Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.09.2017, Az. I R 97/15

1. Senat | REWIS RS 2017, 5501

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Gegenstand

Ausländisches Amtshilfeersuchen


Leitsatz

1. NV: Zum Rechtsschutz gegen ein Urkundenvorlageverlangen des FA als sog. Vornahmebehörde im Rahmen eines beim BZSt eingegangenen ausländischen Amtshilfeersuchens.

2. NV: Auch bei Amtshilferegelungen zur Erteilung von Spontanauskünften sind die Grenzen des § 194 Abs. 3 AO für die Anfertigung von Kontrollmitteilungen zu beachten.

Tenor

Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.], [X.], vom 25. Juni 2015 3 K 2419/14 aufgehoben.

Die Sache wird an das [X.], [X.], zurückverwiesen.

Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

1

Die Beteiligten streiten über eine Aufforderung, Geschäftsunterlagen im Rahmen eines Amtshilfeersuchens der [X.] Finanzverwaltung vorzulegen.

2

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine GmbH, war im Streitzeitraum Veranstalter von [X.], für die im [X.] und in Katalogen geworben wurde. In [X.] verfügte sie über einen Wohnungsbestand von ca. 4 500 bis 5 000 Einheiten. Mit den Eigentümern der Ferienwohnungen schloss sie --über mehrere in [X.] ansässige [X.] für die gesamte Saison Mietverträge ab. Die Klägerin stellte den Reisenden sodann in eigenem Namen die Wohnung für den gebuchten Zeitraum zur Verfügung. Die Nutzungsverträge sahen zumeist nicht vor, dass von der Klägerin noch bestimmte Nebenleistungen, wie z.B. [X.] und [X.], [X.], Skipässe, geschuldet werden. Diesbezüglich gab es regelmäßig Abmachungen zwischen den Eigentümern der Wohnungen und den Touristen. Diese leisteten die entsprechenden Zahlungen daher auch nicht an die Klägerin, sondern unmittelbar an die Eigentümer.

3

Im Amtshilfeersuchen der [X.] Finanzverwaltung an das [X.] (BZSt) wird u.a. ausgeführt, dass die Eigentümer der Ferienwohnungen es unterlassen würden, die Einkommen aus den Gelegenheitsgeschäftstätigkeiten in ihren Steuererklärungen anzugeben. Es werde um die "Einholung" der zwischen der Klägerin und den Eigentümern geschlossenen Verträge und der Banküberweisungen gebeten.

4

Das BZSt übersandte das Ersuchen an den Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt --[X.]--) und bat darum, die Ermittlungen durchzuführen.

5

Das [X.] forderte unter dem Betreff Auskunftsersuchen der [X.] Steuerverwaltung bei der Klägerin mit Schreiben vom 5. Februar 2013 die Mietverträge und die Bankunterlagen für den Zeitraum Januar 2008 bis September 2012 unter Fristsetzung an. Der Klägerin wurde zugleich Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben. Das Schreiben enthielt des Weiteren eine Rechtsbehelfsbelehrung und den Hinweis, dass Ermittlungsmaßnahmen mit Außenwirkung aufgrund eines ausländischen Auskunftsersuchens, die sich gegen inländische Beteiligte richteten, Verwaltungsakte seien, die mit dem Einspruch angefochten werden könnten.

6

Mit Schreiben vom 4. März 2013 legte die Klägerin gegen die Anordnung des [X.] vom 5. Februar 2013 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, es sei unklar, in welchem Verfahrensstadium man sich befinde. Man bitte außerdem um Mitteilung, ob gegen sie selbst in [X.] ermittelt werde. Die Kontaktdaten der zuständigen [X.] Behörde seien außerdem zu nennen und Akteneinsicht zu gewähren.

7

Das [X.] wies den Einspruch am 25. Juni 2014 zurück. Das Auskunftsersuchen sei zulässig, es gründe sich auf § 117 der Abgabenordnung [X.]) i.V.m. dem Abkommen zwischen der [X.] und der [X.]ischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und zur Verhinderung der Steuerverkürzung vom 18. Oktober 1989 ([X.] 1990, 743, [X.], 397) und dem Gesetz über die Durchführung der gegenseitigen Amtshilfe in Steuersachen zwischen den Mitgliedstaaten der [X.] ([X.]) vom 26. Juni 2013 ([X.], 1809). Zentrales Verbindungsbüro sei das BZSt. Die zuständige Finanzbehörde habe die Zulässigkeit des Ersuchens nicht zu prüfen. Vorliegend habe das [X.] die entsprechenden Unterlagen bei der Klägerin zu Recht zur Weiterleitung an das BZSt angefordert.

