Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.11.2014, Az. V R 29/14

5. Senat | REWIS RS 2014, 1233

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Gegenstand

(Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis nach § 14c UStG)


Leitsatz

1. NV: Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis i.S.d. § 14c Abs. 2 UStG erfüllt eine Rechnung, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung, sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist.

2. NV: Eine ausreichende Leistungsbeschreibung setzt voraus, dass entweder der Rechnungstext selbst eine hinreichende Leistungsbeschreibung in dem Abrechnungspapier enthält oder eine Bezugnahme auf andere, eindeutig gekennzeichnete Unterlagen erfolgt.

3. NV: Wird in der Rechnung auf Geschäftsunterlagen verwiesen, reicht es aus, wenn diese Unterlagen für Zwecke der Identifizierung eindeutig bezeichnet sind; sie müssen der Rechnung nicht beigefügt sein.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 27. Januar 2014  5 [X.]/13 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten über die Frage, ob in einer Rechnung des [[[X.].].] und Revisionsbeklagten (Kläger) vom 24. Juni 2009 ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von [[[X.].].] € nach § 14c des Umsatzsteuergesetzes (UStG) geschuldet wird.

2

Nach Verbüßung einer Haftstrafe war der Kläger ab September 2008 im Schrotthandelsgewerbe als [[[X.].].]" tätig. Er hatte Verbindungen u.a. zu einer Firma [[X.].], Schrotthandel. Im Rahmen einer Steuerfahndungsprüfung tauchte eine Rechnung des [[[X.].].] --seinerzeit noch unter seinem ehemaligen Namen [[X.].] in [[X.].] auf. Die Rechnung war adressiert an die Firma [[X.].] in D. Sie datiert vom 24. Juni 2009. Weiter heißt es in der Rechnung:

3

"Rechnung Nr.: 6001/09
[[X.].]u den Lieferungen vom 28.01. bis 20.04.2009
gem. den Gutschriften an die Firma [[X.].]
Schrotthandel:
4002, 4004, 4006, 4007, 4009, 4013, 4014, 4015, 4016, 4017, 4018, 4019, 4020;

Nettobetrag:

[[X.].][[X.].][[X.].].[[X.].][[X.].][[X.].] €

Mehrwertsteuer 19 %:

  [[X.].][[X.].].[[X.].][[X.].][[X.].] €

Bruttobetrag:

[[X.].][[X.].][[X.].].[[X.].][[X.].][[X.].] €

[[X.].]ahlung: Beträge im [[X.].]eitraum vom 28.01.2009 - 20.04.2009 in bar erhalten.
Unterschrift [[X.].]"

4

Außerdem enthält die Rechnung die Steuernummer des [[[X.].].]. Die in der Rechnung angeführten Gutschriften an die Firma [[X.].] lagen der Steuerfahndung ebenfalls vor. Die Gutschriften hat die Firma [[X.].] an die Firma [[X.].] Schrotthandel unter dem Datum 25. Juni 2009 erteilt. Die Gutschriften enthalten die in der Rechnung bezeichneten Nummerierungen "4002 ... bis ... 4020". Ob die Gutschriften der Rechnung beigefügt waren, ist streitig. Die vorgefundenen Gutschriften sind handschriftlich durchgestrichen mit dem Vermerk "storniert".

5

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ging davon aus, dass der Kläger [X.] im Schrotthandelsgewerbe tätig war.

6

Im [X.] an die Steuerfahndungsprüfung setzte das [X.] die in der Rechnung vom 24. Juni 2009 ausgewiesene Umsatzsteuer in Höhe von [[[X.].].] € nach § 14c Abs. 2 UStG als unberechtigt ausgewiesen fest.

