Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2006, Az. IV ZR 21/05

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 684

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL IV ZR 21/05 Verkündet am:

22. November 2006

Heinekamp

Justizhauptsekretär

als Urkundsbeamter

der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 -

[X.] hat durch den [X.], [X.], [X.], die Richterin Dr. [X.] und [X.] [X.] auf die mündliche Verhand-lung vom 22. November 2006 für Recht erkannt: Auf die Revision der [X.] wird das Urteil des 7. Zi-vilsenats des [X.] vom 22. Dezember 2004 aufgehoben. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Ent-scheidung, auch über die Kosten des [X.], an den 3. Zivilsenat des Berufungsgerichts zurück-verwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Beklagte wegen ei-nes Brandschadens aus einer bei ihr gehaltenen [X.] Entschädigung zu leisten hat; ferner nimmt sie die Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch, der ihr durch die Leistungsablehnung entstanden ist. 1 - 3 -

Im Februar 2000 erwarb die Klägerin im Wege des Zuschlags in der Zwangsversteigerung das Hotel "S. " in [X.] an der [X.]. Das Objekt, das aus einem Haupthaus, einem damit verbundenen Anbau und einem getrennt ste[X.]den Gästehaus besteht, hatte bis zu diesem [X.]-punkt mehrere Jahre ungenutzt unter Zwangsverwaltung gestanden. Die Klägerin hatte, so ihre Darstellung, die Absicht, gemeinsam mit ihrem Ehemann, dem Zeugen [X.], den Gebäudekomplex zu renovieren und sodann wieder als Hotelbetrieb zu führen. Die Kosten für Erwerb und Renovierung wurden u. a. durch einen Bankkredit in Höhe von 500.000 DM, ein zinsloses Brauerei-Darle[X.] in Höhe von 80.000 DM und die Leistung aus einer Lebensversicherung in Höhe von 100.000 DM finanziert. Die Eheleute, die wegen geschäftlicher Unternehmungen des Zeugen [X.] in der Vergangenheit Verluste hinzunehmen hatten, mit Steuerzahlungen im Rückstand waren und sich Forderungen diverser Lieferanten, Banken und Handwerkern ausgesetzt sa[X.], griffen zur Re-alisierung ihres Vorhabens ferner auf private Ersparnisse sowie den [X.] aus einem Pkw-Verkauf zurück; mangels anderer Einkünfte sollten aus diesen Mitteln auch die Lebenshaltungskosten bis zur Wiedereröff-nung des Hotels bestritten werden. Der Zeuge [X.] begann Ende April/ Anfang Mai 2000 in [X.], unterstützt von zwei Arbeitskräften, mit der Außenrenovierung. Die Erneuerung der Innenräume sollte sich we-gen des trotz längeren Leerstandes überrasc[X.]d guten Zustandes der Hotelzimmer einstweilen auf die Restaurationsräume beschränken. Der zunächst angestrebte Eröffnungstermin im Juni/Juli 2000, auf den die von einer Unternehmensberatung entwickelte Liquiditätsplanung [X.] war, musste verschoben werden, nach Darstellung der Klägerin auf Anfang/Mitte September 2000. 2 - 4 -

