Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2012, Az. NotZ (Brfg) 17/11

Senat für Notarsachen | REWIS RS 2012, 4368

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BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
NotZ([X.])
17/11
vom

23. Juli 2012

in dem Verfahren

-

2

-

Der Bundesgerichtshof, [X.], hat
durch den Vorsitzenden Richter
Galke, die Richterinnen [X.] und von
Pentz, die
Notarin Dr.
Doyé
sowie den Notar Müller-Eising

am 23.
Juli 2012

beschlossen:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Se-nats für Notarsachen des [X.] vom 24. Okto-ber 2011
wird zurückgewiesen.
Der Kläger
hat die Kosten des Zulassungsverfahrens sowie die dem weiteren Beteiligten entstandenen außergerichtlichen Kosten
zu tragen.
Der Streitwert wird auf 50.000

Gründe:

Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Ein Zulas-sungsgrund ist nicht gegeben. Entgegen der Auffassung des [X.] bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils noch liegt ein Verfahrensfehler vor (§
124 Abs.
2 Nr.
1, 5 VwGO, §
111b Abs.
1 Satz
1 BNotO).

1
-

3

-

1. Das [X.] hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Dabei kann offen bleiben, ob das Begehren des [X.] -
anders als das [X.] meint
-
auf eine Amtssitzverlegung im Sinne des §
10 Abs.
1 Satz
3 BNotO gerichtet ist. Denn die Entscheidung des [X.]s wird von seiner weiteren Erwägung
getragen, der Beklagte habe einen -
zugunsten des [X.] unterstellten
-
Amtssitzwechsel des [X.] von [X.]-Benrath nach [X.] in rechtlich nicht zu beanstandender Weise als mit den Belangen einer geordneten Rechtspflege nicht im Einklang stehend ange-sehen

10 Abs.
1 Satz 3 BNotO).

a) Die Entscheidung des Beklagten, die freigewordene [X.] in [X.] nicht durch Verlegung des Amtssitzes eines bereits bestellten No-tars, sondern durch Neubestellung eines Notars zu besetzen, ist gerichtlich nur beschränkt überprüfbar. In diesem -
der eigentlichen Auswahlentscheidung un-ter mehreren Bewerbern "vorgelagerten"
-
Bereich kommt der Justizverwaltung im Rahmen ihrer Organisationshoheit ein weiter, in erster Linie an den Belan-gen
einer geordneten Rechtspflege ausgerichteter Beurteilungsspielraum zu (vgl. §
4 Satz
2, §
10 Abs.
1 Satz
3 BNotO sowie Senatsbeschlüsse
vom 18.
Juli 2011 -
NotZ([X.]) 1/11, [X.] 2011, 394 Rn.
13
f.; vom 24.
Juli 2006 -
NotZ 1/06, [X.] 2006, 390, 391 und
vom 14.
Juli 2003 -
NotZ 47/02, [X.] 2003, 470). Dementsprechend liegt
es grundsätzlich im Rahmen des der [X.] eingeräumten [X.], Amtssitzverlegungen eines Notars abzulehnen, wenn durch die Sitzverlegung die konkrete Gefahr einer nachhaltigen erheblichen Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit der Altstelle bestünde. Denn dies könnte zu einer Beeinträchtigung der angemessenen Ver-sorgung der Bevölkerung mit notariellen Leistungen am bisherigen Amtssitz des Bewerbers insbesondere deshalb führen, weil wegen der zu befürchtenden Aushöhlung der Altstelle geeignete Interessenten davon abgehalten werden 2
3
-

4

-

können, sich auf die frei werdende Stelle zu bewerben. Um die konkrete Gefahr einer nachhaltigen erheblichen Minderung der Leistungsfähigkeit der Altstelle zu bejahen, bedarf es einer auf die Umstände des Einzelfalls bezogenen und durch Tatsachen
hinreichend belegten Prognose (vgl. Senatsbeschluss vom 24.
Juli 2006 -
NotZ 1/06, [X.] 2006, 390).