8

In zeitlichem Zusammenhang mit dem Amtshilfeersuchen ordnete das [X.] am 8. Februar 2013 eine Außenprüfung bei der Klägerin für den Zeitraum 2008 bis 2011 an. Diese wurde nach einer Unterbrechung im Juli 2014 beendet.

9

Im Rahmen der Außenprüfung wurde auf der Basis klägerischer Informationen vom [X.] eine [X.] erstellt, auf der sich u.a. sämtliche Buchungen des [X.] Einkäufe für den Prüfungszeitraum (1. Januar 2008 bis 31. Oktober 2011) befanden, soweit sie [X.] Geschäftspartner der Klägerin betrafen (sog. Vermieter-[X.]). Das [X.] leitete diese [X.] an das BZSt weiter. Es ging hierbei davon aus, dass es sich um eine Spontanauskunft i.S. des EU-Amtshilfegesetzes handele, über deren Zulässigkeit das BZSt zu entscheiden habe. Zu einer Weitergabe der Vermieter-[X.] an die [X.] Finanzverwaltung ist es bislang noch nicht gekommen.

Die Klägerin hat am 18. Juli 2014 "wegen: Auskunftsersuchen der [X.] Steuerbehörde/Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2014" Klage beim Finanzgericht ([X.]) [X.] erhoben.

Mit Urteil vom 25. Juni 2015  3 K 2419/14 (Entscheidungen der Finanzgerichte --E[X.]-- 2016, 695) stellte das [X.] unter vollständiger Klagestattgabe fest, "dass die an die Klägerin gerichtete Aufforderung des Beklagten vom 5. Februar 2013, Unterlagen für die Anfertigung von [X.] im Rahmen des Auskunftsersuchens der [X.] vom Januar 2013 vorzulegen, rechtswidrig ist".

Die Urteilsformel, die den zitierten Hauptsacheausspruch enthält, wurde von den beteiligten Berufsrichtern unterschrieben und am 25. Juni 2015 der Geschäftsstelle des 3. Senats des [X.] übermittelt und die Urteilsformel einem Vertreter des [X.] und dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin noch im Juni 2015 telefonisch durch die Geschäftsstelle bekanntgegeben.

Das mit Tatbestand und Entscheidungsgründen versehene schriftliche und den Beteiligten im Dezember 2015 zugestellte Urteil enthält im Hauptsacheausspruch einen anderen Tenor. Unter Ziffer 1 wird dort "festgestellt, dass die an die Klägerin gerichtete Aufforderung des Beklagten vom 5. Februar 2013, Unterlagen für die Anfertigung von [X.] im Rahmen des Auskunftsersuchens der [X.] vom Januar 2013 vorzulegen, für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Oktober 2011 rechtswidrig ist". Unter Ziffer 2 der Urteilsformel heißt es: "Die an die Klägerin gerichtete Aufforderung vom 5. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2014 für den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. September 2012 wird (ersatzlos) aufgehoben."

Dagegen wendet sich das [X.] mit seiner Revision.

Das [X.] beantragt, das [X.]-Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des [X.] ist begründet. Das [X.] ist bereits deshalb aufzuheben, weil die Vorinstanz seiner Entscheidung ein Klagebegehren zugrunde gelegt hat, das mit dem tatsächlichen Begehren der Klägerin nicht übereinstimmt (§ 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Zur Grundordnung des Verfahrens gehört der Grundsatz der Bindung an das Klagebegehren, der für das finanzgerichtliche Verfahren in § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O zum Ausdruck kommt. Nach diesem Grundsatz darf das Gericht nicht über das Klagebegehren, das regelmäßig im Klageantrag seinen formgerechten Ausdruck findet, hinausgehen. Es darf dabei dem Kläger nicht mehr ("ne ultra petita") oder etwas anderes ("aliud") zusprechen, als er begehrt. Dabei ist das Gericht nach § 96 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 [X.]O nicht an die Fassung des Klageantrags gebunden, sondern hat im Wege der Auslegung den Willen der Beteiligten anhand der erkennbaren Umstände zu ermitteln. Das Wesen der Klage wird nicht durch den --formalen-- Klageantrag bestimmt, sondern durch den begehrten richterlichen Ausspruch (zum Vorstehenden z.B. Urteil des [X.] --BFH-- vom 31. Januar 2013 III R 15/10, [X.], 1071, m.w.N.).

