Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 140/16

I. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 10089

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:010617BIZR140.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
I ZR 140/16
vom

1. Juni 2017

in dem Rechtsstreit

-
2
-
Der I.
Zivilsenat des [X.] hat am 1.
Juni 2017
durch [X.] Dr.
Büscher, die Richter Prof. Dr.
Schaffert, Prof. Dr.
[X.],
Dr.
Löffler und Feddersen
beschlossen:
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde des [X.] wird das Urteil des 7.
Zivilsenats des [X.] vom 26.
Februar 2016 aufgehoben.
Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Nichtzulassungsbeschwerde, an das [X.] zurückverwiesen.
Streitwert:

119.000

Gründe:
I. Der seinerzeit
in der Windenergiebranche als Vermittler von Kauf-
und Verkaufsinteressenten tätige Kläger korrespondierte seit Januar 2009
mit der [X.]n, die einen Erwerber für ihre Rechte an einem Windpark in der [X.] [X.]

suchte. Auf der Grundlage eines per E-Mail geschlossenen
[X.] vom 2.
April 2009 verlangt er von der [X.]n eine Maklerpro-vision in Höhe von 119.000

e Vermittlung des Windparks "[X.]

" an
die e.

en.

GmbH.
Das Berufungsgericht hat angenommen, dass der Kläger den Abschluss eines [X.] als Grundlage für sein Provisionsbegehren schlüssig vor-getragen hat. Die im zweiten Rechtszug
durchgeführte Beweisaufnahme habe 1
2
-
3
-
auch ergeben, dass der für die [X.] tätig
gewesene Zeuge Dr. S.

diese wirksam habe vertreten können. Es lasse sich aber nicht feststellen, dass der Kläger die vereinbarte Maklerleistung erbracht habe, indem er der [X.] einen Kaufvertrag mit einem bestimmten, von den [X.]en festgelegten [X.] vermittelt habe. In der mündlichen Verhandlung vom 29.
Januar 2016 habe der Kläger im [X.] an die Beweisaufnahme zur Vertretungs-macht auf Nachfrage erklärt, er wisse nicht, ob ein Einspeisetarif von 9,2
ct oder von 9,7
ct je
Kilowattstunde zugrunde gelegen habe, und behauptet, der zu be-rücksichtigende Kaufpreis habe nicht nur mindestens 900.000

mehr als 1,5
Mio.

Wenn
danach auch eine Einspeisevergütung von 9,7
ct je Kilowattstunde in Betracht
komme, hätte der Kläger einen für seinen [X.] erforderlichen Kaufpreis von mindestens 1,5
Mio.

ihm vermittelten Vertrag schlüssig darlegen müssen;
daran aber fehle es. Die Beweislast für die Voraussetzungen des Provisionsanspruchs des [X.] kön-ne auch nicht auf die [X.] verlagert werden. Dem
Kläger stehe nach der mit der [X.]n getroffenen Vereinbarung auch keine prozentual reduzierte Provision
zu.
[X.] Die Nichtzulassungsbeschwerde hat Erfolg und führt gemäß §
544 Abs.
7 ZPO zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. Das
Berufungsgericht hat den Anspruch des
[X.]
auf rechtliches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG in entscheidungserhebli-cher Weise verletzt.
1. Die Nichtberücksichtigung eines erheblichen Beweisangebots einer [X.] verstößt gegen Art.
103 Abs.
1 GG, wenn sie
darauf beruht, dass das Gericht verfahrensfehlerhaft überspannte Anforderungen an den Vortrag der [X.] gestellt hat. Der Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens einer [X.] steht
nicht entgegen, dass diese
hilfsweise die Möglichkeit einer abweichenden 3
4
-
4
-
Tatsache in den Raum gestellt habe. Eine [X.] ist
nicht gehindert, ihr Vorbrin-gen im Laufe des Rechtsstreits zu ändern, insbesondere zu präzisieren, zu [X.] oder zu berichtigen. Aus diesem Grund
können für einen Klageantrag, sofern nicht eine bewusste Verletzung der Wahrheitspflicht gemäß §
138 Abs.
1 ZPO
vorliegt, in tatsächlicher Hinsicht widersprechende Begründungen gege-ben werden, wenn das Verhältnis dieser Begründungen zueinander klargestellt ist, sie also nicht als ein einheitliches Vorbringen geltend gemacht werden (vgl.
[X.], Beschluss vom 16.
April 2015
IX
ZR
195/14, [X.] 2015, 829 Rn.
9, 15 und 16).
2. Nach diesen Maßstäben hat das Berufungsgericht den Anspruch des [X.] auf rechtliches Gehör aus Art.
103 Abs.
1 GG in entscheidungserhebli-cher Weise verletzt.
a) Die Beschwerde rügt mit Recht, dass das
Berufungsgericht nach [X.] schriftlicher Anhörung der Zeugen [X.]