Der Gebäudekomplex verfügte über eine zentrale Schließanlage; lediglich an der [X.] und an zwei Türen im Gästehaus [X.] die Schließzylinder auf Veranlassung des [X.] worden. Bei der Übergabe erhielten die Klägerin und ihr [X.] sämtliche vorhandenen Schlüssel. Die polizeilic[X.] Ermittlungen nach dem Brand ergaben, dass seit März 2000 und danach über den [X.]punkt des Schadensereignisses hinaus wiederholt unterschiedliche Gruppen von Kindern und Jugendlic[X.] aus der Umgebung in das Haupthaus eingedrungen waren, überwiegend durch die Hintertür oder einen zur Küche führenden Lichtschacht. Beschädigungen an Türen und Fenstern durch das Eindringen konnten nicht festgestellt werden. Einer der Täter gab an, auf der erfolglosen Suche nach einem Schlüssel zur [X.] ([X.]) einige andere Schlüssel aus dem Gebäude mit-genommen zu haben, darunter auch einen, der innen im Schloss der Eingangstür zum Anbau ([X.]) gesteckt habe. Diesen habe er jedoch bei einem späteren Besuch wieder im Gebäude zurückgelassen. Der weitere Verbleib dieses Schlüssels - nach dem Brand wurde ein auch zur Tür [X.] passender Generalschlüssel unter den im Büro in einer Kiste aufbe-wahrten Schlüsseln gefunden - und einiger anderer konnte nicht ab-schließend geklärt werden. Nachdem der Zeuge [X.] das wiederholte Eindringen der Jugendlic[X.] bemerkt hatte, stellte er einige der Täter zur Rede, ließ die Sache letztlich aber auf sich beru[X.]. Die Terrassentür versah er jedoch nach diesen Vorkommnissen von innen mit einer zu-sätzlic[X.] Sicherung. 3 4 In der Nacht vom 13. auf den 14. August 2000 brach in den von den Eheleuten als Privatwohnung genutzten Räumen im ersten [X.] ein Brand aus, griff zunächst auf das zweite Obergeschoss und - 5 -

dann auf das Dachgeschoss über, wobei vor allem das Dach vernichtet wurde. Nach übereinstimmender Ansicht der [X.]n der [X.] und der Polizei hatte sich der Brand von mindestens zwei von-einander unabhängigen Brandherden her ausgebreitet. In der [X.] vom 30./31. Juli 2000 bis zum 15. August 2000 hielt sich die Klägerin in [X.]im Sc.
zu einem Kururlaub auf. Die erforderlic[X.] [X.] ließ sie sich vor Ort verschreiben. Während des genann-ten [X.]raums wurde sie tageweise von ihrem Ehemann besucht, der mehrfach auch die [X.]

verbrachte. Unstreitig besuchte er die Klägerin auch am Woc[X.]ende des [X.] (12. bis 14. August 2000). Am 13. August fuhr er jedoch zu dem etwa 250 km entfernten [X.] zurück, um noch am selben Tage erneut nach [X.]zu reisen. Ob er sich in der [X.] vom 13. auf den 14. August 2000 ununter-broc[X.] bei der Klägerin in [X.]

aufhielt, ist zwisc[X.] den [X.] streitig.
Schon in der Vergangenheit hatten die Eheleute ein Gaststätten-gebäude in einem anderen Ort erworben, um es zu renovieren und [X.] zu eröffnen. Durch einen Brand, der in den Wohnräumen der Kläge-rin und des Zeugen [X.] im Jahre 1992 ausgebroc[X.] war, war das Ge-bäude erheblich beschädigt worden. Der Brandschaden war vom damali-gen Versicherer reguliert, die Gaststätte indessen nicht mehr instand ge-setzt worden. Das Grundstück wurde vielmehr später mit [X.] bebaut. 5 Die Beklagte lehnte Leistungen aus der [X.] u.a. wegen Eigenbrandstiftung ab. - 6 -

Das [X.] hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihr stattgegeben. Mit der zugelassenen Revision erstrebt die [X.] die Wiederherstellung des landgerichtlic[X.] Urteils. 6 Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. 7 [X.] 1. Das Berufungsgericht hat Leistungsfreiheit der [X.] we-gen Gefahrerhöhung verneint. Der Frage, ob der Zeuge [X.] als Reprä-sentant der Klägerin anzuse[X.] sei, brauche dabei nicht weiter [X.] zu werden. In der Feuerversicherung sei es regelmäßig nicht na-he liegend, eine Gefahrerhöhung zu beja[X.], wenn ein für ein Gebäude - insbesondere für ein Hotelgebäude - passender Schlüssel in unbefugte Hände gelange. Außerdem habe die Gefahr eines unbefugten Betretens des Gebäudekomplexes hier bereits beim Abschluss des [X.] bestanden, da dieser schon zum damaligen [X.]punkt nicht mehr bewohnt war oder genutzt wurde. Die Klägerin habe außerdem durch ihren Aufenthalt und den des Zeugen [X.] sowie dessen Siche-rungsmaßnahme an der Tür gegenüber dem vorherigen Zustand eine Verbesserung herbeigeführt. Der Verbleib des Schlüssels zur Tür [X.] im Anbau sei ungeklärt; schon deshalb könne nicht gesagt werden, dass er sich vor dem Brand im Besitz unbefugter Personen befunden habe. Ob der nach dem Brand nicht aufgefundene Schlüssel zur Hauptein-gangstür ([X.]) in fremde Hände gelangt sei und eine Gefahrerhöhung 8 - 7 -

