Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.12.2014, Az. XI R 16/11

11. Senat | REWIS RS 2014, 198

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Gegenstand

Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte


Leitsatz

Die entgeltliche Überlassung möblierter Zimmer an Prostituierte ist keine umsatzsteuerfreie Vermietung, wenn zusätzliche Leistungen der Gesamtleistung ein anderes Gepräge geben als einer Vermietung.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 2. Dezember 2010  5 [X.] wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) vermietete im Jahr 1998 (Streitjahr) in [[X.].] und in [[X.].] [[[X.].].] an die dort tätigen Prostituierten. [[[X.].].] wurden einzeln ausschließlich an jeweils eine Prostituierte vermietet; sie wurden nicht durch mehrere Prostituierte genutzt. Die Prostituierten hatten dort ihre persönlichen Sachen und zum Teil eigene kleinere Möbel untergebracht. [[[X.].].] waren mit einem Alarmknopf und einer Gegensprechanlage ausgestattet. Zur Straßenseite verfügten die Häuser über mit einem Schaufenster versehene sog. "Kober", die von allen Prostituierten genutzt wurden, um mit potentiellen [[X.].] Kontakt aufzunehmen sowie Leistungen und Preise auszuhandeln.

2

Das Haus in [[X.].] verfügte über eine Gemeinschaftsküche mit Esstisch und Fernsehgerät sowie über eine EC-Cash-Einrichtung, über die die Freier mit EC-Karte bezahlen konnten; die Häuser in [[X.].] trugen die [[X.].]eschriftung "A" bzw. "[[X.].]" und hatten jeweils eine Teeküche.

3

Die Überlassungsverträge wurden mündlich und unbefristet abgeschlossen, die Miete betrug --jeweils je Tag-- in [[X.].] 70 DM und in [[X.].] 40 DM. Für den Fall, dass eine Gebrauchsüberlassung an die Prostituierte aufgrund Erkrankung nicht erfolgen konnte, minderte sich die Miete; bei längerer Abwesenheit der Prostituierten wurde die Mietzinsverpflichtung ausgesetzt bis auf einen Mindestanspruch der Klägerin von 360 DM monatlich. Daneben mussten die Prostituierten einen täglichen [[X.].]eitrag für die "Nachtwache" sowie eine wöchentliche Pauschale für Licht und Papier entrichten. Die Klägerin stellte ihnen und den [[X.].] gegen gesondertes Entgelt Getränke zur Verfügung; in [[X.].] mussten die Prostituierten einen täglichen Mindestverzehr für Getränke und Süßwaren tätigen.

4

Das Offenhalten der Häuser erfolgte ausschließlich durch die Prostituierten selbst, nicht durch die Klägerin oder von ihr beauftragte Personen. Für das Haus in [[X.].] hatte sie eine Wirtschafterin angestellt, die jeden Tag von 8:00 bis 15:00 Uhr anwesend war. Zu deren Aufgaben gehörte neben der Vereinnahmung der Tagesmieten, der [[X.].]eaufsichtigung von Handwerkern und der Reinigung des [[X.].]üroraumes auch die [[X.].]ewirtschaftung der Küche. Dort bereitete sie den Mieterinnen Frühstück und Mittagessen zu; außerdem erledigte sie Einkäufe für die Prostituierten.

5

Die Klägerin behandelte die gegenüber den Prostituierten ausgeführten Umsätze zunächst als umsatzsteuerpflichtig und gab für das Streitjahr eine entsprechende Jahreserklärung mit einer verbleibenden Umsatzsteuer von ... DM (... €) ab. Später reichte sie eine berichtigte Steuererklärung für das Streitjahr ein, in der sie die Umsätze nunmehr als steuerfrei behandelte und eine verbleibende Umsatzsteuer von ... DM (... €) errechnete.

6

Der [[X.].]eklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) ging mit [[X.].]escheid vom 23. September 2004 dagegen weiter von der Steuerpflicht der Umsätze aus (Umsatzsteuer ... €).

