Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2023, Az. 2 AZR 326/22

2. Senat | REWIS RS 2023, 4859

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Gegenstand

Widerspruch gegen Betriebsübergang - Unterrichtungsschreiben


Tenor

1. Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des [X.] vom 26. Juli 2022 - 8 [X.]/20 - aufgehoben.

2. Die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. November 2019 - 1 Ca 1874/19 - wird zurückgewiesen.

3. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob zwischen ihnen ein Arbeitsverhältnis besteht, nachdem der Kläger dessen Übergang auf eine Betriebserwerberin widersprochen hat.

2

Der gewerkschaftlich nicht organisierte Kläger arbeitete seit 2004 bei einer Rechtsvorgängerin und zuletzt bei der [X.] als Referent in der Organisationseinheit „Technology Competence“. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen übte er die ihm übertragenen Aufgaben als außertariflicher Mitarbeiter aus.

3

Unter dem 16. Dezember 2014 schlossen der Arbeitgeberverband von Gas-, Wasser- und Elektrizitätsunternehmungen e. V. ([X.]), [X.], und die [X.] ([X.]) einen Tarifvertrag zur sozialverträglichen Begleitung von [X.] im [X.] (im Folgenden: [X.]). Nach dessen Präambel ist es das Ziel der Tarifvertragsparteien, die [X.] sozialverträglich zu gestalten, wozu im [X.] ein neuer, innovativer Stellenmarkt mit einer [X.] Vermittlungsgesellschaft („Switch“) für von [X.] betroffene Arbeitnehmer im sog. Personalüberhang eingerichtet wird. Nach § 1 Abs. 2 TV Switch gilt dieser für alle tarifgebundenen Arbeitnehmer der [X.]-Gesellschaften, die Mitglied der Tarifgruppe [X.] des [X.] sind. Die Anwendung des Tarifvertrags auf außertariflich beschäftigte Arbeitnehmer in den [X.]-Gesellschaften werde seitens der [X.] AG sichergestellt.

4

[X.] entschied die [X.], die bisher selbst erbrachten [X.] an einen externen Dienstleister mit Wirkung zum 1. Februar 2017 zu übertragen. Zu diesem Stichtag gingen auch die Betriebsmittel der bestehenden [X.] auf die [X.], welcher der Kläger später den Streit verkündete (im Folgenden: Streitverkündete) über.

5

Die [X.] hatte mit dem bei ihr bestehenden Gesamtbetriebsrat bereits am 30. November 2016 einen Interessenausgleich und Sozialplan „[X.] Outsourcing“ (im Folgenden: [X.] [X.]) vereinbart. In dessen Präambel wird das Outsourcing der [X.] und der dort erbrachten Dienstleistungen als „Betriebs(teil)übergang nach § 613a BGB“ bezeichnet.

6

Die [X.] und die Streitverkündete unterrichteten den Kläger mit Schreiben vom 2. Dezember 2016 anlässlich einer ganztätigen Informationsveranstaltung über den geplanten Betriebs(teil)übergang zum 1. Februar 2017. Ab diesem Zeitpunkt erbrachte der Kläger seine Arbeitsleistung ausschließlich für die Streitverkündete.

7

Die [X.] wurde am 4. April 2017 auf die [X.] verschmolzen.

8

Mit Schreiben vom 13. Mai 2019 widersprach der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Streitverkündete.

9

Mit der am 2. August 2019 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat er die Feststellung des Bestands seines Arbeitsverhältnisses zur [X.] als Rechtsnachfolgerin der [X.] begehrt. Der Kläger ist der Ansicht, sein Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses sei fristgemäß erfolgt. Das [X.] vom 2. Dezember 2016 sei fehlerhaft, so dass die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen habe. Durch das [X.] werde insbesondere nicht klar, ob die tariflichen Regelungen sowie der Sozialplan individualrechtlich oder kollektivrechtlich gelten würden. Das Schreiben enthalte auch keine ausreichenden Angaben zu den wirtschaftlichen Hintergründen des Betriebsübergangs und der bevorstehenden Verschmelzung der [X.] auf die [X.].

