Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.04.2011, Az. VIII ZR 223/10

8. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 7579

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Gegenstand

Wohnraummiete: Berücksichtigung einer Mietminderung bei der Betriebskostenabrechnung


Leitsatz

Zur Berücksichtigung einer Minderung der Miete bei der jährlichen Betriebskostenabrechnung .

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.], Zivilkammer 7, vom 12. August 2010 in der Fassung der [X.] vom 19. August 2010 und vom 1. September 2010 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Beklagte ist Mieterin einer Wohnung der Klägerin in [X.] Wegen Mängeln der Wohnung minderte sie - von der Klägerin unbeanstandet - die monatliche Miete von 304 € in den Monaten August 2005 bis Februar 2006 jeweils um 64 € und von März bis Juni 2006 um monatlich 104 €. Die Miete setzte sich in dieser [X.] aus einer Nettokaltmiete in Höhe von 250,53 € und einer Betriebskostenvorauszahlung von 53,47 € zusammen.

2

Die Klägerin macht Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen für die [X.] (183,81 €) und 2007 (112,57 €) sowie restliche Miete für Januar 2008 (77,84 €) geltend, insgesamt 374,22 € nebst Zinsen. Ihre Berechnung der Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen beruht darauf, dass die Klägerin die Mietminderung der Beklagten anteilig auf die Nettomiete und die Betriebskostenvorauszahlung anrechnet und in der jährlichen Abrechnung der Betriebskosten nur die entsprechend der Minderung reduzierten Vorauszahlungsbeträge gegenüber dem (ungeminderten) Jahresbetrag der auf die Beklagte entfallenden Betriebskosten in Ansatz bringt.

3

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Klägerin hat das [X.] der Klage nur in geringem Umfang (2,83 € nebst Zinsen) stattgegeben; im Übrigen hat das [X.] die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, mit der sie ihr abgewiesenes Klagebegehren weiterverfolgt.

Entscheidungsgründe

4

Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

5

Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die Berufung der Klägerin bleibe bis auf einen Nachforderungsbetrag aus der Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2007 in Höhe von 2,83 € ohne Erfolg. Weitergehende [X.] stünden der Klägerin nicht zu, da trotz der von der [X.] vorgenommenen Minderung die Vorauszahlungen in ungeminderter Höhe in die Betriebskostenabrechnungen einzustellen seien.

7

Zwar sei nach der Rechtsprechung des [X.] die Bruttomiete Bemessungsgrundlage für die Minderung. Dies führe aber nicht dazu, dass die Minderung anteilig auf die Nettomiete einerseits und die [X.] andererseits anzurechnen sei, denn die Nettomiete und die Vorauszahlungen teilten ein unterschiedliches rechtliches Schicksal. Die Vorauszahlungen tilgten - im [X.]egensatz zu den Zahlungen auf die Nettomiete - die Miete nicht endgültig im Sinne des § 362 B[X.]B; vielmehr sei über die Vorauszahlungen wegen deren Rechtsnatur noch abzurechnen, so dass deren Verbleib beim Vermieter nicht zwingend endgültig sei. Vor diesem Hintergrund erscheine es der Kammer sachgerecht und angemessen, die Vorschrift des § 366 B[X.]B trotz der Einheitlichkeit der Miete entsprechend anzuwenden, da sich die beiden Forderungsteile insoweit rechtlich verselbständigt hätten. Dies führe im Fall des Fehlens einer ausdrücklichen Tilgungsbestimmung des Mieters - wie vorliegend - dazu, dass die Vorauszahlungsschuld vollständig und der Nettomietanteil der Mietforderung gemäß § 535 Abs. 2 B[X.]B lediglich in der im Umfang des einbehaltenen Betrages geminderten Höhe gemäß §§ 362, 366 Abs. 2 B[X.]B getilgt werde. Damit stehe der Klägerin aus der Betriebskostenabrechnung für das Abrechnungsjahr 2006 kein Anspruch und aus der Abrechnung für das Abrechnungsjahr 2007 lediglich noch ein Nachforderungsanspruch in Höhe von 2,83 € zu. Der Klägerin stehe auch ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Miete für den Monat Januar 2008 nicht zu, da der [X.] aus den gleichen [X.]ründen ein [X.]uthaben aus der Betriebskostenabrechnung für das [X.] zustehe, in dessen Höhe die Mietforderung für Januar 2008 durch die von der [X.] erklärte Aufrechnung erloschen sei.

II.