und We.

deren bereits
beschlossene Einvernahme sowie die
Vernehmung
des weiteren Zeugen B.

zur Kaufpreishöhe nicht durchgeführt hat. Es hat
dabei ein ersichtlich gegebe-nes Eventualverhältnis der Behauptungen des [X.] zu
den
beiden [X.]varianten unberücksichtigt gelassen
und deshalb
von der zur Wahrung des rechtlichen Gehörs des [X.] zwingend erforderlichen Einvernahme der drei Zeugen abgesehen.
aa) Das Vorbringen des [X.] ließ
sich nach dem Zusammenhang nur dahin
verstehen, dass der Kläger, der den [X.] für den Windpark nicht gekannt hat, in erster Linie die
erste Kaufpreisvariante
(900.000

9,2
Cent/[X.]) behauptet und hilfsweise für den Fall, dass die [X.] tatsächlich 9,7

einen Kaufpreis von mehr als 1,5
Mio.

vor-getragen
hat.
5
6
7
-
5
-
(1) Der Kläger hatte zunächst den Abschluss eines den Provisionsvor-aussetzungen
genügenden Kaufvertrags zwischen der [X.]n und der e.

en.

GmbH behauptet, ohne sich dabei auf eine der [X.] fest-
zulegen.
(2) Nachdem die
[X.]
behauptet hatte, der Kaufpreis habe [X.] nur 840.000

betragen, hat
der Kläger ergänzend vorgetragen, ein [X.] von 900.000

.
Der in der Abrech-nungsvereinbarung gemäß Anlage B
2 genannte [X.] von 90.000

sei das Ergebnis einer Verrechnung der Kaufpreiserhöhung mit den Kosten aus Garantieverletzungen der [X.]n gewesen.
Aufgrund
der Wei-terveräußerung des Windparks durch die e.

en.

GmbH komme deren dem
Kläger unbekannter, aber angefallener 60%iger Veräußerungsgewinn hinzu. Diesen unter Beweis durch die Vernehmung
der damals für die [X.] han-delnden Personen [X.]

und We.

gestellten Vortrag hat
der Kläger nachfol-
gend
wie auch das Berufungsgericht gesehen hat
hin konkretisiert, dass er eine Einspeisevergütung von 9,2
Cent/[X.] behauptet hat, so dass für seinen Provisionsanspruch schon ein Kaufpreis von 900.000

te.
(3) Soweit der Kläger nachfolgend in der mündlichen Verhandlung vom 29.
Januar 2016 auf Nachfrage des Gerichts erklärt hat, er wisse nicht, ob für den Windpark eine Einspeisevergütung von 9,2
Cent/[X.] oder von 9,7
Cent/[X.] gelte, und weiterhin
behauptet hat, der Kaufpreis übersteige [X.] 1,5
Mio.

ist
er damit nicht von seinem bisherigen Vortrag abgerückt. Die beiden Darstellungen waren
nicht widersprüchlich, sondern standen ersichtlich in einem Eventualverhältnis
in dem Sinne, dass der Kläger
für den Fall, dass er
eine Einspeisevergütung von nur 9,2
Cent/[X.] nicht nachweisen konnte, hilfs-weise einen
die höhere Schwelle von 1,5
Mio.

n
Kaufpreis
be-hauptete.
8
9
10
-
6
-
bb) Das Berufungsgericht hat
demgegenüber erklärtermaßen den für die erste Kaufpreisvariante angetretenen Zeugenbeweis zur Höhe des Kaufpreises bei mangelfreier Leistung, zu den Kosten aus Garantieverletzungen und zum abschließenden
Veräußerungspreis nicht erhoben, obwohl der [X.] zur zweiten Kaufpreisvariante nichts am in erster Linie gehaltenen Vortrag zur ersten Variante geändert hat. Der Kläger hat auch nicht die für die zweite [X.]variante behauptete Tatsache eines Kaufpreises
von
mindestens 1,5
Mio.