Der Kläger hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 1. Februar 2017 hinaus fortbesteht.

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und gemeint, der Widerspruch des [X.] sei verspätet. Das [X.] sei ordnungsgemäß.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das [X.] hat ihr stattgegeben. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Nach Verkündung des zweitinstanzlichen Urteils ist die [X.] im Wege des Formwechsels in die [X.] - die Beklagte - umgewandelt worden.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Revision der [X.]n ist begründet. Das [X.] hat der Berufung des [X.] gegen das klageabweisende Urteil des Arbeitsgerichts zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist nicht begründet. Dies führt zur Aufhebung der Entscheidung des [X.]s und zur Wiederherstellung der klageabweisenden Entscheidung des Arbeitsgerichts (§ 562 Abs. 1, § 563 Abs. 3 ZPO).

I. Die Klage ist zulässig. Für sie besteht das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse. Der Antrag ist dahin auszulegen, dass der Kläger allein die Feststellung des Bestehens eines von der [X.]n bestrittenen gegenwärtigen Arbeitsverhältnisses erstrebt, da nicht erkennbar ist, dass es ihm um die Feststellung des genauen [X.]punkts des Betriebsübergangs geht (vgl. [X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 20).

II. Die Klage ist nicht begründet. Zwischen den Parteien besteht kein Arbeitsverhältnis. Das Arbeitsverhältnis des [X.] mit der [X.] ist mit Wirkung zum 1. Februar 2017 im Wege des Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Streitverkündete übergegangen und konnte daher nicht mehr in der Folgezeit von der [X.] auf die [X.] und - nach deren Formwechsel - auf die jetzige [X.] übergehen. Entgegen der Annahme des [X.]s hat der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Streitverkündete nicht wirksam widersprochen. Die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB war bei der Ausübung des Widerspruchsrechts bereits abgelaufen.

1. Das Arbeitsverhältnis des [X.] ist mit Wirkung zum 1. Februar 2017 von der [X.] im Wege des Betriebs(teil)übergangs nach § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB auf die Streitverkündete übergegangen. Hiervon ist das [X.] begründungslos ausgegangen, wobei der Kläger den eingetretenen Arbeitgeberwechsel zu keiner [X.] in Zweifel gezogen hat.

a) § 613a BGB setzt voraus, dass ein „Betrieb“ oder „Betriebsteil“ auf einen neuen Inhaber übergeht. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der [X.] ist darunter der Übergang einer ihre Identität bewahrenden wirtschaftlichen Einheit im Sinne einer organisierten Zusammenfassung von Ressourcen zur Verfolgung einer wirtschaftlichen Haupt- oder Nebentätigkeit zu verstehen ([X.] 27. Februar 2020 - [X.]/18 - [[X.] und [X.]] Rn. 22; 13. Juni 2019 - [X.]/17 - [[X.]] Rn. 36).

b) Das ist vorliegend der Fall. Nach den Feststellungen des [X.]s werden seit 1. Februar 2017 nicht nur die bisher von der [X.] ausgeführten IT-Service-Dienstleistungen aufgrund einer rechtsgeschäftlichen Vereinbarung von der [X.] wahrgenommen. Vielmehr hat diese auch die jeweiligen Betriebsstätten ([X.]) mit Hardware und Software übernommen.

2. Dem Kläger stand gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Streitverkündete ein Widerspruchsrecht gemäß § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB zu.

a) Das Widerspruchsrecht ist verfassungsrechtlich (vgl. [X.] 25. Januar 2011 - 1 BvR 1741/09 - Rn. 72, [X.]E 128, 157; [X.] 11. Dezember 2014 - 8 [X.] - Rn. 32), nicht aber unionsrechtlich geboten (vgl. [X.] 7. März 1996 - [X.]/94 - [[X.]] Rn. 33 ff.), so dass auch dessen nähere Ausgestaltung allein nationalem Recht unterliegt (vgl. [X.] 16. Dezember 1992 - [X.] - [[X.]] Rn. 35; [X.] 24. August 2017 - 8 [X.] - Rn. 17, [X.]E 160, 70).

