Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. XII ZR 121/09

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 3143

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen


BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XII ZR 121/09
Verkündet am:

21. September 2011

Breskic,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in der Familiensache

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] §§ 1573, 1578, 1578 b
a)
Die Anzahl der zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Für ausreichende Erwerbsbemühungen kommt es vielmehr wie für das [X.] einer realistischen Erwerbschance vorwiegend auf die individuellen Verhältnisse und die Erwerbsbio-grafie des Anspruchstellers an, die vom Familiengericht aufgrund des -
ggf. beweisbedürftigen
-
Parteivor-trags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind (Fortführung der [X.]surteile vom 30.
Juli
2008 -
XII
ZR
126/06
-
FamRZ 2008, 2104 und vom 27.
Januar 1993 -
XII
ZR
206/91
-
FamRZ 1993, 789).
b)
Bei der Bedarfsermittlung aufgrund der beiderseitigen Einkommensverhältnisse ist es Aufgabe der Tatsa-cheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeignete Methode zur möglichst rea-litätsgerechten Ermittlung des Nettoeinkommens zu finden. Daher kann es im Einzelfall zulässig und gebo-ten sein, die abzuziehende Einkommensteuer nicht nach dem sog. In-Prinzip, sondern nach dem Für-Prinzip zu ermitteln ([X.] an [X.]surteil vom 2.
Juni 2004 -
XII
ZR
217/01
-
FamRZ 2004, 1177).
c)
Für eine Befristung des nachehelichen Aufstockungsunterhalts genügt auch bei fehlenden ehebedingten Nachteilen nicht der alleinige Hinweis auf die Dauer der Ehe, der Kinderbetreuung und der bisherigen [X.], wenn andere Umstände unstreitig sind, die für eine Verlängerung des Unterhalts sprechen. Die Entscheidung des Familiengerichts muss erkennen lassen, dass alle wesentlichen Faktoren berücksich-tigt worden sind.
[X.], Urteil vom 21. September 2011 -
XII ZR 121/09 -
OLG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21.
September 2011
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Hahne
und
die Richter Weber-Monecke, Dr.
Klinkhammer, Dr.
Günter und Dr.
Nedden-Boeger
für Recht erkannt:
Auf die Revision der Klägerin
wird das Urteil des 11.
Zivilsenats -
3.
[X.] für Familiensachen
-
des [X.]s [X.] vom 23.
Juni 2009 aufgehoben, soweit zum Nachteil der Klägerin erkannt worden ist.
Der Rechtsstreit wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten [X.] und Entscheidung -
auch über die Kosten des Revisi-onsverfahrens
-
an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Parteien
streiten um nachehelichen Unterhalt. Sie schlossen 1972
die Ehe. Aus der Ehe sind zwei Kinder
hervorgegangen, die 1979 und 1987 geboren
wurden. Die Ehe ist seit Januar 2001 rechtskräftig geschieden.
Die 1953 geborene Klägerin arbeitete von 1968 bis 1980 als Textilfach-verkäuferin. Nach der Scheidung absolvierte sie eine Umschulung zur Büro-1
2
-
3
-
kauffrau. Sie ist arbeitslos. Der Beklagte
ist Diplom-Ingenieur und als [X.] selbstständig tätig.
In einem Scheidungsfolgenvergleich verpflichtete sich der Beklagte
zu einem monatlichen Unterhalt von 2.166
DM. [X.] setzten die Parteien
den Unterhalt
wegen zwischenzeitlicher Erwerbslosigkeit des [X.]
auf monatlich
500

r-höhung des Unterhalts, weil
der Beklagte seit 2006 wiederum eine selbststän-dige Tätigkeit ausübt. Der Beklagte hat Widerklage erhoben, mit der er die Be-fristung des Unterhalts geltend macht.
Die Parteien streiten außerdem über die Einkommensermittlung auf Seiten des [X.]. Das Amtsgericht
hat den [X.]
ab August 2007 auf 1.157

festgesetzt. Das Berufungsgericht hat den Unterhalt auf zuletzt 1.548

weitergehend er-höht, diesen aber bis zum 31.
Dezember
2009 befristet.
Dagegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin, mit welcher sie eine Erhöhung des Unterhalts auf monatlich 2.500

und einen Wegfall der Befristung
erstrebt.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.

