Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. IV ZB 15/16

IV. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 8188

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[[[X.]].]:[[[X.]].]:[[[X.]].]:2017:120717BIVZB15.16.0

BUN[[[X.]].]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IV ZB
15/16
vom
12. Juli 2017
in der Nachlasssache

Nachschlagewerk: ja

[[[X.]].]Z: nein

[[[X.]].]R: ja

BGB §§ 2087, 2084

1.
Zur ergänzenden [X.]auslegung.

2.
Wenn der Erblasser durch letztwillige Zuwendung einer Sach-gesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, ist im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermittelte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen [[[X.]].], unvorhergesehenen Vermögenserwerb erfassen soll-te.

[[[X.]].], Beschluss vom 12. Juli 2017 -
IV ZB 15/16 -
OLG Düsseldorf

[X.]

-
2
-

Der IV.
Zivilsenat des
Bundesgerichtshofs hat durch die
Vorsitzende Richterin [[[X.]].], [[[X.]].], die Richterin [[[X.]].],
die Richter [[[X.]].] und Dr.
Götz

am 12. Juli 2017

beschlossen:

Auf die Rechtsbeschwerde der Beteiligten zu 3 werden
der Beschluss des 3. Zivilsenats des [[[X.]].] vom 5. August 2016 und das Verfahren aufge-hoben, soweit darin der [[[X.]].] der Beteiligten zu
3 vom 20. November 2015 zurückgewiesen worden ist.

Die Anschlussrechtsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur anderweiti-gen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdege-richt zurückverwiesen.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf bis 900.000

Gründe:

[[[X.]].] Die verwitwete Erblasserin verstarb am 11. Oktober 2015 mit letztem Wohnsitz in [[X.]].

. Sie hinterließ keine Kinder. Der Beteiligte 1
-
3
-

zu
2 war ihr letzter Lebensgefährte. Der Beteiligte zu 1 ist ihr Bruder, die Beteiligte zu
4 dessen Ehefrau. Die Beteiligte zu 3 ist eine Großnichte des vorverstorbenen Ehemannes und das Patenkind eines ebenfalls vor-verstorbenen, früheren Lebensgefährten der Erblasserin.

Unter dem 3. September 2007 errichtete die Erblasserin ein eigen-händiges Testament folgenden Inhalts:

"Mein letzter Wille
Für den Fall meines Todes verfüge ich:
1)
Haus-
und Grundbesitz in [[X.]].

, An d.

H.

S.

5a, incl. der gesamten Einrichtung sollen [X.] zu 2]
bis an sein Lebensende zur eigenen
Nut-zung zur Verfügung stehen. Er ist verpflichtet
den ge-samten Besitz zu pflegen, ausreichend zu versichern und erforderliche Reparaturen zu veranlassen.
2)
Nach dem Ableben

geht das gesamte Objekt an

über.
3)
Eventuell noch vorhandenes Bar-
oder Anlagevermögen sollen für meine Beerdigung und die Grabpflege der Gruft und des [X.] meiner Mutter eingesetzt werden.
4)
Meinen Schmuck soll meine Schwägerin [die [X.] zu
4] erhalten. Hier hat jedoch

zu
2]
das Recht des Einbehaltes."

Am 4. Juni 2015 verstarb ein ehemaliger Kriegskamerad des [X.] der Erblasserin, der sie zu seiner Alleinerbin bestimmt und ein [X.] Vermögen hinterlassen hatte.

Der Beteiligte zu 1 ist der Auffassung, nach dem Tode seiner Schwester sei gesetzliche Erbfolge eingetreten, während die Beteiligte zu 3 meint, testamentarische Erbin geworden zu sein. Beide haben die 2
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-
4
-

Erteilung eines Erbscheins beantragt, der den jeweiligen Antragsteller als Alleinerben der Erblasserin ausweist.

Das Nachlassgericht hat die zur Begründung des Antrags der [X.] zu 3 erforderlichen Tatsachen für festgestellt erachtet und den [[[X.]].] des Beteiligten zu 1 zurückgewiesen. Das [X.] hat diese Entscheidung dahin abgeändert, dass es auch den
Antrag
der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen hat. Hiergegen richten
sich die vom [X.] zugelassene Rechtsbeschwerde der
Beteilig-ten zu 3 und die Anschlussrechtsbeschwerde des Beteiligten zu
1,
mit denen
beide Beteiligten ihre Erbscheinsanträge
weiterverfolgen.

