Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2008, Az. 4 StR 543/08

4. Strafsenat | REWIS RS 2008, 513

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[X.] vom 2. Dezember 2008 in der Strafsache gegen wegen Vergewaltigung - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 2. Dezember 2008 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 28. Juli 2008 a) im Schuldspruch dahin geändert, dass der Ange-klagte der Vergewaltigung schuldig ist, b) im Strafausspruch mit den [X.]. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Jugendkammer des Land-gerichts zurückverwiesen. 3. Die weiter gehende Revision wird verworfen. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten der Vergewaltigung in Tateinheit mit sexueller Nötigung für schuldig befunden und ihn zu einer Jugendstrafe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Re-vision, mit der er allgemein die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat den aus der [X.] ersichtlichen Teilerfolg; im Übri-gen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - 1. Der Schuldspruch wegen Vergewaltigung weist keinen den Angeklag-ten [X.] Rechtsfehler auf. Dagegen hält die tateinheitliche [X.] wegen sexueller Nötigung der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 2 Nach den zu diesem zweiten [X.] getroffenen Feststellungen verlangte der Angeklagte von der Nebenklägerin, ihn oral zu befriedigen. Als sie dies ablehnte, kniete er sich neben sie auf das Bett und beugte sich so zu ihr herunter, dass sein Penis ihren Mund berührte, den sie jedoch fest zukniff. [X.] sagte der Angeklagte wütend "dann eben nicht" und entfernte sich schließ-lich. 3 Nach diesen Feststellungen hat der Angeklagte bis zur Aufgabe der [X.] Tatausführung in diesem Handlungsabschnitt entgegen der Auffassung des [X.]s Gewalt (§ 177 Abs. 1 Nr. 1 StGB) nicht angewendet. Den Feststellungen kann aber ebenso wenig entnommen werden, dass die im [X.] Handlungsabschnitt im Zusammenhang mit dem erzwungenen [X.] ausgeübte Gewalt als konkludente Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben im Sinne der Nr. 2 der Vorschrift fortwirkte (vgl. da-zu Fischer StGB 55. Aufl. § 177 Rdn. 20 m.[X.]). Schließlich geben die [X.] auch für eine schutzlose Lage im Sinne der Nr. 3 der Vorschrift nichts her. 4 Da weiter gehende Feststellungen, die die Annahme sexueller Nötigung nach § 177 Abs. 1 StGB tragen könnten, nicht zu erwarten sind, ändert der [X.] den Schuldspruch dahin, dass der Angeklagte "nur" der Vergewaltigung schuldig ist. 5 - 4 - 2. Bereits die Änderung des Schuldspruchs zwingt zur Aufhebung des Strafausspruchs. Davon abgesehen hat der Strafausspruch auch deshalb kei-nen Bestand, weil die Verhängung der Jugendstrafe schon für sich genommen durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnet. 6 Das [X.] hat die Verhängung von Jugendstrafe allein wegen der Schwere der Schuld nach § 17 Abs. 2 letzter Halbs. [X.] für erforderlich gehal-ten und hat des weiteren dabei vergleichsweise nach den Maßstäben des [X.] Strafrechts das Vorliegen eines minder schweren Falles des § 177 Abs. 5 StGB verneint. Beide Erwägungen werden den Besonderheiten des [X.] nicht gerecht: Die Nebenklägerin hatte den zur Tatzeit noch 17 Jahre alten Angeklagten früh morgens um 7.00 Uhr zu sich eingeladen, als ihre Mutter ver-reist war. Nachdem er vereinbarungsgemäß erschienen war, forderte sie ihn auf, sich zu ihr zu setzen, was er befolgte, worauf sie sich an ihn anlehnte. Im weiteren Verlauf ihres Zusammenseins wies sie seine nunmehr beginnenden sexuellen Übergriffe zwar zurück. Gleichwohl ging sie mit ihm in [X.], legte sich auf ihr Bett, erlaubte ihm ausdrücklich sich zu ihr zu legen und [X.] ihm, gegen "etwas Kuscheln" habe sie nichts einzuwenden. Auch auf dem Bett wies sie sein wiederholt geäußertes Verlangen, mit ihm zu "schlafen", [X.], bis er sich schließlich auf ihre Oberschenkel setzte, ihre Beine auseinan-derdrückte und den Geschlechtsverkehr vollzog. 7 Das [X.] hat diese "Verführungssituation" dem nicht vorbestraf-ten Angeklagten zwar im Rahmen der allgemeinen Strafzumessungserwägun-gen "sehr zugute" gehalten. Das genügte hier jedoch nicht. Vielmehr hätten die besonderen Umstände bereits bei der Beurteilung der Schwere der Schuld im Sinne des § 17 Abs. 2 [X.] Berücksichtigung finden müssen. Denn diese ist nicht abstrakt nach dem verwirklichten Tatbestand messbar, sondern jeweils 8 - 5 - nur in Beziehung zu einer bestimmten Tat zu erfassen, so dass der äußere Un-rechtsgehalt der Tat nicht unberücksichtigt bleiben darf (vgl. BGHR [X.] § 17 Abs. 2 Schwere der Schuld 3 m.w.[X.]). Umstände, die hier aus [X.] die Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld gebieten könnten, sind dem Urteil nicht zu entnehmen. Dass auch der Vertreter der [X.] - wie das Urteil ohne jegliche nähere Begründung mitteilt - vorliegend die Verhängung von Jugendstrafe wegen Schwere der Schuld für erforderlich gehalten hat, führt schon deshalb zu keinem anderen Ergebnis, weil es sich hierbei um eine Rechtsfrage handelt, über die allein das Gericht zu [X.] hat. Über die Rechtsfolgen der Tat ist daher umfassend neu zu verhandeln und zu entscheiden. 9 Tepperwien Maatz Athing Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 543/08

02.12.2008

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 02.12.2008, Az. 4 StR 543/08 (REWIS RS 2008, 513)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2008, 513

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