7

Mit dem hiergegen eingelegten Einspruch machte die Klägerin geltend, bei der streitgegenständlichen Raumüberlassung handele es sich nicht um eine (steuerpflichtige) kurzfristige Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG); es würden keine Wohn- und Schlafräume, sondern Räume zur Ausübung der Prostitution überlassen. Da die von ihr --der [X.] erbrachten Nebenleistungen die Vermietungsleistung nicht überdeckten, liege ein gemischter Vertrag mit klar voneinander getrennten Leistungselementen, jedoch kein Vertrag besonderer Art vor; denn sie habe neben der Zimmervermietung keine Maßnahmen ergriffen, die im Sinne der (älteren) Rechtsprechung des [[X.].]undesfinanzhofs ([[X.].]FH) die "gewerbsmäßige Unzucht" der Mieterinnen gefördert hätten.

8

Im Einspruchsverfahren setzte das [X.] anderen, hier nicht streitigen [X.] mit Änderungsbescheid vom 19. Juli 2007 die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf ... € fest und wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2007 als unbegründet zurück.

9

Das Finanzgericht ([X.]) wies die Klage ab. Es entschied, die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 12 UStG seien im Streitfall nicht erfüllt. Die Klägerin habe keine Vermietungsleistung i.S. des § 4 Nr. 12 Satz 1 [[X.].]uchst. a UStG erbracht.

Die Klägerin stützt ihre Revision auf die Verletzung materiellen und formellen Rechts.

Sie bringt im Wesentlichen vor, sie habe entgegen der Auffassung des [X.] die Räume im Rahmen einer Vermietung i.S. des § 4 Nr. 12 UStG überlassen. Die Überlassung sei nicht zum "Wohnen und Schlafen", sondern zu gewerbsmäßigen Zwecken erfolgt, weshalb § 4 Nr. 12 Satz 2 UStG auch nach dem [[X.].]FH-Urteil vom 22. August 2013 V R 18/12 ([[X.].]FHE 243, 32, [[X.].]St[[X.].]l II 2013, 1058) nicht einschlägig sei. Das [X.] suggeriere in einer Fehlinterpretation der [[X.].]FH-Urteile vom 10. August 1961 V 95/60 U ([[X.].]FHE 73, 714, [[X.].]St[[X.].]l III 1961, 525) und V 31/61 U ([[X.].]FHE 73, 717, [[X.].]St[[X.].]l III 1961, 526) zu Unrecht, dass für eine steuerfreie Vermietung stets die Vermietung zu Wohnzwecken erforderlich sei.

Nach den Feststellungen des [X.] seien [[[X.].].] den Prostituierten jeweils zur alleinigen Nutzung überlassen und damit i.S. des § 4 Nr. 12 UStG vermietet worden --wie in dem vom [X.] Düsseldorf mit Urteil vom 9. Oktober 1996  5 K 7121/92 U (Entscheidungen der Finanzgerichte 1997, 506) entschiedenen [X.], wodurch sich der Streitfall von dem vom [[X.].]FH entschiedenen Sachverhalt im [[X.].]eschluss vom 13. September 2002 V [[X.].] 51/02 ([[X.].]FH/NV 2003, 212) maßgeblich unterscheide.

Hinsichtlich der Dauer der Grundstücksnutzung als einem Hauptelement eines Mietvertrags (Urteil des Gerichtshofs der [X.] --EuGH-- vom 18. Januar 2001 [X.]/99, [X.], [X.]. 2001, [X.], [[X.].]FH/NV [[X.].]eilage 2001, 44, [X.] --UR-- 2001, 153) stelle die Vorentscheidung unzutreffend auf die tatsächliche Dauer der Mietverhältnisse anstatt auf die aus den Gesamtumständen ableitbare Absicht des Vermieters ab (z.[[X.].]. [[X.].]FH-Urteil vom 25. Januar 1996 V R 6/95, [[X.].]FH/NV 1996, 583).

Die Vermietung werde vorliegend auch nicht im Rahmen eines Vertrages besonderer Art durch andere Dienstleistungselemente überlagert. Für eine solche Überlagerung müssten die Überlassungsleistungen von den sonstigen Leistungsanteilen dominiert werden, nämlich "wenn der Vermieter durch Maßnahmen oder Einrichtungen eine Organisation schafft und unterhält, die die gewerbsmäßige Unzucht der [[X.].]ewohnerinnen fördert" ([[X.].]FH-Urteile in [[X.].]FHE 73, 714, [[X.].]St[[X.].]l III 1961, 525, und in [[X.].]FHE 73, 717, [[X.].]St[[X.].]l III 1961, 526). Unabhängig davon, ob sich diese Einordnung der Prostitution unter [[X.].]erücksichtigung ihres gewandelten gesellschaftlichen [[X.].]ildes noch halten lasse, unterhalte sie, die Klägerin, weder ein [[X.].]ordell noch eine diesbezügliche "Organisation", sondern vermiete lediglich Zimmer.