I[[[X.]].] Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses
und des Verfahrens, soweit der [[[X.]].] der Beteiligten zu 3 zurückgewiesen worden ist, unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht (§ 74 Abs. 6 Satz 2 Alt. 1 FamFG).

1. Das Beschwerdegericht hat
in seiner Entscheidung ([X.] 2017, 143) ausgeführt, die Beteiligte zu 3 sei nicht Alleinerbin nach der Erblas-serin geworden.

Zwar sei deren
Testament ursprünglich in diesem Sinne auszule-gen gewesen. Die Auslegungsregel des § 2087 Abs.
2 BGB, nach der die testamentarische Zuwendung einzelner Gegenstände oder Gruppen
von Gegenständen im Zweifel
als Vermächtnisanordnung anzusehen sei, greife nicht ein, wenn der Erblasser praktisch sein gesamtes Vermögen unter den bedachten Personen aufteile. Es stehe nicht im Streit, dass die Erblasserin über ihr gesamtes Vermögen zum Zeitpunkt der [X.]-5
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errichtung verfügt habe. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass die Erblasserin neben den im Testament angeordneten Zuwendungen die gesetzliche Erbfolge habe eintreten lassen wollen.
Nach dem Wertver-hältnis der zugewandten Gegenstände sei das Testament zunächst dahin auszulegen gewesen, dass die Beteiligte zu 3 Alleinerbin geworden sei, weil sie
nach dem Willen der Erblasserin das Hausgrundstück sowie dessen Einrichtung und damit den im Zeitpunkt der [X.] weitaus größten Teil ihres Vermögens erhalten sollte.
Dass das Grundstück nach dem [X.]wortlaut erst nach dem Tod des Bete[X.] zu 2 auf die Beteiligte zu 3 übergehen
sollte, stehe dem nicht ent-gegen, da
es
dem Beteiligten zu 2 lediglich "zur eigenen Nutzung zur Verfügung stehen"
solle, das
Eigentum an diesem aber die Beteiligte zu 3 unmittelbar habe erhalten sollen.

Allerdings gebe der Vermögenszuwachs der Erblasserin durch die Erbschaft nach dem Kriegskameraden ihres Vaters Anlass zu einer er-gänzenden [X.]auslegung, die dazu führe, lediglich von
einer Teilerbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 3 auszugehen. Habe der Erblasser -
wie hier -
im Testament durch Zuwendung bestimmter [X.] eine Erbeinsetzung vorgenommen, stelle sich die Frage, ob sich daran durch einen weiteren Vermögenserwerb etwas än-dere. Im Falle nachträglicher Änderungen in dem bei [X.] vorhandenen Vermögensbestand komme die ergänzende Auslegung zur Anwendung, wenn es für die Auslegung auf das Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände ankomme.

Eine solche Änderung sei hier
eingetreten. Es sei davon auszuge-hen, dass die der Erblasserin zugewandte Erbschaft eine nennenswerte Summe umfasse, aufgrund derer das Hausgrundstück nun nicht mehr den weitaus größten Vermögensgegenstand im Nachlass der Erblasserin 9
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darstelle. Habe der Erblasser nach seiner Vorstellung im Zeitpunkt der [X.]errichtung im Wesentlichen über sein gesamtes Vermögen verfügt, sei zu prüfen, ob ein späterer Vermögenserwerb dazu führe, im Wege ergänzender
Auslegung anstelle der
durch Einzelzuwendung ge-wollten Erbeinsetzung lediglich eine Teilerbeinsetzung anzunehmen. Im vorliegenden Fall sei dem Testament zu entnehmen, dass die Erblasse-rin beabsichtigt habe, der Beteiligten zu 3 lediglich das Hausgrundstück zuzuwenden. Es lägen
keine Anhaltspunkte dafür
vor, dass sie
der Bete[X.] zu 3 eine Erbenstellung habe zukommen lassen und den Eintritt der gesetzlichen Erbfolge habe ausschließen wollen. Nachdem die Erb-lasserin hinsichtlich des aus der Erbschaft erworbenen Vermögens keine Verfügung getroffen habe, greife die gesetzliche Auslegungsregel des §
2088 Abs. 1 BGB ein, nach der
hinsichtlich dieses Nachlassteils ge-setzliche Erbfolge eingetreten sei.