herbeigeführt habe, könne offen bleiben, da nicht festgestellt werden könne, ob der Klägerin oder dem Zeugen [X.] dies bekannt gewesen sei. Einige der im Ermittlungsverfahren vernommenen Jugendlic[X.] [X.] demgegenüber bestätigt, es sei ihnen trotz Ausprobierens diverser, auf Schlüsselbrettern befindlicher Schlüssel nicht gelungen, einen zur [X.] [X.] passenden Schlüssel zu finden. Es sei auch nicht auszuschließen, dass der Schlüssel zur [X.] erst nach dem Brand abhanden gekommen sei, denn nach dem Ergebnis der polizeili-c[X.] Ermittlungen stehe fest, dass Jugendliche noch zu diesem [X.]-punkt aus dem Büroraum Schmuck der Klägerin entwendet hätten.
2. Selbst wenn der Zeuge [X.] am Nachmittag vor dem [X.] haben sollte, die [X.] abzuschließen, sei darin [X.] grob fahrlässige Herbeiführung des Versicherungsfalles (§ 61 [X.]) zu se[X.]. Denn einerseits gehöre das Verschließen des Hauses nicht zu den jedermann ohne weiteres einleuchtenden Vorsichtsmaßnahmen ge-gen Feuergefahr. Andererseits stehe nicht einmal fest, dass der oder die Täter durch die Tür [X.] in das Gebäude gelangt seien; ein Einsteigen im zweiten Obergeschoss unter Verwendung von Hilfsmitteln, etwa der vor-handenen Gerüstteile, könne nicht ausgeschlossen werden. Die Täter hätten auch durch das halbmondförmige Fenster [X.] in das Gebäude gelangen können, da unmittelbar nach dem Brand unterhalb der Öffnung dieses Fensters ein ebenfalls halbmondförmiger, in der Mitte gebroc[X.]er Holzausschnitt gefunden und das Fenster von der [X.] nicht geöffnet worden sei. Das Fenster müsse nachträglich wieder instand gesetzt worden sein, da es der [X.] aus Anlass seiner Besichtigung am 6. November 2000 unbeschädigt vorgefunden habe. Die unversehrte Staubschicht auf den in der Nähe dieses Fensters 9 - 8 -

verlaufenden [X.] spreche nicht zwingend gegen ein Einstei-gen von Personen, da diese dabei nicht zwangsläufig die Rohre hätten berühren müssen.
3. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei zwar von einer Brandstiftung auszuge[X.]. Die Beklagte sei jedoch nicht gemäß § 61 [X.] leistungsfrei geworden, weil ihr der Beweis der vorsätzlic[X.] [X.] des Versicherungsfalles durch die Klägerin, ihren Ehemann oder beide gemeinsam nicht gelungen sei. Zwar könne die Klägerin ein Motiv für eine Brandstiftung gehabt haben. Auch spreche eine Reihe von Gesichtspunkten gegen eine ernsthafte Absicht, den Hotelbetrieb tat-sächlich zu eröffnen. Der Zeuge [X.] habe zudem wechselnde Angaben über den Ablauf seiner Fahrten zwisc[X.] dem Hotel in [X.] und [X.]

gemacht; es sei nicht besonders sinnvoll gewesen, am Sonntag noch einmal nach Hause zu fahren und dann zu seiner Ehefrau am Kur-ort zurückzukehren; die dafür von dem Zeugen angegebenen Gründe seien seltsam. Auffallend sei in diesem Zusammenhang auch der [X.]-punkt der nachgeschobenen Erklärungen des Zeugen [X.] für sein [X.]. Die [X.]angaben des Zeugen zur Hin- und Rückfahrt im Ermitt-lungsverfahren seien nicht konstant gewesen. Seine Angabe, er sei am Sonntag um 11.00 Uhr von [X.]
nach [X.]gefahren, stimme nicht; richtig sei, dass der Zeuge erst deutlich später gefahren sein kön-ne. [X.] sei auch, dass die Klägerin weder am 14. noch am 15. August 2000 in [X.]