Die Nichtbeachtung der Bindung an das Klagebegehren führt zu einem Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens, der vom Revisionsgericht auch ohne Rüge eines Beteiligten von Amts wegen zu beachten ist.

2. Nach diesen Grundsätzen ist das [X.] im Streitfall zwar nicht über das Klagebegehren hinausgegangen (nachfolgend unter a), es hat allerdings nicht über das von der Klägerin bestimmte, sondern über ein anderes Begehren entschieden (nachfolgend unter b).

a) Nach dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem [X.], das Beweis für die tatsächlich von den Beteiligten gestellten Anträge erbringt und der Beurkundung der Anträge im [X.] vorgeht (BFH-Urteil vom 18. Juni 1993 VI R 67/90, [X.], 515, [X.] 1994, 182), hat die Klägerin beantragt, "festzustellen, dass die an die Klägerin gerichtete Aufforderung des Beklagten vom 05.02.2013, Unterlagen für die Anfertigung von [X.] im Rahmen des Auskunftsersuchens der [X.] vom Januar 2013 vorzulegen, rechtswidrig ist".

Mit dem vollständig schriftlich abgefassten und den Beteiligten zugestellten Urteil wird über diesen Antrag zwar hinausgegangen, weil dort unter Ziffer 2 des Tenors die Aufforderung des [X.] vom 5. Februar 2013 betreffend den Zeitraum vom 1. November 2011 bis zum 30. September 2012 "(ersatzlos) aufgehoben" wird und ein solcher kassatorischer Urteilsausspruch (vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 [X.]O) über die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Aufforderung (auch für diesen Zeitraum) im Sinne eines "Mehr" hinausgeht.

Maßgeblich für die Beurteilung eines Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O ist im Streitfall allerdings nicht das den Beteiligten zugestellte Urteil, sondern das den Beteiligten von der Geschäftsstelle des [X.] telefonisch bekanntgegebene Urteil. Dieses Urteil enthält ausschließlich die --allein von der Klägerin [X.] Feststellung der Rechtswidrigkeit der Anordnung vom 5. Februar 2013.

Die Maßgeblichkeit des von der Geschäftsstelle bekanntgegebenen Urteils folgt aus § 104 Abs. 2 [X.]O und der zu dieser Vorschrift ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Im Streitfall wurde die Urteilsformel des [X.] gemäß § 104 Abs. 1 [X.]O verkündeten-- Urteils der Geschäftsstelle gemäß § 104 Abs. 2 [X.]O übermittelt. Der Tenor wurde sodann von beiden Beteiligten telefonisch bei der Geschäftsstelle abgefragt. Nach ständiger BFH-Rechtsprechung tritt mit der --auch formlos möglichen, z.B. telefonischen-- Bekanntgabe des Tenors durch die Geschäftsstelle die Bindung des Gerichts ein. Das Urteil "gilt als verkündet" und ist fortan kein bloßes abänderbares Internum mehr (z.B. [X.] vom 8. März 2011 IV S 14/10, [X.], 1161, m.w.N.). Einerseits durfte das [X.] daher bei der Abfassung des mit Tatbestand und Gründen versehenen Urteils den Tenor nicht mehr ändern. Andererseits führte die Bindung an das bereits telefonisch bekannt gegebene Urteil dazu, dass mit diesem über den Feststellungsantrag der Klägerin nicht hinausgegangen wurde.

b) Das [X.] hat den Klageantrag der Klägerin zu Unrecht dahingehend ausgelegt, dass im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage über die Rechtswidrigkeit der Aufforderung vom 5. Februar 2013, Unterlagen für die Anfertigung von [X.] vorzulegen, zu befinden sei. Ausweislich des [X.]s hat der Vorsitzende des [X.] auf die Stellung eines solchen Antrages in der mündlichen Verhandlung offenbar hingewirkt (vgl. § 76 Abs. 2 [X.]O). Das war weder sachdienlich noch entsprach eine solche Auslegung dem [X.] der Klägerin.

aa) Zum einen hat das [X.] die Aufforderung des [X.] vom 5. Februar 2013, bestimmte Unterlagen vorzulegen, inzident als mit dem Einspruch anfechtbaren Verwaltungsakt qualifiziert (vgl. [X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 117 Rz 48; Grotherr, [X.] --[X.]-- 2015, 193). Es ist sodann davon ausgegangen, dass sich dieser Verwaltungsakt --bereits vor [X.] durch die Übersendung der [X.] an das BZSt i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 4 [X.]O erledigt hat.

