung der Strafe aus einem Urteil des [X.] vom 18. Mai 2017 zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Rüge der Verletzung formellen und materiellen Rechts gestützten Revision. Die Rüge der Verletzung formellen Rechts ist nicht in zulässiger Weise erhoben, jedoch hat das Rechtsmittel mit der Sachrüge den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

2

1. [X.] (zutreffend: schweren) Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Nr. 3 [X.]. 1 StGB aF in sechs Fällen (Fälle II. 1 a) bis d) der Urteilsgründe) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

3

a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen des [X.]s kam dem Angeklagten die Idee, die damals 17 Jahre alte Nebenklägerin, mit der er eine feste Beziehung führte, über das [X.] zur Prostitution anzubieten. Hiervon versprach er sich eine zusätzliche Einnahmequelle von einigem Gewicht und einiger Dauer. Aus Angst, der Angeklagte würde sie im Fall ihrer Weigerung verlassen, erklärte sich die Nebenklägerin mit dessen Ansinnen letztlich einverstanden. Aufgrund der in der Folgezeit von dem Angeklagten ins [X.] gestellten Anzeigen kam es zwischen Januar und Juli 2016 zu sechs [X.], bei denen die Nebenklägerin gegen ein Entgelt mit [X.] den Geschlechtsverkehr ausübte.

4

b) Diese Feststellungen belegen lediglich, dass der Angeklagte die Nebenklägerin vor deren erstem Kontakt zu einem Freier gemäß § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB aF zur Aufnahme der Prostitution brachte, nicht hingegen die vom [X.] angenommene Verwirklichung von sechs tatmehrheitlichen Taten. Die Verwirklichung mehrerer selbstständiger Taten des § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB aF würde voraussetzen, dass die Nebenklägerin die zunächst von ihr aufgenommene Prostitutionstätigkeit zwischenzeitlich beendete oder zumindest aufgeben wollte und sodann vom Angeklagten zu deren erneuter Aufnahme bzw. deren Fortsetzung gebracht wurde (vgl. [X.], Urteil vom 18. April 2007 - 2 [X.], [X.], 340, 341; Beschlüsse vom 22. Februar 2011 - 4 StR 622/10, juris; vom 7. Juli 2009 - 3 [X.], [X.], 429, 430; LK-StGB/[X.], 12. Aufl., § 232 Rn. 25). Ein mehrfaches „Dazubringen“ der Nebenklägerin durch den Angeklagten im Sinne des § 232 Abs. 1 Satz 2 StGB aF lässt sich dem angefochtenen Urteil nicht entnehmen.

5

c) Der Senat sieht davon ab, den Schuldspruch auf eine einheitliche Tat des Menschenhandels zum Zweck der sexuellen Ausbeutung umzustellen, da insoweit weitere Feststellungen möglich erscheinen und es zudem nicht ausgeschlossen ist, dass die Voraussetzungen des [X.] nach § 232 Abs. 3 Nr. 3 [X.]. 1 StGB aF gegeben sind (vgl. zu den Voraussetzungen gewerbsmäßigen Handelns nach dieser Vorschrift [X.], Urteil vom 12. April 2018 - 4 StR 336/17, NStZ-RR 2018, 375, 376; Beschluss vom 28. August 2008 - 4 [X.], [X.], 477; LK-StGB/[X.], 12. Aufl., § 232 Rn. 46).

6

2. Die Aufhebung der Fälle II. 1 a) bis d) der Urteilsgründe entzieht dem [X.] die Grundlage.

7

3. Für die neue Hauptverhandlung weist der Senat auf Folgendes hin:

8

a) Zwar lässt sich dem Zusammenhang der Urteilsgründe noch entnehmen, dass die Nebenklägerin zu Beginn des [X.] Jahre und zu dessen Ende 18 Jahre alt war. Das neue Tatgericht wird aber Gelegenheit haben, das Geburtsdatum der Nebenklägerin festzustellen.

9

b) Im Fall einer erneuten Gesamtstrafenbildung wird das neue Tatgericht zu berücksichtigen haben, dass der Angeklagte den Betrug ([X.] 2 der Urteilsgründe) am 19. Mai 2017 und damit erst nach seiner Verurteilung durch das [X.] vom 18. Mai 2017 beging.

c) Das neue Tatgericht wird schließlich in den Blick zu nehmen haben, dass der [X.] des § 232 Abs. 3 StGB aF nicht „Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr“, sondern Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren vorsah.

Sost-Scheible     

        

Roggenbuck     

        

Quentin

        

Feilcke     

        

Bartel     

        

Meta

4 StR 374/18

12.02.2019

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Paderborn, 24. April 2018, Az: 1 KLs 62/17

§ 232 Abs 1 S 2 StGB vom 11.02.2005, § 53 Abs 1 StGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 12.02.2019, Az. 4 StR 374/18 (REWIS RS 2019, 10463)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2019, 10463

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 297/13 (Bundesgerichtshof)

Schwerer Menschenhandel: Notwendige Urteilsfeststellungen hinsichtlich des Zusammenhangs zwischen einer Gewaltanwendungen gegen eine Prostituierte und der …


4 StR 336/17 (Bundesgerichtshof)

Wiederholungsabsicht bei gewerbsmäßigen Menschenhandel und Zuhälterei


3 StR 437/19 (Bundesgerichtshof)

Strafverurteilung wegen schwerer Zwangsprostitution: Tenorierung bei Beginn der Taten vor und Beendigung nach Novellierung des …


3 StR 132/20 (Bundesgerichtshof)

Voraussetzungen des Grundtatbestands der Zwangsprostitution sowie des Qualifikationstatbestands der schweren Zwangsprostitution durch List


2 StR 87/22 (Bundesgerichtshof)

Strafverfahren: Entscheidung des Rechtsmittelgerichts über den Besetzungseinwand und Präklusion in der Revision; Voraussetzung eines "Befördern" …


Referenzen
Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.