in ihrem Hotel von dem Brand gespro-c[X.] habe. Zusammenfassend begründeten Einzelumstände einen ge-wissen Verdacht, dass eine Eigenbrandstiftung vorliegen könnte. Diese Umstände hätten aber weder für sich genommen noch in ihrer Gesamt-10 - 9 -

heit ausreic[X.]des Gewicht und verlören teils durch andere, nicht nur theoretische Möglichkeiten an Überzeugungskraft.

I[X.] Soweit das Berufungsgericht angenommen hat, die Beklagte habe den Nachweis einer Eigenbrandstiftung nicht geführt, wendet sich die Revision mit Erfolg gegen die Beweiswürdigung. 11 1. Zwar ist der Tatrichter grundsätzlich darin frei, welche [X.] er den Indizien im Einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Das Revisionsgericht hat seine Würdi-gung jedoch daraufhin zu überprüfen, ob er den Sachvortrag und die Beweisergebnisse vollständig berücksichtigt und nicht gegen Denkgeset-ze oder Erfahrungssätze verstoßen hat ([X.], Urteile vom 22. Januar 1991 - [X.] - VersR 1991, 566 unter 1 und vom 15. Juni 1994 - [X.] - [X.], 1054 unter 2). [X.] nachprüfbar ist auch, ob der Tatrichter seine Anforderungen an den Grad der richter-lic[X.] Überzeugungsbildung überspannt hat. Ferner muss das Urteil im Fall des Indizienbeweises die erforderliche zusammenfassende Würdi-gung und Gesamtschau erkennen lassen (vgl. Senatsurteil vom 24. Ja-nuar 1996 - IV ZR 270/94 - [X.] 1996, 146 unter II).
2. Im Ausgangspunkt zutreffend geht das Berufungsgericht davon aus, dass es sich für die Gewinnung der vollen Überzeugung von der Wahrheit behaupteter Tatsac[X.] mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen darf und muss, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen. Die tatrichterliche Beweiswürdigung muss auf einer tragfähigen Tatsac[X.]grundlage [X.] - 10 -

[X.], und die vom Gericht gezogenen Schlussfolgerungen dürfen sich nicht als bloße Vermutungen erweisen. Eine mathematische, jede Mög-lichkeit eines abweic[X.]den Gesche[X.]sablaufs ausschließende, von niemandem mehr anzweifelbare Gewissheit ist indessen nicht [X.] (st. Rspr.; [X.]Z 53, 245, 255 f.; [X.], Urteile vom 14. Januar 1993 - [X.] - NJW 1993, 935 unter [X.] 3 a und vom 4. November 2003 - [X.] - NJW 2004, 777 unter [X.]). Diesem Maßstab wer-den die Erwägungen des angefochtenen Urteils nicht gerecht.
a) Schon die Ausführungen zum Brandstiftungsmotiv der Klägerin und zur möglicherweise fehlenden ernsten Absicht, das Hotel in Betrieb zu nehmen, lassen besorgen, dass das Berufungsgericht die [X.] an den Grad der richterlic[X.] Überzeugungsbildung überspannt und den [X.]vortrag dazu nur lückenhaft erfasst hat. Das [X.] zieht als mögliches Motiv für eine Eigenbrandstiftung das Missverhältnis zwisc[X.] der zu erwartenden [X.]wertentschädigung und der Höhe der aufgenommenen Kredite sowie die sich verschlechternde Liquidität der Eheleute mit fortschreitender Verschiebung der Hoteleröff-nung in Betracht. Unverständlich sei diese Verschiebung insbesondere, weil der Liquiditätsplan Einnahmen aus dem Betrieb schon für den [X.] vorsah. Die unsicheren wirtschaftlic[X.] Verhältnisse der [X.] seien jedoch nicht erst mit dem Hotelprojekt entstanden; gleichwohl hätten es die Klägerin und [X.] bislang vermocht, ihre finanziellen Verhältnisse weitge[X.]d ausgeglic[X.] zu gestalten, seien nicht in [X.] geraten und hätten in ihr Vorhaben beträchtliches [X.] investiert. Angesichts ihrer geschäftlic[X.] Erfahrungen könne auch nicht ausgeschlossen werden, dass sie einen derartigen Betrieb auch kurzfristig hätten in Gang bringen können. 13 - 11 -