Die Revision
ist vom Berufungsgericht uneingeschränkt zugelassen [X.]. Aus der Begründung der Revisionszulassung ergibt sich entgegen der [X.] des [X.] keine Einschränkung. Von der Befristung und
auch vom Steuerabzug bei der Einkommensermittlung, welche das Berufungsgericht als Grundsatzfragen angeführt hat, sind beide Parteien betroffen. Abgesehen da-von, dass die Begründung eher die Motivation des [X.] wieder-3
4
5
6
-
4
-
geben sollte, handelt es sich jedenfalls um Rechtsfragen, die eine verlässliche Eingrenzung des [X.] nicht ermöglichen.

I.
Das Berufungsgericht hat den Unterhalt ausgehend vom Einkommen
des [X.] aus selbstständiger Tätigkeit errechnet. Hierbei hat es auf die Ge-winn-
und Verlustrechnung für das [X.] abgestellt. Hinsichtlich der Ein-kommensteuer hat es vom Gewinn 2007 die im [X.] für 2007 festgesetzte Jahressteuer abgezogen. Die vom [X.] in 2007 für die [X.] ab 1998 ge-leistete Steuernachzahlung hat es entgegen dem "Grundsatz, dass [X.] bzw. Steuererstattungen in dem Jahr zu berücksichtigen sind, in dem sie anfallen"
unberücksichtigt gelassen. Diese Steuernachzahlung wäre nur dann zu berücksichtigen, wenn die Klägerin in den betreffenden Jahren [X.] nach Maßgabe des Einkommens ohne die Steuerbelastung bezogen hätte, was der Beklagte nicht vorgetragen habe.
Die Klägerin
habe sich
nicht hinreichend um eine Arbeitsstelle beworben. Aus den vorgelegten Unterlagen ergäben sich für 2007 46
Bewerbungen und für 2008 43
Bewerbungen. Im Hinblick auf die unzureichende Zahl der [X.] müsse von einem fiktiven Einkommen
der Klägerin von netto monatlich
1.100

Für die Begrenzung des Unterhaltsanspruchs
bis zum 31.
Dezember
2009 hat das Berufungsgericht angeführt, dass der Beklagte seit Rechtskraft der Scheidung im Januar 2001 Unterhalt in wechselnder Höhe gezahlt habe. Ehebedingte Nachteile seien der Klägerin nicht entstanden. Eine Ausbildung zur Einzelhandelskauffrau habe sie nicht. Ihr Vortrag, dass sie aufgrund von 7
8
9
-
5
-
Weiterbildungsmaßnahmen höher dotierte Stellen habe erhalten können, sei nicht konkretisiert worden. Nach ihrer Darstellung habe sie in ihrem früheren Beruf aufgrund orthopädischer Erkrankungen ohnehin nicht mehr arbeiten [X.]. Selbst wenn man von der Richtigkeit des Vortrags der Klägerin ausgehen würde, dass sie sich nachhaltig auf alle ihr möglichen Arbeitsstellen beworben habe, wäre die Verwirklichung des [X.] nicht ehebedingt und könne nicht zu Lasten
des [X.] gehen. Der Klägerin sei ohnehin ein fikti-ves Einkommen
zuzurechnen. Mit einer Unterhaltszahlung von neun
Jahren sei der Ehedauer von 28
Jahren und der von der Klägerin während der Ehe geleis-teten Kinderbetreuung Rechnung getragen.

II.
Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
1.
a) Abweichend vom Amtsgericht
hat das Berufungsgericht
-
wenngleich ohne den konkreten
[X.] zu benennen
-
in der Sache keinen Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit (§
1573 Abs.
1 [X.])
angenommen, sondern ist auf Seiten der Klägerin von einem erzielbaren Ein-kommen aus vollschichtiger Tätigkeit ausgegangen und hat somit lediglich ei-nen Anspruch auf Aufstockungsunterhalt