2. Das hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Mit der gege-benen Begründung durfte das Beschwerdegericht den [[[X.]].] der Beteiligten zu 3 nicht zurückweisen.

Ob das Testament vom 3. September 2007
aufgrund des späteren [X.] ergänzend dahingehend auszulegen ist, dass die [X.] zu 3 als gewillkürte
Miterbin anzusehen ist, kann im [X.] nur eingeschränkt überprüft werden. Die Aufgabe der (auch ergänzenden) [X.]auslegung ist grundsätzlich
dem Tatrich-ter
vorbehalten. Seine Auslegung kann aber mit der Rechtsbeschwerde angegriffen werden, wenn sie gegen gesetzliche
Auslegungsregeln, all-gemeine Denk-
und Erfahrungsgrundsätze oder Verfahrensvorschriften verstößt (vgl. [X.]surteil vom 24. Februar 1993 -
IV ZR 239/91, [[[X.]].]Z 121, 357, 363 m.w.N.; st.
Rspr.).
Danach ist eine ergänzende
Testa-mentsauslegung auch dann rechtsfehlerhaft, wenn ihr unzureichende 11
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7
-

Feststellungen tatsächlicher Art zugrunde liegen oder der Tatrichter an-erkannte Auslegungsregeln
nicht beachtet hat. Beides ist hier der Fall.
Auf der
Grundlage der vom Beschwerdegericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen lässt sich nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen für
eine ergänzende
Auslegung im Streitfall
vorliegen.

a) Hierzu ist zunächst
erforderlich, dass die letztwillige Verfügung der Erblasserin
eine ungewollte
Regelungslücke aufweist.

aa) Eine solche liegt vor, wenn ein bestimmter, tatsächlich einge-tretener Fall
vom Erblasser nicht bedacht und deshalb nicht geregelt wurde, aber geregelt worden wäre, wenn der Erblasser ihn bedacht hätte (vgl. [[[X.]].], Urteil vom 28. Juni 1963 -
V [X.], [X.], 999 unter [X.]). Ein nach [X.]errichtung eingetretenes Ereignis kommt hierfür
in Betracht, falls
dessen Kenntnis für die Entschließung des späteren Erblassers bedeutsam gewesen wäre (RGRK/[X.], 12. Aufl. §
2084 Rn. 20; vgl. auch
[X.]surteil vom 21. Juni 1954 -
IV ZR 221/53 unter [X.] 3 [S. 22 f.]; [[[X.]].]/[X.] (2013), Vorb. zu §§ 2064-2086 BGB Rn. 77).
Das kann auch ein unerwarteter Vermögenserwerb des Erblassers sein (vgl. BayObLG
FamRZ 1989, 1348
f.; KG NJW 1971, 1992; OLG München
FamRZ 2011, 1817, 1820; [X.]/[X.], 5. Aufl. § 2087 Rn. 12; [[[X.]].]/[X.] aaO Rn. 90).

Ob danach von einer planwidrigen Unvollständigkeit der Verfügung von Todes wegen auszugehen ist, kann nicht schematisch anhand
des Wortlauts der letztwilligen Verfügung festgestellt werden. Vielmehr ist ei-ne wertende Gesamtbetrachtung aller Umstände bei [X.] vorzunehmen ([X.]/[X.], 7. Aufl. § 2084 BGB Rn.
84; [X.]/[X.], 13. Aufl. §
2084 BGB Rn. 38).

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8
-

bb) Legt man die -
von der Rechtsbeschwerde als für sie günstig hingenommene -
Annahme des [X.] zugrunde,
die tes-tamentarische Zuwendung des [X.] sei als unbedingte Ein-setzung der Beteiligten
zu 3 als Alleinerbin anzusehen, fehlt es bisher an tragfähigen Feststellungen
zu
einer ungewollten Regelungslücke.

