Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. 1 StR 438/11

1. Strafsenat | REWIS RS 2012, 9254

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
1
[X.]

vom
9. Februar
2012
[X.]St:
ja
[X.]R:
ja
Nachschlagewerk:
ja
Veröffentlichung:
ja
_________________________

AO § 374

[X.] kann jedenfalls in Form von Absatzhilfe auch vor Beendigung der vorangegangenen Steuerhinterziehung begangen werden.

[X.], Beschluss vom 9. Februar 2012 -
1 [X.] -
LG Essen

in der Strafsache
gegen

wegen gewerbsmäßiger [X.]

-
2
-
Der 1. Strafsenat des [X.] hat am 9. Februar 2012 beschlos-sen:

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 30. März 2011 wird verworfen.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe:
Der Angeklagte war wiederholt an Geschäften mit unversteuert, d.h. oh-ne Anmeldung von [X.] Tabaksteuer nach [X.] verbrachten [X.] beteiligt. Deshalb wurde er wegen gewerbsmäßiger [X.] in acht Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Seine Revision ist auf die nur zum ersten Fall der Urteilsgründe konkret begründete Sachrüge gestützt. Sie ist unbegründet, § 349 Abs. 2 [X.], was nur hinsichtlich dieses Falles nä-her auszuführen ist.

1. [X.] hat zu diesem Fall zur Beteiligung des Angeklagten am Absatz von derartigen Zigaretten (10.000 [X.] festgestellt:
Nachdem die Zigaretten bereits im Inland waren, war der ursprünglich .

den Transport im Auftrag der Lieferanten organisierte, hilfesuchend an den [X.] an dem Geschehen nicht beteiligten Angeklagten, er brauche Lagerfläche und einen Abnehmer. Der Angeklagte nahm Kontakt mit dem gesondert ver-1
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folgten O.

auf, der an der Abnahme der Zigaretten interessiert war. Der An-geklagte, die Transporteure, O.

und ein Partner O.

s trafen sich an einer Raststätte. Das Geschäft kam zustande, der Partner O.

s dirigierte den Lastwagen mit den Zigaretten in eine Lagerhalle O.

s. Der Angeklagte erhielt für die Vermittlung des Geschäfts aus der Lieferung 1.500, mit logistischer Hilfe eines Partners von O.

von ihm dann weiterverkaufte Stangen Zigaretten zu .

2. [X.] hat hinsichtlich der gesamten Lieferung (aus näher dargelegten Gründen gewerbsmäßige) [X.] (§ [X.]) in Form von Absatzhilfe angenommen. Als hinterzogene Steuer hat sie dabei nur (sachge-recht; vgl. hierzu [X.], Beschluss vom 9.
Juni 2011 -
1 StR 21/11 mwN) die [X.] Tabaksteuer zugrunde gelegt.
Die Revision meint, [X.] liege lediglich hinsichtlich der Über-nahme der 1.500 Stangen Zigaretten vor. Soweit der Angeklagte davor gehan-Steuerhinterziehung also noch nicht beendet gewesen. Daher könne er inso-weit keine [X.] begangen haben, es liege vielmehr Beihilfe zur Steu-erhinterziehung vor.

3. Der Senat sieht keinen den Angeklagten belastenden Rechtsfehler.

a) Als
der Angeklagte Kontakt mit O.

aufnahm, war die [X.] zwar bereits vollendet, aber noch nicht beendet, da die Zigaretten be-[X.], Urteil vom 2. Februar 2010 -
1 StR 635/09 mwN).
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Es wird unterschiedlich beurteilt, ob [X.] nur nach Beendigung der Vortat begangen werden kann. Die Beendigung der Vortat wird z.B. ohne nähere Begründung und für Fallgestaltungen, bei denen nicht [X.] in Form der Absatzhilfe im Raum stand, von [X.], Urteil vom 4. September 1956
-
5 [X.] für erforderlich gehalten, ebenso von [X.], Urteil vom 24. Juni 1952 -
1 StR 316/51, [X.]St 3, 40, 44 noch zu § 398 [X.], hier

wer-den (aaO 45), sowie von [X.], 316, 317 und Hilgers-Klautzsch in Kohlmann,
Steuerstrafrecht, § [X.] Rn. 26 ff. [X.] Eine Voll-endung der Vortat halten hingegen für [X.] in [X.], 7. Aufl., § [X.] Rn. 13; [X.] in MüKo AO,
§ 374 Rn. 23 f.;
[X.] in
[X.]/[X.]/[X.],
§ [X.] Rn. 17, in vergleichbarem Sinne auch [X.], Beschluss vom 18. Juli 2000 -
5 StR 245/00.

b) Nach Auffassung des Senats kann [X.] jedenfalls in Form der Absatzhilfe -
hinsichtlich anderer Begehungsformen ist dies hier nicht zu prüfen -
auch dann vorliegen, wenn die Vortat (hier Steuerhinterziehung) zwar vollendet, aber noch nicht beendet ist.

(1) Es entspricht allgemeiner Auffassung, dass [X.] grundsätz-lich eine abgeschlossene Vortat erfordert (vgl. zuletzt [X.], Beschluss vom 9.
November 2011 -
2 StR 386/11; [X.],
StGB,
59. Aufl., §
259 Rn. 8 mwN).