Im Übrigen seien die Tatsachenfeststellungen des [X.] widersprüchlich und lückenhaft; sie verstießen zum Teil gegen den klaren Akteninhalt. Die Schlussfolgerungen des [X.] seien in wesentlichen Teilen nicht nachvollziehbar.

Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Umsatzsteuerbescheid für 1998 vom 19. Juli 2007 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2007 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer auf ... € festgesetzt wird,
hilfsweise die Sache unter Aufhebung der Vorentscheidung zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.

Das [X.] beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[[[[[X.].].].].]O--). Die Würdigung des [[[[[X.].].].].], bei den streitigen Leistungen der Klägerin handele es sich nicht um [[[[[X.].].].].] von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Von der Steuer befreit ist nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG u.a. die Vermietung von Grundstücken. Die Steuerfreiheit erstreckt sich dabei auch auf die Vermietung einzelner Räume (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 8. Oktober 1991 V R 95/89, [[[[[X.].].].].], 191, [[[[[X.].].].].] 1992, 209, unter [[[[[X.].].].].]; vom 21. April 1993 [[[[X.].].].]I R 55/90, [[[[[X.].].].].], 141, [[[[[X.].].].].] 1994, 266, unter [[[[[X.].].].].]; vom 24. April 2014 V R 27/13, [[[[[X.].].].].], 404, [[[[[X.].].].].] 2014, 732, Rz 18).

Die Vorschrift beruht auf Art. 13 Teil [[[[[X.].].].].]. b der [[[[[X.].].].].]/[[[[[X.].].].].] des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/[[[[[X.].].].].]; seit dem 1. Januar 2007 auf Art. 135 Abs. 1 Buchst. l der Richtlinie 2006/112/[[[[[X.].].].].] vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem), wonach die Vermietung von Grundstücken grundsätzlich steuerfrei ist.

a) Der [[[[[X.].].].].] hat in ständiger Rechtsprechung die Steuerfreiheit nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG für die Vermietung möblierter Räume oder Gebäude bejaht, wenn es sich um eine auf Dauer angelegte und nicht um eine kurzfristige Überlassung handelt (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 20. August 2009 V R 21/08, [[[[[X.].].].].]/NV 2010, 473, Rz 15, m.w.N.; vom 8. August 2013 V R 7/13, [[[[[X.].].].].]/NV 2013, 1952, Rz 16, m.w.N.; in [[[[[X.].].].].]E 243, 32, [[[[[X.].].].].] 2013, 1058, Rz 12; vom 19. Februar 2014 [[[[X.].].].]I R 1/12, [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1398, Rz 23, m.w.N.). Dies steht im Einklang mit der Rechtsprechung des [[[[[X.].].].].] zu Art. 13 Teil [[[[[X.].].].].]. b der Richtlinie 77/388/[[[[[X.].].].].], wonach "die Dauer der Grundstücksnutzung ein Hauptelement eines Mietvertrags" bildet ([[[[[X.].].].].]-Urteile vom 12. Februar 1998 [[[[[X.].].].].]/95, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 1998, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].] 1998, 189, Rz 23, und [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2001, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2001, 44, [[[[[X.].].].].] 2001, 153, Rz 27).

b) Ob eine Vermietungstätigkeit vorliegt, richtet sich umsatzsteuerrechtlich aufgrund richtlinienkonformer Auslegung nicht nach den Vorschriften des nationalen Zivilrechts, sondern nach dem Unionsrecht (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 16. Januar 2003 [[[[[X.].].].].]/00, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2003, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2003, 104, Rz 26; [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 7. Juli 2011 V R 41/09, [[[[[X.].].].].]E 234, 513, [[[[[X.].].].].] 2014, 73, Rz 19; vom 21. Februar 2013 V R 10/12, [[[[[X.].].].].]/NV 2013, 1635, Rz 26; vom 13. Februar 2014 V R 5/13, [[[[[X.].].].].], 92, [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1159, Rz 19, und in [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1398, Rz 26).

