Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. VI ZR 172/04

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 5033

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES [X.]/04 Verkündet am: 15. Februar 2005 [X.], [X.]tizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

Nachschlagewerk: ja [X.]: ja [X.]R: ja

BGB § 249 Hb Übersteigt der Kraftfahrzeugschaden den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs, können dem Geschädigten Reparaturkosten, die über dem [X.] liegen, grundsätzlich nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret angefallen sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Umfang repariert hat, der den [X.] übersteigt. Anderenfalls ist die Höhe des [X.] auf den [X.] beschränkt.

[X.], Urteil vom 15. Februar 2005 - [X.]/04 - LG Bochum

AG Bochum
- 2 -

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2005 durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.], die Richterin [X.] und [X.] und Zoll für Recht erkannt: Die Revision des [X.] gegen das Urteil der 11. Zivilkammer des [X.] vom 11. Mai 2004 wird auf seine Ko-sten zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Der Kläger begehrt Ersatz restlichen Sachschadens aus einem [X.], für den die Beklagten in vollem Umfang einzustehen haben. Die für die fachgerechte und vollständige Reparatur des Fahrzeugs des [X.] erforderlichen Kosten schätzte der Kfz-Sachverständige auf 6.044,41 • ohne Mehrwertsteuer. Zum Ausgleich des Wertunterschiedes "neu für alt" bei den Ersatzteilen sah der Sachverständige einen Abzug von 185,79 • vor. Für die voraussichtliche Reparaturdauer ging er von neun bis zehn Arbeitstagen aus. Den Wiederbeschaffungswert schätzte er auf 5.450 • inklusive [X.], den Restwert des Fahrzeugs auf 1.000 •. Der Kläger ließ das Fahr-- 4 - zeug in einen verkehrssicheren und fahrbereiten Zustand versetzen. Dafür wendete er 1.800 • zuzüglich 288 • Mehrwertsteuer auf.

