Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.03.2013, Az. VII B 219/12

7. Senat | REWIS RS 2013, 6976

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Gegenstand

Entziehung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus zollamtlicher Überwachung - Grundsatz der einmaligen Entstehung der Zollschuld


Leitsatz

NV: Ist wegen Entziehung einer einfuhrabgabenpflichtigen Ware aus zollamtlicher Überwachung die Einfuhrzollschuld entstanden, entsteht sie nicht ein weiteres Mal, wenn die nämliche Ware in den freien Verkehr übergeführt wird .

Tatbestand

1

I. Der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war die Bewilligung zum Betrieb eines [X.] erteilt worden, das eine gekennzeichnete Fläche und zwei darauf befindliche Tanks umfasste. Wie aufgrund einer Zollprüfung bei der Klägerin festgestellt wurde, hatte sie im Januar 2005 zum Zolllagerverfahren angemeldete 125 580 kg Apfelsaftkonzentrat aus [X.] in ihr Zolllager übernommen, das später von der Eigentümerin, der [X.], unter Entrichtung der Einfuhrabgaben zur Überführung in den freien Verkehr angemeldet wurde. Nach dem Ergebnis der Prüfung hatte die Klägerin zum einen ihre [X.] seinerzeit nicht ordnungsgemäß geführt, zum anderen hatten die beiden Tanks des [X.] eine Kapazität von lediglich 27 200 kg, woraus zu schließen war, dass die übrigen 98 380 kg des [X.] an einem nicht zugelassenen Ort gelagert worden waren. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Hauptzollamt) folgte den Prüfungsfeststellungen und setzte die auf diese Warenmenge entfallenden Einfuhrabgaben (Zoll und Einfuhrumsatzsteuer) gegen die Klägerin fest.

2

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das [X.] ([X.]) ab. Die Abgabenschuld sei gemäß Art. 203 Abs. 1 des Zollkodex ([X.]) entstanden, weil die streitige Menge des [X.] sich nicht am zugelassenen Lagerort befunden habe und damit der zollamtlichen Überwachung entzogen worden sei. Ein vorübergehendes Entfernen eingelagerter Waren sei der Klägerin nach der ihr erteilten Bewilligung nicht gestattet gewesen. Im Übrigen seien die [X.] der Klägerin mangelhaft und aus ihnen nicht ersichtlich gewesen, wo sich das eingelagerte Apfelsaftkonzentrat befunden habe. Für das Entstehen der Abgabenschuld wegen Entziehens der Ware aus zollamtlicher Überwachung sei es unerheblich, dass das Apfelsaftkonzentrat später von der [X.] unter Entrichtung der Abgaben in den freien Verkehr übergeführt worden sei. Die Klägerin sei Schuldner der Einfuhrabgaben nach Art. 203 Abs. 3 Anstrich 4 [X.].

3

Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin, welche sie auf den Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 der [X.]sordnung --[X.]O--) stützt. Soweit das [X.] seine Entscheidung auf die Ansicht gestützt habe, die Zahlung eines Gesamtschuldners auf die Einfuhrabgabenschuld sei für die nachträgliche Inanspruchnahme anderer Gesamtschuldner unerheblich, weiche es von Entscheidungen des [X.] Hamburg sowie des Hessischen [X.] ab.

Entscheidungsgründe

4

II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.

5

Zwar kann der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch im Fall einer Abweichung des angefochtenen Urteils von Entscheidungen anderer Instanzgerichte gegeben sein (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 49). Das [X.] ist jedoch im Streitfall rechtlich nicht von den seitens der Beschwerde bezeichneten Urteilen des [X.] Hamburg und des Hessischen [X.] abgewichen.

6

Nach jenen Entscheidungen (Urteile des [X.] Hamburg vom 25. November 2008  4 K 112/07, nicht veröffentlicht --n.v.--, und des Hessischen [X.] vom 29. November 2011  7 K 1881/10, n.v.) hat zwar die Zollbehörde bei mehreren gesamtschuldnerisch verpflichteten Zollschuldnern eine Ermessensentscheidung zu treffen, welchen der in Betracht kommenden Zollschuldner sie in Anspruch nehmen will (was im Übrigen der Rechtsprechung des beschließenden Senats entspricht). Im Streitfall ist das [X.] allerdings erkennbar nicht von mehreren gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Zollschuld Verpflichteten ausgegangen, sondern hat vielmehr eine Zollschuldentstehung gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK wegen Lagerung der in das Zolllagerverfahren übergeführten Ware außerhalb des bewilligten Zolllagers angenommen und außer der Klägerin (diese gemäß Art. 203 Abs. 3 Anstrich 4 ZK) keinen weiteren Zollschuldner in Betracht gezogen.

7

Das [X.] hat im Übrigen unter Hinweis auf die Rechtsprechung des beschließenden Senats zu Recht angenommen, dass die [X.] nicht neben der Klägerin gesamtschuldnerisch zur Erfüllung der Zollschuld verpflichtet ist. Durch die Überführung einer Ware in den zollrechtlich freien Verkehr kann nämlich eine Zollschuld nicht gemäß Art. 201 Abs. 1 Buchst. a und Abs. 2 ZK entstehen, wenn für dieselbe Ware bereits zuvor eine Zollschuld durch Erfüllung eines anderen Tatbestands entstanden ist (Senatsurteil vom 5. Oktober 2004 VII R 61/03, [X.], 570, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2005, 122, m.w.N.; vgl. auch Senatsbeschluss vom 15. März 2012 VII B 161/11, [X.], 1200). Für die im Streitfall (vor Überführung der Waren in den freien Verkehr) gemäß Art. 203 Abs. 1 ZK für die nämliche Ware entstandene Einfuhrabgabenschuld kommt die [X.] als weiterer Schuldner nicht in Betracht.

Meta

VII B 219/12

28.03.2013

Bundesfinanzhof 7. Senat

Beschluss

vorgehend Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 19. September 2012, Az: 3 K 36/11, Urteil

Art 201 Abs 1 ZK, Art 203 Abs 1 ZK, Art 203 Abs 3 ZK, Art 201 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 203 Abs 1 EWGV 2913/92, Art 203 Abs 3 EWGV 2913/92

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.03.2013, Az. VII B 219/12 (REWIS RS 2013, 6976)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6976

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