Das grundlegende Merkmal des unionsrechtlichen Begriffs der "Vermietung von Grundstücken" besteht darin, dass dem Vertragspartner auf bestimmte [[[[[X.].].].].] gegen eine Vergütung das Recht eingeräumt wird, ein Grundstück so in Besitz zu nehmen, als wäre er dessen Eigentümer, und jede andere Person von diesem Recht auszuschließen ([[[[[X.].].].].]-Urteile vom 4. Oktober 2001 [[[[[X.].].].].]/99, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2001, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2002, 10, Rz 55; vom 9. Oktober 2001 C-108/99, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2001, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2002, 19, Rz 21; vom 12. Juni 2003 [[[[[X.].].].].]/01, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2003, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2003, 216, Rz 25; vom 18. November 2004 [[[[[X.].].].].]/03, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2004, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2005, 86, Rz 19; vom 16. Dezember 2010 C-270/09, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]. 2010, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].] 2011, 462, Rz 46; vgl. auch [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 27. September 2007 V R 73/05, [[[[[X.].].].].]/NV 2008, 252, unter [[[[[X.].].].].], m.w.N.). Maßgebend ist der objektive Inhalt des Vorgangs, unabhängig von der Bezeichnung, die die Parteien ihm gegeben haben ([[[[[X.].].].].]-Urteil [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2010, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].] 2011, 462, Rz 46, m.w.N.).

c) Der Begriff "Vermietung von Grundstücken" i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG und Art. 13 Teil [[[[[X.].].].].]. b der Richtlinie 77/388/[[[[[X.].].].].] ist eng auszulegen, da diese Bestimmungen eine Ausnahme von dem allgemeinen Grundsatz vorsehen, dass jede Dienstleistung, die ein Steuerpflichtiger gegen Entgelt erbringt, der Umsatzsteuer unterliegt ([[[[[X.].].].].]-Urteile [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2001, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2002, 10, Rz 46, und [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2004, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2005, 86, Rz 17).

d) Allerdings können mehrere Leistungen auch derart untrennbar miteinander verbunden sein, dass sie eine einheitliche (komplexe) Leistung bilden, die nicht als Vermietung von Grundstücken umsatzsteuerfrei, sondern umsatzsteuerpflichtig ist (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 31. Mai 2001 V R 97/98, [[[[[X.].].].].]E 194, 555, [[[[[X.].].].].] 2001, 658, unter [[[[[X.].].].].]; vom 24. Januar 2008 V R 12/05, [[[[[X.].].].].]E 221, 310, [[[[[X.].].].].] 2009, 60, unter [[[[[X.].].].].]; vom 4. Mai 2011 [[[[X.].].].]I R 35/10, [[[[[X.].].].].]E 233, 379, [[[[[X.].].].].] 2011, 836, Rz 25 ff.; [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 27. September 2012 [[[[[X.].].].].]/11, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].] --[[[[[X.].].].].]-- 2012, 1210, [[[[[X.].].].].] 2012, 964, Rz 15 ff.).

Steuerfreie Vermietungsleistungen liegen demnach nicht vor, wenn nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse die Überlassung des Grundstücks oder Grundstücksteiles zum Gebrauch von anderen wesentlicheren Leistungen überdeckt wird (vgl. [[[[[X.].].].].]-Urteile in [[[[[X.].].].].]E 73, 714, [[[[[X.].].].].]I 1961, 525; in [[[[[X.].].].].]E 73, 717, [[[[[X.].].].].]I 1961, 526; vom 10. August 1961 V 111/60, [[[[[X.].].].].] 1962, 145; [[[[[X.].].].].]-Beschluss vom 26. April 2002 V B 168/01, [[[[[X.].].].].]/NV 2002, 1345, unter II.2.c). Dies kommt insbesondere dann in Betracht, wenn Unterkünfte an Prostituierte vermietet werden und nicht die Grundstücksnutzung, sondern die Möglichkeit, die Prostitution auszuüben, aus der Sicht des Leistungsempfängers im Vordergrund steht (vgl. [[[[[X.].].].].]-Beschluss in [[[[[X.].].].].]/NV 2003, 212, unter [[[[[X.].].].].]; [[[[[X.].].].].]-Urteil in [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1398, Rz 25; vgl. auch [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 12. April 1988 VIII R 256/81, [[[[[X.].].].].]/NV 1989, 44 zum Ertragsteuerrecht).