Der Kläger begehrte von den Beklagten die Reparaturkosten in Höhe von 5.858,62 • ohne Mehrwertsteuer gemäß Gutachten unter Berücksichtigung des Abzugs "neu für alt" (6.044,41 • minus 185,79 •), die von ihm für die durchge-führte Reparatur bezahlte Mehrwertsteuer in Höhe von 288 • sowie weitere Ko-sten, die nicht mehr im Streit sind. Der Kläger ist der Ansicht, daß ihm die geschätzten Reparaturkosten zu erstatten seien, da diese 130% des [X.] nicht überstiegen und er sein Fahrzeug tatsächlich repariert habe. Eine vollständige Reparatur des Fahrzeugs sei nicht erforderlich. Die Mehrwertsteuer sei zu erstatten, da sie tatsächlich angefallen sei. Das Amtsgericht hat einen Ersatzanspruch in Höhe des [X.]s (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) des Fahrzeugs bejaht und dem Kläger weitere 752,73 • zuzüglich 5% Zinsen seit dem 21. Januar 2004 (dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung) zugesprochen. Im übrigen hat es die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des [X.] hat das [X.] das erstinstanzliche Urteil hinsichtlich des Zinsbeginns auf 26. Juli 2003 abgeändert und im übrigen die Berufung zurückgewiesen. Mit der zuge-lassenen Revision verfolgt der Kläger den Anspruch auf Ersatz der geschätzten Reparaturkosten und der für die durchgeführte Reparatur gezahlten [X.] weiter. - 5 - Entscheidungsgründe: [X.] Das Berufungsgericht hat dem Kläger nur den [X.] zuerkannt, weil die erforderlichen Reparaturkosten für eine ordnungsge-mäße Instandsetzung des Fahrzeugs über dem Wiederbeschaffungswert lägen und der Kläger weder vollständig noch fachgerecht repariert habe. Dies sei [X.] für die Abrechnung von Reparaturkosten bis zu 130% des [X.]. In Umkehrung der Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.]surteil [X.] 115, 375 ff.), daß die Reparatur nicht in einen sinnvol-len und einen nicht sinnvollen Teil aufgespalten werden könne, müsse bei einer nicht in vollem Umfang und nicht ordnungsgemäß durchgeführten Reparatur der Grundsatz gelten, daß der Geschädigte einen [X.] nur für eine insgesamt wirtschaftlich sinnvolle, vollständig sach- und fachgerecht durchgeführte Reparatur verlangen könne. Der Kläger könne deshalb lediglich nach dem [X.] abrechnen, denn der Restwert bleibe nur bei einer Abrechnung von Reparaturkosten bis zum [X.] außer [X.]. Allerdings könne der Kläger die in dem vom Sachverständigen geschätz-ten [X.] enthaltene Mehrwertsteuer gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB ersetzt verlangen. Diese werde zwar vom Sachverständigen mit 16% in Höhe von 613,79 • berechnet. Erwerbe der Geschädigte ein Ersatz-fahrzeug von einem Privatmann, der keine Mehrwertsteuer bezahle, sei deshalb der [X.] um diesen Betrag zu kürzen. Da der Kläger kein neues Fahrzeug erworben habe, könne aber auf der Grundlage der [X.] des § 25a UStG die Mehrwertsteuer pauschal mit 2% des [X.] auf 90 • angesetzt werden. In dieser Höhe sei [X.] 6 - satzsteuer für die Kosten der Teilreparatur vom Kläger tatsächlich gezahlt [X.]. Deshalb könne er den [X.] einschließlich der Mehrwertsteuer ersetzt verlangen. Darüber hinausgehende für die Teilreparatur aufgewendete Mehrwertsteuer könne er hingegen nicht verlangen, da die [X.] seines [X.] der [X.] sei. I[X.] Die Revision des [X.] bleibt erfolglos. 1. Mit Urteil vom heutigen Tag hat der erkennende [X.] in der Sache [X.] ZR 70/04 entschieden, daß der Geschädigte Ersatz eines den Wiederbe-schaffungswert übersteigenden Reparaturaufwands nur dann verlangen kann, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt werden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. Davon geht das Berufungsgericht zutreffend aus. Auch seine weitere Auf-fassung, daß der Kläger bei fiktiver Schadensberechnung lediglich Schadens-ersatz in Höhe des [X.] - also abzüglich des Rest-werts - verlangen könne, trifft im Ergebnis zu. a) Bei der Frage, welchen Aufwand der Geschädigte für die Reparatur seines Fahrzeugs ersetzt verlangen kann, ist - wie der [X.] im Urteil - [X.] ZR 70/04 - vom heutigen Tag (vorges. zur Veröff. in [X.]) ausgeführt hat - zum einen das Verhältnis der Reparaturkosten zum Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zu berücksichtigen ([X.]surteil, [X.] 115, 364, 367); zum anderen ist zu bedenken, daß regelmäßig nur die Reparatur des dem Geschä-digten vertrauten Fahrzeugs sein Integritätsinteresse befriedigt (vgl. [X.]sur-teile [X.] 115, 364, 371; vom 8. Dezember 1998 - [X.] ZR 66/98 - [X.], - 7 - 245 f. und vom 17. März 1992 - [X.] ZR 226/91 - [X.], 710; [X.], [X.], 351, 352 = [X.], 333, 334; Medicus, [X.] 1973, 211, 212; [X.], [X.], 11). Deshalb steht es mit den Grundsätzen des Schadens-rechts im Einklang, daß dem Geschädigten, der eine Reparatur nachweislich durchführt, die zur Instandsetzung erforderlichen Kosten zuerkannt werden können, die den Wiederbeschaffungswert bis zu 30% übersteigen ([X.]surteil, [X.] 115, [X.]O). Allerdings kann ein solcher [X.] bis zu 30% über dem Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs nur verlangt werden, wenn die Reparaturen fachgerecht und in einem Umfang durchgeführt werden, wie ihn der Sachverständige zur