1573 Abs.
2 [X.]) bejaht.
Das Berufungsgericht
hat die von der Klägerin vorgetragenen Bemühun-gen um eine Arbeitsstelle als nicht ausreichend betrachtet. Das hält den Angrif-fen der Revision nicht stand.
b) Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist Voraussetzung des [X.] aus §
1573 Abs.
1 [X.], dass sich der Ehegatte unter Einsatz aller zu-mutbaren und möglichen Mittel nachhaltig bemüht haben muss, eine angemes-10
11
12
13
-
6
-
sene Tätigkeit zu finden, wozu die bloße Meldung beim Arbeitsamt nicht ge-nügt. Er trägt im Verfahren zudem die uneingeschränkte Darlegungs-
und Be-weislast für seine Bemühungen und muss in nachprüfbarer Weise vortragen, welche Schritte in welchem zeitlichen Abstand er im Einzelnen in dieser Rich-tung unternommen hat. Die Beweiserleichterung nach §
287 Abs.
2 ZPO kommt ihm nicht zugute ([X.]surteile
vom 30.
Juli
2008 -
XII
ZR
126/06
-
FamRZ 2008, 2104 Rn.
18 und vom 27.
Januar 1993 -
XII
ZR
206/91
-
FamRZ 1993, 789, 791).
Die unzureichende Arbeitssuche führt indessen noch nicht notwendig zur Versagung des Anspruchs aus §
1573 Abs.
1 [X.]. Die mangelhafte [X.] muss vielmehr für die Arbeitslosigkeit auch ursächlich sein. Eine Ursäch-lichkeit besteht nicht, wenn nach den tatsächlichen Gegebenheiten des [X.] sowie den persönlichen Eigenschaften und Fähigkeiten des [X.] begehrenden Ehegatten für ihn keine reale Beschäftigungschance [X.] hat ([X.]surteile vom 30.
Juli
2008 -
XII
ZR
126/06
-
FamRZ 2008, 2104 Rn.
22 und vom 27.
Januar 1993 -
XII
ZR
206/91
-
FamRZ 1993, 789, 791).
c) Die Anzahl der vom Anspruchsteller vorgetragenen Bewerbungen ist nur ein Indiz für seine dem Grundsatz der Eigenverantwortung entsprechenden Arbeitsbemühungen, nicht aber deren alleiniges Merkmal. Vielmehr kann auch bei nachgewiesenen Bewerbungen in großer Zahl die Arbeitsmotivation nur ei-ne vorgeschobene sein, während andererseits bei realistischer Einschätzung der Arbeitsmarktlage auch Bewerbungen in geringerer Zahl ausreichend sein können, wenn etwa nur geringe Chancen für einen Wiedereintritt in das betref-fende Berufsfeld bestehen (vgl. OLG Hamm
[X.], 1914
für eine Textil-verkäuferin). Allerdings kann allein durch einen Rückgriff auf das Lebensalter des Unterhalt
Begehrenden von über 50
Jahren ebenfalls nicht generell belegt 14
15
-
7
-
werden, dass für ihn keine realistische Erwerbschance bestehe (vgl. dazu
[X.]/[X.] NZA 2010, 473
mwN). Vielmehr kommt es auch insofern vorwie-gend auf die individuellen Verhältnisse an, die vom Familiengericht aufgrund des -
ggf. beweisbedürftigen
-
Parteivortrags und der offenkundigen Umstände umfassend zu würdigen sind
(vgl. auch [X.]surteil vom 15.
November 1995 -
XII
ZR
231/91
-
FamRZ 1996, 345, 346 mwN zur entsprechenden Lage beim Unterhaltspflichtigen).
d) Diesen Anforderungen wird das Berufungsurteil
nicht gerecht. In [X.] Begründung hat das Berufungsgericht
allein
auf die Zahl der Bewerbungen abgestellt.
Weil diese unzureichend sei,
müsse von einem fiktiven Einkommen
der Klägerin
ausgegangen werden. Abgesehen davon, dass -
wie ausgeführt
-
die Zahl der Bewerbungen nur begrenzt aussagekräftig ist, ist das Berufungsge-richt
aber nicht auf die Ursächlichkeit der -
unterstellt
-
unzureichenden [X.] für die durch Erwerbslosigkeit bedingte Unterhaltsbedürftigkeit der Klä-gerin
eingegangen. Aufgrund des
Vortrags der Klägerin scheint es aber [X.] naheliegend, dass die im [X.] 53jährige Klägerin nach einer Er-werbsabstinenz von über 25
Jahren und bei -
unstreitigen
-
gesundheitlichen Einschränkungen jedenfalls nicht sogleich eine Vollzeitstelle finden kann. [X.] als in jenem Fall, der dem [X.]surteil vom 30.
Juli 2008 (XII
ZR
126/06 -
FamRZ 2008, 2104 Rn.
23) zugrunde lag, traf die Klägerin auch nicht schon seit längerer [X.] eine Erwerbsobliegenheit, sondern waren die Parteien in dem abzuändernden Vergleich aus dem [X.] offenbar noch davon ausgegan-gen, dass der Klägerin -
drei Jahre nach der Scheidung
-
kein eigenes Er-werbseinkommen anzurechnen ist.
Demnach hätte sich das Berufungsgericht zumindest mit dem Vortrag der Klägerin auseinandersetzen müssen, dass ihr aufgrund ihres Alters, ihrer langen Berufsabstinenz
und ihrer gesundheitlichen Einschränkungen aktuell 16
17
-
8
-
jedenfalls eine Vollzeitstelle als Bürokauffrau oder Textilverkäuferin nicht [X.].
Aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen lässt sich ein Unter-haltsanspruch der Klägerin
wegen Erwerbslosigkeit nach §
1573 Abs.
1 [X.] demnach nicht verneinen.
2. Die Bedarfsbemessung
des [X.]
nach §
1578 Abs.
1 [X.]
ist ebenfalls zu beanstanden.

