Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2017, Az. 3 StR 466/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1672

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:281117B3STR466.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3
StR 466/17

vom
28. November
2017
in der Strafsache
gegen

1.

2.

wegen [X.]

-
2
-
Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung der Beschwerde-führer und des [X.] -
zu
2. auf dessen Antrag
-
am 28.
No-vember 2017 gemäß §
349 Abs.
2 und 4, §
354 Abs.
1 analog StPO einstimmig beschlossen:

1.
Auf die Revisionen der Angeklagten R.

und D.

wird das Urteil des [X.] vom 15.
Juli 2016, soweit es diese Angeklagten betrifft,
a)
in den [X.] dahin geändert, dass schuldig ist
aa)
der Angeklagte R.

der Beihilfe zum Computer-betrug,
bb)
der Angeklagte D.

der Beihilfe zum zweifa-chen Computerbetrug,
b)
im jeweiligen Strafausspruch aufgehoben; jedoch bleiben die zugehörigen Feststellungen aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten der [X.], an eine andere [X.] des [X.] zurückver-wiesen.
2.
Die
weitergehenden Revisionen werden verworfen.

-
3
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten R.

wegen [X.] zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten und den Angeklag-ten D.

wegen [X.] in zwei rechtlich zusammentreffenden Fällen unter Einbeziehung einer früher gegen ihn verhängten Strafe zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr, zehn Monaten und zwei Wochen verurteilt. [X.] richten sich die jeweils auf die Sachrüge gestützten Revisionen der [X.]. Die Rechtsmittel haben in dem aus der Entscheidungsformel ersicht-lichen Umfang Erfolg; im Übrigen sind sie unbegründet (§
349 Abs.
2 StPO).
1.
Nach den Feststellungen des [X.] gehörten die nicht [X.] Mitangeklagten K.

und [X.]

einer Gruppe von Personen an, die sich zusammengeschlossen hatten, um die Bankkonten von Kunden der Post-bank "leerzuräumen", die mittels des sog. m[X.]-Verfahrens am Online-Ban-king teilnahmen. Bei diesem Verfahren loggt sich der Bankkunde mit seinem Passwort auf der Webseite der Bank ein und gibt dann die für eine [X.] notwendigen Angaben (insbesondere Kontonummer des Empfängers und Betrag) in die Eingabemaske ein. Anschließend wird ihm seitens der Bank automatisch per [X.] eine Transaktionsnummer ([X.]) auf sein Handy gesen-det. Wenn der Bankkunde den Überweisungsauftrag durch Eingabe dieser Nummer bestätigt, wird die Überweisung automatisch ausgeführt.
Den Mitgliedern der Bande gelang es mittels Spyware in Form von sog. Trojanern, Kenntnis von den Konto-
und Handydaten der betroffenen Bankkun-den zu erlangen. Durch Aktivierung neuer SIM-Karten auf die Namen der Bank-kunden waren sie anschließend in der Lage, von deren Konten Geld auf Bank-konten von Personen zu überweisen, die sie dafür angeworben hatten, ihnen ihr Konto zu diesem Zweck zur Verfügung zu stellen. Diesen Personen wurde in 1
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der Regel vorgetäuscht, dass ihr Bankkonto benötigt werde, damit ausländische Bekannte, die in [X.] ein Fahrzeug kaufen wollten, Geld hierhin transfe-rieren könnten. Dafür, dass sie ihr Konto als "[X.]" zur Verfügung stellten, wurden sie finanziell entlohnt.
Schließlich vereinbarten die Bandenmitglieder mit den Inhabern der Ziel-konten einen Termin, an dem die Gelder auf deren Konten überwiesen und so schnell wie möglich abgehoben werden sollten. Dazu begab man sich [X.] in Großstädte, weil es dort viele Bankfilialen gab, bei denen Geld ohne vorherige Ankündigung abgehoben werden konnte, und weil im Hinblick auf die Höhe der betreffenden Beträge sowie der nur in beschränktem Maße bei den Filialen vorhandenen Bargeldbestände mehrere Abhebungen bei verschiede-nen Filialen erforderlich waren. Bei den Abhebungen wurde der Inhaber des [X.]s jeweils von einem oder mehreren Bandenmitgliedern begleitet.
Während K.

vor allem die Aufgabe hatte, die benötigten SIM-Karten zu beschaffen, für deren Aktivierung zu sorgen und die eingehenden [X.]-Nummern sowie die abgehobenen Gelder an die Hintermänner weiterzuleiten, welche die Überweisungen durchführten, oblag es [X.]

