Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.10.2010, Az. 2 AZR 688/09

2. Senat | REWIS RS 2010, 1837

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Gegenstand

Außerordentliche Änderungskündigung - tarifliche Unkündbarkeit


Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 16. September 2009 - 2 Sa 116/08 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung.

2

Der 1961 geborene Kläger ist seit 1979 bei dem beklagten [X.] beschäftigt, seit November 1983 als Schwimmmeister. Er wurde während der [X.]adesaison in dem von dem beklagten [X.] betriebenen Freizeitzentrum „[X.]“ eingesetzt. Während des restlichen Jahres war er bei gleicher Vergütung auf dem [X.]auhof des Freizeitzentrums tätig. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der [X.]undes-Angestelltentarifvertrag ([X.]AT) Anwendung. Der Kläger wurde gemäß der Anlage 1a [X.] nach dem Tarifvertrag für Schwimmmeister und Schwimmmeistergehilfen vergütet.

3

Nachdem der [X.]AT durch den Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ([X.]) abgelöst worden war, erhielt der Kläger eine Vergütung nach der [X.] 8 [X.], die sich zuletzt auf 2.549,87 Euro brutto monatlich belief.

4

Der [X.]etriebsarzt hatte mehrfach empfohlen, den Kläger nicht mehr als Schwimmmeister einzusetzen. Am 23. März 2007 stellte der amtsärztliche Dienst des beklagten [X.]es fest, dass der Kläger an chronischen Erkrankungen des Herz- und Kreislauf- sowie des Stoffwechselsystems leide und eine ausgeprägte Adipositas vorliege. Es seien umfangreiche medikamentöse Therapien erforderlich. Unter [X.]erücksichtigung der Tätigkeit in einer Rettungswache und der bestehenden Risikofaktoren sei aus betriebsärztlicher Sicht „die gesundheitliche Eignung zum Retten Ertrinkender auf Dauer nicht mehr gegeben“.

5

Nach [X.]eteiligung des Personalrats kündigte der beklagte [X.] das Arbeitsverhältnis des [X.] mit Schreiben vom 20. Dezember 2007 zum 30. Juni 2008 und bot ihm eine ganzjährige [X.]eschäftigung auf dem [X.]auhof des Freizeitzentrums bei einer - reduzierten - Vergütung nach [X.] 3 [X.].

6

Der Kläger hat Kündigungsschutzklage erhoben. Er hat die Änderungskündigung für unwirksam gehalten. Er hat geltend gemacht, er sei weiterhin gesundheitlich zur Rettung Ertrinkender geeignet. Er habe 2006 und 2007 den [X.] bestanden und das [X.] Rettungsschwimmerabzeichen in Silber erworben. Im Übrigen habe ihn der beklagte [X.] selbst bei Vorliegen eines Kündigungsgrundes nach § 34 Abs. 2 [X.] auf einem anderen - angemessenen - Arbeitsplatz bei gleichbleibender [X.]ezahlung weiterbeschäftigen müssen. Einer Vergütung nach [X.] 3 stehe § 55 [X.]AT entgegen, der lediglich die Herabgruppierung um eine Vergütungsgruppe zulasse. Die Regelung in § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.]AT gelte nach § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] fort.

7

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß dem Schreiben vom 20. Dezember 2007 rechtsunwirksam ist.

8

Der beklagte [X.] hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat die ausgesprochene Änderungskündigung für rechtswirksam gehalten. Der Kläger habe das geänderte Vertragsangebot schon nicht rechtzeitig unter Vorbehalt angenommen. § 34 Abs. 2 [X.] verbiete die außerordentliche Kündigung nicht. Der Kläger könne seine bisherige Tätigkeit als Schwimmmeister nicht mehr ausüben, er sei zur Rettung von Ertrinkenden gesundheitlich auf Dauer nicht mehr in der Lage. Eine Rückstufung des [X.] in die [X.] 3 [X.] sei gerechtfertigt, da er im [X.]auhof nur noch Hilfsarbeitertätigkeiten ausübe.

9

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat die [X.]erufung zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das [X.] hat aufgrund der den [X.] bindenden Feststellungen (§ 559 Abs. 2 ZPO) die Änderungskündigung zu Recht für wirksam erachtet.