2. Das [[[[[X.].].].].] ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Seine tatsächlichen Feststellungen tragen im Ergebnis seine Entscheidung, dass im Streitfall die Voraussetzungen einer steuerfreien Vermietung i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG nicht vorliegen.

a) Die Klägerin rügt zwar zu Recht, dass --entgegen der Auffassung des [[[[[X.].].].].]-- in "der dauerhaften Wohnsitznahme der Prostituierten" (S. 10 des Urteils) keine wesentliche Voraussetzung für eine steuerfreie Vermietungsleistung i.S. von § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG liegt. Im Anwendungsbereich dieser Steuerbefreiung kommt es nach dem eindeutigen Wortlaut der Vorschrift nicht darauf an, ob die Prostituierten in dem Objekt ihren Wohnsitz hatten.

b) Dies verhilft der Revision allerdings trotzdem nicht zum Erfolg. Denn die Steuerpflicht der von der Klägerin erbrachten Leistungen ergibt sich bereits aus der tatsächlichen Würdigung des [[[[[X.].].].].], dass die von der Klägerin neben der Überlassung der Räume erbrachten Leistungen "der Gesamtleistung der Klägerin ein anderes Gepräge geben als ein reines Mietverhältnis" (S. 10 des Urteils).

Das [[[[[X.].].].].] hat diese tatsächliche Würdigung darauf gestützt, dass die Klägerin neben der Überlassung der einzelnen Räume an die Prostituierten eine Vielzahl an weiteren Leistungen erbracht hat. Diese umfassten einen Platz in einem der "[[[[[X.].].].].]", der speziell zur Kontaktaufnahme und Vertragsanbahnung mit den [[[[[X.].].].].] diente und im Gegensatz zu den Räumen durch wechselnde Prostituierte im Schichtbetrieb genutzt wurde, die Ausstattung der Räume mit Alarmknopf und Gegensprechanlage, die Reinigung [[[[[X.].].].].], den Verkauf von Getränken und Süßwaren gegen gesondertes Entgelt sowie die Nutzung von Gemeinschaftseinrichtungen wie die Küche in [[[[X.].].].] bzw. die Teeküche in [[[[X.].].].] Die Prostituierten hatten aufgrund der mündlich und ohne weitere [[[[[X.].].].].]angabe geschlossenen Verträge hierfür einen einheitlichen Tagespreis von 40 DM in [[[[X.].].].] bzw. 70 DM in [[[[X.].].].] zu zahlen, der deutlich über einer Wohnungsmiete lag und der sich zum anderen bei Krankheit oder Urlaub minderte. Diese Feststellungen betreffen sowohl das Haus in [[[[X.].].].] als auch die Häuser in [[[[X.].].].] und sind zwischen den Beteiligten unstreitig.

Nach den Feststellungen des [[[[[X.].].].].] konnten die Verträge außerdem von beiden Seiten "von einem Tag auf den anderen" (S. 3 des Urteils) gekündigt werden.

c) Bereits aufgrund dieser Feststellungen, die sowohl das Haus in [[[[X.].].].] als auch die Häuser in [[[[X.].].].] betreffen, ist die dem [[[[[X.].].].].] obliegende (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteil in [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1398, Rz 28) und von ihm im Streitfall vorgenommene tatsächliche Würdigung möglich.

Soweit das [[[[[X.].].].].] aus diesen Tatsachen den Schluss zieht, dass die neben der Raumüberlassung erbrachten Leistungen der Gesamtleistung der Klägerin das Gepräge geben, ist diese tatsächliche Würdigung verfahrensfehlerfrei zustande gekommen und entgegen der Ansicht der Klägerin weder widersprüchlich, lückenhaft oder mehrdeutig noch verstößt sie gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze. Sie bindet damit den Senat gemäß § 118 Abs. 2 [[[[[X.].].].].]O auch dann, wenn sie nicht die allein in Betracht kommende Würdigung ist (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 4. Dezember 2001 I[[[[X.].].].] R 70/98, [[[[[X.].].].].]/NV 2002, 635, unter II.2.; vom 4. September 2003 V R 9-10/02, [[[[[X.].].].].]E 203, 389, [[[[[X.].].].].] 2004, 627, unter II.3.; vom 9. Dezember 2009 II R 52/07, [[[[[X.].].].].]/NV 2010, 824, Rz 17; [[[[[X.].].].].]-Beschluss vom 23. September 2014 V B 37/14, [[[[[X.].].].].]/NV 2015, 67, Rz 8). Verstöße gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze (vgl. dazu z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 19. Mai 2010 [[[[X.].].].]I R 78/07, [[[[[X.].].].].]/NV 2010, 2132, Rz 33; [[[[[X.].].].].]-Beschluss vom 29. September 2010 [[[[X.].].].]I S 23/10 (PKH), [[[[[X.].].].].]/NV 2010, 2310, Rz 10) liegen im Streitfall nicht vor.

