Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.03.2024, Az. VIa ZR 620/22

6a. Zivilsenat | REWIS RS 2024, 1812

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Tenor

Auf die Revision des [X.] wird der Beschluss des 19. Zivilsenats des [X.] vom 7. April 2022 aufgehoben.

Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Der Kläger erwarb am 17. Juni 2014 von einem Händler einen von der Beklagten hergestellten Neuwagen [X.], der mit einem Dieselmotor der Baureihe [X.] (Schadstoffklasse Euro 6) ausgerüstet ist. Er macht geltend, das Fahrzeug verfüge über mehrere unzulässige Abschalteinrichtungen, unter anderem in Gestalt einer temperaturabhängigen Steuerung der Abgasrückführung ("[X.]"), und nimmt die Beklagte deshalb auf Schadensersatz in Anspruch.

2

Der Kläger hat die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung nebst Zinsen Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs, Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten und Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten begehrt. Das [X.] hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des [X.] ist erfolglos geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seine Schlussanträge aus der Berufungsinstanz weiter.

Entscheidungsgründe

3

Die Revision des [X.] hat Erfolg.

I.

4

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass das [X.] zutreffend einen Anspruch des [X.] aus §§ 826, 31 BGB verneint habe. Der Vortrag des [X.], der in dem Fahrzeug verbaute Motor verfüge über eine manipulative Abgassteuerung, sei teilweise unschlüssig und im Übrigen prozessual unzulässig, da er ohne greifbare Anhaltspunkte erfolge. Hinsichtlich eines Anspruchs aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV hat das Berufungsgericht auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil, bei diesen Regelungen handele es nicht um Schutzgesetze im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB, Bezug genommen.

II.

5

Diese Erwägungen halten der Überprüfung im Revisionsverfahren nicht in allen Punkten stand.

6

1. Es begegnet keinen revisionsrechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht eine Haftung der Beklagten aus §§ 826, 31 BGB verneint hat. Die Revision erhebt insoweit auch keine Einwände.

7

2. Die Revision wendet sich jedoch mit Erfolg dagegen, dass das Berufungsgericht die landgerichtliche Entscheidung auch insoweit für zutreffend erachtet hat, als das [X.] eine Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV aus Rechtsgründen abgelehnt hat. Wie der [X.] nach Erlass der Berufungsentscheidung entschieden hat, sind die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, die das Interesse des [X.] gegenüber dem Fahrzeughersteller wahren, nicht durch den Kaufvertragsabschluss eine Vermögenseinbuße im Sinne der [X.] zu erleiden, weil das Fahrzeug entgegen der Übereinstimmungsbescheinigung eine unzulässige Abschalteinrichtung im Sinne des Art. 5 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung ([X.]) Nr. 715/2007 aufweist (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 29 bis 32).

8

Das Berufungsgericht hat daher zwar - dem [X.] folgend - zu Recht einen Anspruch des [X.] auf die Gewährung sogenannten "großen" Schadensersatzes verneint (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023 - [X.], [X.]Z 237, 245 Rn. 22 bis 27). Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass dem Kläger nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV ein Anspruch auf Ersatz eines erlittenen [X.]s zustehen kann (vgl. [X.], Urteil vom 26. Juni 2023, aaO, Rn. 28 bis 32; ebenso [X.], Urteile vom 20. Juli 2023 - [X.], NJW 2024, 361 Rn. 21 ff.; - [X.], juris Rn. 16 f.; Urteil vom 12. Oktober 2023 - [X.], juris Rn. 20). Demzufolge hat das Berufungsgericht - von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig - weder dem Kläger Gelegenheit zur Darlegung eines solchen Schadens gegeben, noch hat es Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.

III.

9

Die angefochtene Entscheidung ist aufzuheben, § 562 ZPO, weil sie sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig darstellt, § 561 ZPO. Der [X.] kann nicht in der Sache selbst entscheiden, weil sie nicht zur Endentscheidung reif ist, § 563 Abs. 3 ZPO. Sie ist daher zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO.

Im wiedereröffneten Berufungsverfahren wird der Kläger Gelegenheit haben, einen [X.] darzulegen. Das Berufungsgericht wird sodann nach den näheren Maßgaben des Urteils des [X.]s vom 26. Juni 2023 ([X.], [X.]Z 237, 245) die erforderlichen Feststellungen zu der Verwendung einer unzulässigen Abschalteinrichtung sowie gegebenenfalls zu den weiteren Voraussetzungen und zum Umfang einer Haftung der Beklagten nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 [X.]-FGV zu treffen haben.

[X.]     

      

Möhring     

      

Krüger

      

Wille     

      

Liepin     

      

Meta

VIa ZR 620/22

19.03.2024

Bundesgerichtshof 6a. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend OLG Köln, 7. April 2022, Az: 19 U 162/21

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.03.2024, Az. VIa ZR 620/22 (REWIS RS 2024, 1812)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2024, 1812

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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VII ZR 412/21

III ZR 303/20

III ZR 267/20

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