I. Dem [X.] ist darin zu folgen, dass es sich bei dem vorliegenden Rechtsstreit um eine Änderungskündigungsschutzklage entsprechend §§ 2, 4 Satz 2 [X.] handelt.

1. Der entsprechenden Anwendung der §§ 2, 4 Satz 2 [X.] auf außerordentliche Änderungskündigungen steht nicht entgegen, dass § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] keine Verweisung auf § 2 [X.] enthält ([X.] 19. Juni 1986 - 2 [X.] - [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 16 = EzA [X.] § 2 Nr. 7). Zwar ist in der seit 1. Januar 2004 geltenden Fassung des § 13 Abs. 1 Satz 2 [X.] eine Verweisung auf §§ 2, 4 Satz 2 [X.] erneut nicht erfolgt. Der Zweck des § 2 [X.] verlangt aber danach, dass der Arbeitnehmer die Wirksamkeit auch einer außerordentlichen Änderungskündigung gerichtlich überprüfen lassen kann, ohne zugleich den Verlust des Arbeitsplatzes insgesamt riskieren zu müssen ([X.] Rost 9. Aufl. § 2 [X.] Rn. 32).

2. Die Auslegung (§§ 133, 157 BGB) des Schreibens des Beklagten vom 20. Dezember 2007 ergibt, dass darin eine Änderungskündigung iSv. § 2 Satz 1 [X.] ausgesprochen wurde. Es wurde die Kündigung des Arbeitsverhältnisses erklärt verbunden mit einem Angebot zu dessen Fortsetzung zu geänderten Bedingungen. Im ersten und drittletzten Absatz des Schreibens ist ausdrücklich von einer „Änderungskündigung“ die Rede. Aus dem Zusammenhang des Schreibens wird zudem erkennbar, dass der beklagte [X.] das auf Seite 2 wiedergegebene, dem Kläger bereits zuvor in einem Gespräch unterbreitete Änderungsangebot aufrechterhielt.

3. Es kann dahinstehen, ob der Kläger das Änderungsangebot rechtzeitig unter Vorbehalt gemäß § 2 Satz 1 [X.] angenommen hat. Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die Annahme bei einer außerordentlichen Änderungskündigung mit Auslauffrist unverzüglich erklärt werden muss, oder, wie bei einer ordentlichen Kündigung, lediglich innerhalb der Frist gemäß § 2 Satz 2 [X.]. Der Beklagte hat sich jedenfalls nachträglich auf eine möglicherweise verspätete Erklärung eingelassen.

a) Erklärt der Arbeitnehmer die Annahme unter Vorbehalt nicht fristgerecht, ist die verspätete Erklärung nach § 150 Abs. 1 BGB als neues Angebot auf Abschluss eines [X.] unter Vorbehalt zu verstehen. Dieses kann der Arbeitgeber seinerseits annehmen. Der Arbeitgeber kann sich folglich auch nachträglich auf eine verspätete Annahme unter Vorbehalt einlassen ([X.] 17. Juni 1998 - 2 [X.] - zu [X.], [X.] 89, 149).

b) Dies ist hier geschehen. Spätestens aufgrund ihrer übereinstimmenden Erklärung während der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] am 16. September 2009 bestand zwischen den [X.]en Einigkeit darüber, dass das Arbeitsverhältnis, falls der Kläger mit seiner Klage keinen Erfolg haben sollte, über den 30. Juni 2008 hinaus zu den Bedingungen fortbestünde, die sich aus dem Änderungsangebot vom 20. Dezember 2007 und dem - ebenfalls unter Vorbehalt geschlossenen - Arbeitsvertrag vom 18. September 2008 ergäben.

II. [X.] ist nicht mangels hinreichender Bestimmtheit des [X.] rechtsunwirksam. Auch die Schriftform gemäß § 623 BGB ist gewahrt.

1. Das Änderungsangebot muss so konkret gefasst sein, dass es der Arbeitnehmer ohne weiteres annehmen kann. Dies muss bereits im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung der Fall sein. Eine spätere Klarstellung durch den Arbeitgeber reicht nicht aus ([X.] 15. Januar 2009 - 2 [X.] - Rn. 16, 20, [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 141). Das Schriftformerfordernis des § 623 BGB erstreckt sich auch auf das Änderungsangebot. Dieses ist Bestandteil der Kündigung. Der Inhalt des [X.] muss im [X.] zumindest hinreichenden Anklang finden (sog. Andeutungstheorie). Dabei sind ggf. auch außerhalb des Schreibens liegende Umstände zur Auslegung der Erklärung heranzuziehen und zu berücksichtigen ([X.] 16. September 2004 - 2 [X.] [X.] der Gründe, [X.] 112, 58).