aa) Entgegen der Ansicht der Klägerin hat das [[[[[X.].].].].] im Tatbestand und in den Entscheidungsgründen stets zutreffend zwischen dem Haus in [[[[X.].].].] und den beiden Häusern in [[[[X.].].].] unterschieden. So wird auf S. 3 seines Urteils festgestellt, dass nur in [[[[X.].].].] eine Wirtschafterin angestellt war, zu deren Aufgaben unter anderem die Zubereitung von Frühstück und Mittagessen gehörte. Auch in den Entscheidungsgründen stellt das [[[[[X.].].].].] in den Aufzählungen jeweils heraus, dass einzelne Leistungen nur in [[[[X.].].].] erbracht worden sind. Dass in den Entscheidungsgründen teilweise Elemente aller Häuser im Rahmen einer Gesamtbetrachtung aufgezählt werden, bedeutet nicht, dass das [[[[[X.].].].].] diese Unterscheidung aufgegeben hat.

bb) Das [[[[[X.].].].].] musste nicht feststellen, ob die Klägerin die Absicht hatte, lang- oder kurzfristig zu vermieten.

Bei der Abgrenzung zwischen Vermietungsleistung und anderer sonstiger Leistung ist die Mietdauer nicht das allein entscheidende Kriterium ([[[[[X.].].].].]-Urteil [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2004, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2005, 86, Rz 21). Es ist deswegen nicht ausgeschlossen, dass auch bei langfristiger Vermietung ein anderes Leistungselement oder andere Leistungselemente als die Raumüberlassung für die Gesamtleistung prägend sind (vgl. [[[[[X.].].].].]-Urteil [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2003, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2003, 216, Rz 30; [[[[[X.].].].].]-Urteil in [[[[[X.].].].].]/NV 2014, 1398, Rz 22 bis 25, m.w.N.).

cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die von den Prostituierten genutzten "[[[[[X.].].].].]" nicht mit Schaufenstern von Ladenlokalen gleichzustellen, wie keiner näheren Darlegung bedarf.

dd) Mit ihrem im Einzelnen begründeten Einwand, es liege kein Vertrag besonderer Art vor, weil die Elemente der Vermietung im Streitfall nicht durch andere Dienstleistungselemente überlagert würden, setzt die Klägerin lediglich ihre Würdigung des Sachverhalts an die Stelle der Würdigung des [[[[[X.].].].].]. Dies genügt nicht, um die Bindungswirkung des § 118 Abs. 2 [[[[[X.].].].].]O entfallen zu lassen (vgl. z.B. [[[[[X.].].].].]-Urteile vom 15. Juli 1986 VIII R 187/84, [[[[[X.].].].].]/NV 1987, 40; vom 14. Mai 2014 [[[[X.].].].]I R 13/11, [[[[[X.].].].].], 424, [[[[[X.].].].].] 2014, 734, Rz 31).

ee) Soweit die Klägerin betont, dass sie die Häuser, in denen sie [[[[[X.].].].].] an Prostituierte vermietet, geerbt hat und dass aufgrund der räumlichen Lage der Häuser keine andere Chance bestanden habe, als diese so zu vermieten, wie sie sie vermietet habe, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung der objektiv vorliegenden Gegebenheiten.

d) Die von der Klägerin angeführten Urteile stehen dieser Entscheidung nicht entgegen.

aa) Die dem Urteil des [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]/NV 2010, 473 zugrunde liegende Vermietung eines gesamten [X.] einschließlich Erstausrüstung ist in tatsächlicher Hinsicht nicht mit der hier streitgegenständlichen Raumüberlassung vergleichbar.

bb) Der [X.] des [[[[[X.].].].].] hat zwar im Urteil in [[[[[X.].].].].]E 243, 32, [[[[[X.].].].].] 2013, 1058 in Rz 13 ausgeführt, im Streitfall habe "das [[[[[X.].].].].] zu Recht die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes auf die aufgrund des Verzichts (§ 9 UStG) steuerpflichtige Leistung verneint". Dem lässt sich aber nicht die Auffassung des [X.]s des [[[[[X.].].].].] entnehmen, im dort entschiedenen Streitfall habe eine steuerfreie Vermietung nach § 4 Nr. 12 Satz 1 Buchst. a UStG vorgelegen.

