Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2013, Az. XI ZR 25/13

XI. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 1452

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL
XI ZR 25/13
Verkündet am:

5.
November 2013

Herrwerth,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der XI.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 5.
November 2013
durch [X.] [X.], die Richter Dr.
Joeres, Dr.
Grüneberg
und
Maihold
sowie die Richterin Dr.
Menges
für Recht erkannt:
Die Revision des [X.] gegen das Urteil des 9.
Zivilsenats des Kammergerichts
in Berlin vom 30.
November 2012 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:
Der Kläger nimmt die beklagte Entschädigungseinrichtung der Wertpa-pierhandelsunternehmen auf Entschädigung nach dem Einlagensicherungs-
und [X.] (im Folgenden: [X.]) in Anspruch. [X.] den Parteien steht nur noch im Streit, ob die Beklagte von ihr berechnete [X.] in Abzug bringen durfte.
Der Kläger beteiligte sich im
Januar 1994 mit einem Anlagebetrag von insgesamt 15.669,38

(im Folgenden: [X.]), einer von der [X.] (im [X.]: P.
GmbH) im eigenen Namen und für gemeinsame Rechnung der Anleger verwalteten Kollektivanlage, deren Gegenstand nach Nummer 1.4 der in den Geschäftsbesorgungsvertrag einbezogenen [X.] die Anlage der Kundengelder in "Termingeschäften (Futures und Optionen) 1
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-
für gemeinsame Rechnung zu Spekulationszwecken mit Vorrang von [X.]" war.
Die P.
GmbH war bis Ende 1997 auf dem sogenannten Grauen Kapital-markt tätig. Ab dem 1.
Januar 1998 wurde sie als Wertpapierhandelsbank ein-gestuft und der Aufsicht des [X.] für den Wertpapierhandel unterstellt. Bereits ab Mitte 1993 hatte die P.
GmbH begonnen, die für den [X.] eingegangenen Verpflichtungen aus den Termingeschäften nicht mehr mit dem aktuellen Marktwert, sondern mit "Null" zu bewerten, um eingetretene Verluste zu verschleiern. Ab 1997 legte die P.
GmbH nur noch einen geringen Teil der von ihren Kunden vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäften an. Ein Großteil der Gelder wurde im Wege eines "Schneeballsystems" für [X.] an [X.] und für die laufenden Geschäfts-
und Betriebskosten ver-wendet. Auf diese Weise erhielt auch der Kläger eine Auszahlung über 3.067,75

den tatsächlichen Handelsverlauf nicht widerspiegelten.
Im März 2005 untersagte die [X.]
der P.
GmbH den weiteren Geschäftsbetrieb und stellte am 15.
März 2005 den [X.] fest. Am 1.
Juli 2005 wurde über das Vermögen der P.
GmbH das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Beklagte ermittelte auf der Grundlage der von ihr überprüften Be-rechnungen des Insolvenzverwalters ausgehend vom rekonstruierten, tatsächli-chen Handelsverlauf des [X.] für jeden Anleger den Verlauf und Endstand [X.]. Für das Konto des [X.] ergab sich so unter Abzug der Handels-verluste zum 31.
März 2005 ein Endbetrag von 9.601,70

Mit der Klage verlangt der Kläger von der [X.] die Zahlung von 90% seiner Anlagesumme ohne Agio abzüglich der Auszahlung und einer von 3
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-
der [X.] bereits erbrachten Teilentschädigung sowie unter Berücksichti-gung eines vom [X.] erlassenen [X.], d.h. von noch 1.423,31

die von der [X.] aufgrund einer Neuberechnung mit 1.974,43

worden sind, nicht hätten abgezogen werden dürfen.
Das [X.] hat der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Auf die Berufung der [X.] hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt der Kläger die [X.] des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision ist unbegründet.