Allein der Umstand, dass die Erblasserin durch Zuwendung einzel-ner Gegenstände über ihr gesamtes Vermögen zum Zeitpunkt der [X.] verfügte, dabei aber keine gesonderte Anordnung hin-sichtlich der späteren Erbschaft nach dem Kriegskameraden ihres Vaters traf, macht ihr Testament nicht ohne weiteres lückenhaft, weil insoweit nicht isoliert
auf den
[X.]
abgestellt werden kann. Vielmehr ist dann, wenn der Erblasser durch Zuwendung einer Sachgesamtheit den Nachlass erschöpfen und gleichzeitig einen Bedachten zum Alleinerben einsetzen wollte, im Einzelfall zu prüfen, ob die durch Auslegung ermit-telte Erbeinsetzung nach dem Regelungsplan des Erblassers auch einen nachfolgenden, unvorhergesehenen
Vermögenserwerb
erfassen
sollte
(vgl. [X.]/[X.] aaO § 2087 BGB Rn.
19).

Diese Prüfung
ist -
entgegen der Meinung des [X.]

von der Frage zu trennen, ob sich durch den späteren [X.] an der Erbeinsetzung, die in der Zuwendung von [X.] zu erblicken ist, selbst etwas ändert. Dies hat der [X.] in seinem vom Beschwerdegericht zitierten Urteil vom 22. März 1972 (IV
ZR 134/70) abgelehnt
und ausgeführt, für die -
nicht ergänzende -
Auslegung
sei nur der bei [X.]errichtung vorhanden gewesene Wille des Erblassers maßgebend ([X.], 561 unter 3; bestätigt durch [X.]surteil vom 16. Oktober 1996 -
IV ZR 349/95, NJW 1997, 392 unter 2
b; a.A. [X.], [X.] 2017, 146). Ein solcher
ist aber nicht gleichbe-16
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-

deutend mit dem Gesamtplan
des
Erblassers, der diesem Willen [X.] liegt und für die Ermittlung einer Regelungslücke bestimmend ist.

Insofern geht das Beschwerdegericht fehl, wenn es annimmt, dass die ergänzende [X.]auslegung im Falle nachträglicher [X.] in dem bei [X.]errichtung vorhandenen Vermögensbestand eröffnet sei, falls
es für die [X.]auslegung auf das Wertverhältnis der zugewandten Gegenstände ankomme. Vielmehr ist auch in solchen Konstellationen im jeweiligen Einzelfall zunächst zu klären, ob sich die [[[X.]].] ermittelten letztwilligen Verfügungen des Erblassers an-gesichts der damit verfolgten Ziele als lückenhaft erweisen (vgl.
[X.]/[X.], 7. Aufl. §
2084 BGB Rn. 84; Kanzleiter,
[X.] 2011, 508, 509).

cc) Ob sich im
Streitfall eine ungewollte Regelungslücke ergibt, hat das Beschwerdegericht
nicht festgestellt. Der [X.] kann dies
nicht selbst entscheiden, weil
sich aus den tatsächlichen Feststellungen der angefochtenen Entscheidung nicht entnehmen lässt, welchen Rege-lungsplan die Erblasserin mit ihrem Testament verfolgte.

Zwar führt das Beschwerdegericht aus, die Erblasserin habe der Beteiligten zu 3 ausschließlich ihr Hausgrundstück zuwenden wollen, was für das Vorliegen einer Regelungslücke spräche
(vgl. [X.]/[X.] aaO § 2084 BGB Rn.
43). Diese Feststellung
steht aber -
wie die Rechtsbeschwerde zutreffend rügt -
in Widerspruch zur Annahme, dass "ursprünglich"
von der Einsetzung
der Beteiligten zu 3 zur Alleinerbin auszugehen
gewesen sei.

Entsprechendes gilt für die Aussage
des [X.], es fehle an Anhaltspunkten dafür, dass die
Erblasserin der Beteiligten zu
3 19
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eine Erbenstellung habe zukommen lassen wollen;
das ist nicht mit den Ausführungen im angefochtenen Beschluss in Einklang zu bringen,
dass die Beteiligte
zu 3 nach dem Willen der Erblasserin das Eigentum an dem Hausgrundstück als Erbin unmittelbar habe erhalten sollen.

b) Auch wenn man mit dem Beschwerdegericht eine [X.] Regelungslücke unterstellt, steht nicht fest, ob im Streitfall eine er-gänzende [X.]auslegung eröffnet wäre, weil dies

wie die Rechtsbeschwerde zu Recht hervorhebt -
weiter voraussetzt, dass ein hypothetischer Wille der Erblasserin
ermittelt werden kann, anhand [X.] die vorhandene Lücke geschlossen werden
könnte.

