Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. XII ZB 287/11

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3168

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS

XII ZB 287/11

vom

21. September 2011

in der Betreuungssache

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 21.
September 2011 durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne, die Richterin [X.] sowie die
Richter Dr.
Klinkhammer, Dr.
Günter
und Dr.
Nedden-Boeger
beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde
der Betroffenen
gegen den Beschluss der 2.
Zivilkammer des
[X.]s [X.] vom 3.
Mai 2011 wird zurückgewiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtsgebührenfrei.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
[X.]: 3.000

Gründe:
I.
Die 1968 geborene Betroffene wendet sich mit der Rechtsbeschwerde gegen die Bestellung der Beteiligten zu
1 zu ihrer Betreuerin.
Die Betroffene leidet seit Langem unter einer paranoiden Schizophrenie, deretwegen sie sich bereits in stationärer psychiatrischer Behandlung befand. Schon in 2004 war für sie eine Betreuung eingerichtet und in 2005 wieder [X.] worden, nachdem die Betroffene Krankheitseinsicht
und Therapiewil-ligkeit zeigte. In der Folgezeit verschlechterte sich ihr Zustand jedoch wieder. Im [X.] 2010 befand
sie sich nach ärztlichem Gutachten
in einem
präpsy-chiotischen Schwebezustand, der sich demnächst, wenn keine geeignete Be-1
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handlung erfolge, wieder zu einem manifesten psychiotischen Zustand [X.] würde.
Auf diese Begutachtung hin und nach Anhörung der anwaltlich [X.] Betroffenen hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 12.
Januar 2011 die Beteiligte zu
1 als Betreuerin für die
Aufgabenkreise der Gesundheitsfürsorge und der Aufenthaltsbestimmung bestellt, jeweils beschränkt auf Zwecke der nervenärztlichen Behandlung.
Die hiergegen eingelegte Beschwerde der Betroffenen, mit der sie vor-trägt, ihre nervenärztliche Behandlung sei
nicht angezeigt und eine neurolepti-sche Medikation sei nicht erforderlich, hat das [X.] durch Beschluss vom 3.
Mai 2011 zurückgewiesen. Hiergegen wendet sich die Betroffene mit ihrer Rechtsbeschwerde.

II.
Die gemäß §
70 Abs.
3 Nr.
1
FamFG statthafte und auch im Übrigen zu-lässige Rechtsbeschwerde ist in der Sache nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht hat seine Entscheidung auf §
1896 Abs.
1 Satz
1 BGB gestützt und sie wie folgt begründet:
Nach dem fachärztlichen Gutachten des Sachverständigen sei die Be-troffene aufgrund ihrer paranoiden Schizophrenie nicht in der Lage, ihre Ange-legenheiten in den [X.] zu besorgen, für die die Betreuung ange-ordnet werde. Ihr entgegenstehender Wille, den sie in der Beschwerdebegrün-3
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dung mitgeteilt habe, sei unbeachtlich, da sie ihren Willen aufgrund ihrer Krank-heit nicht frei bestimmen könne. Dem Sachverständigengutachten sei im Zu-sammenhang mit der persönlichen Anhörung, der Stellungnahme des Kranken-hauses
D. sowie den Stellungnahmen der Betreuungsbehörde zu entnehmen, dass ihre Ablehnung der Betreuung auf fehlender Krankheitseinsicht beruhe.
2. Die angegriffene Entscheidung des [X.] hält einer rechtlichen Überprüfung und den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand. Die materiellen Voraussetzungen für die Bestellung der Beteiligten zu
1 zur Betreu-erin der Betroffenen liegen vor.
a) Kann ein Volljähriger auf Grund einer psychischen Krankheit oder [X.] körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung seine Angelegenheiten ganz oder teilweise nicht besorgen, so bestellt das Betreuungsgericht auf sei-nen Antrag oder von Amts wegen für ihn einen Betreuer (§
1896 Abs.
1 Satz
1 BGB). Die Voraussetzungen für die Einrichtung einer Betreuung nach dieser Vorschrift hat das [X.]
rechtsfehlerfrei
festgestellt. Die Betroffene leidet an einer behandlungsbedürftigen
paranoiden Schizophrenie, deretwegen
sie nicht in der Lage ist, die Angelegenheiten ihrer Gesundheitsfürsorge und der
im
Zusammenhang damit stehenden Aufenthaltsbestimmung selbst zu besorgen.
Soweit ihr eigener Wille der Einrichtung der Betreuung deshalb entgegensteht, weil sie die medizinische Behandlung ablehnt, hat das [X.] rechtsfehler-frei festgestellt, dass dieser Wille von ihrem psychischen Krankheitsbild beein-flusst
und deshalb nicht frei gebildet und daher rechtlich unbeachtlich ist.
b)
Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde bedurfte es keiner besonderen Feststellungen dazu, wie sich die Erkrankung der Betroffenen im täglichen Leben und im Kontakt mit [X.] auswirkt. Das [X.] hat fest-gestellt, dass sich die Betroffene in einem präpsychiotischen Schwebezustand 8
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befand, der sich ohne geeignete Behandlung zu einem manifesten psychioti-schen Zustand verschlechtern würde. Die neuroleptische Medikation ist
somit keine rein vorsorgende Maßnahme, sondern eine Behandlungsmaßnahme zur Stabilisierung der bereits erkrankten Betroffenen, was diese jedoch [X.] nicht einsieht und deshalb das medizinisch Notwendige nicht als ihre eigene Angelegenheit wahrnehmen kann.
Auch ist die Bestellung der [X.] Betreuerin, die ihr Amt be-rufsmäßig ausübt, nicht deshalb ungeeignet, weil dieser
die faktische Handhabe fehlte, eine ärztliche Behandlung oder
die Einnahme verordneter Medikamente gegen den Willen der Betroffenen durchzusetzen.
Die Betreuerin kann [X.] organisieren und begleiten, Einwilligungen in notwendige Behandlungs-maßnahmen erteilen, Pflegedienste zur Unterstützung und Überwachung der 11
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häuslichen Medikamenteneinnahme einsetzen und insgesamt unterstützend auf die Betroffene einwirken, notfalls -
unter den Voraussetzungen des §
1906 BGB
-
eine geschlossene Unterbringung der Betroffenen veranlassen.
Hahne

[X.] Klinkhammer

Günter Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.01.2011 -
404 [X.] 1849/10 -

LG [X.], Entscheidung vom 03.05.2011 -
2 [X.] -

Meta

XII ZB 287/11

21.09.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. XII ZB 287/11 (REWIS RS 2011, 3168)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3168

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