I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung, soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, im Wesentlichen ausgeführt:
Dem Kläger stehe gegen die Beklagte ein weiterer Entschädigungsan-spruch aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] nicht zu. Dieser bemesse sich im [X.] zwar nach der Höhe des gegen die P.
GmbH bestehenden An-spruchs aus §
675 Abs.
1, §
667 BGB auf Rückzahlung aller für den [X.] ein-gezahlten Gelder ohne Agio sowie aller tatsächlich erzielten Gewinne; Verluste aus der Anlage seien aber abzuziehen, soweit diese nicht durch Unterschla-7
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-
gung oder Veruntreuung entstanden seien. Der Herausgabeanspruch umfasse nicht die Mittel, die in Ausführung des Auftrags

hier: zur Investition in Termin-geschäfte

verbraucht worden und nicht mehr vorhanden seien. Diese [X.] stimme mit dem Schutzzweck des Einlagensicherungs-
und Anlegerent-schädigungsgesetzes überein. Danach würden nur solche Ansprüche ge-schützt, die sich unmittelbar auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Ei-gentum an [X.] oder Wertpapieren richteten, wozu auch Ansprüche wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten gehörten, durch die

wie etwa im Fall der Unterschlagung oder Untreue

die Ansprüche des Kunden auf die [X.], Besitz oder Eigentum an [X.] oder Wertpapieren verei-telt würden. Seien die Kundengelder dagegen vertragsgemäß verwendet [X.], könnten derartige Ansprüche nicht beeinträchtigt worden sein, auch wenn die Anlage zu Verlusten geführt habe.
Danach ergebe sich auf der Grundlage der Berechnung der [X.] für den Kläger kein weiterer Entschädigungsanspruch. Soweit die [X.]eite die Berechnung der [X.] in Frage stelle, sei dies unbeachtlich. Die [X.] trage die Darlegungs-
und Beweislast für Höhe und Umfang des gel-tend gemachten [X.]. Hierzu genüge nicht die bloße Dar-legung der einzelnen Ein-
und Auszahlungen. Vielmehr müsste sie im Falle des Bestreitens durch die Beklagte die Entwicklung der Anlage mit allen Gewinnen und Verlusten darlegen und beweisen. Bei der Bestimmung der Handelsverlus-te gehe es um die Bestimmung der Höhe der dem Anleger gegenüber dem Institut zustehenden Forderung und nicht etwa um eine Aufrechnungsforderung des Instituts im Sinne des §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.], hinsichtlich derer die Be-klagte darlegungs-
und beweispflichtig wäre. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus §
667 BGB, wonach der Auftragnehmer die Darlegungs-
und Beweis-last für die Verwendung der erhaltenen Einlagen tragen würde. Diese [X.] seien auf den Entschädigungsanspruch nach §
3 Abs.
1, §
4 11
-
6
-
Abs.
1 [X.] nicht anwendbar, weil es sich dabei um einen selbständigen ge-setzlichen Anspruch handele, dessen Voraussetzungen und Umfang eigen-ständig geregelt seien. Des Weiteren komme auch eine Beweislastumkehr nicht in Betracht, weil die Beklagte dem Beweis der tatsächlichen [X.] nicht näher stehe als die [X.]eite. Die Beklagte treffe allenfalls eine [X.] Darlegungslast, der sie vorliegend mit ihren konkreten Berechnungen nachgekommen sei. Diesem Vorbringen sei die [X.]eite nicht genügend entgegengetreten. Dies gelte insbesondere, soweit die [X.]eite in Abrede stelle, dass [X.] durch eine vereinbarungsgemäße Handelstätigkeit der P.
GmbH mit den Mitteln des [X.] überhaupt entstanden seien. [X.] Vortrag dazu sei die [X.]eite schuldig geblieben. Im Übrigen [X.] sie sich auf die Rechtsmeinung, [X.] seien nicht zu be-rücksichtigen. Soweit die [X.]eite vorbringe, der [X.] hätten nicht alle Kontoauszüge und Daten vorgelegen, sei dies mangels Benennung konkreter Unterlagen unsubstantiiert.