2. Dem Schreiben des Beklagten vom 20. Dezember 2007 ist hinreichend deutlich zu entnehmen, dass das Änderungsangebot eine ganzjährige Tätigkeit des [X.] auf dem Bauhof zum Gegenstand hatte, wo der Kläger außerhalb der Badesaison schon in der Vergangenheit tätig war. Die Vergütung sollte sich nach [X.] 3 [X.] richten, da es sich um [X.] handele, welche ohne erlernten handwerklichen Beruf ausgeübt werden könnten. Damit sind der Inhalt der Tätigkeit und die Höhe der Vergütung hinreichend bestimmt, die übrigen Arbeitsbedingungen ergaben sich aus den schon bisher auf das Arbeitsverhältnis des [X.] anwendbaren Tarifregelungen.

III. [X.] ist nicht wegen Verstoßes gegen § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] iVm. § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] unwirksam.

1. Nach § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] konnte der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers unter bestimmten Voraussetzungen zum Zwecke der Herabgruppierung um lediglich eine Vergütungsgruppe kündigen, wenn der Angestellte dauerhaft außerstande war, diejenigen Arbeitsleistungen zu erfüllen, für die er eingestellt wurde.

2. Diese Regelung fand zum Kündigungszeitpunkt keine Anwendung mehr.

a) § 55 [X.] wurde mit Wirkung zum 1. Oktober 2005 durch § 34 [X.] abgelöst. § 34 [X.] sieht eine mit § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] vergleichbare Regelung nicht mehr vor.

b) § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] ist auch nicht wegen § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] weiter anwendbar. Nach dieser Bestimmung „verbleibt es dabei, soweit Beschäftigte nach den bis zum 30. September 2005 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren“.

aa) Nach § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] „verbleibt“ es insoweit nur bei der „tariflichen Unkündbarkeit“ als solcher, nicht auch bei deren einzelnen Modalitäten. Dies ergibt sich sowohl aus dem Wortlaut von § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] als auch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang. Die tarifliche Verschlechterung des Sonderkündigungsschutzes begegnet unter [X.] keinen Bedenken (zur Begründung im Einzelnen vgl. [X.] 27. November 2008 - 2 [X.] - Rn. 13 - 22, [X.] 128, 308).

Damit ist auch § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] nicht mehr anzuwenden (ebenso wohl [X.]/[X.]/Kiefer/Lang/Langenbrinck [X.] Stand August 2010 § 34 [X.] Rn. 33; [X.] [X.] 2006, 174, 179; [X.] 2007, 92, 99; [X.] 2006, 2, 10; [X.]/[X.]/[X.]/Pieper-[X.] [X.] § 34 Rn. 80; [X.] PersR 2008, 313, 316; aA, ebenso wie für § 55 Abs. 2 Unterabs. 1 Satz 2 [X.]: [X.], [X.] 2005, 558, 561). Die Bestimmung hat ebenfalls lediglich eine weitere Modalität tariflicher Unkündbarkeit zum Gegenstand.

bb) Aus Satz 4 der Protokollerklärung zum 3. Abschnitt ([X.]) des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den [X.] und zur Regelung des Übergangsrechts vom 13. September 2005 ([X.]) ergibt sich nichts anderes. Darin ist bestimmt, dass ua. § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] in seinem „bisherigen Geltungsbereich“ unberührt bleibt. § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] ist nicht aufgeführt. Dies zeigt, dass die Modalitäten der Unkündbarkeit nicht bereits nach § 34 Abs. 2 Satz 2 [X.] weitergelten. Anderenfalls hätte es der ausdrücklichen Anordnung der Weitergeltung von § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] nicht bedurft ([X.]/[X.]/[X.]/Pieper-[X.] [X.] § 34 Rn. 80).