b) Das Widerspruchsrecht ist ein auf Verhinderung oder Beseitigung der Rechtsfolge des § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB gerichtetes Gestaltungsrecht (vgl. [X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 18; 28. Februar 2019 - 8 [X.] - Rn. 42, [X.]E 166, 54). Es muss innerhalb der in § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB bestimmten Monatsfrist ausgeübt werden. Die Frist beginnt unabhängig vom [X.]punkt des Betriebsübergangs ([X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 19; [X.]/Preis 23. Aufl. BGB § 613a Rn. 100) mit dem Zugang der ordnungsgemäßen Unterrichtung durch den Arbeitgeber gemäß § 613a Abs. 5 BGB (vgl. [X.] 28. Februar 2019 - 8 [X.] - Rn. 44, [X.]E 166, 54).

3. Anders als die [X.] meint, ist ein Widerspruchsrecht des [X.] nicht bereits deshalb erloschen, weil die [X.] im April 2017 - neun Wochen nach dem Betriebs(teil)übergang - auf die [X.] verschmolzen wurde. Die von ihr in diesem Zusammenhang herangezogene Entscheidung des [X.] (vgl. [X.] 21. Februar 2008 - 8 [X.] - Rn. 9, [X.]E 126, 105) betrifft nur den Fall, dass der bisherige Rechtsträger im [X.]punkt der Rechtsnachfolge erlischt, der in Frage stehende Betriebsübergang mit anderen Worten die Existenz des bisherigen Arbeitgebers beendet. Das war vorliegend nicht der Fall.

4. Entgegen der erstmals im Revisionsverfahren vorgebrachten Rüge der [X.]n hat der Kläger das Formerfordernis der „Schriftlichkeit“ des Widerspruchs aus § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB erfüllt. Das entsprechende Vorbringen der [X.]n stellt lediglich einen (rechtlich bedeutungslosen) Hinweis auf die als Anlage zur Klageschrift eingereichte Kopie des [X.] vom 13. Mai 2019 dar, die keine Unterschrift trägt. Die [X.] behauptet nicht, dass das ihr vorliegende Original des [X.] nicht vom Kläger bzw. seinen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet worden ist. Überdies käme die Erklärung eines Widerspruchs gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses durch die Ausführungen des [X.] in den eingereichten Schriftsätzen mit hinreichender Deutlichkeit zum Ausdruck (vgl. [X.] 13. Juli 2006 - 8 [X.] - Rn. 26, 28).

5. Der Widerspruch des [X.] im Jahr 2019 gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die Streitverkündete im Jahr 2017 ist entgegen der Ansicht des [X.]s nicht fristgerecht erfolgt. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerhaft angenommen, die Unterrichtung des [X.] über den Betriebsübergang mit Schreiben vom 2. Dezember 2016 habe nicht den Anforderungen des § 613a Abs. 5 BGB entsprochen, weshalb die Monatsfrist des § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB nicht zu laufen begonnen habe. Die Widerspruchsfrist nach § 613a Abs. 6 Satz 1 BGB wird zwar nur durch eine ordnungsgemäße Unterrichtung in Lauf gesetzt (vgl. [X.] 28. Februar 2019 - 8 [X.] - Rn. 44, [X.]E 166, 54). Das [X.] ist aber rechtlich nicht zu beanstanden. Der Kläger musste nach § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB nicht über die Anwendung des [X.] in seinem Arbeitsverhältnis mit der [X.] ausdrücklich unterrichtet werden.