aa) Dabei handelt es sich nicht um den mutmaßlichen wirklichen Willen der Erblasserin, sondern den Willen, den sie vermutlich gehabt hätte, wenn sie die planwidrige Unvollkommenheit der letztwilligen Ver-fügung im Zeitpunkt ihrer Errichtung erkannt hätte (vgl. [X.], 171, 175; KG
NJW 1971, 1992; [X.] in Prütting/Wegen/Weinreich, [X.]. § 2084 Rn. 15; RGRK/[X.], 12. Aufl. §
2084 BGB Rn. 21; [X.], [X.] Rn. 1863; [X.], NJW 1972, 1174, 1175). Insoweit darf -
wie das Beschwerdegericht zu Recht erkannt hat -
ein den [X.] entsprechender Erblasserwille nur unterstellt werden, wenn er auf eine bestimmte, durch Auslegung der letztwilligen Verfügung erkenn-bare Willensrichtung des Erblassers zurückgeführt werden kann ([X.] vom 15. Dezember 1956 -
IV ZR 238/56, [[[X.]].]Z 22, 357, 360; [X.], 171, 175).
Lässt sich ein solcher Wille nicht feststellen, so muss es trotz vorhandener Regelungslücke bei dem bisherigen [X.] verbleiben (vgl. OLG Hamm
FamRZ 1997, 121, 123; [X.]/[X.], 7. Aufl. §
2084 Rn.
93; [X.], [X.] 2014, 420, 424; wohl a.A. [X.], [X.] 2017, 146, 147).

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-

bb) Auch einen
entsprechenden hypothetischen Willen hat das Be-schwerdegericht nicht festgestellt. Vielmehr hat es ausschließlich auf den von ihm angenommenen tatsächlichen Willen der Erblasserin [X.], nach dem die Beteiligte zu 3 nur
das Hausgrundstück habe erhal-ten sollen.
Im Übrigen hat es sich darauf beschränkt, das Fehlen von Anhaltspunkten festzustellen, die für
eine Erbenstellung der Beteiligten zu 3 und gegen einen letztwilligen Ausschluss der gesetzlichen Erbfolge sprächen. Von diesem Ansatzpunkt aus konsequent hat es schließlich auf die gesetzliche Auslegungsregel des § 2088 Abs. 1 BGB abgestellt, die indes die Ermittlung des maßgeblichen hypothetischen Erblasserwil-lens nicht ersetzen kann.

cc) Die fehlende Feststellung kann der [X.] nicht nachholen. Sollte dem Beschwerdegericht eine solche auch nach Zurückverweisung nicht möglich sein, bliebe es bei der
Erbeinsetzung, wie sie sich nach Auslegung des [X.] vom 3.
September 2007 ergibt.

3. Die Zurückweisung des [[[X.]].]s der Beteiligten zu 3 erweist sich auch nicht aus einem anderen Grund im Ergebnis als richtig.
Zwar bestehen rechtliche Zweifel an der Annahme des [X.], dass die Erblasserin die Beteiligte zu 3 ursprünglich
zu ihrer [X.] Alleinerbin eingesetzt habe (hierzu a und b). Der [X.] kann aber anhand der getroffenen Feststellungen eine entsprechende gewillkürte Erbfolge auch nicht ausschließen
(hierzu c).

a) Dabei ist es -
anders als die Rechtsbeschwerdeerwiderung meint
-
im Ausgangspunkt aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden, dass das Beschwerdegericht die Zuwendung des [X.] im Sinne einer Erbeinsetzung zugunsten der Beteiligten zu 3 gewertet
hat.

