Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZR 89/05

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2006, 1725

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 21. September 2006 [X.] als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja [X.] §§ 94 ff BGB § 387 Das mit der Anfechtungsklage angerufene Zivilgericht ist an einen wirksamen Be-scheid gebunden, mit dem das Finanzamt eine Insolvenzsteuerforderung mit einem Vorsteuervergütungsanspruch der Masse verrechnet hat. Die Einwendungen des Insolvenzverwalters gegen die Zulässigkeit der Aufrechnung sind im Wege der Klage zu den [X.]en zu erledigen. [X.], Urteil vom 21. September 2006 - [X.] - [X.] AG [X.]- 2 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2006 durch [X.] [X.], die [X.], [X.], [X.] und die Richterin [X.] für Recht erkannt: Die Revision gegen das Urteil der 6. Zivilkammer des [X.] vom 7. April 2005 wird auf Kosten des [X.] zu-rückgewiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Der Kläger ist Verwalter in dem Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.](im Folgenden: Schuldner). Dieser schuldete dem beklagten Land für das [X.] noch Einkommensteuer in einer die Klageforde-rung übersteigenden Höhe. 1 Auf den Antrag eines Gläubigers, das Insolvenzverfahren über das Ver-mögen des Schuldners zu eröffnen, bestellte das Insolvenzgericht den Kläger am 24. April 2003 zum vorläufigen Insolvenzverwalter. Am 27. Juni 2003 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Kläger rechnete seine Tätigkeit als vorläu-figer Insolvenzverwalter ab und entnahm seine Vergütung - nach Festsetzung durch das Insolvenzgericht - im August 2003 der Masse. Auf sein Begehren, die auf die Vergütung entfallende Umsatzsteuer zu erstatten, verrechnete der [X.] - 3 - klagte das [X.] der Masse mit der rückständigen Einkommens-teuer. Auf Antrag des [X.] erließ das beklagte Land einen Abrechnungsbe-scheid, in dem es das Erlöschen des [X.] durch die [X.] feststellte. Der Kläger legte gegen den Bescheid Einspruch ein und erhob nach dessen Zurückweisung Klage zum [X.]. 3 Daneben hat er die hier vorliegende Klage erhoben, mit der er von dem beklagten Land aus dem Gesichtspunkt der Insolvenzanfechtung eine Summe verlangt, die dem [X.] entspricht. Amts- und [X.] haben die Klage abgewiesen. Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. 4 Entscheidungsgründe: Die Revision hat keinen Erfolg. [X.] Das Berufungsgericht hat ausgeführt: Die Klage sei zulässig. Die Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens stehe ihr nicht entgegen. Sie sei aber unbegründet, weil die Tätigkeit des vorläufigen Insolvenzverwalters keine anfechtbare Rechtshandlung im Sinne der §§ 129 ff [X.] sei. 6 - 4 - II. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis richtig entschieden. 7 1. Die Klage ist zulässig. Der Rechtsweg ist nicht mehr zu überprüfen (§ 17a Abs. 5 [X.]), weil das Amtsgericht einen [X.] angenommen hat und der Rechtsweg in der ersten Instanz von dem Beklagten nicht gerügt worden ist (dazu unter a). Der Zulässigkeit steht auch die Rechtshängigkeit des Verfahrens vor dem [X.] nicht entgegen (dazu unter b). 8 a) Tatsächlich handelt es sich um eine finanzgerichtliche Streitigkeit. Der [X.] ist in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenange-legenheiten eröffnet, soweit die Abgaben der Gesetzgebung des [X.] und durch Bundes- oder Landesfinanzbehörden verwaltet werden (§ 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO). Soweit der Kläger von dem Beklagten die Auszahlung des [X.] gemäß § 16 Abs. 2 UStG verlangt, handelt es sich um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit über Abgaben. 9 Über den insolvenzrechtlichen Anfechtungsanspruch haben allerdings die ordentlichen Gerichte zu entscheiden ([X.] 114, 315, 320; [X.], [X.]. v. 2. Juni 2005 - [X.] ZB 235/04, [X.], 1573, 1574; vgl. auch [X.], [X.]. v. 20. Juli 2006 - [X.] ZB 141/05, z.[X.].). Die Frage der Anfechtbarkeit ist hier jedoch nicht rechtswegbestimmend. Die Anfechtung ist, wenn primär über die [X.] und darüber hinaus über Haupt- und Gegenforderung im gleichen Rechtsweg zu entscheiden ist, nicht rechtswegbestimmend ([X.], [X.]