II.
Diese Beurteilung hält revisionsrechtlicher Prüfung stand, so dass die Revision zurückzuweisen ist. Das Berufungsgericht hat bei der Bemessung des [X.] der [X.]eite aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] zu Recht die von der [X.] berechneten [X.] anspruchsmindernd berücksichtigt.
1. Die P.
GmbH, ein unter anderem mit Finanzkommissionsgeschäften befasstes Kreditinstitut (§
1 Abs.
1 Satz
2 Nr.
4 [X.]), war nach den [X.] ein der beklagten Entschädigungseinrichtung zugeordnetes Institut (§
1 Abs.
1 Nr.
2, §
6 Abs.
1 Satz
2 Nr.
3 [X.]). Den Ein-12
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-
tritt des [X.]es hat die [X.] gemäß §
1 Abs.
5, §
5 Abs.
1 [X.] festgestellt.
2. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei eine Verbindlichkeit der P.
GmbH gegenüber der [X.]eite aus Wertpapiergeschäften bejaht.
a) Zwischen der [X.]eite und der P.
GmbH ist ein Geschäftsbesor-gungsvertrag über die Anschaffung und die Veräußerung von Finanzinstrumen-ten (hier: Derivate, §
1 Abs.
11 Sätze
1 und 4 [X.]) im eigenen Namen für fremde Rechnung geschlossen worden. Dabei handelt es sich

wie der Senat mit Urteil vom 20.
September 2011 (XI
ZR 434/10, [X.], 95 Rn.
15
ff.) im Einzelnen begründet hat

um Finanzkommissionsgeschäfte im Sinne des §
1 Abs.
1 Satz
2 Nr.
4 [X.] und somit um Wertpapiergeschäfte nach §
1 Abs.
3 [X.].
b) Es bestand auch eine Verbindlichkeit der P.
GmbH gegenüber der [X.]eite aus dem Geschäftsbesorgungsvertrag.
Gemäß §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 21.
Juni 2002 ([X.]
I [X.]
2010; vgl. hierzu Senatsurteil vom 23.
November 2010

XI
ZR 26/10, [X.], 327 Rn. 15) sind [X.] aus Wertpapiergeschäften Verpflichtungen eines Instituts zur Rückzahlung von [X.], die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit [X.] gehalten werden. Wie der Senat mit Urteil vom 23.
November 2010 (XI
ZR 26/10, [X.], 327 Rn. 14 ff.) entschieden und im Einzelnen begrün-det hat, wird
von dieser Vorschrift auch der von der [X.]eite gegen die P.
GmbH geltend gemachte Anspruch auf Rückzahlung der von ihr eingezahl-ten Gelder, der seine Grundlage in §
675 Abs.
1, §
667 Fall
1 BGB hat, erfasst. Denn bei den vertragswidrig verwendeten [X.] handelt es sich um 14
15
16
17
-
8
-
Gelder, die dem Anleger gehören und für dessen Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Das Einlagensicherungs-
und An-legerentschädigungsgesetz bezweckt gerade auch den Schutz des Anlegers vor solchen
Vertragsverletzungen eines Instituts, die den Anspruch des Kunden auf Rückzahlung der eingezahlten, aber vertragswidrig verwendeten Gelder vereiteln (Senatsurteil vom 23. November 2010, aaO, Rn.
28).
3. Entgegen der Auffassung der Revision umfasst der Entschädigungs-anspruch

wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat

nicht die von der [X.] berechneten, tatsächlichen [X.].
Gemäß §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] sind Verbindlichkeiten aus Wertpapier-geschäften, wie bereits erwähnt, Verpflichtungen eines Instituts auf Rückzah-lung von [X.], die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapier-geschäften gehalten werden. [X.], die aufgrund einer vertragsge-mäßen Anlage der Gelder entstanden sind, werden davon nicht erfasst.
a) Dies ergibt sich allerdings, anders als das Berufungsgericht meint, nicht bereits unmittelbar aus dem

dem Entschädigungsanspruch aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] zugrundeliegenden

Herausgabeanspruch des [X.] Anlegers gegen die P.
GmbH aus §
675 Abs.
1, §
667 Fall
1 BGB. [X.] wird der Beauftragte oder Geschäftsbesorger zwar grundsätzlich von der Verpflichtung, zur Auftragsausführung erhaltene Gelder wieder zurückzuzahlen,
frei, wenn er diese auftragsgemäß weitergeleitet oder bestimmungsgemäß [X.] hat (vgl. [X.], Urteile vom 10.
Oktober 1996 -
III
ZR 205/95, NJW 1997, 47, 49, vom 4.
Oktober 2001

