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Insolvenzanfechtung: Anfechtbarkeit der Herstellung einer Aufrechnungslage bei Erlangung der Gläubigerstellung durch gesetzlichen Forderungsübergang
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des [X.] vom 27. April 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Von Rechts wegen
Der Kläger ist Verwalter in dem auf den Eigenantrag vom 16. Februar 2004 über das Vermögen der M., [X.] (nachfolgend Schuldnerin) am 1. Mai 2004 eröffneten Insolvenzverfahren.
Der Schuldnerin wurde am 5. Februar 2003 von der beklagten [X.] die Erlaubnis für eine gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung auf die Dauer eines Jahres erteilt; durch Bescheid vom 23. Januar 2004 wurde die Erlaubnis bis zum 7. Februar 2005 verlängert. Im Mai 2003 schlossen die Parteien drei gleichlautende mit "[X.] und den Betrieb einer Personal-Service-Agentur ([X.]) auf der Grundlage des § 37c [X.] ([X.])" überschriebene Vereinbarungen. Neben dem eigentlichen Vertragstext waren unter anderem eine Leistungsbeschreibung und ein Preisblatt Gegenstand der vertraglichen Einigung.
Nach dem Inhalt der getroffenen Abreden ist die Schuldnerin verpflichtet, eine Personal-Service-Agentur ([X.]) nach § 37c [X.] in Verbindung mit § 434g Abs. 5 [X.] im Bereich des Arbeitsamts M. einzurichten und als organisatorisch eigenständige Einheit zu betreiben. Die Schuldnerin hat vom Arbeitsamt vorgeschlagene Arbeitnehmer auf der Grundlage des Tarifvertrages über Arbeitnehmerüberlassung in sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse einzustellen und eine vermittlungsorientierte Arbeitnehmerüberlassung durchzuführen. Sie erhält dafür je Arbeitnehmer eine monatliche Fallpauschale in Höhe von 1.200 €.
Im Januar 2004 stellte die - bereits geraume Zeit zuvor insolvenzreife- Schuldnerin die Lohnzahlungen an die von ihr eingestellten Arbeitnehmer ein. Die Beklagte widerrief am 16. Februar 2004 unter Berufung auf die daraus folgende Unzuverlässigkeit die Erlaubnis für gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung gegenüber der Schuldnerin. Der Kläger verlangt für die Monate Januar und Februar 2004 von der Beklagten Zahlung von Fallpauschalen in Höhe von 267.164,56 €. Außerdem beansprucht er Zahlung von der Höhe nach unstreitigen Vermittlungsprämien von nunmehr noch 1044 €. Das Berufungsgericht hat der von dem [X.] abgewiesenen Klage insoweit stattgegeben. Mit der von dem Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter. Der Kläger hat die Klage bezüglich des die Forderung von 1044 € zuzüglich Zinsen übersteigenden Betrages zurückgenommen und auf die Rechte aus dem Berufungsurteil verzichtet.
Die Revision der Beklagten bleibt im Blick auf die nach der Klagerücknahme allein noch den Gegenstand des Rechtsmittels bildende Restforderung über 1044 € ohne Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat insoweit ausgeführt, dass die Hilfsaufrechnung der Beklagten gegen die rechtlich unstreitige Forderung über 1044 € mit nach der Beantragung von [X.] durch die Arbeitnehmer auf sie übergegangenen Lohnforderungen an § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] scheitere.
II.
Dies hält rechtlicher Prüfung stand.
1. Zu § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] ist anerkannt, dass die gläubigerbenachteiligende Wirkung, die mit der Herstellung einer Aufrechnungslage eintritt, selbständig angefochten werden kann. Der Verwalter kann die Wirkungen der Anfechtung auf die Herstellung der Aufrechnungslage beschränken ([X.], Urt. v. 22. Oktober 2009 - [X.], [X.], 2394, 2395 Rn. 11).
2. Die Aufrechnung ist nach § 96 Abs. 1 Nr. 3 [X.] unzulässig, wenn ein Insolvenzgläubiger die Möglichkeit der Aufrechnung durch eine anfechtbare Rechtshandlung erlangt hat. Die Regelung ist nicht auf Rechtshandlungen des späteren Insolvenzschuldners beschränkt, sofern der inzident zu prüfende Anfechtungstatbestand - hier (bei zugunsten der Beklagten unterstellter Kongruenz) § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] - eine solche nicht voraussetzt (HK-[X.]/[X.], 5. Aufl. § 96 Rn. 32). Als Rechtshandlung kommt grundsätzlich jedes Rechtsgeschäft in Betracht, das zum anfechtbaren Erwerb einer Gläubiger- oder Schuldnerstellung führt ([X.], Urt. v. 22. Oktober 2009, aaO Rn. 15). Danach liegt eine Rechtshandlung vor, wenn der [X.] als Schuldner im Wege der Abtretung eine Forderung erlangt hat ([X.] NJW-RR 2001, 1493, 1494 m.w.N.; HmbKomm-[X.]/[X.], 3. Aufl. § 96 Rn. 12). Ebenso sind die gläubigerbenachteiligenden Wirkungen von Rechtshandlungen Dritter anfechtbar, die - wie im Streitfall die Beantragung von [X.] - kraft eines gesetzlichen Forderungsübergangs dem [X.]n eine Gläubigerstellung verschaffen (vgl. [X.], Urt. v. 22. Oktober 2009, aaO Rn. 16 ff; [X.]. v. 17. Dezember 2009 - [X.], Rn. 4).
3. Die Voraussetzungen des § 130 Abs. 1 Nr. 2 [X.] sind gegeben, weil die Beklagte die zur Aufrechnung gestellten Forderungen nach Kenntnis des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin erworben hat. Da die Aufrechnung zu einer vollen Befriedigung der Beklagten führt, liegt auch eine objektive Gläubigerbenachteiligung (§ 129 [X.]) vor.
4. [X.] beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1, § 97 Abs. 1, § 269 Abs. 3 Satz 2 ZPO.
Ganter Raebel [X.]
Gehrlein Grupp
Meta
24.06.2010
Bundesgerichtshof 9. Zivilsenat
Urteil
Sachgebiet: ZR
vorgehend OLG Hamm, 27. April 2009, Az: I-5 U 200/08, Urteil
§ 96 Abs 1 Nr 3 InsO, § 129 InsO, § 130 Abs 1 Nr 2 InsO, § 37c SGB 3
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 24.06.2010, Az. IX ZR 97/09 (REWIS RS 2010, 5439)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 5439
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
IX ZR 125/09 (Bundesgerichtshof)
Insolvenzverfahren: Wirksamkeit der Aufrechnung bei Erhalt der Aufrechnungsmöglichkeit durch eine anfechtbare Rechtshandlung
IX ZR 97/09 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 125/09 (Bundesgerichtshof)
IX ZR 215/08 (Bundesgerichtshof)
12 U 100/08 (Oberlandesgericht Hamm)