a) Das Widerspruchsrecht nach § 613a Abs. 6 BGB steht nach der Konzeption von § 613a BGB in einem wechselseitigen Bezug zur Unterrichtungspflicht nach § 613a Abs. 5 BGB (vgl. [X.]. 14/7760 S. 12). Danach haben der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die von einem Übergang betroffenen Arbeitnehmer vor dem Übergang in Textform über die in § 613a Abs. 5 Nr. 1 bis Nr. 4 BGB aufgeführten Umstände zu unterrichten. Die Unterrichtung ist teleologisch auf das Widerspruchsrecht ausgerichtet. Sie soll den Arbeitnehmer in die Lage versetzen, eine sachgerechte Entscheidung darüber zu treffen, ob er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den neuen Betriebs(teil)inhaber widersprechen will. Deshalb haben Veräußerer und/oder Erwerber den Arbeitnehmer so zu informieren, dass dieser sich über den Gegenstand des Betriebs(teil)übergangs und die Person des Übernehmers sowie über die in § 613a Abs. 5 BGB genannten Umstände „ein Bild machen“ kann. Dem Arbeitnehmer soll auch die Möglichkeit eröffnet werden, sich weitergehend zu erkundigen und gegebenenfalls beraten zu lassen, um dann auf dieser Grundlage über einen Widerspruch gegen den Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden (vgl. [X.] 28. Februar 2019 - 8 [X.] - Rn. 43, [X.]E 166, 54).

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] gehören zu den rechtlichen Folgen iSd. § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB zunächst die sich unmittelbar aus dem Betriebsübergang als solchem ergebenden Rechtsfolgen. Dies erfordert einen Hinweis auf den Eintritt des Übernehmers in die Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Arbeitsverhältnis (§ 613a Abs. 1 Satz 1 BGB), auf die Gesamtschuldnerschaft des Übernehmers und des Veräußerers nach § 613a Abs. 2 BGB und grundsätzlich auch auf die kündigungsrechtliche Situation. Zu den beim Übernehmer geltenden Rechten und Pflichten gehört grundsätzlich weiter die Anwendbarkeit tariflicher Normen und die Frage, inwieweit beim Veräußerer geltende Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durch beim Erwerber geltende Tarifverträge abgelöst werden ([X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 27; 23. Juli 2009 - 8 [X.] - Rn. 30, [X.]E 131, 258).

c) Danach musste das [X.] keine Angaben zur Anwendbarkeit des [X.] auf außertarifliche Arbeitnehmer enthalten. Dieser fand weder vor noch nach dem Betriebsübergang Anwendung auf das Arbeitsverhältnis des [X.]. Das [X.] vom 2. Dezember 2016 ist entgegen der Auffassung der Vorinstanz rechtlich zutreffend und weder unklar noch unvollständig.

aa) Für die Anwendung des [X.] im Arbeitsverhältnis des [X.] fehlt es an einem Geltungsgrund.

(1) Weder der Kläger noch die Streitverkündete sind tarifgebunden iSv. § 3 Abs. 1 TVG. Der Arbeitsvertrag des [X.] beinhaltet auch keine Bezugnahmeklausel auf Tarifverträge.

(2) Nach den Feststellungen des [X.]s hat eine Erstreckung des [X.] auf nichttarifgebundene Arbeitnehmer erst in einer am 14. März 2017 - und damit sechs Wochen nach dem Betriebsübergang auf die Streitverkündete - für die Gesellschaften des [X.] abgeschlossene Konzernbetriebsvereinbarung stattgefunden. Diese Vereinbarung - ihre Wirksamkeit zugunsten des [X.] unterstellt - konnte dessen bereits auf die nicht konzernangehörige Streitverkündete übergegangenes Arbeitsverhältnis nicht mehr betreffen. Soweit das [X.] ausführt, die Kammer halte es „keinesfalls für ausgeschlossen“, dass eine solche Erstreckung auch schon vor dem Betriebsübergang am 1. Februar 2017 geschehen sein könne, fehlt es für eine solche Spekulation an jeder Tatsachenfeststellung. Es ist auch nicht festgestellt, dass die Erstreckung im [X.]punkt des Betriebsübergangs - über die vage Absichtserklärung im [X.] und im [X.] [X.] hinaus - bereits das Stadium konkreter Planung erreicht hätte (vgl. [X.] 13. Juli 2006 - 8 [X.] - Rn. 30, [X.]E 119, 81). Deshalb kann dahinstehen, ob eine mögliche Geltung des [X.] in einem mit der [X.] fortbestehenden Arbeitsverhältnis überhaupt für die Entschließung des [X.] über die Ausübung des Widerspruchsrechts erheblich sein konnte, was dieser selbst nicht behauptet hat.