8

Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand. Die Revision ist daher zurückzuweisen.

9

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen für die [X.] und 2007 über den vom Berufungsgericht zuerkannten Betrag hinaus keine Nachforderungen zustehen und aufgrund der von der [X.] erklärten Aufrechnung mit einem [X.]uthaben aus der Betriebskostenabrechnung 2004 auch ein Anspruch auf Zahlung restlicher Miete für den Monat Januar 2008 nicht besteht.

1. Die Revision zieht nicht in Zweifel, dass weitergehende Nachforderungen aus den Betriebskostenabrechnungen 2006 und 2007 nicht bestehen, wenn die von der [X.] monatlich einbehaltenen [X.] - entsprechend der Auffassung des Berufungsgerichts - voll auf die monatliche Nettomiete angerechnet werden und dementsprechend bei der Jahresabrechnung der Umlagen ungeminderte [X.] der [X.] in Ansatz gebracht werden. Sie meint aber, die monatlichen [X.] müssten nach der Senatsrechtsprechung anteilig sowohl auf die Nettomiete als auch auf die [X.] angerechnet werden und bei einer solchen Aufteilung des [X.] errechneten sich die von der Klägerin geltend gemachten Nachforderungen. Beides trifft nicht zu.

a) Der Senat hat nicht, wie die Revision meint, in seinem Urteil vom 20. Juli 2005 ([X.] 347/04, NJW 2005, 2773) entschieden, dass ein Betrag, den der Mieter wegen einer von ihm beanspruchten Minderung von der monatlichen Miete einbehält, anteilig sowohl auf die Nettomiete als auch auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden müsste. Er hat sich in diesem Urteil (aaO unter II 1 a) für die Wohnraummiete der Rechtsprechung des [X.]. Zivilsenats des [X.] angeschlossen, nach der die Bruttomiete (Miete einschließlich aller Nebenkosten) Bemessungsgrundlage der Minderung nach § 536 B[X.]B ist und dies unabhängig davon gilt, ob die Nebenkosten als Pauschale oder als Vorauszahlung geschuldet werden ([X.], Urteil vom 6. April 2005 - [X.] ZR 225/03, [X.]Z 163, 1, 6 ff.). Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass aus dieser Rechtsprechung nichts herzuleiten ist für die Frage, ob ein monatlicher [X.] anteilig auf die Nettomiete und die monatliche Betriebskostenvorauszahlung anzurechnen ist.

Entgegen der Auffassung der Revision bedarf es einer solchen Aufteilung des [X.] auch nicht, um im Falle vereinbarter [X.] etwaige Nachforderungen des Vermieters oder [X.]uthaben des Mieters in der Jahresabrechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der Minderung korrekt berechnen zu können. Da sich die Minderung, soweit sie gerechtfertigt ist, auf die [X.]esamtmiete einschließlich aller Nebenkosten bezieht, kann erst aufgrund der Jahresabrechnung der Betriebskosten abschließend ermittelt werden, ob hinsichtlich der [X.]esamtmiete unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung noch eine Nachforderung des Vermieters oder ein [X.]uthaben des Mieters besteht. Dafür ist es unerheblich, ob und gegebenenfalls wie die monatlich einbehaltenen Beträge auf die Nettomiete einerseits und die Betriebskostenvorauszahlung andererseits angerechnet werden. Dies verkennt die Revision und hat auch das Berufungsgericht verkannt. Für das rechnerische [X.]esamtergebnis spielt es keine Rolle, ob der monatliche [X.], wie das Berufungsgericht für zwingend geboten gehalten hat, ausschließlich auf die Nettomiete angerechnet wird, oder ob, wie die Revision fordert, eine anteilige Anrechnung der Minderung sowohl auf die Nettomiete als auch auf die Betriebskostenvorauszahlung stattfindet.

b) In der mietrechtlichen Kommentarliteratur, auf die das Berufungsgericht Bezug nimmt, wird allerdings die Frage für erheblich gehalten, wie die Anrechnung einer Mietminderung bei vereinbarten [X.] zu erfolgen hat, und die Auffassung vertreten, der auch das Berufungsgericht gefolgt ist, dass ein monatlicher [X.] in entsprechender Anwendung des § 366 Abs. 2 B[X.]B nur auf die Nettomiete anzurechnen sei und nicht auf die geschuldete Betriebskostenvorauszahlung angerechnet werden dürfe ([X.]/Eisenschmid, Mietrecht, 10. Aufl., § 536 B[X.]B Rn. 350 ff., 360; wohl auch [X.], [X.] der Wohn- und [X.]ewerberaummiete, 5. Aufl., [X.] Rn. 162). Ob dies zutrifft, bedarf keiner Entscheidung. Denn es handelt sich hierbei um ein Scheinproblem.