Nach dem weiter anzuwendenden § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 2 [X.] ist die Kündigung ausgeschlossen, wenn die Leistungsminderung Folge eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit iSv. §§ 8, 9 [X.] ist oder auf einer durch die langjährige Beschäftigung verursachten Abnahme der körperlichen oder geistigen Kräfte und Fähigkeiten beruht. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor.

cc) Entgegen der Auffassung des [X.] lässt sich für eine Fortgeltung von § 55 Abs. 2 Unterabs. 2 Satz 1 [X.] nichts aus dem ersten und dem letzten Satz der Protokollerklärung zum 3. Abschnitt des [X.] ableiten. Der darin enthaltene Hinweis auf noch nicht abgeschlossene Verhandlungen zur Überleitung der Entgeltsicherung bei Leistungsminderung betrifft nicht die Regelungen zur Unkündbarkeit in § 55 [X.], sondern die bei Arbeitsunfall und Berufskrankheit nach § 56 [X.] zu zahlende Ausgleichszulage.

IV. Die Würdigung des [X.]s, die Änderungskündigung vom 20. Dezember 2007 sei durch einen wichtigen Grund im Sinne des § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.] gerechtfertigt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.] konnte der Beklagte das Arbeitsverhältnis des [X.], der im Kündigungszeitpunkt das 40. Lebensjahr vollendet hatte und länger als 15 Jahre bei ihm beschäftigt war, nur aus einem wichtigen Grund kündigen. Eine ordentliche Kündigung war ausgeschlossen. Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 [X.] gilt auch für eine Änderungskündigung (Bepler/[X.]/[X.]/[X.] [X.] Stand Juni 2010 § 34 [X.]-AT Rn. 23). Mit dem Begriff des „wichtigen Grundes“ knüpft die tarifvertragliche Bestimmung an die gesetzliche Regelung des § 626 Abs. 1 BGB an (vgl. [X.] 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 12, [X.] § 626 Nr. 225 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 16; 27. November 2003 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe mwN, [X.] § 626 Krankheit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 626 Krankheit Nr. 1). Bei einer derartigen Bezugnahme gilt zugleich § 626 Abs. 2 BGB, wonach die außerordentliche Kündigung nur innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Wochen erklärt werden kann ([X.] 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 12, aaO; 5. Februar 1998 - 2 [X.] - zu II 4 der Gründe, [X.] 88, 10).

a) Ein wichtiger Grund zur außerordentlichen Änderungskündigung setzt voraus, dass die alsbaldige Änderung der Arbeitsbedingungen unabweisbar notwendig ist und die geänderten Bedingungen dem gekündigten Arbeitnehmer zumutbar sind ([X.] 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - zu [X.] 2 c der Gründe, [X.] 80, 185). Auch vom Arbeitnehmer nicht zu vertretende Umstände in seiner Person können geeignet sein, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen ([X.] 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 24, [X.] § 626 Nr. 225 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 16). Ein wichtiger Grund kann insbesondere dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer aufgrund von Umständen, die in seiner Sphäre liegen, zu der nach dem Vertrag vorausgesetzten Arbeitsleistung auf unabsehbare Dauer nicht mehr in der Lage ist. Darin liegt regelmäßig eine schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen [X.], der der Arbeitgeber, wenn keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten bestehen, mit einer außerordentlichen Kündigung begegnen kann ([X.] 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 24, aaO; 5. Juni 2008 - 2 [X.] - Rn. 27 mwN, [X.] § 626 Nr. 212 = EzA [X.] § 1 Personenbedingte Kündigung Nr. 22), wenn eine andere Beschäftigungsmöglichkeit besteht, mit einer außerordentlichen Änderungskündigung. Ist die ordentliche Kündbarkeit tariflich ausgeschlossen, kann eine außerordentliche Kündigung mit einer der ordentlichen Kündigung entsprechenden Auslauffrist berechtigt sein ([X.] 27. November 2003 - 2 [X.] - zu [X.] b der Gründe mwN, [X.] § 626 Krankheit Nr. 11 = EzA BGB 2002 § 626 Krankheit Nr. 1; 18. Oktober 2000 - 2 [X.] - zu II 3 der Gründe, [X.] 96, 65).