(3) Unabhängig davon wäre der Regelungsbereich des [X.] für Arbeitnehmer außerhalb der [X.] - wie hier bei der [X.] - nicht eröffnet. Der [X.] betrifft nach der Überschrift zu dessen § 3 nur sog. „Personalüberhänge in den [X.]“. Welche Arbeitnehmer zu diesem Personalüberhang zählen, ist nach § 3 Abs. 1 [X.] in einem Interessenausgleich und Sozialplan in den jeweiligen [X.] festzulegen. Das können keine Arbeitnehmer der [X.] sein, da insoweit keine Regelungskompetenz der Betriebsräte in den [X.] besteht. Der bereits seit dem 1. Januar 2015 geltende [X.] hat für die vorliegende Konstellation des Übergangs eines Arbeitsverhältnisses auf ein außerhalb der [X.] bestehendes Unternehmen daher keine praktische Bedeutung. Der Kläger trägt im Übrigen selbst vor, es fehle an einer Vereinbarung zwischen der [X.] und der [X.], nach der die Vorgaben des [X.] auch nach dem Betriebs(teil)übergang fortgölten.

bb) Das [X.] ist in Bezug auf die Fortgeltung von Tarifverträgen weder unklar noch unvollständig.

(1) Es begegnet keinen Bedenken, dass für die einzelnen Arbeitnehmergruppen (tarifgebundene Arbeitnehmer/nichttarifgebundene Arbeitnehmer) nicht verschiedene [X.] gefertigt, sondern mit einem einzigen [X.] alle Gruppen unterrichtet wurden. Die Unterrichtung kann in einem Standardschreiben erfolgen; sie muss jedoch etwaige Besonderheiten des Arbeitsverhältnisses erfassen. Im Übrigen kann vom Arbeitgeber keine umfassende Rechtsberatung im Einzelfall verlangt werden. Auch der Gesetzgeber geht nicht davon aus, dass die Unterrichtung dazu dient, jeden einzelnen Arbeitnehmer über alle ihn möglicherweise treffenden Folgen des Betriebsübergangs in Kenntnis zu setzen, sondern stellt nur darauf ab, dass der Arbeitnehmer sich nach der Unterrichtung eingehender informieren bzw. beraten lassen kann (vgl. [X.]. 14/7760 S. 19). Es obliegt dem jeweiligen [X.], die Angaben mittels Subsumtion und gegebenenfalls auch durch weitere Erkundigungen für sein persönliches Arbeitsverhältnis umzusetzen. Es genügt daher, wenn die schriftliche Information es dem Arbeitnehmer - wie im Streitfall - ermöglicht, sein Arbeitsverhältnis einer der im [X.] genannten Gruppen von Arbeitnehmern zuzuordnen und er so die beim konkreten Betriebsübergang auftretenden Rechtsfolgen erkennen kann (vgl. [X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 36).

(2) Im [X.] vom 2. Dezember 2016 wird ausgeführt, dass die Streitverkündete keinem Arbeitgeberverband angehört, nicht tarifgebunden ist und bisher weder [X.] abgeschlossen hat noch Tarifverträge kraft Mitgliedschaft in einem Arbeitgeberverband anwendbar sind. Hieran schließt sich der Hinweis an, dass - soweit auf das Arbeitsverhältnis vor dem Übergang kraft Tarifbindung Tarifverträge anwendbar waren - die in diesen geregelten Arbeitsbedingungen gemäß § 613a Abs. 1 Satz 2 BGB Inhalt des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitnehmer und der [X.] werden und wie arbeitsvertragliche Regelungen dynamisch fortwirken. Das [X.] beschreibt auch zutreffend die Rechtslage von nichttarifgebundenen Arbeitnehmern mit einer arbeitsvertraglichen Bezugnahmeklausel.