Da die Klägerin und ihr Ehemann aber seit dem Erwerb des Hotels unstreitig über keinerlei laufende Einkünfte verfügten, vielmehr mit er-heblic[X.] Verbindlichkeiten aus gescheiterten Unternehmungen in der Vergangenheit belastet waren, erweist sich diese Bewertung ihrer Ver-mögensverhältnisse durch das Berufungsgericht schon für sich genom-men als kaum tragfähig. Das Berufungsgericht hätte in seine Erwägun-gen auch einbezie[X.] müssen, dass nach den Bekundungen der Kläge-rin im Ermittlungsverfahren ursprünglich noch vorhandene Geldreserven der Eheleute vor dem Brandereignis vollständig aufgebraucht waren und deshalb spätestens ab [X.] 2000, nachdem die Entscheidung getrof-fen worden war, die Wiedereröffnung des Hotels hinauszuschieben, eine massive Gefährdung ihrer geschäftlic[X.] und privaten Existenz eingetre-ten war, zumal, worauf auch die Beklagte hingewiesen hat, weiterhin er-hebliche Beträge für die Renovierung und die Fixkosten aufgebracht werden mussten. Die Urteilsgründe zeigen auch nicht auf, wie es der Klägerin und dem Zeugen [X.] möglich gewesen sein sollte, den Hotel-betrieb kurzfristig, gewissermaßen aus dem Stand, aufzunehmen. Im [X.] dazu hebt das Berufungsgericht an anderer Stelle gerade her-vor, dass eine Aufnahme des Hotelbetriebes mit Aussicht auf Erfolg ne-ben der Renovierung umfangreiche weitere Maßnahmen erfordert hätte, so die Auswahl oder Verpflichtung von Personal, vertragliche Abspra-c[X.] mit Lieferanten sowie eine angemessene Werbung. Dass dies alles bis [X.] 2000 unterblieb, rechtfertigt für das Berufungsgericht in an-derem Zusammenhang begründete Zweifel an den redlic[X.] Absichten der Klägerin und ihres Ehemannes. Der Hinweis auf geschäftliche Erfah-rungen aus vorherigen Unternehmungen vermag hier konkrete Feststel-lungen um so weniger zu ersetzen, als das Berufungsgericht nach der 14 - 12 -

Einlassung des Zeugen [X.] im Ermittlungsverfahren davon ausgegan-gen ist, dass mangels ausreic[X.]der Kenntnisse über die [X.] Gästen noch nicht einmal ein zuverlässig passender Zimmerschlüssel hätte ausgehändigt werden können.
b) Das Berufungsgericht hat den Umstand, dass der Zeuge [X.] schon einmal mit einer Gaststätte einen Brandschaden erlitt, für [X.] gehalten. Die damaligen Ermittlungen hätten ergeben, dass mit [X.] Wahrscheinlichkeit ein technischer Defekt die [X.] gewesen sei. Damit wird aber weder die Bedeutung dieses Beweis-anzeic[X.]s noch der erkennbare Sinn des diesbezüglic[X.] [X.]-vortrags vollständig erfasst. Das Berufungsgericht berücksichtigt die sich aufdrängenden Parallelen zwisc[X.] dem damaligen Schadensfall und dem diesem Rechtsstreit zugrunde liegenden Sachverhalt nicht hinrei-c[X.]d. So planten die Eheleute auch damals die Eröffnung eines Gast-ronomiebetriebes in einem zuvor erworbenen Objekt. Der Brand brach während der Abwesenheit der Klägerin und des Zeugen [X.] in den zu dem Anwesen gehörenden Wohnräumen der Eheleute aus. Nach den Angaben des Zeugen [X.] im Ermittlungsverfahren sind auch heute, wie im damaligen Fall, nach Regulierung des Schadens ein Wiederaufbau und eine Eröffnung des Hotels nicht geplant; vielmehr sollen [X.] erstellt werden. Die Erwägung des Berufungsgerichts, im damali-gen Fall sei Brandursache ein technischer Defekt gewesen, nimmt die-sen Umständen nicht ihre indizielle Wirkung. Jedenfalls war der Klägerin und ihrem Ehemann bekannt, dass bei einem Brand im Bereich des Kühlschranks die Entstehung eines sog. Lichtbogens möglich war. 15 - 13 -