7

Der hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das [X.] ([X.]) statt. [[X.].]ur Begründung führte es aus, das [X.] habe zu Unrecht unberechtigt ausgewiesene Umsatzsteuer festgesetzt. Das Dokument vom 24. Juni 2009 erfülle nicht die Anforderungen an eine Rechnung i.S. des § 14c Abs. 2 UStG, weil die Leistungsbeschreibung nicht ausreichend sei. Eine Feststellung der abgerechneten Leistungen sei erst unter Berücksichtigung der in Bezug genommenen Gutschriften an die Firma [[X.].] Schrotthandel möglich. Die Berücksichtigung der Gutschriften sei aber nicht möglich, weil sie dem Dokument vom 24. Juni 2009 nicht beigefügt gewesen seien bzw. dies nicht bewiesen sei. Außerdem sei die Bezugnahme auf die Gutschriften nicht schlüssig, weil das Dokument, in dem Bezug auf die Gutschriften genommen werde, vor Erstellung der Gutschriften datiere.

8

Hiergegen wendet sich das [X.] mit der Revision, mit der es Verletzung materiellen Rechts geltend macht. [[X.].]ur Begründung trägt es vor, der [[X.].]weck des § 14c UStG --nämlich die Verhinderung der rechtsmissbräuchlichen Inanspruchnahme des [X.] gebiete es, an eine Rechnung i.S. des § 14c UStG im Hinblick auf das Merkmal "Leistungsbeschreibung" nicht dieselben strengen Anforderungen zu stellen wie an eine zum Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 UStG berechtigende Rechnung.

9

Davon abgesehen erfülle die Rechnung vom 24. Juni 2009 auch die Anforderungen an eine zum Vorsteuerabzug berechtigende Rechnung.

Im Übrigen dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Rechnungsempfängerin, die Firma [[X.].], und der Kläger kollusiv zusammen gewirkt hätten.

Das [X.] beantragt,
das Urteil des [X.] aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des [X.] ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--). Das [X.] hat zu Unrecht entschieden, dass die vom Kläger unter dem 24. Juni 2009 erstellte Rechnung nicht die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 UStG erfülle.

1. Nach den Feststellungen des [X.], die sich das [X.] zu eigen gemacht hat, hat der Kläger mit dem im Streit befindlichen Dokument über angebliche Lieferungen abgerechnet, obwohl er nicht Unternehmer war.

2. Bei der vom Kläger begebenen Rechnung Nr. 6001/09 vom 24. Juni 2009 handelt es sich um eine Rechnung i.S. von § 14c Abs. 2 UStG.

a) Wer in einer Rechnung einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er zum gesonderten Ausweis der Steuer nicht berechtigt ist (unberechtigter Steuerausweis), schuldet gemäß § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG den ausgewiesenen Betrag. Das Gleiche gilt, wenn jemand wie ein leistender Unternehmer abrechnet und einen Steuerbetrag gesondert ausweist, obwohl er nicht Unternehmer ist oder eine Lieferung oder sonstige Leistung nicht ausführt (§ 14c Abs. 2 Satz 2 UStG). Die Anforderungen an einen unberechtigten Steuerausweis i.S. des § 14c Abs. 2 UStG erfüllt eine Rechnung, wenn sie den Rechnungsaussteller, den (vermeintlichen) Leistungsempfänger, eine Leistungsbeschreibung sowie das Entgelt und die gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer ausweist (Urteil des [X.] --[X.]-- vom 17. Februar 2011 V R 39/09, [X.], 94, [X.], 734 Rz 25). Eine ausreichende Leistungsbeschreibung erfordert gemäß § 14 Abs. 4 Nr. 5 UStG die Angabe der Menge und der Art (handelsübliche Bezeichnung) der gelieferten Gegenstände oder des Umfanges und der Art der sonstigen Leistung. Angaben tatsächlicher Art zur Identifizierung der Leistung müssen eine eindeutige und leicht nachprüfbare Feststellung der abgerechneten Leistung ermöglichen. Das setzt voraus, dass entweder der Rechnungstext selbst eine hinreichende Leistungsbeschreibung in dem Abrechnungspapier enthält oder eine Bezugnahme auf andere, eindeutig gekennzeichnete Unterlagen erfolgt. Was zur Erfüllung dieser Voraussetzung erforderlich ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls ([X.]-Urteile vom 16. Januar 2014 V R 28/13, [X.], 126, [X.], 867, Leitsatz und Rz 12; vom 28. August 2013 XI R 4/11, [X.], 41, [X.], 282 Rz 55; vgl. auch [X.]-Urteil vom 29. August 2012 XI R 40/10, [X.], 182, Rz 31).