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12
-

Rechtsfehlerfrei
hat es seiner Beurteilung
zugrunde gelegt,
dass im Falle testamentarischer Zuwendung einzelner Gegenstände die [X.] des §
2087 Abs.
2 BGB dann nicht Platz greift, wenn durch Auslegung die Zweifel überwunden sind, die zur gegenteiligen Auslegung als Vermächtnis durchgreifen müssten ([X.]surteil vom 22. März 1972

IV ZR 134/70, [X.], 561 unter 3 m.w.N.). Eine Erbeinsetzung kann trotz Zuwendung nur einzelner Gegenstände anzunehmen sein, wenn der Erblasser sein Vermögen vollständig den einzelnen [X.] nach verteilt hat, wenn er dem Bedachten die [X.] zugewendet hat, die nach seiner Vorstellung das Hauptver-mögen bilden, oder nur Vermächtnisnehmer vorhanden wären und nicht anzunehmen ist, dass der Erblasser überhaupt keine Erben berufen und seine Verwandten oder seinen Ehegatten als gesetzliche Erben aus-schließen wollte ([X.]surteil vom 19.
Januar 2000
IV ZR 157/98, [X.] 2000, 195 unter [X.] [X.] m.w.N.).
Ebenso begegnet es keinen rechtlichen Bedenken, die Zuwendung des wertmäßigen [X.], etwa eines
[X.],
als Erbeinsetzung des Bedachten anzusehen, wenn der Nachlass dadurch im Wesentlichen erschöpft wird oder der objektive Wert das übrige Vermögen an Wert so erheblich über-trifft, dass der Erblasser ihn als seinen wesentlichen Nachlass angese-hen hat
([X.], 147, 148; BayObLGR 2005, 34; [X.]
OLGR 2007, 355 f.; RGRK/[X.] aaO § 2087 Rn. 8).

Dass diese Voraussetzungen für die Zuwendung des [X.] durch die Erblasserin an die Beteiligte zu 3 vorliegen, stellt auch die Rechtsbeschwerdeerwiderung nicht in Abrede.
Sie meint jedoch,
dass damit
lediglich besonderer Anlass zu der -
vom Beschwerdegericht unterlassenen -
Prüfung bestanden habe, ob entgegen §
2087 Abs. 2 BGB eine Erbeinsetzung vorliege
(so auch: [[[X.]].]/[X.] (2013), 29
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13
-

§
2087 BGB Rn. 19). Das trifft
indes nicht zu.
Vielmehr bildet das Vorlie-gen einer
Erbeinsetzung in solchen
Fällen die Regel, weil ansonsten im Falle des Fehlens
weiterer Indizien die gesetzliche Zweifelsregelung ein-griffe und zu dem vom Erblasser mutmaßlich nicht gewollten Ergebnis führte, dass es an einer Berufung von Erben durch letztwillige Verfügung überhaupt
mangelt (vgl. [X.]surteil vom 19. Januar 1972 -
IV ZR 1208/68, [X.] 1972,
500; BayObLGR aaO; [X.] aaO; [X.]/[[[X.]].], 7.
Aufl. § 2087 BGB Rn. 9).

b) Das Beschwerdegericht hat aber
rechtsfehlerhaft nicht geprüft, ob im Streitfall ausnahmsweise eine von den vorstehenden Grundsätzen abweichende [X.]auslegung geboten
ist.

Wie die Rechtsbeschwerdeerwiderung zutreffend hervorhebt, kommt es bei der Entscheidung, ob eine Person als Erbe eingesetzt ist, wesentlich darauf an, wer nach dem Willen des Erblassers den Nachlass regeln und die [X.], zu denen auch die Bestattungskosten zählen, zu tilgen hat und ob der Bedachte unmittelbare Rechte am Nach-lass oder nur Ansprüche gegen andere Bedachte erwerben soll (BayObLG
FamRZ 1986, 604, 605; FamRZ 1986, 835, 837; [X.]/[[[X.]].] aaO Rn. 8; [X.]/[X.] aaO § 2087 BGB Rn.
4).

Dabei kommt der im Rahmen der ergänzenden [X.]ausle-gung geäußerten Annahme
des [X.], die Erblasserin ha-be der Beteiligten zu 3 allein das Hausgrundstück zuwenden wollen, ent-gegen der Ansicht der Rechtsbeschwerdeerwiderung keine Bedeutung zu;
angesichts der oben dargelegten
Widersprüchlichkeit (vgl. hierzu oben unter I[X.] a cc)
bietet diese Annahme keine tragfähige Auslegungs-grundlage.