c) Dem Aufenthalt der Klägerin in [X.] , den Fahrten ihres Ehemanns an diesen Ort und seinem [X.] zu diesen Fahr-ten entnimmt das Berufungsgericht ebenfalls keine entscheidenden, den Verdacht einer Eigenbrandstiftung begründenden Umstände. Auch inso-weit hat es den [X.]vortrag in seiner Bedeutung nur unvollständig gewürdigt; zudem sind die Erwägungen auch in sich widersprüchlich. Den Umstand, dass die Klägerin ihren Aufenthalt in [X.]kurz-fristig über den [X.] hinaus verlängerte, relativiert das Berufungsgericht mit der durch Feststellungen nicht näher belegten Erwägung, sie könnte sich zur Verlängerung entschlossen haben, weil es ihr in [X.]so gut gefallen habe. Ebenso verfährt das Berufungs-gericht, wenn es die Tatsache, dass die Klägerin weder am 14. noch am 15. August 2000 in ihrem Hotel in [X.] von dem Brandschaden gesproc[X.] hat, mit der nicht belegten Vermutung abschwächt, dieses Verhalten könne auch mit ihrer zurückhaltenden Wesensart erklärt wer-den. Die Revision beanstandet mit Recht, dass die Angaben einer [X.]mitarbeiterin aus [X.]

zu den näheren Umständen der Verlän-gerung unberücksichtigt bleiben. Im Hinblick auf die Angaben der Kläge-rin und des Zeugen [X.] zum Verhalten um den Brandzeitpunkt herum geht das Berufungsgericht selbst davon aus, dass es "hochverdächtig" wäre, träfen diese Angaben nicht zu. Das angefochtene Urteil kommt im Weiteren auch zu dem Ergebnis, dass der Ehemann der Klägerin über den Ablauf seiner Fahrt von [X.]

nach Hause am 13. August 2000 wechselnde Angaben gemacht hat. Auch der (späte) [X.]punkt der Erklärung für die unmotiviert erscheinende sonntägliche Fahrt nach [X.] und zurück nach [X.], die durch ihre zeitliche Nähe zur Brand-stiftung Verdacht errege, sei auffällig. Ferner seien die [X.]angaben des Zeugen [X.] zur Hin- und Rückfahrt nicht konstant. Die Angabe, er sei 16 - 14 -

am Sonntag bereits um 11.00 Uhr nach [X.] gefahren, stimme nicht; er könne erst deutlich später gefahren sein. Gleichwohl leitet das [X.] aus diesen unrichtigen Angaben im Widerspruch zu seinem eigenen Ausgangspunkt keinen deutlic[X.] Verdacht für eine Eigen-brandstiftung ab, sondern relativiert auch diese Umstände mit der Erwä-gung, die Versuchung sei groß, einer Handlung, über deren Gründe man sich zur [X.] ihrer Vornahme keine besonderen Gedanken gemacht habe, die aber den Argwohn von Ermittlungsbehörden oder Prozessgegnern erweckt habe, nachträglich mit Gründen zu verse[X.], die diesen [X.] zerstreuen sollen.
d) Das Berufungsgericht hat sich nicht davon überzeugen können, dass der Brandstifter sich den Zugang zum Gebäude mittels eines pas-senden Schlüssels verschaffte. Trotz der anders lautenden Aussage des Zeugen [X.] sei es nicht auszuschließen, dass das Verschließen der Tür an diesem Tag unterblieben sei. Mit dieser Erwägung wird das [X.], worauf die Revision mit Recht hinweist, erneut dem Vortrag der Parteien nicht gerecht. Die Beklagte hat nämlich den Parteivortrag der Klägerin, ihr Ehemann habe die [X.] am 13. August 2000 bei seiner Abfahrt nach [X.]