a) Grundsätzlich nicht zu beanstanden ist es, dass das Berufungsgericht die vom [X.] zu leistende Steuernachzahlung für die [X.] ab 1998 nicht berücksichtigt hat, sondern das Für-Prinzip angewendet hat und von dem zu-grunde gelegten Gewinn aus dem [X.] nur die hierfür in 2008 festgesetzte Einkommensteuer abgezogen hat. Der [X.] hat bereits aus anderem Anlass betont, dass die geläufigen Methoden zur Ermittlung des Durchschnittseinkom-mens und zum Steuerabzug bei der Einkommensermittlung für Selbstständige nicht als Dogma missverstanden werden dürfen ([X.]surteil vom 2.
Juni 2004 -
XII
ZR
217/01
-
FamRZ 2004, 1177, 1178).
Es ist vielmehr Aufgabe der Tat-sacheninstanzen, unter den gegebenen Umständen des Einzelfalls eine geeig-nete Methode zur möglichst realitätsgerechten Ermittlung des [X.] als Grundlage der Unterhaltsbemessung nach den ehelichen Lebensver-hältnissen zu finden. Da im vorliegenden Fall die Steuernachzahlung aus einem längeren [X.]raum (seit 1998) erwachsen ist, konnte mangels gegenteiliger Dar-legung des [X.] als Unterhaltsschuldner, dass etwa die zusätzliche Liqui-dität der Klägerin als Unterhaltsberechtigter
anderweitig zugute gekommen ist, von einer Berücksichtigung der Steuernachzahlung in zulässiger Weise abge-sehen werden. Ebenso wenig ist zu beanstanden, dass das Berufungsgericht hinsichtlich der
Gewinnermittlung nur auf das [X.] abgestellt hat, da es sich um das einzige abgeschlossene Geschäftsjahr handelt.
18
19
-
9
-
b) Entsprechend seiner Auffassung zum [X.] ist das Be-rufungsgericht auf Seiten der Klägerin von einem erzielbaren Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit ausgegangen. Dies kann aus den bereits ausgeführten Gründen keinen Bestand haben. Überdies lässt das Berufungsurteil aber auch eine nähere Begründung dazu vermissen, wie sich das der Klägerin unterstellte Nettoeinkommen von 1.100

l-lenfalls aufgrund einer qualifizierten Vollzeittätigkeit als Bürokauffrau erzielbar wäre, dürfte auch hier jedenfalls nicht ohne nähere Begründung als mindestens erzielbar unterstellt werden.
3. Die vom Berufungsgericht ausgesprochene Befristung des Unterhalts nach §
1578
b Abs.
2, Abs.
1 [X.] kann ebenfalls keinen Bestand haben, was zum Teil mit den bereits oben aufgeführten Beanstandungen zusammenhängt.
a) Für die Herabsetzung und Befristung des Unterhalts nach §
1578
b [X.]
ist nach ständiger [X.]srechtsprechung zunächst zu prüfen, ob auf [X.] des Unterhaltsberechtigten ehebedingte Nachteile eingetreten sind (vgl. [X.]surteil vom 17.
Februar
2010 -
XII
ZR
140/08
-
FamRZ
2010, 629 Rn.
23 mwN). Der Ausgangspunkt des [X.], die Klägerin könne eine Vollzeitstelle als Bürokauffrau erlangen, die ihr ein monatliches Nettoeinkom-men von 1.100