(3) Die Ausführungen unter II Nr. 3 des [X.]s beziehen sich allein auf die Fortgeltung tariflicher Regelungen für tarifgebundene Arbeitnehmer und solche, die eine arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel hatten. Der Kläger gehört zu keiner dieser Gruppen. Als nichttarifgebundener Arbeitnehmer ohne arbeitsvertragliche Bezugnahmeklausel, für den schon bislang keine Tarifverträge galten, hatte der Kläger aufgrund des [X.]s keinen Anlass zu Zweifeln über die Anwendung von Tarifverträgen oder deren Inhalt in seinem Arbeitsverhältnis mit der ebenfalls nichttarifgebundenen Streitverkündeten. Soweit das [X.] bemängelt, der TV Switch finde im [X.] keine Erwähnung, weshalb es an einer klaren Aussage fehle, dass der Tarifvertrag für den Kläger nicht gelten solle, verkennt es das insoweit bestehende Regel-Ausnahme-Verhältnis. Für Arbeitnehmer, für die - wie beim Kläger - mangels Tarifbindung oder Bezugnahmeklausel beim Betriebsveräußerer kein Tarifvertrag gilt, muss im [X.] nicht darauf hingewiesen werden, dass diese Rechtslage durch den Betriebsübergang keine Änderung erfährt. Insoweit ist es auch verfehlt, wenn das Berufungsgericht meint, die RWE IT GmbH und die Streitverkündete hätten sich nicht zur „Fortgeltung des TV Switch positioniert“. Vielmehr war das [X.] nicht anders zu verstehen, als dass eine Fortgeltung von Tarifverträgen bzw. ihres Inhalts nur für tarifgebundene Arbeitnehmer und solche mit arbeitsvertraglicher Bezugnahmeklausel in Betracht kommt.

(4) Etwas anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des [X.]s nicht aus einem Verweis unter II Nr. 5 des [X.]s („Fortgeltung betrieblicher Regelungen“) auf den [X.] [X.] und dessen Anlage 5. Der in Bezug genommene § 3 Teil A Ziffer 1.1 [X.] [X.] betrifft lediglich die individualrechtliche Fortgeltung der bisherigen Beschäftigungsbedingungen. Der dort weiter in Bezug genommene § 3 Teil A Ziffer 1.1.2 [X.] [X.] („Betriebsverfassungsrechtliche Regelungen“) sowie die dazugehörige Anlage 5 beziehen sich gerade nicht auf Tarifverträge. Die Regelung betreffend die Fortgeltung tarifvertraglicher Regelungen für „übergehende Mitarbeiter“ in § 3 Teil A Ziffer 1.1.1 [X.] [X.] mit der dazugehörigen Anlage 4 - in deren Nr. 7 der TV Switch aufgeführt ist - wird unter II Nr. 5 des [X.]s nicht genannt. II Nr. 3 des [X.]s („Fortgeltung tariflicher Regelungen“) bezieht sich auf die in Anlage 4 zum [X.] [X.] genannten Tarifverträge nur insoweit, wie sie bislang aufgrund Tarifgebundenheit oder einzelvertraglicher Bezugnahme bereits galten. Das war beim Kläger aber gerade nicht der Fall.

(5) Die Annahme des [X.]s, übergegangene Mitarbeiter hätten davon ausgehen dürfen, dass der - etwaige - Verlust ihres Arbeitsplatzes bei der [X.] als „Personalüberhang“ iSd. [X.] anzusehen sei und damit den Weg zur Vermittlung und Betreuung durch eine Personalservicegesellschaft der [X.] [X.], findet weder im Wortlaut des [X.] oder des [X.] [X.] eine Stütze, noch würde sich so ein sinnvolles Auslegungsergebnis begründen lassen. Das Berufungsgericht selbst kommt zu dem Ergebnis, „dass sich nicht recht erschließt, wie die weitere Teilnahme der auf die Streitverkündete übergegangenen Arbeitnehmer am konzerninternen Arbeitsmarkt in den [X.] technisch und verfahrensmäßig vonstattengehen sollte“. Das gilt umso mehr, als nach II Nr. 9 des [X.]s betriebsbedingte Kündigungen der Arbeitsverhältnisse übergegangener Mitarbeiter bei der [X.] für einen [X.]raum von 48 Monaten ab dem [X.]punkt des Übergangs (also bis zum 31. Januar 2021) ohnehin ausgeschlossen sind, während der [X.] nach dessen § 8 ohne Nachwirkung bereits am 31. Dezember 2018 enden sollte. Auch der [X.] [X.] war nach dessen § 6.1 auf die Dauer von 28 Monaten (bis 31. Mai 2019) ohne Nachwirkung zweckbefristet.