31
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33
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14
-

Das Beschwerdegericht hat aber
im Rahmen seiner Auslegung dem Umstand nur unzureichend Beachtung geschenkt, dass der fragliche
Grundbesitz zunächst dem Beteiligten zu 2 bis an sein Lebensende zur Verfügung stehen und dann erst auf die Beteiligte zu
3
übergehen sollte. Die insofern
vorgenommene Auslegung als Vermächtnis eines Wohn-rechts zugunsten des Beteiligten zu 2 ist zwar denkbar. Dabei hat das Beschwerdegericht
aber rechtsfehlerhaft (vgl. hierzu [X.]surteil vom 24. Februar 1993 -
IV ZR 239/91, [[[X.]].]Z 121, 357, 363) die ebenfalls in Betracht kommende
Auslegungsmöglichkeit nicht in Erwägung gezogen, dass der Beteiligte zu 2 als Vorerbe und die Beteiligte zu 3 als Nacherbin im Sinne des § 2100 BGB bedacht sein könnten.

c) Der [X.] kann über die
Auslegung des [X.] insoweit
nicht selbst entscheiden, weil auch hierfür die tatsächlichen
Feststellun-gen nicht ausreichen.

So
ist nicht geklärt, wer nach dem Willen der Erblasserin den Nachlass regeln und die Nachlassverbindlichkeiten tragen sollte. [X.] wäre insofern
von Belang, wer aus ihrer Sicht die Grabpflege-auflage nach Ziff. 3 des [X.] erfüllen sollte;
dies wird entgegen der Meinung des [X.] nicht teilweise
dadurch beantwor-tet, dass die Beteiligte zu 3 im [X.] insoweit nicht als Be-schwerte benannt wurde.

Dass entsprechende Feststellungen nicht getroffen werden [X.], steht nicht fest, nachdem der Beteiligte zu 2, der laut seiner schrift-lichen Stellungnahme vom 7. Dezember 2015 die letzten 15 Lebensjahre der Erblasserin mit dieser zusammengelebt
hatte, zu entsprechenden Äußerungen seiner Lebensgefährtin, die unter Umständen Rückschlüsse 34
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37
-
15
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auf ihren Willen bei [X.]errichtung erlauben könnten,
bislang nicht befragt worden ist.

II[[[X.]].] Die
Anschlussrechtsbeschwerde hat keinen
Erfolg. Das Be-schwerdegericht hat die gegen die Zurückweisung seines [X.] gerichtete Beschwerde des Beteiligten zu
1 zu
Recht [X.].
Die Annahme, dass
er
nicht Alleinerbe geworden sei, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

1. Die Auslegung, dass zumindest einer der im Testament genann-ten Bedachten gewillkürter Erbe werden sollte, ist frei von [X.]. Die Begründung der Anschlussrechtsbeschwerde deckt keine [X.] Mängel auf, sondern versucht lediglich die Auslegung des Be-schwerdegerichts durch die eigene
des Beteiligten zu 1 zu ersetzen.
Vom Beschwerdegericht nicht beachtete Anhaltspunkte, die dafür sprä-chen, dass die Erblasserin trotz vollständiger Verteilung ihres im Zeit-punkt der [X.]errichtung vorhandenen Nachlasses überhaupt kei-nen Erben berufen wollte, zeigt die Anschlussrechtsbeschwerde nicht auf;
sie sind auch anderweitig
nicht erkennbar.

2. Nichts anderes folgt aus den Grundsätzen der ergänzenden [X.]auslegung. Zwar ist nicht auszuschließen, dass das Be-schwerdegericht nach Zurückverweisung der Sache zu einer abweichen-den Erbfolge gelangt. Dies kann aber nicht dazu führen, dass die ur-sprüngliche Einsetzung des oder der durch die Erblasserin gewillkürten Erben gänzlich entfiele. Denn die Berufung zum Erben setzt nicht [X.] voraus, dass ihm ein mehr oder weniger großer oder sogar der 38
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größte Teil des Nachlasses verbleibt ([X.]surteil vom 7.
Juli 2004

IV
ZR 135/03, [X.] 2004, 374 unter I[X.]).

[[[X.]].] [[[X.]].] [[[X.]].]

[[[X.]].] Dr. Götz

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 31.01.2016 -
23 VI 569/15 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 05.08.2016 -
I-3 [X.] -

Meta

IV ZB 15/16

12.07.2017

Bundesgerichtshof IV. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.07.2017, Az. IV ZB 15/16 (REWIS RS 2017, 8188)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8188

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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