, Personen ausfindig zu machen, die bereit waren, ihr Konto als [X.] zur Verfügung zu stellen und diese bei der Abhebung der Gelder zu begleiten. Nachdem [X.]

im [X.] 2013 die Angeklagten kennengelernt hatte, erläuterte er ihnen
das "Geschäftsmodell" sowie den Ablauf der Taten und schlug ihnen vor, sich daran zu beteiligen, indem sie entweder ein eigenes Bankkonto als [X.] zur [X.] stellten oder ihrerseits Personen an ihn vermittelten, die dazu bereit [X.]; er stellte ihnen dafür eine Provision in Aussicht, deren Höhe von derjenigen des durch die jeweilige Tat erlangten Betrages abhängig sein sollte.
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-
Der Angeklagte R.

beabsichtigte daraufhin, seinen langjährigen Bekannten W.

dazu zu bewegen, sein Bankkonto
zur Verfügung zu stellen. Zu diesem Zweck suchte er W.

in Begleitung von [X.]

auf. [X.]

spiegelte W.

sodann vor, dass dessen Konto benötigt werde, weil [X.] in [X.]
Autos kaufen wollten, und stellte ihm eine Belohnung in Aussicht.
[X.]

und R.

versicherten W.

auf dessen Nachfrage, dass alles legal sei; R.

sagte W.

überdies wahrheitswidrig, dass er "es" schon mit seinem "eigenen Konto versucht", dies aber "nicht geklappt" habe. Da er R.

schon lange kannte und ihm vertraute, erklärte sich W.

daraufhin bereit, sein Konto zur
Verfügung zu stellen. In der Folgezeit wurden ca. 70.000

W.

überwiesen. W.

hob das Geld bei verschiedenen Bankfilialen ab; dabei wurde er von [X.]

und K.

begleitet. Für die Vermittlung von W.

erhielt R.

schließlich 4.000

.

.
Der Angeklagte D.

vermittelte einen Kontakt zwischen seinem Bekannten S.

und [X.]

, weil er wusste, dass S.

an einer Tatbe-teiligung interessiert war. [X.]

erläuterte daraufhin auch S.

den Ablauf der Taten und S.

sagte ihm zu, Personen ausfindig zu machen, die bereit wären, ein [X.] zur Verfügung zu stellen. In der Folgezeit warb S.

unter anderem die Zeuginnen Re.

und Si.

zu diesem Zweck an. Am 26.
August 2013 sollte sodann eine Tat unter Nutzung des
Kontos von Re.

durchgeführt werden. S.

holte die Zeugin an diesem Tag an ihrem Wohnort in G.

ab und fuhr mit ihr nach [X.], wo sie sich mit [X.]

und D.

trafen. [X.]

und D.

spiegelten der Zeugin dort nochmals vor, dass ihr Konto für die Abwicklung eines Fahrzeugkaufs be-nötigt werde; zu diesem Zweck gaben sich [X.]

als ausländischer [X.] und D.

als Dolmetscher aus. Anschließend begaben sich alle 6
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vier zu einer Bankfiliale, weil sie annahmen, dass schon Geld auf das Konto von Re.

überwiesen worden sei, was indes nicht gelungen war.
Am nächsten Tag setzte [X.]

S.

davon in Kenntnis, dass am 28.
August 2013 ein erneuter Versuch unter
Nutzung des Kontos von Re.

unternommen werden sollte. Zu diesem Zweck holten S.

, [X.]

und der nicht revidierende Mitangeklagte So.

die Zeugin am Morgen des 28.
August 2013 in G.

ab und fuhren mit ihr nach [X.], wo sie K.

trafen. Auf das Konto von Re.

waren zwischenzeitlich 55.000

.

und K.

gelang es ihr, 22.000

Manipulation entdeckt worden war. D.

war an diesem Tag nicht vor Ort; [X.]

gab ihm schließlich einen Beuteanteil in unbekannter Höhe.
Im Oktober 2013 erbeutete die Bande unter Nutzung des Kontos der von S.

vermittelten Zeugin Si.

einen Betrag in Höhe von 74.000

Abwicklung dieser Tat war D.

nicht beteiligt. Er erhielt wiederum einen Beuteanteil in unbekannter Höhe.
2.
Das [X.] hat die von der Bande um K.

und [X.]

be-gangenen Taten zu Recht jeweils als Computerbetrug (§
263a Abs.
1 StGB) gewertet. Die Annahme der [X.], dass sich die Angeklagten R.

und D.

daran als Mittäter (§
25 Abs.
2 StGB) beteiligt haben, hält [X.] Überprüfung dagegen nicht Stand.
a) Das [X.] ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Frage, ob ein Beteiligter eine Tat als (Mit-)Täter oder Gehilfe begeht, nach folgenden Kriterien zu beurteilen ist: Mittäterschaft ist gegeben, wenn ein Tatbeteiligter mit seinem Beitrag nicht bloß fremdes [X.] fördern will, 8
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sondern dieser Beitrag im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens Teil einer [X.] Tätigkeit sein soll. Dabei muss der Beteiligte seinen Beitrag als Teil der Tätigkeit des anderen und umgekehrt dessen Tun als Ergänzung seines eigenen [X.] wollen. Der gemeinschaftliche [X.] kann durch ausdrückliche oder auch durch konkludente Handlungen gefasst werden. Ob ein Beteiligter ein derart enges Verhältnis zur Tat hat, ist nach den gesamten Umständen, die von seiner Vorstellung umfasst sind, in wertender Betrachtung zu beurteilen. Wesentliche Anhaltspunkte für diese Beurteilung können der Grad des eigenen Interesses am Erfolg der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille hierzu sein, so dass [X.] und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden [X.] (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 23.
März 1994 -
3
StR
664/93,
[X.]R StGB §
25 Abs.
2 Mittäter
16). Die Annahme von Mittäterschaft erfordert allerdings nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen; es kann sogar ein Beitrag im [X.] des unmittelbar tatbestandlichen Handelns ([X.], Beschluss vom 19.
August 2014 -
3
StR
326/14, juris Rn.
7; Urteil vom 8.
Januar 1992 -
3
StR
391/91, [X.]R StGB §
25 Abs.
2 Mittäter
12) und ein solcher im Stadium zwischen Vollendung und Beendigung der Tat ([X.], [X.] vom 14.
Juni 1989 -
3
StR
156/89, [X.]R StGB §
25 Abs.
2 Mittäter
5) genügen.
Daran gemessen sind die Tatbeiträge der Angeklagten R.