Im Streitfall fehlt es indes bereits an einer solchen Erledigung. Die Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 100 Abs. 1 Satz 4 [X.]O ist zwar bei einer vor Rechtshängigkeit eingetretenen Erledigung des angegriffenen Verwaltungsakts an sich statthaft (z.B. Senatsbeschluss vom 4. November 2014 I R 19/13, [X.], 333, m.w.N.). Sie setzt aber voraus, dass die von dem Verwaltungsakt ausgehende Beeinträchtigung in eigenen Rechten durch dessen Zurücknahme oder die sonstige Erschöpfung seines [X.] entfallen ist (BFH-Urteil vom 5. April 1984 IV R 244/83, [X.], 518, [X.] 1984, 790, zur Erledigung eines Auskunftsverlangens; Senatsurteil vom 16. April 1986 I R 32/84, [X.], 14, [X.] 1986, 736, zur Erledigung eines Unterlagenvorlageverlangens); das Klagebegehren muss objektiv insgesamt gegenstandslos geworden sein ([X.] in Tipke/[X.], Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 100 [X.]O Rz 47).

Vorliegend dauert die Rechtsbeeinträchtigung jedoch noch an, weil dem BZSt bislang keine Unterlagen für den von der Aufforderung vom 5. Februar 2013 erfassten Zeitraum zwischen dem 1. November 2011 und dem 30. September 2012 zugeleitet wurden. Da das Rechtsschutzbedürfnis für die ursprünglich erhobene Klage somit nicht entfallen ist, hätte das [X.] über diese entscheiden müssen.

bb) Zum anderen war das Begehren der Klägerin entgegen der Annahme des [X.] nicht darauf gerichtet, die Weitergabe des anlässlich der Außenprüfung gewonnenen [X.] (vgl. § 194 Abs. 3 [X.]) zu verhindern. Auch mit dem in der mündlichen Verhandlung gestellten und protokollierten Antrag, der regelmäßig für die Bestimmung des Klagebegehrens i.S. des § 96 Abs. 1 Satz 2 [X.]O maßgeblich ist ([X.] vom 28. November 2012 IV B 11/12, [X.], 773), wurde nicht eindeutig ein solches Rechtsschutzziel verfolgt, wie die unklaren und damit auslegungsbedürftigen Formulierungen, die eine Vermischung eines verwaltungsaktsbezogenen [X.], eines Feststellungsbegehrens und eines Leistungsbegehrens beinhalten, zeigen.

Im Streitfall wurden Maßnahmen im Rahmen der Außenprüfung nicht gerichtlich angegriffen. Mit der Klage wurde allein die im Rahmen des [X.] ergangene Anordnung des [X.], Unterlagen bei der Klägerin --gezielt und nicht lediglich als Kontrollmaterial-- als sog. Vornahmebehörde im [X.] zu erheben, mit der Anfechtungsklage angegriffen. Das folgt aus der Klageschrift und des in der mündlichen Verhandlung gestellten (unklaren) Antrags, zu deren Auslegung der Senat ohne Bindung an die Feststellungen des [X.] befugt ist (z.B. Senatsbeschluss vom 30. Mai 2014 I B 118/13, [X.] 2014, 1556, m.w.N.).

aaa) Werden anlässlich der Außenprüfung Verhältnisse anderer als der geprüften Person (Dritter) festgestellt, dann ist es grundsätzlich zulässig, diese Feststellungen durch Weitergabe an die für die Besteuerung des [X.] zuständige Finanzbehörde zu verwerten (sog. [X.], vgl. § 194 Abs. 3 [X.]). Da [X.] keine Verwaltungsakte darstellen, kann der geprüfte Steuerpflichtige Rechtsschutz grundsätzlich nur durch Erhebung einer allgemeinen Leistungs- oder Unterlassungsklage erhalten (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 194 [X.] Rz 180).