;
der ihm im Gegensatz zur
[X.]n nicht bekannte Veräußerungsgewinn
konnte
den
Kaufpreis um bis zu 900.000

erhöhen.
cc) Die Beschwerde
weist zudem
mit Recht darauf hin, dass das [X.] den
Kläger,
wenn dieser
in der mündlichen Verhandlung vom 29.
Januar 2016 tatsächlich von seinem ursprünglichen Vortrag abgerückt wäre, zumindest gemäß §
139 ZPO noch in der mündlichen Verhandlung auf die dadurch etwa
entstandene Unklarheit seines Vortrags hätte hinweisen müssen.
Die Beschwerde führt hierzu aus,
der Kläger hätte daraufhin klargestellt, dass er weiterhin in erster Linie die Erfüllung der ersten Kaufpreisvariante und nur hilfsweise für den Fall, dass eine Einspeisevergütung von 9,2
Cent/[X.] nicht nachzuweisen sei, einen die höhere Schwelle von 1,5
Mio.

Kaufpreis behauptete.
b)
Eine Gehörsverletzung ist schon dann entscheidungserheblich, wenn nicht auszuschließen ist, dass das Gericht bei Berücksichtigung des übergan-genen Vorbringens anders entschieden hätte (vgl. [X.], Beschluss vom 15.
Dezember
2016
-
I
ZR
241/15, [X.], 295 Rn.
13 =
[X.], 303

[X.]; Beschluss vom 10.
Januar
2017
-
XI
ZR
365/14, BKR
2017, 164
Rn.
20, jeweils mwN). Diese Voraussetzung ist im Streitfall erfüllt. Die Einver-nahme der vom Berufungsgericht nach den Ausführungen zu vorstehend II
2
a 11
12
13
-
7
-
zu Unrecht nicht vernommenen Zeugen [X.]

, We.

und B.

hätte ergeben

können, dass zwischen der [X.]n und deren Abnehmerin ein Kaufpreis vereinbart worden war, dessen Höhe den Provisionsanspruch rechtfertigte.
I[X.] Danach ist gemäß §
544 Abs.
7 ZPO das angegriffene Urteil aufzu-heben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der
Nichtzulassungsbeschwerde, an das Berufungsgericht zurückzu-verweisen.
[X.] Das Berufungsgericht wird in der wiedereröffneten Berufungsinstanz jedenfalls nicht mit der von ihm bislang gegebenen Begründung davon ausge-hen können, die [X.] habe
einer ihr etwa obliegenden sekundären Darle-gungslast genügt und auch die Voraussetzungen für eine Vorlageanordnung gemäß §
142 ZPO seien nicht erfüllt.
1.
Das Berufungsgericht hat zugunsten des [X.] unterstellt, dass die [X.] hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinns der e.

en.

GmbH und der daraus resultierenden Kaufpreisanpassung eine sekundäre Dar-legungslast traf.
2.
Nicht nachvollziehbar ist die nicht näher begründete Annahme
des Be-rufungsgerichts, die [X.] habe
einer solchen Darlegungslast hinreichend Genüge getan. Die [X.]
musste
den zwischen der e.

en.

GmbH und
deren Abnehmer vereinbarten [X.] kennen, da sie anderenfalls die "Vereinbarung zur Endabrechnung bzw. endgültigen Festsetzung des [X.]es bzw. sonstiger Kosten für das Windparkprojekt [X.]

" mit der e.

en.

GmbH nicht hätte schließen können. Da die [X.] zu diesem Erlös keine Angaben gemacht hat, hätte das Berufungsgericht die Behauptung des [X.] gemäß §
138 Abs.
3 ZPO als zugestanden ansehen müssen, der [X.] in Höhe von 60% des Veräußerungsgewinns der e.

en.

14
15
16
17
-
8
-
GmbH habe mindestens 60.000

weitere Beurteilung des Berufungsgerichts, eine an die e.

GmbH gerichtete
Anordnung gemäß §
142 Abs.
1 ZPO zur [X.] sei nicht in Betracht gekommen, weil sie einen schlüssigen Sachvortrag des [X.] erfordert hätte.

Büscher
Schaffert
[X.]

Löffler
Feddersen
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 12.02.2014 -
3 O 171/12 -

OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 26.02.2016 -
I-7 [X.] -

Meta

I ZR 140/16

01.06.2017

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 01.06.2017, Az. I ZR 140/16 (REWIS RS 2017, 10089)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 10089

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