b) Im Fall eines tariflich unkündbaren Arbeitnehmers kommt der Verpflichtung des Arbeitgebers, die Kündigung - wenn möglich - durch andere Maßnahmen abzuwenden, eine besondere Bedeutung zu. Der Arbeitgeber hat zur Vermeidung einer Kündigung alle in Betracht kommenden Beschäftigungs- und Einsatzmöglichkeiten von sich aus umfassend zu prüfen und eingehend zu sondieren ([X.] 26. November 2009 - 2 [X.] - Rn. 35, [X.] § 626 Nr. 225 = EzA BGB 2002 § 626 Unkündbarkeit Nr. 16; 23. März 1972 - 2 [X.] - zu 2 der Gründe, [X.] 24, 222). Aus dem Vorbringen des Arbeitgebers muss erkennbar sein, dass er auch unter Berücksichtigung der besonderen Verpflichtungen alles [X.]e unternommen hat, um eine Kündigung zu vermeiden (vgl. für eine außerordentliche betriebsbedingte Änderungskündigung [X.] 18. Mai 2006 - 2 [X.] - Rn. 25, [X.] [X.] § 55 Nr. 5 = EzA [X.] § 2 Nr. 60; 2. März 2006 - 2 [X.] - Rn. 29, [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 84 = EzA [X.] § 2 Nr. 58). Ist der Arbeitnehmer ordentlich unkündbar, kann der Arbeitgeber im Einzelfall verpflichtet sein, zur Vermeidung einer außerordentlichen Änderungskündigung einen gleichwertigen Arbeitsplatz freizukündigen (vgl. [X.] 18. Mai 2006 - 2 [X.] - Rn. 28, aaO). Hingegen muss auch der öffentliche Arbeitgeber grundsätzlich nicht versuchen, zur Vermeidung einer Änderungskündigung eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers bei einem anderen Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes zu erreichen (vgl. [X.] 18. Mai 2006 - 2 [X.] - Rn. 34, aaO).

c) Ob der Arbeitnehmer in eine ihm angesonnene Änderung billigerweise einwilligen muss, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu ermitteln ([X.] 8. Oktober 2009 - 2 [X.]/08 - Rn. 18, [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 143 = EzA [X.] § 2 Nr. 75; 29. März 2007 - 2 [X.] - Rn. 30, EzA [X.] § 2 Nr. 66). Die Änderungen müssen geeignet und erforderlich sein, um den Inhalt des Arbeitsvertrags den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Diese Voraussetzungen müssen für alle angebotenen Änderungen vorliegen. Ausgangspunkt ist die bisherige vertragliche Regelung. Die angebotenen Änderungen dürfen sich von deren Inhalt nicht weiter entfernen, als zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich ist ([X.] 8. Oktober 2009 - 2 [X.]/08 - Rn. 18, aaO; 2. März 2006 - 2 [X.] - Rn. 24, [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 84 = EzA [X.] § 2 Nr. 58). [X.] ist eine Weiterbeschäftigung zu geänderten Arbeitsbedingungen dem Arbeitnehmer insbesondere dann, wenn dies die einzige Möglichkeit darstellt, ihn überhaupt weiterzubeschäftigen (vgl. [X.] 2. März 2006 - 2 [X.] - Rn. 34, aaO; 27. September 2001 - 2 [X.] [X.], EzA [X.] § 15 nF Nr. 54).

d) Wenn neben der Tätigkeit auch die Vergütung des Arbeitnehmers geändert werden soll, sind beide Elemente des [X.] am Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu messen.

aa) Eine gesonderte Rechtfertigung des Vergütungsangebots ist nur dann entbehrlich, wenn dieses sich aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt ([X.] 27. November 2008 - 2 [X.] - Rn. 31, [X.] 128, 308; 29. November 2007 - 2 [X.] - Rn. 41, [X.] [X.] 1969 § 2 Nr. 136 = EzA [X.] § 2 Nr. 69). In einem solchen Fall ist eine Aufspaltung des [X.] in die Veränderung der Tätigkeit einerseits und deren Vergütung andererseits aus Rechtsgründen ausgeschlossen. Die neue Tätigkeit ist einer bestimmten [X.] zugeordnet, so dass sich ihre Vergütung „automatisch“ ergibt. Ist die Veränderung der Tätigkeit als solche unabweisbar und daher geeignet, eine darauf gerichtete außerordentliche Änderungskündigung zu rechtfertigen, so gilt dies auch hinsichtlich der Änderung der Eingruppierung ([X.] 21. Juni 1995 - 2 ABR 28/94 - zu [X.] 2 a bb der Gründe, [X.] 80, 185). Dem Arbeitgeber ist es in diesen Fällen regelmäßig nicht zumutbar, lediglich die Tätigkeit des Arbeitnehmers den neuen Gegebenheiten anzupassen und es bei der bisherigen - nunmehr übertariflichen - Bezahlung zu belassen ([X.] 17. März 2005 - 2 [X.] [X.] 4 a der Gründe, [X.] [X.] 1969 § 15 Nr. 58 = EzA [X.] § 15 nF Nr. 59).