III
ZR 290/00, [X.]Report 2002, 71 und vom 30.
Oktober 2003

III
ZR 344/02, [X.], 2382, 2383). Dies ist hier aber nach der Rechtsprechung des IX.
Zivilsenats des [X.] aus-18
19
20
-
9
-
nahmsweise nicht der Fall, weil die Anleger der P.
GmbH bzw. dem Insolvenz-verwalter über deren Vermögen entgegenhalten können, dass wegen des
Vor-gehens der P.
GmbH, in betrügerischer Weise neue Anleger zu werben und ihre vertraglichen Verpflichtungen entsprechend ihrer vorgefassten Absicht grob zu verletzen, ihr Anspruch auf Rückzahlung der Einlage nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§
242
BGB) nicht um die Verluste aus den wenigen noch getätigten [X.] vermindert werden darf (vgl. [X.], Urteile vom 9.
Dezember 2010

IX
ZR 60/10, [X.], 364 Rn.
15, vom 10.
Februar 2011

IX
ZR 18/10, [X.], 659 Rn.
14 und vom 22.
September 2011

IX
ZR 209/10, [X.], 2237 Rn.
19). Dieser Einwand steht der [X.]eite indes gegenüber der [X.]

entgegen der Auffassung der Revision

im Rahmen des [X.] aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] nicht zu.
b) Nach dem Schutzzweck
des Einlagensicherungs-
und Anlegerent-schädigungsgesetzes sind im Rahmen der bestimmungsgemäßen Verwendung der Anlegergelder tatsächlich angefallene [X.] bei der Bemessung des [X.] aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] zu berücksich-tigen.
Nach der Gesetzesbegründung zur bis zum 30.
Juni 2002 geltenden Fassung des §
1 Abs.
4 [X.] sollen in den Schutzbereich der Norm nur solche Verpflichtungen aus Wertpapiergeschäften fallen, die zu den vertraglichen Hauptleistungspflichten gehören, nicht dagegen beispielsweise [X.] aus [X.] (BT-Drucks. 13/10188, [X.]
16). Mit der Neufassung des §
1 Abs.
4 [X.] durch das Vierte [X.] vom 21.
Juni 2002 ([X.] I [X.]
2010) sollten nach dem Willen des [X.] im Wesentlichen redaktionelle Unklarheiten des [X.] beseitigt werden (vgl. BT-Drucks. 14/8017, [X.] 69
f.), die den Schutzbereich der Vorschrift 21
22
-
10
-
unberührt gelassen, insbesondere nicht erweitert haben. Wenngleich die Unter-scheidung zwischen Hauptleistungspflichten und Schadensersatzansprüchen aus [X.] im Hinblick darauf zweifelhaft ist, dass auch die [X.] eine vertragliche Hauptleistungspflicht darstellen kann, ist das vom Gesetzgeber verfolgte Ziel klar. Geschützt werden nur solche Ansprüche des Anlegers, die sich unmittelbar auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Eigentum an [X.] oder Wertpapieren richten. Dazu gehören auch [X.] wegen der Verletzung vertraglicher Pflichten, durch die

wie etwa im Falle
der Unterschlagung oder Untreue

die Ansprüche des Kunden auf die Verschaffung von Rechten, Besitz oder Eigentum an [X.] oder Wertpapie-ren vereitelt werden (vgl. [X.], Urteile vom 23.
November 2010

XI
ZR 26/10, [X.], 327 Rn.
24 [X.] und vom 25.
Oktober 2011

XI
ZR 67/11, [X.], 2219 Rn.
27). Der Ersatz (tatsächlich) entgangenen Gewinns oder der Ausgleich von Verlusten, die aufgrund einer fehlerhaften Anlagestrategie ent-standen sind, unterfallen daher nicht dem Schutz des Einlagensicherungs-
und [X.]es (Senatsurteil vom 23.
November 2010

