Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. 3 StR 429/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 10467

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.] vom 13. Januar 2011 in der Strafsache gegen wegen Diebstahls u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] - zu 1. a) und 2. auf dessen Antrag - am 13. Januar 2011 gemäß § 154 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 20. Juli 2010 wird a) das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.] bis 58 der Urteilsgründe jeweils wegen [X.] verurteilt worden ist; im Umfang der Einstellung fallen die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Angeklagten der [X.] zur Last; b) das vorbezeichnete Urteil mit den zugehörigen [X.] aufgehoben, soweit die Anordnung der [X.] in einer Entziehungsanstalt abgelehnt worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere [X.] des [X.]s zurückverwiesen. 2. Die weitergehende Revision wird verworfen. - 3 - Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen Diebstahls in 54 Fällen, "davon in 32 Fällen nur als Versuch", und wegen [X.] in 18 Fäl-len zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten verurteilt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, die er mit der [X.] [X.] begründet hat. Das Rechtsmittel führt zur teilweisen [X.] des Verfahrens und hat den aus der Entscheidungsformel ersichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO. 1 1. Auf Antrag des [X.] hat der Senat das Verfahren eingestellt, soweit der Angeklagte in den Fällen [X.] bis 58 der Urteilsgründe jeweils wegen [X.] verurteilt worden ist. Die Teileinstellung hat in der vorliegenden Sache nicht die Aufhebung des Ausspruchs über die Gesamt-freiheitsstrafe zur Folge. Diese hat vielmehr Bestand. Angesichts der verblei-benden Einzelstrafen (siebenmal ein Jahr, sechsmal zehn Monate, [X.] acht Monate und zweiunddreißigmal fünf Monate Freiheitsstrafe) kann der Senat ausschließen, dass das [X.] ohne die in den eingestell-ten Fällen festgesetzten [X.] (einmal ein Jahr und viermal zehn Monate) auf eine niedrigere als die verhängte Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und drei Monaten erkannt hätte. 2 2. Der Bestand des Strafausspruchs wird im Ergebnis auch nicht da-durch gefährdet, dass das [X.] in allen (32) Fällen des versuchten Diebstahls ohne Weiteres vom Strafrahmen des § 243 Abs. 1 Satz 1 StGB ausgegangen ist. Die hierfür gegebene Begründung, der Umstand der [X.] für die [X.] keine Rolle, weil nach allgemeiner Meinung von der Regelwirkung auszugehen sei, wenn das [X.] wie vorliegend verwirklicht, das Grunddelikt indes nur versucht ist, hält der [X.] - 4 - chen Nachprüfung nicht stand. Das [X.] hätte vielmehr in allen [X.] prüfen müssen, ob der geringere Unrechtsgehalt der versuchten Tat die Regelwirkung entkräftet oder eine Strafrahmenmilderung gemäß § 23 Abs. 2, § 49 Abs. 1 StGB vorzunehmen ist (st. Rspr.; vgl. [X.], StGB, 58. Aufl., § 46 Rn. 103 f.). Diese Prüfung lässt das angefochtene Urteil [X.]. Der Senat sieht indes von der Aufhebung des Strafausspruchs ab, da die verhängte Rechtsfolge (fünf Monate Freiheitsstrafe) unter Berücksichtigung der für die Strafzumessung bedeutsamen Urteilsfeststellungen in allen Fällen [X.] ist (§ 354 Abs. 1a Satz 1 StPO). Der Beschwerdeführer hatte [X.], zu der beabsichtigten Entscheidung Stellung zu nehmen (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Juni 2007 - 2 BvR 136, 1447/05, [X.], 598). 3. Nicht bestehen bleiben kann das Urteil hingegen, soweit das [X.] die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt abgelehnt hat. Die sachverständig beratene [X.] hat diese Entscheidung damit begründet, dass beim Angeklagten zwar ein schädlicher Gebrauch von Betäu-bungsmitteln, aber keine Sucht und damit nicht der nach § 64 StGB erforderli-che Hang vorliege. Dies lässt besorgen, dass das [X.] die Vorausset-zungen der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt verkannt hat. Ein Hang im Sinne von § 64 StGB ist nicht nur - wovon das [X.] möglicherweise ausgegangen ist - im Falle einer chronischen, auf körperlicher Sucht beruhen-den Abhängigkeit zu bejahen. Vielmehr genügt bereits eine eingewurzelte, aufgrund psychischer Disposition bestehende oder durch Übung erworbene intensive Neigung, immer wieder Rauschmittel im Übermaß zu sich zu [X.], wobei noch keine physische Abhängigkeit bestehen muss (vgl. [X.], [X.] vom 13. Juni 2007 - 3 [X.]; Beschluss vom 4. April 1995 - 4 [X.], [X.]R StGB § 64 Abs. 1 Hang 5; [X.], aaO, § 64 Rn. 9 mwN). Die Feststellungen des Urteils legen auch nahe, dass bei dem [X.] zu übermäßigem [X.] besteht. Ab dem Jahr 1997 konsumierte er Kokain und nahm gelegentlich Speed und [X.] zu sich. Nach zwei [X.] war er zwar bis 2008 von Kokain ab-stinent, begann indes 2009 wiederum Drogen zu konsumieren. Im [X.] 2009 - kurz vor Beginn der gegenständlichen [X.] - steigerte er seinen [X.] auf ein bis zwei Gramm täglich. Alkohol trank er mäßig, zu Zeiten des [X.] aber auch zuweilen stärker. Angesichts dieser [X.] kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Gericht allein aufgrund der rechtsfehlerhaften Gleichsetzung von Sucht und Hang im Sinne des § 64 StGB die Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt unterlas-sen hat. Da der Angeklagte nach den Urteilsfeststellungen vor und während der [X.] Kokain und Alkohol konsumierte, kann weiterhin auch nicht aus-geschlossen werden, dass ein bestehender Hang - gegebenenfalls neben an-deren Umständen (vgl. [X.], aaO, Rn. 12) - mit dazu beigetragen hat, dass der Angeklagte die Taten beging. Dem Erfordernis einer hinreichend konkreten Aussicht auf einen Behandlungserfolg steht jedenfalls nicht von vornherein entgegen, dass der Angeklagte bereits zwei stationäre Entwöhnungsmaßnah-men durchführte, zumal diese zumindest einen mehrere Jahre anhaltenden Erfolg erbrachten ([X.], Beschluss vom 30. Oktober 2008 - 3 [X.], [X.], 77, 78). - 6 - Danach muss über die Frage der [X.] nach § 64 StGB neu verhandelt und entschieden werden. 5 [X.] Pfister von [X.][X.]

Meta

3 StR 429/10

13.01.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.01.2011, Az. 3 StR 429/10 (REWIS RS 2011, 10467)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 10467

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

2 StR 78/17 (Bundesgerichtshof)


4 StR 294/12 (Bundesgerichtshof)


4 StR 311/12 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Begriff des Hanges; erforderlicher symptomatischer Zusammenhang zwischen den abgeurteilten Taten und …


3 StR 421/11 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Feststellung eines Hangs zum übermäßigen Genuss von Rauschmitteln


4 StR 229/10 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt: Zurückstellung der Vollstreckung bei betäubungsmittelabhängigem Täter


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.