[X.] i.S. des § 194 Abs. 3 [X.] können auch Gegenstand eines zwischenstaatlichen Informationsaustausches sein. So erlaubt es z.B. § 8 Abs. 1 [X.]AHiG den [X.] Finanzbehörden, ohne Ersuchen alle Informationen an das zentrale Verbindungsbüro zu übermitteln, die für die anderen Mitgliedstaaten der [X.] von Nutzen sein können (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 1995 I B 92/94, [X.], 25, [X.] 1995, 358, zur früheren, aber vergleichbaren Rechtslage).

bbb) Die Klageschrift vom 18. Juli 2014 lässt nicht erkennen, dass sich die Klägerin mittels Leistungsklage gegen die anlässlich der bei ihr durchgeführten Außenprüfung angefertigten [X.] und deren Übermittlung ins Ausland wenden wollte. Auch der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag ist nicht eindeutig darauf gerichtet. Letzteres zeigt insbesondere die Bezugnahme auf die vom [X.] als Verwaltungsakt qualifizierte Aufforderung vom 5. Februar 2013.

Vielmehr ergibt die Auslegung, dass allein eine Anfechtungsklage gegen die Verfügung vom 5. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhoben wurde. Mit dieser Verfügung wurde der Klägerin im Rahmen eines [X.] aufgegeben, bestimmte Unterlagen vorzulegen. Streitig war mithin ein gezieltes Urkundenvorlageverlangen gemäß § 117 Abs. 2, Abs. 4 i.V.m. § 97 Abs. 1 [X.]. Dafür sprechen die Texte sämtlicher relevanter Rechtsakte. Die Klageschrift nennt als Betreff "wegen: Auskunftsersuchen der [X.] Steuerbehörde/Einspruchsentscheidung vom 25. Juni 2014". Die Einspruchsentscheidung wiederum betraf allein den gegen die Verfügung vom 5. Februar 2013 eingelegten Einspruch vom 4. März 2013. Auch die Verfügung vom 5. Februar 2013 war schließlich eine förmliche Maßnahme im Rahmen des [X.]s, was --ohne jeglichen Zweifel-- aus Wortlaut und der genannten Rechtsgrundlage (§ 117 Abs. 2 [X.]) hervorgeht.

Die vorprozessualen Vorgänge bestätigen dieses Auslegungsergebnis. Das [X.] hatte im Verkehr mit der Klägerin zu Recht wiederholt darauf hingewiesen, dass zwei getrennte Verfahren geführt werden. Zum einen die Außenprüfung bei der Klägerin mit den aus diesem Anlass gefertigten [X.] für den Prüfungszeitraum, zum anderen --zeitlich parallel-- das ausländische Amtshilfeersuchen mit dem förmlichen Vorlageverlangen für einen davon abweichenden Zeitraum; beide Verfahren sind rechtlich eigenständig zu würdigen. Der fachkundig vertretenen Klägerin wurden noch unmittelbar vor Erhebung der Klage ausdrücklich die beiden hoheitlichen Maßnahmen mit Schriftsatz vom 11. Juli 2014 erläutert und der Hinweis erteilt, dass das Einspruchsverfahren bezüglich des [X.] im Rahmen des [X.] mit der Entscheidung vom 25. Juni 2014 abgeschlossen sei. Auch vor diesem Hintergrund erscheint es ausgeschlossen, dass sich die Klägerin mit einer Unterlassungs- oder sonstigen Leistungsklage gegen die Erteilung der Spontanauskunft/Weiterleitung des [X.] wenden wollte.

ccc) Wie sich aus der Tenorierung und den Entscheidungsgründen des [X.]s ergibt, hat die Vorinstanz das Klagebegehren nicht zutreffend bestimmt und im [X.] über ein aliud entschieden. So vermischt das [X.] die in den parallel geführten Verwaltungsverfahren ergangenen Maßnahmen unzulässigerweise miteinander und prüft daher die Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 5. Februar 2013 fehlerhaft unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit von [X.] gemäß § 194 Abs. 3 [X.]. [X.] war indes allein das gesonderte Vorlageverlangen im Rahmen eines ausländischen [X.]. Die Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme beurteilt sich im Streitfall ausschließlich nach dem von § 117 Abs. 2 [X.] ausdrücklich in Bezug genommenen [X.]-Amtshilfegesetz oder dem einschlägigen Doppelbesteuerungsabkommen sowie § 4 Abs. 1 Satz 3 [X.]AHiG, § 117 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 97 Abs. 1 [X.]. Das [X.] wird im zweiten Rechtsgang Gelegenheit haben, diese Prüfung nachzuholen (ausführlich zur Zulässigkeit der inländischen Durchführungsmaßnahmen im Rahmen eines ausländischen [X.] vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 117 [X.] Rz 151 ff. und 209 ff.).