bb) Maßgeblich ist, ob die geänderte Tätigkeit tatsächlich entsprechend einer Tarifautomatik vergütet wird oder nicht. Hat der Arbeitgeber zwar die bisherige Tätigkeit übertariflich entlohnt, vergütet er die geänderte Tätigkeit aber generell nur tariflich, gebietet es der Änderungskündigungsschutz nicht, dem von der Änderungskündigung betroffenen Arbeitnehmer auch für die geänderte Tätigkeit eine - wie auch immer bemessene - übertarifliche Vergütung zu zahlen. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn sich die geänderte Vergütung nicht aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt (vgl. [X.] 2007, 49, 50).

2. Gemessen daran war die Änderung der Arbeitsbedingungen gemäß der Kündigung des Beklagten vom 20. Dezember 2007 unabweisbar notwendig und sind die geänderten Bedingungen dem Kläger zumutbar.

a) Das [X.] hat für den [X.] bindend festgestellt, dass der Kläger auf Dauer aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr als Schwimmmeister hat eingesetzt werden können.

aa) Damit lag eine in der Sphäre des [X.] liegende schwere und dauerhafte Störung des vertraglichen [X.] vor. Diese machte es dem Beklagten auch unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile unzumutbar, den Kläger auf Dauer als Schwimmmeister weiterzubeschäftigen. Dem Beklagten war es nicht zumutbar, eine Umverteilung der Aufgaben der Rettungsschwimmer in der Weise vorzunehmen, dass künftig nur die beiden Kollegen des [X.] für die Rettung Ertrinkender zuständig wären. Eine Aufgabentrennung in die reine Aufsicht einerseits und die Rettung Ertrinkender andererseits war weder sachlich sinnvoll noch personell umsetzbar. Insbesondere war eine Dienstplangestaltung, die neben dem Kläger immer mindestens einen weiteren Mitarbeiter des Rettungsdienstes vorsähe, nach den Feststellungen des [X.]s nicht möglich. Eine Möglichkeit, den Kläger an anderer Stelle gleichwertig zu beschäftigen, bestand ebenfalls nicht.

bb) Dem Umstand, dass es für den Kläger im Jahr 2008 während der gesamten Badesaison wegen bestimmter Baumaßnahmen ohnehin keine Einsatzmöglichkeit als Schwimmmeister gegeben hätte, hat das [X.] zu Recht keine entscheidungserhebliche Bedeutung beigemessen. Am dauerhaften Fehlen einer Eignung zum Einsatz als Schwimmmeister ändert es nichts, dass ein solcher Einsatz des [X.] vorübergehend noch aus einem weiteren Grund nicht möglich war.

cc) Es bedarf keiner Entscheidung, ob auch eine fristlose Änderungskündigung gerechtfertigt gewesen wäre. Der Beklagte hat die Kündigung nicht fristlos, sondern unter Gewährung einer der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechenden Auslauffrist ausgesprochen.

b) Der Beklagte hat dem Kläger nur solche Vertragsänderungen angeboten, die dieser billigerweise akzeptieren muss.

aa) Die Änderung der Tätigkeit verstößt nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Nach den Feststellungen des [X.]s handelt es sich bei der angebotenen Hilfsarbeiterstelle auf dem Bauhof um die einzige noch verbliebene Möglichkeit, den Kläger zu beschäftigen. Andere Alternativen kamen nicht in Betracht. Das Änderungsangebot war damit die einzige Möglichkeit, eine sonst erforderliche Beendigungskündigung zu vermeiden.

bb) Die - wenn auch beträchtliche - Änderung der Vergütung ist vom Kläger hinzunehmen. Sie stellt sich nicht etwa als Lohnkürzung bei unveränderten Arbeitsaufgaben dar. Sie knüpft an die neue Tätigkeit an und entspricht dem für diese maßgeblichen Vergütungssystem.