XI
ZR 26/10, aaO).
Eine solche Eingrenzung des Schutzbereichs ist auch europarechtskon-form. §
1 Abs.
4 Satz 1 [X.] beruht auf Art.
2 Abs.
2 der Richtlinie 97/9/[X.] des Europäischen Parlaments und des Rates vom 3.
März 1997 über Systeme für die Entschädigung der Anleger ([X.]. [X.] 1997 Nr. L 84 [X.]
22). Dieser be-stimmt, dass dem Anleger Gelder zurückzuzahlen sind, die ihm geschuldet werden oder gehören und für seine Rechnung im Zusammenhang mit Wertpa-piergeschäften gehalten werden. Weiterhin gewährleistet diese Norm, dass dem Anleger die Finanzinstrumente zurückgegeben werden, die diesem gehö-ren und für seine Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften ge-halten, verwahrt oder verwaltet werden. Einen Anspruch des Anlegers auf Aus-gleich von [X.]n, die im Rahmen der bestimmungsgemäßen [X.]
-
11
-
wendung der Anlegergelder entstanden sind, will die Richtlinie

was auch ihr Erwägungsgrund 8 unterstreicht

nicht gewähren.
Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem auch nicht die Rechtsprechung des IX.
Zivilsenats des [X.] entgegen, der im Rahmen eines auf §
134 Abs.
1, §
143 Abs.
1 [X.] gestützten Rückge-währanspruchs des Insolvenzverwalters über das Vermögen der
P.
GmbH ge-gen einen Anleger wegen der an diesen von der P.
GmbH geleisteten Auszah-lungen [X.] nicht berücksichtigt (vgl. Urteile vom 9.
Dezember 2010

IX
ZR 60/10, [X.], 364 Rn.
15, vom 10.
Februar 2011

IX
ZR 18/10, [X.], 659 Rn.
14 und vom 22.
September 2011

IX
ZR 209/10, [X.], 2237 Rn.
19). Insoweit kommt es nämlich darauf an, ob die P.
GmbH die Gel-tendmachung etwaiger Gegenpositionen verwirkt hat, weil der Insolvenzverwal-ter im Grundsatz voll in die

zivilrechtlich geprägte

Rechtsposition des Schuldners einrückt. Dies ist dagegen in dem Verhältnis zwischen Entschädi-gungseinrichtung und Anleger bei der Bestimmung des Umfangs des Entschä-digungsanspruchs aus §
3 Abs.
1, §
4 Abs.
1 [X.] nicht der Fall. Dieser richtet sich nach dem

oben umrissenen
-
Schutzzweck der Anlegerentschädigung, der eine Entschädigung für tatsächlich erlittene Handels-
oder Kursverluste nicht vorsieht.
c) Das Berufungsgericht hat schließlich

entgegen der Auffassung der Revision

für die Bemessung der [X.] auch zu Recht die Berech-nung der [X.] zugrundegelegt und das diesbezügliche (einfache) Bestrei-ten der [X.]eite für nicht ausreichend erachtet.
aa) Gemäß §
4 Abs.
1 Satz
1 [X.] richtet sich der Entschädigungsan-spruch des Anlegers nach Höhe und Umfang der ihm gegenüber bestehenden Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften unter Berücksichtigung etwaiger 24
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-
12
-
Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte des Instituts. Die Bemessung des [X.] erfolgt danach in zwei Schritten. Zunächst sind Höhe und Umfang der Verbindlichkeiten aus Wertpapiergeschäften festzustellen. [X.] umfassen nach §
1 Abs.
4 Satz
1 [X.] die Verpflichtungen des Instituts auf Rückzahlung von [X.], die Anlegern aus Wertpapiergeschäften geschuldet werden oder gehören und die für deren Rechnung im Zusammenhang mit Wertpapiergeschäften gehalten werden. Sodann sind etwaige Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechte des Instituts zu klären und gegebenenfalls nach allgemeinen Grundsätzen dem Entschädigungsanspruch gegenüberzustellen.
Nach den allgemeinen Grundsätzen zur Darlegungs-
und Beweislast hat der Anleger die Höhe des von ihm geltend gemachten Entschädigungsan-spruchs darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, während die Entschädi-gungseinrichtung zu etwaigen Aufrechnungs-
und Zurückbehaltungsrechten des Instituts vortragen muss (vgl. hierzu [X.], Urteile vom 23.
November 2010