Bereits das Amtsgericht hat im erstinstanzlichen Urteil zutreffend ausgeführt, dass unterschiedliche Anrechnungsweisen zum gleichen Ergebnis führen (so auch [X.]/Eisenschmid, aaO Rn. 358). Lediglich [X.]esichtspunkte der Praktikabilität und der Übersichtlichkeit können dafür sprechen, dass der Vermieter den [X.] ausschließlich bei der Nettomiete verbucht. Dies führt insofern zu einer gewissen Vereinfachung, weil dann die Betriebskosten ohne Berücksichtigung der Minderung abgerechnet werden können (vgl. [X.]/Eisenschmid, aaO). Rechtlich zwingend ist dies entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts aber nicht. Möglich ist eine Anrechnung des [X.] ausschließlich auf die Nettomiete ohnehin nur, wenn der [X.] die Nettomiete nicht übersteigt. Andernfalls erfasst er zwangsläufig auch die Betriebskostenvorauszahlung. Das steht einer korrekten Jahresabrechnung der Betriebskosten unter Berücksichtigung der gerechtfertigten Minderung aber nicht entgegen. An der allein maßgeblichen [X.]esamtabrechnung ändert sich nichts durch unterschiedliche Anrechnungen der monatlichen [X.] auf die monatliche Nettomiete einerseits und/oder die monatliche Betriebskostenvorauszahlung andererseits.

c) Auch im vorliegenden Fall spielt es keine Rolle, ob und gegebenenfalls wie die monatlichen [X.] auf die monatliche Nettomiete und/oder die monatlichen [X.] angerechnet werden. Denn eine Nachforderung der Klägerin aus den Betriebskostenabrechnungen für die [X.] und 2007 besteht entgegen der Auffassung der Revision auch dann nicht, wenn die Minderung anteilig auf die geschuldeten [X.] angerechnet würde.

Die Berechnung der geltend gemachten Nachforderungen ist im Ansatz fehlerhaft, weil die Klägerin den anteilig geminderten [X.] einen ungeminderten Jahresbetrag der auf die Beklagte entfallenden Betriebskosten gegenüber gestellt hat. Dabei hat die Klägerin verkannt, dass bei einer anteiligen Anrechnung der Minderung auf die [X.] auch der Jahresbetrag der geschuldeten Betriebskosten entsprechend zu reduzieren wäre. Dessen bedarf es aber nicht. Denn eine etwaige Nachforderung der Klägerin ist am einfachsten dadurch zu berechnen, dass die von der [X.] im Abrechnungsjahr insgesamt geleisteten Zahlungen der von ihr geschuldeten [X.]esamtjahresmiete (Jahresbetrag der Nettomiete zuzüglich der abgerechneten Betriebskosten abzüglich des in dem betreffenden Jahr insgesamt gerechtfertigten [X.]) gegenübergestellt werden. Dass der Klägerin bei einer solchen [X.]egenüberstellung Nachforderungen zustünden, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt und macht auch die Revision nicht geltend.

2. Ein Anspruch auf Zahlung von 77,84 € restlicher Miete für den Monat Januar 2008 besteht ebenfalls nicht. Die Jahresabrechnung der Klägerin für das [X.] ist aus den gleichen [X.]ründen fehlerhaft wie die Abrechnungen für die [X.] und 2007, so dass der [X.] aus den Abrechnungen für die [X.], 2006 und 2007 das vom Berufungsgericht festgestellte [X.]uthaben von zusammengerechnet 77,84 € zusteht und die Beklagte mit diesem [X.]uthaben gegen den streitigen Teilbetrag der Miete für Januar 2008 wirksam aufgerechnet hat.

[X.]                                     Dr. Frellesen                                   Dr. Milger

                 Dr. Fetzer                                       Dr. Bünger

Meta

VIII ZR 223/10

13.04.2011

Bundesgerichtshof 8. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Hamburg, 12. August 2010, Az: 307 S 30/10, Urteil

§ 536 BGB, § 556 Abs 3 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 13.04.2011, Az. VIII ZR 223/10 (REWIS RS 2011, 7579)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7579

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