Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.11.2023, Az. 2 StR 418/23

2. Strafsenat | REWIS RS 2023, 9236

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Tenor

1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 24. April 2023

a) im Schuldspruch zu [X.] 1 der Urteilsgründe dahingehend geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist sowie

b) im Strafausspruch zu [X.] 1 der Urteilsgründe sowie im [X.] mit den jeweils zugehörigen Feststellungen aufgehoben.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Strafkammer des [X.] zurückverwiesen.

Gründe

1

Das [X.] hat den Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in fünf Fällen und wegen unerlaubten Führens einer Schusswaffe in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz einer Schusswaffe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 14 Jahren verurteilt und [X.] getroffen. Die auf die allgemeine Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten hat in dem aus der [X.] ersichtlichen Umfang Erfolg; im Übrigen ist sie offensichtlich unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO).

2

1. Die Überprüfung des Schuldspruchs in den Fällen [X.] bis II. 6 der Urteilsgründe hat Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht ergeben. Auch erweisen sich die insoweit verhängten Einzelstrafen als rechtsfehlerfrei.

3

2. Hingegen hält der Schuldspruch im Fall II. 1 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

4

a) Nach den Feststellungen des [X.]s bestellte der gesondert verfolgte   [X.]unmittelbar beim Angeklagten 3 Kilogramm Kokain zum Kaufpreis von 33.000 Euro pro Kilogramm. Den Kaufpreis zahlte [X.]vor der Lieferung in bar. Der Angeklagte erwarb dieses Kokain über den gesondert verfolgten [X.]zum Preis von 27.500 Euro. Der gesondert verfolgte [X.]    holte das Kokain auf Anweisung des Angeklagten in [X.]     ab und brachte es [X.]nach [X.]       . [X.]     erhielt 1.500 Euro als Entlohnung.

5

Das [X.] ist davon ausgegangen, dass der Angeklagte Teil einer Bande war, die im internationalen Kokainhandel tätig war und im arbeitsteiligem Zusammenwirken gewinnbringend sowohl auf eigene Rechnung Kokain vertrieb wie auch im Auftrag von im Einzelnen nicht feststellbaren [X.] die Logistik für [X.] übernahm. Im Rahmen der im Übrigen festgestellten [X.]en des Angeklagten bestand seine Aufgabe vornehmlich darin, Kurierfahrer für die Durchführung von Transportfahrten anzuwerben und diese fortdauernd gegen einen Teil der Kurierlöhne zur Verfügung zu stellen (Fälle [X.] bis 4 der Urteilsgründe). Darüber hinaus fasste er im Rahmen der vorhandenen Bandenstruktur den Entschluss, die Firma [X.]zu gründen, deren Unternehmensgegenstand der Handel mit Obst und Gemüse war und mit deren Hilfe schließlich ein an diese Firma adressierter Container von E.      aus nach H.     verschifft wurde, in dem sich neben Bananen auch 40 Kilogramm Kokain befanden (Fall II. 5 der Urteilsgründe).

6

b) Diese Feststellungen tragen lediglich eine Verurteilung des Angeklagten wegen mittäterschaftlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, nicht dagegen wegen bandenmäßigen [X.]. Zwar schloss sich der Angeklagte „seit einem nicht genau feststellbaren Zeitpunkt vor den in diesem Urteil gegenständlichen Taten“ der schon zuvor bestehenden, im internationalen Kokainhandel tätigen Gruppierung an, auch war der gesondert verfolgte [X.]     , von dem der Angeklagte im Fall II. 1 der Urteilsgründe die Betäubungsmittel bezog, ebenso Mitglied wie der gesondert verfolgte Kurier [X.]     . Nicht jedes von einem Bandenmitglied getätigte [X.] stellt aber einen Bandenhandel dar. Denn die Annahme einer [X.] setzt neben einer ausdrücklich oder konkludent getroffenen [X.] zwischen mindestens drei Personen voraus, dass der Täter die Tat gerade als Mitglied der Bande begeht. Die Einzeltat muss Ausfluss der [X.] sein und darf nicht losgelöst davon ausschließlich im eigenen Interesse der jeweils unmittelbar Beteiligten ausgeführt werden (vgl. [X.], Beschluss vom 1. März 2011 – 4 StR 30/11, [X.], 521 mwN). Damit aber genügt es – entgegen der nicht näher begründeten Ansicht des [X.]s – nicht, dass an der Tat zwei weitere Personen beteiligt sind, die auch der Bande angehören. Denn die Tat stellt sich schon von ihrem Gepräge her nicht als ein von der Gruppierung ausgehendes [X.] im internationalen Kokainhandel dar, sondern erweist sich als ein vom Angeklagten initiiertes Drogengeschäft auf eigene Rechnung und eigenes Risiko, bei dem er der Gruppierung bzw. dem gesondert verfolgten [X.]     als selbständiger Käufer gegenüberstand und mit dem er nach Weiterveräußerung Gewinn erwirtschaftete, der allein ihm zugute kam. Folgerichtig bezeichnet das [X.] dieses Geschäft im Rahmen der Einziehungsentscheidung auch als „Eigengeschäft“ des Angeklagten, weshalb es nicht als „Ausfluss der [X.]“ anzusehen ist. Der Senat stellt den Schuldspruch um, da auszuschließen ist, dass in einer neuen Verhandlung noch Feststellungen getroffen werden, die eine Verurteilung wegen bandenmäßigen [X.] in nicht geringer Menge tragen könnten.

7

3. Die Schuldspruchänderung im Fall II. 1 der Urteilsgründe führt zur Aufhebung des dazugehörigen Strafausspruchs; der Senat kann nicht ausschließen, dass das [X.] bei dem niedrigeren Strafrahmen des § 29a BtMG eine mildere Einzelstrafe verhängt hätte. Die Aufhebung der Einzelstrafe entzieht dem [X.] die Grundlage.

8

4. Die Einziehungsentscheidung hat Bestand. Die [X.] hat nachvollziehbar aus den Erträgen des [X.] (99.000 Euro) und den Anteilen an der Vergütung für die Durchführung der Kurierfahrten (213.250 Euro) einen Betrag von 312.250 Euro errechnet, der zur Einziehung des Werts von Taterträgen in dieser Höhe führt.

Krehl     

  

Richter am [X.] Prof.
Dr. Eschelbach ist an der
Unterschriftsleistung gehindert.

  

Meyberg

  

  

Krehl

  

  

  

Schmidt     

  

     Lutz     

  

Meta

2 StR 418/23

08.11.2023

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Aachen, 24. April 2023, Az: 69 KLs 14/22

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 08.11.2023, Az. 2 StR 418/23 (REWIS RS 2023, 9236)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 9236

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