Er hat mit dieser Äußerung vielmehr lediglich an die --in Rz 4 seines Urteils wiedergegebene-- Begründung der Vorinstanz angeknüpft, "ob die Leistung als Vermietung nach § 4 Nr. 12 UStG steuerfrei sei oder eine steuerpflichtige sonstige Leistung eigener Art vorliege, könne offen bleiben, da die Klägerin zumindest auf die Steuerfreiheit nach § 9 Abs. 1 UStG verzichtet habe". Aus der von der Klägerin in Bezug genommenen Anmerkung eines Mitglieds des [X.]s zu diesem Urteil in [[[[[X.].].].].]/PR 2014, 17 ergibt sich nichts anderes.

e) Eine andere Beurteilung des Streitfalls ist auch nicht deshalb geboten, weil die Urteile, in denen über die hier streitige Abgrenzung erstmals vom [[[[[X.].].].].] entschieden worden ist, aus dem Jahr 1961 stammen.

Der Klägerin ist zuzugeben, dass der darin verwendete Begriff der Förderung der "gewerbsmäßigen Unzucht" spätestens seit Inkrafttreten des [X.] ([X.]) am 1. Januar 2002 überholt ist (vgl. auch [[[[[X.].].].].]-Beschluss vom 20. Februar 2013 GrS 1/12, [[[[[X.].].].].]E 140, 282, [[[[[X.].].].].] 2013, 441; s. aber zur Umsatzsteuer bereits [[[[[X.].].].].]-Urteil vom 4. Juni 1987 V R 9/79, [[[[[X.].].].].]E 150, 192, [[[[[X.].].].].] 1987, 653). Maßgeblich ist aber --wie [X.] nach wie vor, ob die Raumüberlassung durch die Leistungselemente der Vermietung oder durch andere Leistungselemente, die der Förderung der gewerblichen Tätigkeit der Prostituierten dienen, geprägt wird. Für die Vermietung an Prostituierte gelten mithin dieselben Grundsätze wie für jede andere gewerbliche Vermietung an andere Unternehmer auch.

f) Die von der Klägerin gerügte Ungleichbehandlung ihrer gewerblichen Vermietung gegenüber der langfristigen Vermietung von Räumen zum Betrieb einer Gaststätte, eines Restaurants, eines Erotikshops, eines Swingerclubs liegt offensichtlich schon deshalb nicht vor, weil derartige Räume nicht mit den im Streitfall festgestellten zusätzlichen Leistungen vermietet werden und zudem derartige Mietverhältnisse nicht --wie hier-- Mietminderungen bei Krankheit vorsehen und auch nicht von beiden Seiten "von einem auf den anderen Tag" gekündigt werden können (vgl. auch [[[[[X.].].].].]-Beschluss in [[[[[X.].].].].]/NV 2002, 1345, unter II.2.c).

3. Eine Vorlage an den [[[[[X.].].].].] kommt im Streitfall nicht in Betracht. Der [[[[[X.].].].].] hat bereits entschieden, dass für die Frage, wie ein steuerbarer Umsatz einzuordnen ist, eine Gesamtbetrachtung aller Umstände anzustellen ist, unter denen der Umsatz erfolgt ([[[[[X.].].].].]-Urteil [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2003, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2003, 216, Rz 26). Die Vornahme dieser Gesamtbetrachtung ist Sache der nationalen Gerichte ([[[[[X.].].].].]-Urteile [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2001, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2001, 44, Rz 28; [[[[[X.].].].].] in [[[[[X.].].].].]. 2004, [[[[[X.].].].].], [[[[[X.].].].].]/NV Beilage 2005, 86, Rz 26; vom 18. Juli 2013 [X.]/11, [X.]/11, Medicon und [X.], [[[[[X.].].].].] 2013, 853, [[[[[X.].].].].] 2014, 404, Rz 33, m.w.N.).

Meta

XI R 16/11

17.12.2014

Bundesfinanzhof 11. Senat

Urteil

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht, 2. Dezember 2010, Az: 5 K 387/07, Urteil

§ 4 Nr 12 S 1 Buchst a UStG 1993, Art 13 Teil B Buchst b EWGRL 388/77

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 17.12.2014, Az. XI R 16/11 (REWIS RS 2014, 198)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 198

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