(1) Die Eingruppierung im Bereich der [X.] richtet sich gemäß § 17 Abs. 1 [X.] weiterhin nach §§ 22, 23 [X.], solange eine Entgeltordnung zum [X.] nicht vereinbart ist. Die vorläufige Zuordnung der bisherigen Vergütungsgruppen zu den neuen [X.]n ergibt sich aus Anlage 3 [X.].

(2) Der [X.] 3 [X.] sind nach Anlage 3 [X.] ua. die bisher in Lohngruppe 2 mit Aufstieg nach Lohngruppe 3 oder 3a und die in Lohngruppe 3 mit Aufstieg nach Lohngruppe 3a eingereihten gewerblichen Tätigkeiten zugeordnet. Der [X.] 4 [X.] entsprechen die bisher in Lohngruppe 4 mit Aufstieg nach Lohngruppe 4a und die in Lohngruppe 3 mit Aufstieg nach Lohngruppe 4 oder 4a eingereihten Tätigkeiten.

(3) Die vom Kläger als Hilfsarbeiter im Bauhof auszuübenden Tätigkeiten unterfallen allenfalls der Lohngruppe 3 Fallgruppe 2 des maßgeblichen Lohngruppenverzeichnisses des Bezirkstarifvertrags Nr. 6 zum [X.] ohne Möglichkeit des Aufstiegs nach Lohngruppe 4 oder 4a. Eine Eingruppierung in Lohngruppe 4 oder in Lohngruppe 3 mit möglichem Aufstieg nach Lohngruppe 4 oder 4a setzt zumindest eine erfolgreich abgeschlossene Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf und die Beschäftigung in diesem oder einem verwandten Beruf voraus. Dass diese Voraussetzungen vorlägen, ist vom [X.] weder festgestellt noch von dem Kläger geltend gemacht.

(4) Es bedarf keiner Entscheidung, ob der Kläger mit einer Vergütung nach [X.] 8 [X.] bislang tarifgerecht oder übertariflich entlohnt wurde. Selbst wenn die bisherige Vergütung übertariflich gewesen sein sollte, hätte der Beklagte dem Kläger nicht auch für die geänderte Tätigkeit eine übertarifliche Vergütung anbieten müssen. Maßgeblich ist vielmehr, dass sich die Vergütung für diese Tätigkeit aus einem im Betrieb angewandten Vergütungssystem ergibt. Es ist weder festgestellt, noch macht der Kläger geltend, der Beklagte vergüte [X.] auf dem Bauhof übertariflich.

(5) Der Beklagte war auch im Hinblick auf die beträchtliche Differenz zwischen der bisherigen und der neuen Vergütung des [X.] nicht verpflichtet, diesem eine weniger einschneidende Änderung oder eine Übergangsregelung anzubieten. Die Existenz eines kollektiven Vergütungssystems lässt für den Arbeitgeber - zumal im öffentlichen Dienst - eine andere als die sich aus diesem ergebende Vergütung grundsätzlich nicht zu. Der Wegfall der bisherigen Beschäftigungsmöglichkeit ist zudem nicht aufgrund bestimmter unternehmerischer Entscheidungen eingetreten, sondern beruht allein auf Gründen in der Person des [X.].

3. Der Beklagte hat die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB gewahrt. Bei dem für die Änderungskündigung maßgeblichen Mangel der Eignung des [X.] für die bisherige Tätigkeit handelt es sich um einen sog. Dauertatbestand. Für die Einhaltung der Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB ist es ausreichend, dass dieser Tatbestand auch noch in den letzten beiden Wochen vor Ausspruch der Kündigung vorgelegen hat (vgl. [X.] 21. März 1996 - 2 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.] § 626 Krankheit Nr. 8 = EzA BGB § 626 Ausschlussfrist Nr. 10).

V. Als unterlegene [X.] hat der Kläger gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten der Revision zu tragen.

        

    Kreft    

        

    Schmitz-Scholemann    

        

    Rachor    

        

        

        

    Söller    

        

    [X.]    

                 

Meta

2 AZR 688/09

28.10.2010

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Saarbrücken, 9. September 2008, Az: 64 Ca 1/08, Urteil

§ 2 KSchG, § 34 Abs 2 S 1 TVöD, § 626 BGB, § 4 S 2 KSchG, § 13 Abs 1 S 2 KSchG

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 28.10.2010, Az. 2 AZR 688/09 (REWIS RS 2010, 1837)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 1837

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