b) Das [X.] hat zu Recht angenommen, dass die Ent-scheidung des Beklagten nach diesen Grundsätzen rechtlich nicht zu [X.] ist. Entgegen der Auffassung des [X.] beruht die Prognose des Beklagten auf einer Würdigung sämtlicher Umstände des vorliegenden Falles und ist durch Tatsachen hinreichend belegt. Rechtsfehlerfrei
hat der Beklagte
zum einen darauf abgestellt, dass sowohl die Stelle des [X.] als auch die freigewordene [X.] im selben Amtsbereich gelegen sind und zwischen ihnen nur eine geringe Entfernung (10
km Luftlinie, 13 km mit dem Kfz) liegt, die auch mit öffentlichen Verkehrsmitteln in kurzer Zeit zurückzulegen ist. Bei die-ser Sachlage begegnet
die Annahme des Beklagten keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, angesichts der zunehmenden Mobilität der Bevölkerung sei zu erwarten, dass ein nicht geringer Teil der Klientel mit dem Kläger von [X.]-Benrath nach [X.] "abwandern" werde. Der [X.] hat darüber hinaus in rechtlich nicht zu beanstandender Weise darauf abgestellt, dass es
sich bei der [X.], die der Kläger
jetzt innehat,
um eine unterdurchschnittliche Stelle handelt, so dass schon das Mitwandern eines ver-hältnismäßig geringen Teils der Klientel einen deutlichen Einbruch des Ur-kundsaufkommens bei dieser
[X.] nach sich ziehen würde. Der Kläger hat im Jahr 2008 778,9 Urkunden, im Jahr 2009 758,3 Urkunden im Jahr 2010 981,4 Urkunden errichtet, wobei der Anstieg im Jahr 2010 nach dem eigenen Vorbringen des [X.] darauf zurückzuführen war, dass er seinen Sozius we-gen eines Schenkelhalsbruches länger vertreten musste. Der Beklagte hat auch 4
-

5

-

die Möglichkeit einer Einziehung der [X.] des [X.] geprüft und im Hinblick auf den Bedarf von 1,36 Notaren bei zwei Stellen rechtsfehlerfrei [X.]. Soweit der Kläger die Gefahr eines Abwanderns seiner Klientel in Abrede stellt, versucht er lediglich in unbeachtlicher Weise, die vom Beklagten vorge-nommene Würdigung durch seine eigene zu ersetzen.

2. Entgegen der Auffassung des [X.] beruht die angefochtene Ent-scheidung auch nicht auf einem Verfahrensmangel (§
124 Abs.
2 Nr.
5 VwGO, §
111b Abs.
1 Satz
1 BNotO). Der Umstand, dass sich das [X.] nicht im Einzelnen mit jedem seiner Einwände auseinandergesetzt hat, begrün-det keine Verletzung des Art.
103 Abs.
1 GG. Der Anspruch auf rechtliches Ge-hör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art.
103 Abs.
1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist. Denn grundsätzlich ist davon auszugehen, dass die Gerich-te den
ihnen unterbreiteten Vortrag auch zur Kenntnis genommen und in Erwä-gung gezogen haben. Die Gerichte sind nicht verpflichtet, sich mit jedem [X.] ausdrücklich zu befassen. Ein Verstoß gegen Art.
103 Abs.
1 GG kann nur dann bejaht werden, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich er-geben, dass das tatsächliche Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. [X.], Beschluss vom 16.
September 2010 -
2
BvR 2394/08, juris Rn.
14 mwN). Derartige Anhaltspunkte sind vorliegend nicht gegeben. [X.] würde die Entscheidung des [X.]s nicht auf einem etwaigen Verfahrensfehler beruhen. Die Entscheidung des Beklagten, die freigewordene Stelle nicht durch Verlegung des Amtssitzes des [X.] zu besetzen, hält sich auch unter Berücksichtigung des vom Kläger als übergangen gerügten Vorbrin-gens im Rahmen des dem
Beklagten zustehenden [X.].
5
-

6

-

3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
154 Abs.
2,
§
162 Abs.
3 VwGO,
§
111b Abs.
1 Satz
1 BNotO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §
111g Abs.
2 BNotO.

Galke
[X.]
von Pentz

Doyé
Müller-Eising

Vorinstanz:
[X.], Entscheidung vom 24.10.2011 -
2 VA (not) 18/11 -

6

Meta

NotZ (Brfg) 17/11

23.07.2012

Bundesgerichtshof Senat für Notarsachen

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 23.07.2012, Az. NotZ (Brfg) 17/11 (REWIS RS 2012, 4368)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 4368

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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