Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2014, Az. 4 StR 27/14

4. Strafsenat | REWIS RS 2014, 7558

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
4 StR 27/14

vom
26. Februar
2014
in der Strafsache
gegen

wegen unerlaubter Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge u.a.

-
2
-
Der 4.
Strafsenat des [X.] hat auf Antrag des Generalbundes-anwalts und nach Anhörung der
Beschwerdeführerin
am 26.
Februar 2014
ge-mäß §
349 Abs.
2 und 4 StPO beschlossen:

1.
Auf die Revision der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 10.
Juli 2013 mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Unterbringung der Angeklagten in
einer Entziehungsanstalt angeordnet ist.
2.
Die weiter gehende Revision der Angeklagten wird verwor-fen.
3.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere [X.] des [X.].

Gründe:
Das [X.] hat die Angeklagte wegen unerlaubter Einfuhr von [X.] in nicht geringer Menge in 18
Fällen, jeweils in Tateinheit mit Beihilfe zum unerlaubten Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, sowie wegen unerlaubten Erwerbs von Betäubungsmitteln in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und acht Monaten verurteilt. [X.] hat es die Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt [X.]. Gegen das Urteil richtet sich die auf Verfahrensrügen und die [X.]
-
3
-
standung der Anwendung des materiellen Rechts gestützte Revision der Ange-klagten. Sie hat hinsichtlich der angeordneten Unterbringung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt Erfolg.
1.
Das Rechtsmittel der Angeklagten ist unbegründet, soweit es sich ge-gen die Schuld-
und Strafaussprüche richtet (§
349 Abs.
2 StPO).
2.
Es hat jedoch mit einer Verfahrensrüge Erfolg, soweit die Unterbrin-gung der Angeklagten in einer Entziehungsanstalt angeordnet ist. Eines Ein-gehens auf die allein hierzu erhobenen weiteren Verfahrensrügen bedarf es daher nicht.
Die Beschwerdeführerin beanstandet zu Recht, dass sie weder in der Anklageschrift noch im Eröffnungsbeschluss auf die Möglichkeit ihrer Unterbrin-gung in einer Entziehungsanstalt hingewiesen worden ist und dass auch in der Hauptverhandlung ein solcher Hinweis gemäß §
265 Abs.
2 StPO nicht erfolgt ist.
a)
Der Hinweis nach §
265 Abs.
2 StPO ist eine wesentliche Verfahrens-förmlichkeit ([X.], Beschluss vom 13.
Oktober 2005 -
1
StR
386/05, [X.], 181) und muss, wenn er seine Funktion erfüllen soll, einem Angeklagten in einer solchen Form erteilt werden, dass er eindeutig erkennen kann, dass und gegebenenfalls auf welche Maßregel das Gericht zu erkennen gedenkt (vgl. [X.], Beschluss vom
5.
November 2002 -
4
StR
316/02, [X.], 151 mwN). Er kann daher nicht dadurch ersetzt werden, dass Verfahrensbeteiligte die Frage einer Unterbringung ansprechen ([X.] aaO) und sich etwa der Sach-verständige ([X.], Beschluss vom 2.
April 2008
-
2
StR
529/07, [X.], 344, 345 mwN), der Staatsanwalt und/oder der Verteidiger zu der Maßregel äußern 2
3
4
5
-
4
-
([X.], Beschluss vom 28.
April 2009
-
4
StR
544/08
[juris, Rn.
3]; zu §
265 Abs.
1 StPO auch Beschluss vom 10.
Juni 2005
-
2
StR
206/05, [X.], 376, 377; zum Fehlen des [X.] auf den Hinweis, wenn der Verteidiger
-
anders als hier
-
im Schlussvortrag die Voraussetzungen der Maßregelanord-nung bejaht: [X.], Beschluss vom 9.
Juli 2008 -
1
StR
280/08, [X.], 316).
b)
Daran gemessen ist die Angeklagte vor und in der Hauptverhandlung nicht in ausreichender Weise auf die mögliche [X.] worden.
Auch dem
der Angeklagten übersandten
Auszug aus der Ladungsverfü-gung lässt sich
ein solcher Hinweis nicht entnehmen. Dort wurde die Sachver-ständige zwar mit dem Hinweis geladen, dass "ein Gutachten ohne vorherige [von der Angeklagten verweigerte] Exploration allein aufgrund des Ergebnisses der Hauptverhandlung erstattet werden" soll.
Schon dass sich dieses Gutachten neben den Voraussetzungen der §§
20, 21 StGB auch mit denen des §
64 StGB befassen soll, lässt sich dem jedoch nicht entnehmen (vgl. auch [X.], Beschluss vom 8.
Januar 2009 -
4
StR
568/08, [X.], 468).
Schließlich wurde der Hinweis gemäß §
265 Abs.
2 StGB auch nicht dadurch entbehrlich, dass der Vorsitzende der [X.] -
wie sich aus der von ihm in Zusammenhang mit der Vorlage des Rechtsmittels abgegebenen dienstlichen Erklärung ergibt
-
vor der Hauptverhandlung §
64 StGB "telefonisch mit dem Verteidiger thematisiert" hat. Denn die Hinweispflicht dient vorrangig dem schutzwürdigen Verteidigungsinteresse des Angeklagten; Zweck des §
265 StPO ist es, dem Angeklagten Gelegenheit zu geben, sich gegenüber dem neuen Vorwurf bzw. der drohenden Maßregel zu verteidigen, und ihn
6
7
8
-
5
-
vor Überraschungen zu schützen ([X.], Beschluss vom 12.
Januar 2011

-
1
StR
582/10, NJW 2011, 1301, 1302
[zu §
265 Abs.
1 StPO]). Allein der [X.] an den Verteidiger genügt daher nicht ([X.], Beschluss vom 26.
Juni 2012 -
1
StR
158/12, [X.]St 56, 121, 125 [Rn.
11 aE]; vgl. auch §
234a StPO).
c)
Der Senat kann nicht ausschließen, dass sich die Angeklagte bei pro-zessordnungsmäßigem Verfahrensablauf anders verteidigt hätte. Denn es [X.] die Möglichkeit, dass die Angeklagte die Verweigerung der Exploration überdacht und aufgegeben hätte, wenn sie gewusst hätte, dass die Anordnung der Maßregel droht. Zweifelsfrei auszuschließen vermag der Senat dagegen, dass -
etwa aufgrund eines ergänzenden Sachverständigengutachtens nach einer Exploration der Angeklagten
-
die Voraussetzungen des §
20 StGB bejaht werden könnten.
Sost-Scheible
Roggenbuck
Franke

Mutzbauer
Quentin
9

Meta

4 StR 27/14

26.02.2014

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 26.02.2014, Az. 4 StR 27/14 (REWIS RS 2014, 7558)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 7558

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