3. Vorsorglich weist der Senat darauf hin, dass entgegen der Auffassung der Vorinstanz (S. 25 des Urteilsumdrucks) im vorliegenden Verfahren nicht zu prüfen ist, ob die Erhebung der Informationen bei der Klägerin für die Besteuerung der [X.] Geschäftspartner erforderlich ist und die [X.] Finanzverwaltung eigene Ermittlungsmöglichkeiten besitzt, die sie noch nicht ausgeschöpft hat. Diese Prüfung betrifft die Zulässigkeit des [X.] und ist deshalb dem dafür zuständigen BZSt vorbehalten (§ 5 Abs. 1 Nr. 5 des Gesetzes über die Finanzverwaltung --Finanzverwaltungsgesetz--; § 3 Abs. 3, § 4 Abs. 3 [X.]AHiG; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 117 [X.] Rz 71 und 164). Rechtsschutz ist gegenüber dieser Behörde zu suchen (vgl. Senatsurteil vom 23. Juli 1986 I R 306/82, [X.], 1, [X.] 1987, 92; dazu und zu den Rechtsschutzmöglichkeiten im Einzelnen vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 117 [X.] Rz 213 ff.; [X.] in Tipke/ [X.], a.a.[X.], § 117 [X.] Rz 139 und 142; [X.]/[X.], a.a.[X.], § 117 Rz 48 f. und 83; Grotherr, [X.] 2015, 193).

Eine etwaige Unzulässigkeit der Erstellung von [X.] nach Maßgabe des § 194 Abs. 3 [X.] schlägt nicht auf die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verfügung vom 5. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung durch. Die Auffassung des [X.], Amtshilferegelungen für die Erteilung von [X.] könnten den Bereich zulässiger [X.] über § 194 Abs. 3 [X.] hinaus nicht erweitern, trifft zwar zu (vgl. z.B. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 194 [X.] Rz 113). Doch ist, wie bereits ausgeführt, streitgegenständlich nicht die Frage der Zulässigkeit von [X.], sondern das [X.] und verfahrensrechtlich eigenständig zu würdigende Vorlageverlangen des [X.] vom 5. Februar 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung. Im Übrigen ist die Würdigung des [X.], die Außenprüfung habe nur dazu gedient, ins Blaue hinein die steuererheblichen Verhältnisse Dritter ([X.] Geschäftspartner der Klägerin) auszuforschen, um Kontrollmaterial für die Weiterleitung an die [X.] Finanzverwaltung erstellen zu können (S. 23 des Urteilsumdrucks), nicht von ausreichenden tatsächlichen Einzelfeststellungen getragen und damit aus Sicht des [X.] materiell fehlerhaft (vgl. BFH-Urteil vom 22. Januar 1985 VII R 112/81, [X.], 203, [X.] 1985, 562). Die zu Protokoll des Erörterungstermins vom 18. November 2014 genommene Erklärung des [X.], es habe sich um eine schon länger mit der Klägerin vereinbarte "[X.]" gehandelt, die nur zeitlich zufällig mit dem Amtshilfeersuchen zusammengefallen sei, ist im Streitfall bislang nicht widerlegt.

4. [X.] beruht auf § 143 Abs. 2 [X.]O.

Meta

I R 97/15

12.09.2017

Bundesfinanzhof 1. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg, 25. Juni 2015, Az: 3 K 2419/14, Urteil

§ 97 AO, § 117 Abs 4 AO, § 194 Abs 3 AO, § 5 Abs 1 Nr 5 FVG, § 3 EUAHiG, § 4 EUAHiG, § 104 Abs 2 FGO, § 100 Abs 1 S 4 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 12.09.2017, Az. I R 97/15 (REWIS RS 2017, 5501)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5501

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen
Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.