kann
-
wie oben ausgeführt
-
keinen Bestand ha-ben. Demnach ist aber auch nicht ausgeschlossen,
dass der Klägerin ehebe-dingte Nachteile entstanden sind, wenn und soweit sie aufgrund ihrer [X.] während der Ehe nunmehr schlechtere Erwerbschancen hat (zur Darle-gungs-
und Beweislast s. [X.]surteil [X.]Z 185, 1 =
[X.], 875).
b) Die bei der Befristung und Herabsetzung des Unterhalts anzustellende Billigkeitsabwägung beschränkt sich überdies nicht auf den Ausgleich ehebe-dingter Nachteile, sondern hat darüber hinaus die vom Gesetz geforderte nach-20
21
22
23
-
10
-
eheliche Solidarität zu berücksichtigen. Das gilt nicht nur für die Unterhaltstat-bestände, die -
wie der Alters-
oder Krankheitsunterhalt nach §§
1571, 1572 [X.]
-
bereits ihre Begründung in der nachehelichen Solidarität finden, sondern auch für den Aufstockungsunterhalt
nach §
1573 Abs.
2 [X.] ([X.]surteil vom 8.
Juni 2011 -
XII
ZR
17/09
-
FamRZ
2011, 1381 Rn.
34).
In dieser Hinsicht hat das Berufungsgericht lediglich die Dauer der Ehe, die Kindererziehung (und Haushaltsführung) sowie die Dauer der [X.] einbezogen. Das erscheint nicht ausreichend. Eine umfassende Würdigung hat vielmehr auch zu berücksichtigen, dass der Beklagte -
wie für das Revisionsverfahren zu unterstellen ist
-
seine während der Ehe durchge-führte berufliche Fortbildung und sein heute erzieltes Einkommen jedenfalls auch der Unterstützung durch die Klägerin
zu verdanken hat. Nicht berücksich-tigt ist auch, dass die Klägerin
während der Arbeitslosigkeit des [X.] nur einen reduzierten Unterhalt bezogen hat. Dieser Umstand rechtfertigt es, dass sie auch an einem später verbesserten Einkommen
länger teilhaben kann. [X.] offenbarte der Beklagte seine wiederum erlangte Tätigkeit als [X.] erst mit erheblicher Verzögerung, was seine Unterhaltsbelastung vermindert hat. Es erscheint demnach naheliegend, dass das Berufungsgericht bei einer vollständigen Berücksichtigung der vorstehenden Aspekte selbst bei -
unterstellt
-
fehlenden ehebedingten Nachteilen zu einer längeren als der von ihm angenommenen Unterhaltsdauer gelangt wäre.

24
-
11
-
III.
Das Berufungsurteil ist demnach aufzuheben. Dem [X.] ist eine ab-schließende Sachentscheidung verwehrt, weil noch weitere tatrichterliche Fest-stellungen zu treffen sind.
Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass bei der abermaligen Prüfung der Unterhaltsbegrenzung nach §
1578
b [X.] zunächst eine Herabsetzung bis auf den eigenen angemessenen Bedarf nach §
1578
b Abs.
1 [X.] zu prüfen ist
(vgl. [X.]surteil vom 17.
Februar
2010 -
XII
ZR
140/08
-
[X.], 629, 633).

Hahne

Weber-Monecke

Klinkhammer

Günter

Nedden-Boeger

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 21.11.2008 -
6 F 126/07 -

OLG [X.], Entscheidung vom 23.06.2009 -
11 UF 773/08 -

25
26

Meta

XII ZR 121/09

21.09.2011

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2011, Az. XII ZR 121/09 (REWIS RS 2011, 3143)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 3143

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZR 121/09 (Bundesgerichtshof)

Abänderungsklage für Nachehelichenunterhalt: Beweiswürdigung des Familiengerichts hinsichtlich ausreichender Erwerbsbemühungen des arbeitslosen Anspruchstellers; Bedarfsermittlung für den …


XII ZR 178/09 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 72/10 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 145/09 (Bundesgerichtshof)


XII ZR 65/10 (Bundesgerichtshof)


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZR 121/09

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.