b) Aus der Rechnung vom 24. Juni 2009 ist ersichtlich, dass über jene Lieferungen innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (28. Januar 2009 bis 20. April 2009) abgerechnet wird, die in den numerisch eindeutig gekennzeichneten Gutschriften der Firma [X.] aufgeführt sind. Das [X.] geht selbst --insoweit zutreffend-- davon aus, dass sich bei Berücksichtigung der Gutschriften eine Feststellung der abgerechneten Lieferungen ermöglichen lässt.

aa) Soweit das [X.] sein Urteil darauf stützt, dass die Gutschriften der Rechnung vom 24. Juni 2009 nicht beigefügt waren, verkennt es, dass es nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] ausreicht, wenn die Rechnung auf die in Bezug genommenen Geschäftsunterlagen verweist und diese Unterlagen für Zwecke der Identifizierung eindeutig bezeichnet sind. Sie müssen der Rechnung nicht beigefügt sein. Bestätigt wird dies durch § 31 Abs. 3 Satz 2 der [X.]. Danach muss eine in Bezug genommene andere Geschäftsunterlage beim Rechnungsaussteller und beim Rechnungsempfänger lediglich "vorhanden" sein. Dies setzt keine physische Verbindung mit der Rechnung als Urkunde voraus (vgl. [X.]-Urteile in [X.], 126, [X.], 867 Rz 14; vom 8. Oktober 2008 V R 59/07, [X.]E 222, 189, [X.] 2009, 218 Rz 33).

bb) Die Würdigung des [X.], die Gutschriften dürften bei der Beurteilung der Leistungsbeschreibung nicht berücksichtigt werden, weil sie unschlüssig seien, verstößt gegen Denkgesetze. Der Kläger hat bei Erstellung der unter dem 24. Juni 2009 begebenen Rechnung zwingend Kenntnis von den Gutschriften der [X.] vom 25. Juni 2009 gehabt, denn er kannte nicht nur die laufenden Nummern der Gutschriften, sondern auch die Beträge, über die mit den Gutschriften abgerechnet worden war. Denn die in seiner Rechnung vom 24. Juni 2009 gesondert ausgewiesene Umsatzsteuer entspricht exakt der Summe der in den Gutschriften abgerechneten Beträge. Ob es sich bei dem [X.] "24. Juni 2009" um einen Schreibfehler oder um eine bewusste Manipulation gehandelt hat, brauchte der [X.] nicht zu entscheiden. Jedenfalls hat der Kläger unter diesem Datum eine Rechnung, die die Anforderungen des § 14 Abs. 4 UStG erfüllt, in den Rechtsverkehr gegeben.

Deshalb braucht der [X.] nicht zu entscheiden, ob --wie das [X.] meint-- die Anforderungen an die Leistungsbeschreibung einer Rechnung i.S. des § 14c Abs. 2 UStG anders zu beurteilen sind als bei einer Rechnung i.S. des § 15 Abs. 1 UStG).

3. [X.] beruht auf § 135 Abs. 1 [X.]O.

Meta

V R 29/14

19.11.2014

Bundesfinanzhof 5. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 27. Januar 2014, Az: 5 K 160/13, Urteil

§ 14 Abs 4 Nr 5 UStG 2005, § 14c Abs 2 UStG 2005, § 31 Abs 3 UStDV 2005, UStG VZ 2009

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 19.11.2014, Az. V R 29/14 (REWIS RS 2014, 1233)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1233

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