und D.

indes nicht als Mittäterschaft zu bewerten.
In Bezug auf den Angeklagten R.

reicht es insoweit entgegen der Ansicht des [X.] nicht aus, dass ihm "bei der Anwerbung des Zeugen W.

eine entscheidende Rolle" zukam, die Bereitstellung von dessen Konto "ein für die Tatbegehung wesentlicher Aspekt" war und R.

"ein eigenes Inter-12
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esse an der Tat" hatte, weil er einen Teil der Beute erlangen wollte. Denn der Tatbeitrag von R.

erschöpfte sich
in der Vermittlung von W.

als Inhaber eines Bankkontos, das die Bande als [X.] nutzen konnte. R.

leistete diesen Beitrag weit im Vorfeld der Tat und war in deren
unmittelbare
Ausfüh-rung in keiner Weise eingebunden; dementsprechend hatte er
insoweit auch keinerlei Tatherrschaft.
Bei wertender Betrachtung hat R.

durch die Vermittlung von W.

deshalb nur einen Beitrag geleistet, [X.] gefördert hat und nicht im Sinne arbeitsteiligen Vorgehens als Teil einer gemeinschaft-lichen Tätigkeit erscheint. Da er den Feststellungen zufolge selbst nicht Mitglied der Bande war, lässt sich auch daraus nicht herleiten, dass er durch die von ihm ausgeübte Vermittlungstätigkeit in eine gleichberechtigt verabredete ar-beitsteilige Tatausführung eingebunden war (vgl. dazu in Fällen einer Kuriertä-tigkeit beim Handeltreiben mit Betäubungsmitteln [X.], Urteil vom 28.
Februar 2007 -
2
StR
516/06, [X.]St 51, 219, 223
f.). Schließlich führt mangels jedwe-der Tatherrschaft in Bezug auf den unter Nutzung des Bankkontos von W.

be-gangenen Computerbetrug auch die von R.

erstrebte "Vermittlungsprovi-sion" zu keiner anderen Beurteilung.
Gleiches gilt im Hinblick auf den Angeklagten D.

, dessen [X.] die [X.] aufgrund entsprechender Erwägungen wie bei
R.

bejaht hat. Der Tatbeitrag von D.

, der ebenso wie R.

kein Mitglied der Bande war, erschöpfte sich ebenfalls im Wesentlichen darin, der Bande weit im Vorfeld der Taten Kontakt zu dem gesondert verfolgten S.

zu vermitteln, der seinerseits bereit war, Inhaber von [X.]. Darüber hinaus war D.

lediglich vor Ort, als am 26.
August 2013 der erfolglose Versuch unternommen wurde, eine Tat unter Nutzung des 14
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Bankkontos der Zeugin Re.

auszuführen. Seine Anwesenheit bei dieser Gelegenheit begründete indes keine Tatherrschaft. Sie diente den Fest-stellungen zufolge im Wesentlichen dazu, die Zeugin, die sich geweigert hatte, ihre [X.] preiszugeben, in ihrem Glauben zu bestärken, dass ihr Konto für die Abwicklung eines Fahrzeugkaufs benötigt werde.
b)
Danach haben sich R.

und D.

aufgrund der rechts-fehlerfrei getroffenen Feststellungen nur wegen Beihilfe zum Computerbetrug (R.

) bzw. wegen Behilfe zum zweifachen Compterbetrug (D.

) strafbar gemacht. Der [X.] hat die Schuldsprüche entsprechend geändert, weil auszuschließen ist, dass weitere Feststellungen getroffen werden können, welche die Annahme von Mittäterschaft tragen (§
354 Abs.
1 analog StPO).
3.
Die Schuldspruchänderung führt zur Aufhebung der [X.]. Die diesen zugrunde liegenden Feststellungen bleiben von dem Rechtsfehler indes unberührt und können deshalb bestehen bleiben (§
353 Abs.
2 StPO).
Becker
Gericke
Spaniol

Tiemann
Berg
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Meta

3 StR 466/17

28.11.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 28.11.2017, Az. 3 StR 466/17 (REWIS RS 2017, 1672)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1672

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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