(2) Jedoch kann für [X.] sogar eine nur versuchte Tat als [X.] dann ausreichen, wenn diese den [X.] bereits in den Besitz der Sache gebracht hat (vgl. [X.], Urteil vom 7. März 1995 -
1 [X.], [X.], 81
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mwN; ebenso [X.] in [X.], 12. Aufl., § 259 Rn. 19, wonach dies im Ergebnis unstreitig sei). Dieser Gesichtspunkt ist hier nicht einschlägig, weil die vorange-gangene Steuerhinterziehung nicht unmittelbar an die rechtswidrige Erlangung von Sachherrschaft anknüpfte (vgl. [X.] in [X.]/[X.]/[X.], §
[X.] Rn. 19). Wenn jedoch sogar eine nur versuchte Vortat Grundlage der [X.] sein kann, zeigt dies aber, dass nicht allein auf das formale [X.] der Vortat abzustellen ist, sondern dass auch die tatsächlichen [X.] in den Blick zu nehmen sind.

Gründe für die Annahme, dass dies nur für [X.], aber nicht für [X.] gelten würde, sind nicht ersichtlich.

(3) Die hier maßgeblichen Gesichtspunkte ergeben sich bereits aus dem Wesen der Absatzhilfe. Diese ist eine zur Täterschaft erhobene Beihilfe, weil die Absatztat für
den [X.] nicht gesondert strafbar ist (vgl. [X.] in [X.], 7.
Aufl., § [X.] Rn. 21 mwN). Dennoch ist die Möglichkeit des Absatzes re-gelmäßig der eigentliche Grund für die der [X.] vorangegangene -n in Fällen der vorliegenden Art werden, anders als z.B. beim Diebstahl als Vortat einer Sach-hehlerei, zunächst Kosten für den Erwerb der Zigaretten aufgewendet. Hinzu treten die Kosten für ihren Transport und das Risiko der Entdeckung mit allen Folgen. Der [X.] würde all dies nicht auf sich nehmen, wenn er bei Bege-hung der Steuerhinterziehung nicht bereits die sichere Erwartung des [X.] Weiterverkaufs der Zigaretten vor Augen hätte, sondern lediglich deren Verwahrung in einem Versteck, wo sie zur Ruhe kommen, oder -
noch fernliegender -
eigenen Verbrauch.

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(4) Hilfe bei dem für den [X.] also wesentlichen Absatz (Absatzhilfe) kann typischerweise (wie auch vorliegend) in der Vermittlung von Kontakten zu Kaufinteressenten liegen (vgl. zur [X.] Jahn in [X.], § 259 StGB Rn.
26). Die Absatzhilfe geht im [X.] der Übertragung an den Abnehmer jedenfalls regelmäßig voraus. Sie beschränkt sich also nicht auf Fallgestaltun-gen, in denen die Steuerhinterziehung bereits beendet ist, weil die Ware schon aus anderem Grunde zur Ruhe gekommen ist (vgl. zu dieser Fallgestaltung [X.], Beschluss vom 18. Juli 2000 -
5 StR 245/00). Vielmehr sind auch die
-
häufigeren -
Fälle erfasst, in denen die Steuerhinterziehung erst mit der Über-
r-urteilung allein wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung würde das nach gesetz-licher Wertung beim Tatbeteiligten eigenständige Unrecht, das in der Mitwir-kung am Absatz liegt, nicht erfassen.

(5) Abweichende Entscheidungen anderer Senate zum gleichen Sach-verhalt sind nicht ersichtlich. Sie würden im Hinblick auf die inzwischen (allein) dem Senat übertragene Zuständigkeit für [X.] auch nicht zu ei-nem Verfahren nach § 132 [X.] führen
([X.] in Löwe/[X.], [X.], 26.
Aufl., § 132 [X.], Rn. 12, [X.],
[X.], 54. Aufl., § 132 [X.], Rn.
14).

c) An den Voraussetzungen der Absatzhilfe bestehen hier auch sonst keine Zweifel.

(1) Der Angeklagte wollte nicht lediglich die Zigaretten sichern. Er hat nämlich e

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beschafft, von dem aus dieser den Absatz der Zigaretten selbst hätte weiterbe-treiben können. Er hat darüber hinaus auch einen Abnehmer der Ware be-schafft, der die Zigaretten dann in seiner eigenen Halle gelagert hat (zur Be-deutung der -
hier ohne Weiteres klaren -
Willensrichtung zur Abgrenzung zwi-schen Beihilfe zur Vortat und [X.] vgl. [X.] in [X.], 7. Aufl., § [X.] Rn. 13 mwN).

(2) Das.

[X.], Beschluss
vom 11. Juni 2008 -
5 [X.]), ergibt sich daraus, dass er auf dessen Initiative tätig wurde; dass er zugleich auch ein für den [X.] nicht nachteiliges Geschäft vermitteln wollte, steht dem nicht entgegen.

(3) Die erforderliche Unselbständigkeit der Tätigkeit des Angeklagten

i-dung zum Weiterverkauf der Zigaretten an O.

nicht vom Angeklagten, son-

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Auch sonst sind Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten nicht er-sichtlich.
[X.]Wahl Hebenstreit

[X.] Sander
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Meta

1 StR 438/11

09.02.2012

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.02.2012, Az. 1 StR 438/11 (REWIS RS 2012, 9254)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 9254

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1 StR 438/11

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1 StR 635/09

2 StR 386/11

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