verschlossen, nicht bestritten. Ausge[X.]d von der Feststellung, der Zeuge [X.] habe die Tür abge-schlossen, hätte das Berufungsgericht in Erwägung zie[X.] müssen, dass der oder die Täter die Eingangstür mit einem passenden Schlüssel öffne-ten. Daraus hätte sich ein weiteres, nicht unbedeutendes Indiz für den Verdacht einer Eigenbrandstiftung ergeben. Denn wenn der Täter mit ei-nem Schlüssel für die Eingangstür in das Gebäude gelangen konnte, kamen nur die Klägerin, der Zeuge [X.] oder eine dritte, von ihnen [X.] als Täter in Betracht. Da nach den Feststellungen im 17 - 15 -

Ermittlungsverfahren bloßes "Zündeln" oder Vandalismus auszuschlie-ßen sind, fehlt es für die Erwägung des Berufungsgerichts, die in das Gebäude eingedrungenen Gruppen von Kindern oder Jugendlic[X.] kä-men als Täter in Betracht, an einer tatsächlic[X.] Grundlage, zumal in-soweit für eine planmäßige Brandstiftung ein Motiv nicht festgestellt wer-den konnte. Als vollends spekulativ, weil durch keinerlei Indizien belegt, erweist sich die Erwägung, ein möglicher Täter hätte sich auch auf [X.] Weise Zugang zum Gebäude verschafft haben können. Soweit in den Urteilsgründen in diesem Zusammenhang in Erwägung gezogen wird, es sei nicht auszuschließen, dass der Täter den passenden Schlüssel ohne Wissen der Klägerin oder des Zeugen [X.] erlangt haben könnte, steht dies im Widerspruch zu der Feststellung des Berufungsgerichts, aus der Aussage des [X.]
ergebe sich, dass sich der dritte (und letzte) Schlüssel zur [X.] [X.] noch nach den Einbrüc[X.] der Ju-gendlic[X.] an seinem ursprünglic[X.] Aufbewahrungsort befand.
3. Mit Recht vermisst die Revision vor allem eine ausreic[X.]de Gesamtwürdigung und Abwägung der für und gegen eine Eigenbrandstif-tung sprec[X.]den Indizien. Die vom Berufungsgericht vorgenommene, letztlich auf die Prüfung einzelner Umstände beschränkte Beweiswürdi-gung genügt nicht. Zwar hat das Berufungsgericht abschließend ausge-führt, zusammenfassend würden einzelne Umstände einen gewissen Verdacht auf eine solche Eigenbrandstiftung begründen; weder für sich genommen noch in ihrer Gesamtheit hätten diese Umstände jedoch aus-reic[X.]des Gewicht und verlören teils durch andere, nicht nur theoreti-sche Möglichkeiten an Überzeugungskraft. Diese pauschalen Erörterun-gen lassen jedoch nicht erkennen, dass es die einzelnen, für eine [X.] - 16 -

brandstiftung sprec[X.]den gewichtigen Umstände in ihrer Gesamtheit und in ihrem Zusammenwirken tatsächlich gewürdigt hat.
4. Da bereits die vorste[X.]d aufgezeigten Rechtsfehler zur Aufhe-bung des Berufungsurteils führen, braucht auf die übrigen Beanstandun-gen der Beweiswürdigung durch die Revision nicht mehr eingegangen zu werden. Weitere von ihr hervorgehobene Umstände, die jedenfalls in der Gesamtschau mit den oben erwähnten Indizien für die Annahme einer Eigenbrandstiftung von Bedeutung sein können, so etwa die fehlende medizinische Indikation für den Kururlaub der Klägerin in [X.]und die Tatsache, dass sie nicht nur wichtige geschäftliche Unterlagen, 19 - 17 -

sondern auch ihre Katzen mit nach [X.]nahm, werden bei der erneuten Überzeugungsbildung des Tatrichters zu berücksichtigen sein.
Terno [X.] [X.] Dr. [X.] Dr. [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 18.12.2003 - 2/7 O 80/01 - [X.], Entscheidung vom 22.12.2004 - 7 U 20/04 -

Meta

IV ZR 21/05

22.11.2006

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 22.11.2006, Az. IV ZR 21/05 (REWIS RS 2006, 684)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 684

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