Grundlage seiner Kostenschätzung gemacht hat. b) Repariert der Geschädigte - wie im Streitfall - sein Fahrzeug nicht fachgerecht oder nur unvollständig, beweist er zwar durch die Weiternutzung des unvollständig reparierten Fahrzeugs sein Interesse an der Mobilität. Dieses kann aber im allgemeinen durch die Beschaffung eines gleichwertigen [X.] in vergleichbarer Weise befriedigt werden. Hingegen kommt in einem solchen Fall dem für den fraglichen Zuschlag maßgeblichen Gesichtspunkt, daß der Geschädigte besonderen Wert auf das vertraute Fahrzeug lege, weil dieses zuverlässig und gut gewartet sei, was er im Falle eines [X.] müßte (vgl. [X.]surteil vom 8. Dezember 1998 - [X.] ZR 66/98 - [X.]O), keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Übersteigt der erforderliche Reparaturaufwand den Fahrzeugwert, kann deshalb - nach den im [X.]surteil vom heutigen Tag ([X.] ZR 70/04) dargelegten Grundsätzen - Ersatz dieses Reparaturaufwands nur verlangt werden, wenn der Geschädigte durch eine qualifizierte Reparatur der oben beschriebenen Art sein Integritätsinteresse nachweist. Entspricht die Reparatur diesen Anforderungen nicht, kann eine fik-tive Schadensabrechnung auf der Grundlage eines Sachverständigengutach-tens nur bis zur Höhe des [X.] erfolgen. Ein darüber - 8 - hinausgehender Schadensausgleich ließe das Gebot der Wirtschaftlichkeit und das Verbot der Bereicherung außer [X.]. [X.]) Insofern liegt der Sachverhalt in einem entscheidenden Punkt anders als im [X.]surteil vom 29. April 2003 - [X.] ZR 393/02 - [X.] 154, 395 ff.. Dort hat der [X.] entschieden, daß Qualität und Umfang der Reparatur jedenfalls so lange keine Rolle spielen, als die geschätzten Reparaturkosten zwar den [X.] (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert), nicht aber den Wiederbeschaffungswert übersteigen. In einem solchen Fall kann der Geschädigte nämlich grundsätzlich nach den zur Schadensbehebung erforderlichen Kosten abrechnen, wenn er das Fahrzeug tatsächlich reparieren läßt und weiter nutzt. Dann ist auch der Restwert nicht abzuziehen, weil er sich - wie in den [X.]surteilen [X.] 154, 395 ff. und 115, 364, 371 ff. dargelegt - im Rahmen einer solchen Schadensberechnung lediglich als hypothetischer Rechnungsposten darstellt. [X.]) Demgegenüber ist eine grundlegend andere Betrachtungsweise in Fällen wie dem vorliegenden geboten, in dem die für eine Schadensbehebung erforderlichen Kosten den Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs übersteigen. Zwar steht es dem Geschädigten auch in solchen Fällen frei, in welcher Weise er den Schaden beseitigen will. Doch können dem Geschädigten Reparaturko-sten, die über dem [X.] des Fahrzeugs liegen, grund-sätzlich nur dann zuerkannt werden, wenn diese Reparaturkosten konkret [X.] sind oder wenn der Geschädigte nachweisbar wertmäßig in einem Um-fang repariert hat, der den [X.] übersteigt. [X.] ist die Höhe des [X.] auf den [X.] beschränkt. - 9 - Hiernach hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Recht dem Kläger nur den [X.] zuerkannt. 2. Da der Kläger keine tatsächliche Ersatzbeschaffung vorgenommen hat, besteht gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB auch kein Anspruch auf die von ihm geltend gemachte Mehrwertsteuer. Die Mehrwertsteuer ist - entgegen der Auffassung der Revision - nur zu ersetzen, wenn sie bei einer Wiederbeschaf-fung tatsächlich angefallen wäre. Ohne Durchführung der Ersatzbeschaffung hat der Geschädigte hingegen nur einen Anspruch auf den Netto-[X.]. Auch der Meinung des Berufungsgerichts, daß dem Kläger ein Anspruch jedenfalls zustehe, soweit die gezahlte Mehrwertsteuer dem als Kosten der Er-satzbeschaffung geschätzten Mehrwertsteuersatz entspreche, ist nicht zu [X.]. Da nur der Kläger Revision eingelegt hat, wirkt sich die Auffassung des Berufungsgerichts im vorliegenden Fall allerdings nicht aus. Sie steht aber in Widerspruch zu § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach die Umsatzsteuer nur zu ersetzen ist, soweit sie tatsächlich angefallen ist, wobei eine Kombination von konkreter und fiktiver Schadensabrechnung nicht zulässig ist (vgl. [X.]surteil vom 15. Juli 2003 - [X.] ZR 361/02 - [X.], 554). Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich nichts anderes aus dem [X.]surteil vom 20. April 2004 - [X.] ZR 109/03 - [X.], 876. In die-sem Urteil hat der [X.] klargestellt, daß auch im Falle des wirtschaftlichen To-talschadens die Naturalrestitution in Form der Ersatzbeschaffung in Frage kommt und nicht nur die Kompensation gemäß § 251 Abs. 1 BGB. § 249 Abs. 2 Satz 2 BGB bleibt im Fall der Kompensation außer Betracht, findet aber grund-sätzlich Anwendung im Fall der Naturalrestitution durch Ersatzbeschaffung (vgl. [X.], [X.], 1525, 1526). - 10 - 3. Nach alledem ist die Revision mit der Kostenfolge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurückzuweisen.

[X.]

Pauge Zoll

Meta

VI ZR 172/04

15.02.2005

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 15.02.2005, Az. VI ZR 172/04 (REWIS RS 2005, 5033)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 5033

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.