(6) Entgegen der Auffassung des [X.] suggeriert die im [X.] erfolgte Bezugnahme auf die Anlage 5 des [X.] [X.] keine kollektiv-rechtliche Fortgeltung betrieblicher Regelungen. Diese gibt lediglich Aufschluss darüber, welche Betriebsvereinbarungen bei der [X.] mit welchem Inhalt fortgeführt werden. Ihr lässt sich aber keine Abweichung zur Information im [X.] betreffend die dynamische individualrechtliche Fortgeltung betrieblicher Regelungen entnehmen.

d) Andere Gründe, aus denen sich das [X.] vom 2. Dezember 2016 als nicht ordnungsgemäß erweisen könnte, sind nicht ersichtlich. Die [X.] und die Streitverkündete haben in dem Schreiben die maßgeblichen Tatsachen benannt. Es oblag dem Kläger, diese zu subsumieren oder weitere Erkundigungen einzuholen (vgl. [X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 27, 36, 46).

aa) Soweit der Kläger meint, das [X.] enthalte keine § 613a Abs. 5 Nr. 3 BGB genügenden Angaben zu den wirtschaftlichen Hintergründen des Betriebs(teil)übergangs trifft das nicht zu. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass die Übertragung des Betriebs und somit auch der Betriebsübergang vor dem Hintergrund steht, „dass die [X.] sich zur weiteren Stärkung der Effizienz sowie Wettbewerbsfähigkeit und um die [X.] im [X.] zukunftsorientiert aufzubauen, dazu entschieden hat, die strategische Ausrichtung weg von [X.] hin zu ‚Manage IT‘ zu wählen“. Bereits diese schlagwortartige Schilderung ist ausreichend (vgl. [X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 32), wobei das [X.] darüber hinaus sogar umfangreiche weitere Angaben zur neuen „strategischen Ausrichtung“ enthält.

bb) Soweit der Kläger bemängelt, er sei nicht darüber unterrichtet worden, dass seine bisherige Arbeitgeberin - die [X.] - im Laufe des Kalenderjahres 2017 auf die [X.] verschmolzen werde, trifft das einerseits nicht zu. Vielmehr wird dieser Umstand auf Seite 5 unten/Seite 6 oben, Seite 9 unten/Seite 10 oben und Seite 10 Mitte des [X.]s angesprochen. Andererseits ist nicht ersichtlich, dass die neun Wochen nach dem Betriebs(teil)übergang erfolgte Verschmelzung zum [X.]punkt der Unterrichtung bereits derart konkrete Formen angenommen hatte, dass sie detaillierte Angaben hierzu erforderlich machte. Zu spekulativen Mitteilungen waren die [X.] und die Streitverkündete nicht verpflichtet (vgl. [X.] 10. November 2011 - 8 [X.] - Rn. 39).

6. Angesichts dessen konnte es offenbleiben, ob das Widerspruchsrecht des [X.] - wie die [X.] meint - jedenfalls verwirkt wäre (zu den Voraussetzungen vgl. [X.] 22. Juli 2021 - 2 [X.] - Rn. 23 ff.).

III. Der Kläger hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen, § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Koch    

        

    Niemann    

        

    Schlünder    

        

        

        

    Mertz    

        

    Alex    

                 

Meta

2 AZR 326/22

29.06.2023

Bundesarbeitsgericht 2. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Essen, 28. November 2019, Az: 1 Ca 1874/19, Urteil

§ 613a Abs 1 S 1 BGB, § 613a Abs 5 BGB, § 613a Abs 6 S 1 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 29.06.2023, Az. 2 AZR 326/22 (REWIS RS 2023, 4859)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2023, 4859

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