. v. 2. Juni 2005, aaO). So liegt es hier. Haupt- und Gegenforderung [X.] - 5 - sultieren aus [X.] (Vorsteuer und rückständige Einkommensteu-er), die Parteien streiten um das [X.]. b) Auch die Rechtshängigkeit des finanzgerichtlichen Verfahrens steht der Zulässigkeit nicht entgegen (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 2 [X.]). Die entgegen-stehende Rechtshängigkeit ist als Sachurteilsvoraussetzung von Amts wegen zu prüfen; der [X.] ist insoweit Tatsacheninstanz ([X.], Urt. v. 5. Oktober 1989 - [X.] ZR 233/87, [X.], 1781, 1784). Die Streitgegenstände der beiden Prozesse sind nicht identisch; der Kläger stellt unterschiedliche An-träge. Vor dem [X.] ficht er den [X.] an. Dafür, dass er zugleich auch Leistungsklage auf Auszahlung des [X.] erho-ben hat, hat der Senat keine Anhaltspunkte. 11 2. Die Klage ist aber unbegründet. 12 Dem Zahlungsbegehren des [X.] steht die Bindungswirkung des [X.] entgegen. Das beklagte Land hat gegen den Anspruch des [X.] auf den [X.] mit rückständiger Einkommensteuer aufgerechnet (§§ 47, 226 Abs. 1 [X.], § 389 BGB). Es hat die Rechtsfolge der Aufrechnung, nämlich das Erlöschen des Vorsteuervergütungsanspruchs, durch Erlass eines [X.]es festgeschrieben (§ 218 Abs. 2 Satz 1 [X.]). An diesen [X.] ist der Senat gebunden. 13 a) Verwaltungsakte binden in den Grenzen ihrer Bestandskraft andere Gerichte und Behörden ([X.] 158, 19, 22; [X.], [X.]. v. 12. Januar 2006 - [X.] ZB 29/04, [X.], 779, 780; BVerwGE 8, 283; BVerwG NVwZ 1987, 496; [X.]/[X.], [X.], 4. Aufl. § 13 Rn. 20 f). Die Gerichte haben [X.] - 6 - tungsakte, auch wenn sie fehlerhaft sind, grundsätzlich zu beachten, solange sie nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein zuständiges Gericht [X.] worden sind ([X.] 73, 114, 117; [X.], [X.]. v. 12. Januar 2006, aaO; [X.]/Wolf, 2. Aufl. § 17 [X.] Rn. 13; [X.]/[X.], aaO § 13 Rn. 20 f). Sie haben die durch den Verwaltungsakt getroffene Regelung oder Feststellung unbesehen, ohne eigene Nachprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes, zugrunde zu legen ([X.], [X.]. v. 12. Januar 2006, aaO). b) Der [X.] ist ein feststellender Verwaltungsakt (vgl. [X.]. 1999 II S. 751, 752 f; [X.]/NV 2006, 1383, 1386). Er stellt verbind-lich fest - gegebenenfalls konstitutiv, wenn er die materielle Rechtslage nicht richtig wiedergibt -, ob und in welcher Höhe entstandene Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis getilgt sind ([X.] aaO; [X.]/Gosch/[X.], [X.]/FGO § 218 [X.] Rn. 14 und 14.1; [X.]/[X.]/[X.], [X.] § 218 Rn. 11; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], [X.]/FGO § 218 [X.] Rn. 122). 15 c) Der [X.] ist auch vollziehbar (vgl. [X.]E 151, 128, 130 f; [X.]/NV 2000, 880, 881). Einspruch und Klage des [X.] gegen den Bescheid ändern an seiner derzeitigen Wirksamkeit nichts. Beide Rechtsbehelfe führen nicht zu einem Suspensiveffekt (§ 361 Abs. 1 Satz 1 [X.], § 69 Abs. 1 Satz 1 FGO). 16 d) Da der Senat den [X.], solange dieser weder [X.] noch für unwirksam erklärt worden ist, zu beachten hat, ist in diesem Rechtsstreit davon auszugehen, dass der Klaganspruch durch die von dem [X.] erklärte Aufrechnung erloschen ist. Auf insolvenzrechtliche Fragen 17 - 7 - kommt es nicht an. Nur dieses Ergebnis ist auch zweckmäßig. Die vom Kläger erklärte Insolvenzanfechtung kann die Bindungswirkung des gegen die Masse ergangenen Steuerbescheids nicht aufheben, da das in die Zuständigkeit der jeweiligen [X.] fällt. Das vom Kläger ebenfalls angerufene Fi-nanzgericht wird bei der Prüfung der Zulässigkeit der Aufrechnung nach §§ 94 ff [X.] die von ihm dort vorgetragenen Einwendungen zu berücksichtigen haben. [X.] Raebel [X.]

[X.] [X.] Vorinstanzen: [X.], Entscheidung vom 12.11.2004 - 17 C 390/04 - [X.], Entscheidung vom 07.04.2005 - 6 S 357/04 -

Meta

IX ZR 89/05

21.09.2006

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 21.09.2006, Az. IX ZR 89/05 (REWIS RS 2006, 1725)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 1725

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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