XI
ZR 26/10, [X.], 327 Rn.
32 und vom 25.
Oktober 2011

XI
ZR 67/11, [X.], 2219 Rn.
22). Dabei kann sich der Anleger zunächst auf die [X.] der von ihm erbrachten Einzahlungen (ohne Agio) und der an ihn geleiste-ten Auszahlungen beschränken. Verlangt er darüber hinaus die Auszahlung tatsächlich erzielter Gewinne, muss er auch diese darlegen. Dagegen muss er zu etwaigen
Verlusten

soweit deren Entstehung ihm wie hier verschwiegen worden ist

keinen Vortrag halten. Dies ist dann Sache der Entschädigungsein-richtung, zu deren Aufgaben es nach §
5 Abs.
4 Satz
1 [X.] gehört, die [X.] Ansprüche zu prüfen; zu diesem Zweck stehen ihr die in §
5 Abs.
2, §
9 Abs.
2 [X.] genannten [X.] zu (vgl. hierzu [X.], Urteil vom 20.
September 2011

XI
ZR 434/10, [X.], 95 Rn. 55
ff.). Hat die Entschädigungseinrichtung unter Ausschöpfung der ihr zur Verfügung stehen-den Ermittlungsmöglichkeiten die dem einzelnen Anleger zustehende Entschä-digungssumme detailliert und nachvollziehbar berechnet, ist es dem Anleger 27
-
13
-
zwar unbenommen, diese Berechnung anzugreifen. Ihm kommt insoweit aber gemäß §
138 Abs.
2 ZPO eine gesteigerte Darlegungslast zu, so dass ein bloß einfaches oder nur pauschal auf das gesamte Rechenwerk bezogenes Bestrei-ten unbeachtlich ist. Denn die Entschädigungseinrichtung steht gleichermaßen wie der Anleger außerhalb des [X.] [X.] und hat zu Beginn des [X.] keine nähere Kenntnis von den maßge-benden Tatsachen (vgl. [X.], Urteil vom 11.
Juli 1989

XI
ZR 59/88, juris Rn.
23
f. [X.], in [X.], 343 nicht abgedruckt). Für eine Zurechnung der Kenntnis des Instituts fehlt es
an einer Rechtsgrundlage; die Entschädigungs-einrichtung steht

aus Sicht der Anleger

auch nicht "in dessen Lager". Bei dieser Sachlage muss der Anleger den nachprüfungsfähigen Vortrag der [X.] zur Höhe der [X.] substantiiert bestreiten, wenn er ihm entgegentreten will.
bb) Nach diesen Maßgaben hat das Berufungsgericht das Bestreiten der [X.]eite zu Recht als unerheblich angesehen und deshalb der Ermittlung der Entschädigungshöhe die Berechnung der [X.] zugrundegelegt.
Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Beklagte die gesamte Handelstätigkeit der P.
GmbH im Zusammenhang mit dem [X.] aufgeklärt und im Einzelnen nachvollzogen. Hierzu hat sie die [X.] des Insolvenzverwalters ausgewertet und sachlich wie rechnerisch über-prüft. Auf diese Weise hat die Beklagte Gewinne und Verluste des [X.] in den einzelnen [X.] ermittelt und auf dieser Grundlage die Kontenver-läufe der einzelnen Anleger nachgezeichnet. Diese konkreten Berechnungen hat die [X.]eite nicht substantiiert bestritten. Sie hat insbesondere nicht auf-gezeigt, welche konkreten Positionen in den Berechnungen fehlerhaft sein [X.]. Im Übrigen hat sich das Berufungsgericht mit den Einwendungen der [X.] auseinandergesetzt, ohne dass die Revision insoweit einen Rechts-
28
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-
14
-
oder Verfahrensfehler dartut oder ein solcher aus anderen Gründen erkennbar ist. Die Revision stellt lediglich noch in Frage, dass die vereinnahmten Gelder vertragsgemäß in Termingeschäfte angelegt worden seien; dieser nur pauscha-le Vortrag genügt indes den Anforderungen an die der [X.]eite obliegende gesteigerte Darlegungslast nicht.

[X.]

Joeres

Grüneberg

Maihold

Menges

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 26.01.2012 -
20 [X.]/11 -

KG Berlin, Entscheidung vom 30.11.2012 -
9 [X.] -

Meta

XI ZR 25/13

05.11.2013

Bundesgerichtshof XI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.11.2013, Az. XI ZR 25/13 (REWIS RS 2013, 1452)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 1452

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